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DOI: 10.1055/s-2004-832283
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Online-Hilfe zur Selbsthilfe bei Prostatakrebs
Publication History
Publication Date:
31 August 2004 (online)
- Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe e.V
- Patients Helping Patients
- SP Selbsthilfegruppe Uwe Peters
- Selbsthilfe Prostatakrebs - Dachverband Österreich
In gewisser Weise gleicht das Internet einem schwarzen Brett. Jeder kann dort Dinge anpinnen, die prinzipiell jeder andere lesen kann. Waren Selbsthilfegruppen früher an regionale Grenzen gebunden, ermöglicht das Netz nunmehr prinzipiell einen weltweiten Austausch. Die meisten im Folgenden besprochenen Homepages von Selbsthilfegruppen bieten u.a. Diskussionsforen. Diese ermöglichen, alle Meinungsfacetten zu einem Thema zu diskutieren. Die völlige Freiheit des Mediums birgt jedoch auch Gefahren. In medizinischen Diskussionsforen treffen sich überproportional häufig chronisch Kranke und unzufriedene Patienten. Oft ist es unmöglich, den Wahrheitsgehalt der Aussagen zu überprüfen. Das Diskussionsbild in Websites von Selbsthilfegruppen hilft daher dem Betroffenen nicht immer weiter.
#Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe e.V

Die Homepage des Dachverbandes der deutschen Selbsthilfegruppen für Prostatakrebs ist in vielerlei Hinsicht vorbildlich gestaltet. Technisch einwandfrei programmiert und angenehm zu lesen werden die meisten Aspekte dieser Krebsart neutral und gut verständlich diskutiert. Es finden sich zahlreiche Bilder und Informationstexte von anerkannten Experten zu den verschiedenen Themen. Die Broschüre "Prostatakrebs - was nun?" von Prof. Ebert ist detailliert in Wort und Bild dargestellt und wird darüber hinaus als PDF-Dokument zum downloaden angeboten. Erstaunlich ist besonders der "Pro- PSA" und "Pro-Früherkennungs"-Tenor der Website. Leider gehört auch der umstrittene "Dr. Bob" Leibowitz zum Programm der Bundesverband-Website. Seine wissenschaftlich höchst fragwürdigen Thesen und Veröffentlichungen werden nach meiner Ansicht nicht kritisch genug diskutiert. Die Spende eines Vortragshonorars an den Bundesverband im Jahre 2002 hat sich für "Dr. Bob" sicher gelohnt: Die Homepage trägt zu seinem Werbefeldzug bei und führt ihm weitere Patienten zu.

Patients Helping Patients

Diese Website einer amerikanischen Prostatakrebsselbsthilfegruppe stellt in über 1.000.000 Worten auf 450 Webseiten (!) gratis zahlreiche, auch für Ärzte hilfreiche Informationen in das weltweite Netz. Eine eigene Suchmaschine weist schnell den Weg z.B. zu den Partin-Tables von 2001, aktuellen Tabellen zur durchschnittlichen Lebenserwartung oder zum relativen Risiko, an einem Prostatakarzinom erkrankt zu sein. Dies kann zu einer präziseren Beratung des Patienten führen. Der Autor der Seiten - ein Nichtmediziner - gibt stets die wissenschaftliche Quelle im Detail an und erläutert ihren Wert. Englischsprachige Patienten finden auf diesen Seiten ausführlichste und fundierte Informationen zu Diagnose und Therapie des Prostatakrebses. Es finden sich keine Angaben zur letzten Aktualisierung der grafisch etwas altmodisch gestalteten Seiten. Epidemiologische Daten zu Inzidenz, Prognose etc. findet man auch bei "Cancer Mondial" (www.dep.iarc.fr) sowie "Krebsinfo" (www.krebsinfo.de).

SP Selbsthilfegruppe Uwe Peters

Zu Lebzeiten des Begründers der Selbsthilfegruppe Rhein-Main war diese Website durch einen teilweise sehr aggressiven Ton gegenüber Ärzten gekennzeichnet. Nach seinem Tod im November letzten Jahres haben die Mitglieder der Selbsthilfegruppe KISP ("Kontakt-, Informations & Selbsthilfestelle bei Prostatakrebs") einige wirkliche Qualitäten der Homepage gestärkt. Leider ist der vorwurfsvolle Kern jedoch erhalten geblieben. Neben medizinisch einwandfreien Erklärungen zu bestimmten Verfahren stehen noch immer Sätze wie "Wechsel Deinen Urologen, Du bist der Kunde, Du bezahlst Deinen Urologen... Damit kein falscher Eindruck entsteht, unsere Urologen sind Dienstleister an uns... allerdings muss ich mit meiner Erfahrung sagen, dass von 10 Ärzten nur einer den Titel Arzt verdient". Die Homepage bietet ein gut gelungenes Diskussionsforum sowie ein "Prostatalexikon" und eine gut sortierte Linksammlung. Entsprechend der Protesthaltung des Autors überwiegen hier allerdings Beiträge, die nicht schulmedizinische Verfahren propagieren. Auch kommt der - oben genannte - "Dr. Bob" ausführlich zu Wort. Laut den Autoren haben in den letzten drei Jahren 240.000 User auf die Seiten zugegriffen.

Selbsthilfe Prostatakrebs - Dachverband Österreich

Auch der Initiator des österreichischen Selbsthilfedachverbandes ist inzwischen an seinem Leiden verstorben - ein klarer Hinweis, dass sich eher Patienten mit schlechtem Outcome oder schlechter Prognose in Selbsthilfegruppen organisieren. Die österreichische Website ist jedoch in jeder Hinsicht vorbildlich gestaltet: Aufbau, Übersichtlichkeit, einwandfreier medizinischer - neutral dargestellter - Inhalt. Im Gegensatz zum deutschen Namensvetter findet sich allerdings kein Online-Diskussionsforum. Viele Teilbereiche der Seiten, v.a. unkonventionelle Therapiemethoden betreffend, sind noch in Arbeit. Alle s.g. Standardverfahren sind jedoch ausführlich beschrieben. Diese Website stellt eine echte Hilfe für Betroffene dar.

Dr. Martin Schostak, Berlin







