Die extrakorporale Schockwellentherapie (ESWT) wird seit einigen Jahren auch bei der
Therapie der Induratio penis plastica (Peyronie-Krankheit) angewandt. In einer prospektiven
Studie wurde die Wirksamkeit der ESWT an einer großen Patientenpopulation bewertet.
Ekkehard W. Hauck u. Mitarb. von der Universität Gießen und dem Bundeswehrhospital
in Ulm behandelten 114 Männern mit der Peyronie-Krankheit mit einem Lithotriptor mit
4 000 Schockwellen bei einer maximalen Energie von 0,17 mJ/mm2 pro Sitzung. Die ESWT
wurde einmal bei 53 Patienten, zweimal bei 38 und drei- und viermal bei 2 eingesetzt.
Insgesamt wurden 96 Patienten nachbeobachtet (The Journal of Urology 2004; 171: 296-299).
Bei der gesamten Studiengruppe wurden keine signifikanten Veränderungen bezüglich
der Peniskrümmung, der Plaquegröße oder der Sexualfunktion festgestellt. Signifikante
Verbesserungen beobachteten die Autoren dagegen bei denjenigen Patienten, die eine
Krümmung zwischen 31 und 60 Grad hatten. Schmerzen im Penis verschwanden bei 26 von
37 (76%) Männern und verminderten sich bei 2 Patienten. Auch dieser Effekt war signifikant.
Schwere Nebenwirkungen der ESWT-Therapie wurden nicht gesehen.
Fazit
Aufgrund der Ergebnisse dieser Studie und denen aus früheren Untersuchungen ziehen
die Autoren den Schluss, dass eine ESWT bei der Peyronie-Krankheit nicht als Standardtherapie
empfohlen werden kann.
Dr. Ralph Hausmann, Frankfurt
Kommentar zur Studie
Der typische IPP-Patient leidet unter den Symptomen peniler Schmerzen und einer penilen
Deviation. Die Ursache ist der Plaque, eine narbige Verhärtung der penilen Tuncia
albuginea. Häufig tritt auch eine begleitende erektile Dysfunktion auf. Da die genaue
Ätiopathogenese der IPP unklar ist, gibt es keine kausale medikamentöse oder operative
Therapie. Viele konservative Therapieverfahren verlaufen frustran. Die Ergebnisse
repräsentieren nicht selten lediglich den natürlichen Krankheitsverlauf, der mit der
Zeit bei fast allen Patienten mit Schmerzfreiheit und zumindest bei einigen auch mit
einer spontanen, zumindest partiellen Rückbildung der Symptome einhergeht.
Da nicht alle Patienten eine operative Therapie wünschen oder ein solche in der frühen,
progressiven Phase der Erkrankung noch nicht indiziert ist, besteht häufig gerade
nach frustraner medikamentöser Therapie der Wunsch nach einem alternativen Therapieverfahren.
In den vergangenen Jahren hat in dieser Phase die extrakorporale Stoßwellentherapie
(ESWT) zunehmend Verbreitung gefunden. Es wurden mittlerweile 20 gereviewte Originalarbeiten
von 14 Arbeitsgruppen zur ESWT bei IPP publiziert, obwohl die Wirkungsweise dieser
Therapie bei IPP weit gehend unklar ist.
Unsere Arbeitsgruppe hat die Effektivität der ESWT zur Behandlung der IPP prospektiv
über einen längeren Zeitraum evaluiert. Von 114 eingeschlossenen Patienten, konnten
96 mit einem Follow-up von bis zu 53 Monaten (durchschnittlich 9,4 Monate) nachbeobachtet
werden. Für die Gesamtpopulation zeigte sich keine signifikante Besserung der Deviation,
der Plaquegröße und der sexuellen Funktion trotz deutlicher Besserungen der Symptomatik
in Einzelfällen. Die Patienten werden aber durch die ESWT offenbar schneller schmerzfrei
als während des natürlichen Krankheitsverlaufs. Dieses wird von vielen Patienten bereits
als Benefit empfunden. Ob dieses Ergebnis aber den Einsatz der ESWT rechtfertigt,
bleibt fragwürdig.
Für viele Patienten stellt die Deviation das wichtigste Symptom dar, da hierdurch
die Ausübung von Geschlechtsverkehr erheblich beeinträchtigt werden kann. Außerdem
bedeutet eine ausgeprägte Deformierung häufig auch eine nicht zu unterschätzende psychische
Belastung. Daher ist der fehlende Effekt bezüglich der Gesamtpopulation der ESWT auf
die Deviation sicherlich ein entscheidender Kritikpunkt. Bei nur 5% der Patienten
- mit Deviationen zwischen 15 ° und 45° - trat überhaupt nur eine vollständige Begradigung
nach der Intervention auf. Nur für Patienten mit Deviationen zwischen 31° und 60°
konnte ein signifikanter Rückgang der Deviation beobachtet werden. Auch hier stellt
sich die Frage, ob dieser statisch signifikante Rückgang der Deviation auch dem Patienten
wirklich hilft? Schließlich nimmt die Deviation in dieser Gruppe nur um durchschnittlich
7° von 45,7° auf 38,5° ab. Trotz der statistischen Signifikanz darf an der klinischen
Bedeutung dieses Befundes für den Patienten doch erheblich gezweifelt werden.
Wenn ein Patient die ESWT als Benefit betrachtet, bezieht es sich nach unserer Erfahrung
häufig auf den guten Effekt bezüglich des Rückganges peniler Schmerzen. Dies führt
dann zu einer geringeren Beeinträchtigung beim Geschlechtsverkehr. Dieser Trend wurde
auch durch unsere explorative Metaanalyse der bisher publizierten Studien bestätigt.
Im Vergleich zu Kontrollkollektiven, die ebenfalls der Literatur entnommen worden,
zeigten sich folgende Ergebnisse: Es gibt für die Gesamtpopulationen im Vergleich
zu den Kontrollen keinen signifikanten Effekt bezüglich der objektiven Parameter Plaquegröße
und Deviation. Die ESWT hat einen signifikanten Effekt auf die Schmerzen, die sich
offenbar schneller als während des natürlichen Krankheitsverlaufs, bei dem die Mehrheit
der Patienten nach 12-18 Monaten Schmerzfreiheit erreicht, zurückbilden. Im Vergleich
zum natürlichen Krankheitsverlauf bessert sich die sexuelle Funktion deutlich, wobei
diese nur schwer zu definieren und zu erfassen ist. Möglicherweise beruht dies auf
einer Reduktion der Schmerzsymptomatik.
Zusammenfassend kann nach dem aktuellen Kenntnisstand die ESWT nicht als Standardbehandlung
zur Therapie der IPP empfohlen werden, da insgesamt ein signifikanter Effekt auf die
Symptome Plaquegröße und penile Deviation für die Gesamtpopulation der IPP-Patienten
nicht eindeutig nachgewiesen ist. In Einzelfällen kann es zu deutlichen Befundbesserungen
kommen. Die Schmerzsymptomatik scheint sich durch die ESWT schneller als während des
natürlichen Krankheitsverlaufs zurückzubilden. Dies führt möglicherweise auch zu einer
verbesserten sexuellen Funktion. Die Anwendung der ESWT ist allenfalls als Heilversuch
gerechtfertigt. Sie entspricht nicht den Kriterien der evidenzbasierten Medizin.
Ob die ESWT zur Therapie der IPP mittel- und langfristig überleben wird, erscheint
fragwürdig. Möglicherweise wird auch die ESWT, wie schon viele andere konservative
Therapieverfahren zuvor, ihren Platz im historischen Kapitel der IPP finden. Noch
aber erscheint dieses komplikationsarme Verfahren vielen Kollegen beim Gespräch mit
dem eine Therapie einfordernden Patienten ein probates Mittel zu sein, um aus der
nicht selten frustranen Situation zu entrinnen.
PD Ekkehard Hauck, Prof. Wolfgang Weidner, Gießen
Literatur beim Autor