Dtsch Med Wochenschr 2004; 129: S133-S134
DOI: 10.1055/s-2004-831831
Kurzübersicht
Endoskopie
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Unklare Gallengangsstenosen: Diagnostisches Vorgehen

Obscure bile duct stenosis: diagnostic managementJ. F. Riemann1 , U. Damian1 , U. Weickert1
  • 1Medizinische Klinik C, Gastroenterologie, Hepatologie und Diabetologie, Klinikum der Stadt Ludwigshafen gGmbH
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Prof. Dr. J. F. Riemann

Medizinische Klinik C, Klinikum der Stadt Ludwigshafen gGmbH

Bremserstraße 79

67063 Ludwigshafen am Rhein

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Fax: 0621/5034114

Email: MedCLu@t-online.de

Publication History

eingereicht: 5.5.2004

akzeptiert: 9.8.2004

Publication Date:
15 September 2004 (online)

Table of Contents

Die Entwicklung der endoskopischen retrograden Cholangiopankreatikographie (ERCP) und der endoskopischen Papillotomie haben die endoskopische biliäre Diagnostik und Therapie ermöglicht [9]. Voraussetzung für den differenzierten Einsatz der endoskopischen, perkutanen und chirurgischen Therapiemöglichkeiten bei Gallengangstenosen ist eine zielgerichtete Diagnostik zur Klärung der Ätiologie. Benigne Stenosen sind zu 80 % iatrogen bedingt und treten häufig als postoperative Folgezustände nach laparoskopischer Cholezystektomie auf. Weitere benigne Ursachen sind eine chronische Pankreatitis oder eine primär sklerosierende Cholangitis (PSC) [5]. Malignen Stenosen liegt am häufigsten ein Pankreaskarzinom oder ein cholangiozelluläres Karzinom zu Grunde. Häufig ist die Differenzierung einer benignen von einer malignen Gallengangstenose schwierig. Dies gilt insbesondere für Patienten mit einer PSC. Unterziehen sich solche Patienten einer Lebertransplantation, so findet sich in bis zu 10 % der Fälle histologisch ein klinisch zuvor nicht diagnostiziertes cholangiozelluläres Karzinom [5]. Neben der ausführlichen Anamnese und der klinischen Symptomatik (Gewichtsverlust, schmerzloser Ikterus) können Tumormarker auf ein malignes Geschehen hinweisen. Qin et al. berichten über eine Sensitivität von 77 % (CA19 - 9) bzw. 69 % (CEA) in der Diagnostik eines cholangiozellulären Karzinoms [8]. Dennoch bleibt der diagnostische Stellenwert von „Tumormarkern” umstritten.

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Endoskopische Diagnostik

Ist sonographisch eine Raumforderung als Ursache der Cholestase nachweisbar, kann diese in der Regel biopsiert werden. Die Treffsicherheit der Feinnadelpunktion unter Ultraschall oder CT-Kontrolle ist durch zahlreiche Studien belegt. Der Endosonographie (EUS) kommt - einschließlich der Punktionsmöglichkeit - insbesondere in der Diagnostik kleiner Pankreaskopftumore große Bedeutung zu. Vergleichende Studien konnten zeigen, dass die EUS sowohl der transkutanen Sonographie als auch den radiologischen Verfahren (CT, MRT) in der Detektion von Pankreaskarzinomen überlegen ist [3]. Eine chronische Pankreatitis als Ursache einer benignen distalen Gallengangstenose kann endosonographisch mit hoher Sicherheit erkannt werden. Gallengangsteine als Ursache einer mechanischen Cholestase können ebenfalls zuverlässig detektiert werden [2].

In den letzten Jahren hat die MR/MRCP als nicht-invasives Verfahren an Bedeutung gewonnen [13]. Maligne Gallengangstenosen können mit einer Sensitivität von bis zu 81 % erkannt werden [1]. Insbesondere bei klinischem und sonographischem Verdacht auf das Vorliegen eines Klatskin-Tumors kann eine MRC eine gezielte endoskopische Drainage ermöglichen. Das Cholangitisrisiko durch „Überspritzen” einer hilären Stenose kann so minimiert werden. Eine PTC birgt - bei höherer Invasivität - in dieser Situation ebenfalls nur ein geringes Cholangitisrisiko.

Eine ERCP sollte dann durchgeführt werden, wenn sich aus Anamnese, Klinik, Labor (z. B.: Cholestasezeichen, Bilirubinerhöhung) und Abdomensonographie oder anderen bildgebenden Verfahren (MRCP/EUS) ein dringlicher Verdacht auf eine Therapienotwendigkeit ergibt und/oder die Genese der Stenose nicht anders geklärt werden konnte.

Im Rahmen einer ERCP kann die Interpretation des radiologischen Gangbefundes durch Gewinnen einer Zytologie und Histologie ergänzt werden. Weiterhin kann sowohl eine Cholangioskopie als auch ein intraduktaler Ultraschall (IDUS) durchgeführt werden. Macken et al. konnten nachweisen, dass die Bürstenzytologie für die Diagnose einer malignen Erkrankung eine Sensitivität von 63 % und eine Spezifität von 96 % besitzt [6]. Die relativ niedrige niedrige Sensitivität erklärt sich unter anderem aus der unzureichenden Tumorzellausbeute v. a. bei submukös wachsenden Tumoren oder einer Tumorkompression von außen. Vergleicht man Bürstenzytologie und Zangenbiopsie, so ist die Zangenbiopsie insbesondere bei der Diagnose von Pankreaskarzinomen überlegen. Die Untersuchung von Galle, die im Rahmen einer ERC gewonnen wird, mit Verfahren auf molekularer oder immunozytochemischer Basis zeigen teilweise erfolgversprechende Ergebnisse. Sie haben aber noch keinen Eingang in die klinische Routine gefunden.


kurzgefasst: Die kombinierte Zytologie- und Histologiegewinnung weist zum jetzigen Zeitpunkt die höchste Treffsicherheit auf [11].

Die diagnostische Aussagekraft der ERCP kann - wie bereits angeführt - durch den Einsatz der Cholangioskopie sowie des intraduktalen Ultraschalls (IDUS) deutlich verbessert werden. Kim et al. konnten darstellen, dass der cholangioskopische Nachweis von Tumorgefäßen bei 61 % der malignen Choledochusstenosen gelang. Bei Patienten mit benigner DHC-Stenose waren in keinem Fall Tumorgefäße nachweisbar (Abb. [1] links). In Kombination mit der Zangenbiopsie konnte in 96 % die richtige Diagnose gestellt werden [4].

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Abb. 1 Cholangioskopische Darstellung eines cholangiozellulären Karzinoms mit intraluminalem Tumorwachstum und Tumorgefäßen (links). Darstellung eines cholangiozellulären Karzinoms im intraduktalen Ultraschall (rechts).

Der IDUS ist ein hochauflösendes bildgebendes Verfahren (Abb. [1] rechts). Wir konnten bei 44 Patienten eine Sensitivität von 86 % und eine Spezifität von 77 % bei der Identifizierung von malignen Stenosen nachweisen. Insgesamt kam es zu 8 falsch positiven sowie zu 3 falsch negativen Diagnosen. Unsere Ergebnisse entsprechen denen von Tamada [12]. Bei einer Kombination von IDUS und Zangenbiopsie konnte er in 59 von 62 Fällen richtig in maligne und benigne Erkrankungen unterscheiden. Die Endosonographie scheint dem IDUS hinsichtlich Spezifität und Sensitivität unterlegen [7].

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Fazit

Die Unterscheidung benigner von malignen Gallengangsstenosen ist essentiell, um Patienten einer angemessenen Therapie zuzuführen. Hierzu stehen eine Reihe nicht-invasiver und invasiver Verfahren zur Verfügung, die kombiniert werden können. Neben der klinischen Untersuchung und der Laborchemie steht die transkutane Ultraschalldiagnostik am Anfang des diagnostischen Algorithmus. Bleibt die Ätiologie unklar, schließt sich in aller Regel eine endosonographische Untersuchung an. Ein frühzeitiger Einsatz der MR/MRCP sollte insbesondere bei Hilusstenosen erfolgen. Häufig kann die Genese einer Gallengangstenose - insbesondere bei Ausschluss einer Pankreaserkrankung - erst durch die ERC mit Zytologie- und Histologiegewinnung geklärt werden. In Zweifelsfällen liefern IDUS und Cholangioskopie wichtige Zusatzinformationen. Bei endoskopisch nicht zugänglichen Gallenwegen (Vor-OP) besteht die Möglichkeit des perkutanen Zugangs einschließlich der Galleableitung in gleicher Sitzung. Die chirurgische Exploration mit dem Ziel der Diagnosefindung bleibt Einzelfällen vorbehalten (Abb. [2]).

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Abb. 2 Flussdiagramm zum Einsatz der diagnostischen Verfahren bei unklarer bzw. suspekter Gallengangstenose.

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Literatur

  • 1 Adamek H E, Albert J, Weitz M, Breer H, Schilling D, Riemann J F. A prospective evaluation of magnetic resonance cholangiopancreatography in patients with suspected bile duct obstruction.  Gut. 1998;  43 680-683
  • 2 Brugge W R. Endoscopic ultrasound: The current status.  Gastroenterology. 1998;  115 1577-1583
  • 3 Gillams A R, Lees W R. Recent developments in biliary tract imaging.  Gastrointest Endosc Clin N Am. 1996;  6 1-15
  • 4 Kim H J, Kim M H, Lee S K. et al . Tumor vessel: a valuable cholangioscopic clue of malignant biliary stricture.  Gastrointest Endosc. 2000;  52 635-638
  • 5 Lindberg B, Arnelo U, Bergquist A, Thörne A, Hjerpe A, Granqvist, Hansson L O, Tribukait, Persson B, Broome. Diagnosis of biliary strictures in conjunction with endoscopic retrograde cholangiopancreaticography, with spezial reference to patients with primary sclorosing cholangitis.  Endosc. 2002;  34 909-916
  • 6 Macken E, Drijkoningen M, Van Aken E, Van Steenbergen W. Brusch cytology of ductal strictures during ERCP.  Acta Gastroenterol Belg. 2000;  63 254-259
  • 7 Menzel J, Poremba C, Dietl K H. et al . Preoperative diagnosis of bile duct strictures-comparison of intraductal ultrasonography with conventional endosonography.  Scand J Gastroenterol. 2000;  35 77-82
  • 8 Qin X L, Wang Z R, Shi J S, Lu M, Wang L, He Q R. Utility of serum CA19 - 9 in diagnosis of cholangiocarcinoma: comparison with CEA.  World J Gastroenterol. 2004;  10 427-432
  • 9 Riemann J F, Seuberth K, Demling L. Mechanical destruction of common bile duct calculi.  Dtsch Med Wochenschr. 1983;  108 373-375
  • 10 Schilling D, Jakobs R, Adamek H E, Riemann J F. Endoskopische Diagnostik und interventionelle Therapie bei benignen Gallengangstenosen.  Chir Gastroenterol. 1999;  15 12-18
  • 11 Schoefl R, Haefner M, Wrba F, Pfeffel F, Stain C, Poetzi R, Gangl A. Forceps biopsy and brush cytology during endoscopic retrograde cholangiopancreatography for the diagnosis of biliary stenoses.  Scand J Gastroenterol. 1997;  32 363-368
  • 12 Tamada K, Tomiyama T, Wada S, Ohashi A, Satoh Y, Ido K, Sugano K. Endoscopic transpapillary bile duct biopsy with the combination of intraductal ultrasonography in the diagnosis of biliary strictures.  Gut. 2002;  50 326-331
  • 13 Taylor A C, Little A F, Hennessy O F, Banting S W, Smith P J, Desmond P V. Prospective assessment of magnetic resonance cholangiopancreaticography for noninvasive imaging of biliary tree.  Gastrointestinal Endosc. 2002;  55 17-22

Prof. Dr. J. F. Riemann

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67063 Ludwigshafen am Rhein

Phone: 0621/5034100

Fax: 0621/5034114

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Literatur

  • 1 Adamek H E, Albert J, Weitz M, Breer H, Schilling D, Riemann J F. A prospective evaluation of magnetic resonance cholangiopancreatography in patients with suspected bile duct obstruction.  Gut. 1998;  43 680-683
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Prof. Dr. J. F. Riemann

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Bremserstraße 79

67063 Ludwigshafen am Rhein

Phone: 0621/5034100

Fax: 0621/5034114

Email: MedCLu@t-online.de

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Abb. 1 Cholangioskopische Darstellung eines cholangiozellulären Karzinoms mit intraluminalem Tumorwachstum und Tumorgefäßen (links). Darstellung eines cholangiozellulären Karzinoms im intraduktalen Ultraschall (rechts).

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Abb. 2 Flussdiagramm zum Einsatz der diagnostischen Verfahren bei unklarer bzw. suspekter Gallengangstenose.