Aktuelle Urol 2004; 35(5): 363-364
DOI: 10.1055/s-2004-834359
Referiert und kommentiert

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Leitlinien der US-Fachgesellschaften bei Nierensteinen - Ureteroskopie und ESWL als gleichwertig empfohlen

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Publication Date:
22 September 2004 (online)

 
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Wird ein Patient mit kolikartigen Schmerzen eingeliefert, stellt sich die Frage nach einem leitlinienkonformen Algorithmus. Zum Zeitraum des Zuwartens, der Prophylaxe, und der Wahl der Therapie sind noch viele Fragen offen, die Dr. Joel M. H. Teichman, University of British Columbia, Vancouver, Kanada, diskutiert (N Engl J Med 2004; 350: 684-693).

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Geräte zur extrakorporalen Stoßwellenlithotripsie (Bild: Urologie, Thieme, 2002).

Als treffsicherste bildgebende Methode für Nieren- und Harnleitersteine hat sich das unverstärkte Spiral-CT mit einer Sensitivität von 100% und einer Spezifität von 96% erwiesen. Der negative prädiktive Wert von 91% war signifikant besser als der des Ausscheidungsurogramms mit 74%. Auch bei negativem Steinnachweis im CT wurden in 57% der Fälle Auffälligkeiten wie Divertikulitis, Appendizitis oder ein Blasenkarzinom nachgewiesen. Bei positivem Steinnachweis im CT sollte mit einer Röntgen-Abdomenübersichtsaufnahme die Strahlendichte des Steins überprüft werden. Ultraschall eigne sich wegen seiner geringen Sensitivität nicht zum Routineeinsatz, nur zur Erstdiagnostik bei Kolik in der Schwangerschaft. Die Nuklearszintigraphie können in einem späteren Stadium indiziert sein, da sie de Grad der Obstruktion besser differenziere.

Gegen die Kolikschmerzen haben sich nichtsteroidale antientzündliche Medikamente (NSAIDs) wie Ketorolac und Diclofenac sowie COX2-Hemmer genauso bewährt wie Morphin und Meperidine. Anurie, persistierender Schmerz oder Erbrechen, hochgradige Harnleiterobstruktion, Fieber, Kolik in einer Einzelniere oder in einer transplantierten Niere stellen Notfälle dar, die sofort mit Ampicillin und Aminoglykosiden i.v. therapiert werden sollten, bis das Ergebnis der Urinkultur vorliegt. Ein Intervention könnte dringlich geboten sein, da die Beseitigung der Obstruktion durch die Entlastung der Nierenkapsel Schmerz und Erbrechen lindert. Die Mehrzahl der Steine unter 5 mm werden spontan ausgeschieden, wobei die Steinpassage nach einem Monat im CT kontrolliert werden müsse. Dagegen ist die Wahrscheinlichkeit der Steinpassage ab einer Größe von 6 mm aufwärts fast Null, sodass eine Intervention geplant werden muss. Die Leitlinien von 1997 besagen, dass bei proximalen Uretersteinen unter 1 cm Größe die Stoßwellen-Lithotripsie (ESWL) die Methode erster Wahl ist, doch variieren die Ergebnisse je nach Gerät und Einstellung. Für proximale Uretersteine ab 1 cm Größe gelten ESWL, Ureteroskopie und perkutane Nephrolithotomie als gleichwertige Therapieverfahren. Für distale Harnleitersteine seien ESWL und Ureteroskopie gleichwertig. Die Leitlinien wurden, so Teichman, verfasst, bevor die Ureteroskopie die guten Ergebnisse erzielte, die heutzutage üblich sind. Eine Effektivität von fast 100% erziele das Verfahren mit der Kombination eines YAG-Lasers durch die Induktion einer photothermalen Lithotripsie. Zur Prophylaxe eines Steinrezidivs bewährten sich einfache Ratschläge wie "So viel trinken, dass täglich etwa 2 l klarer Urin ausgeschieden werden" am besten. Eine Steinanalyse sei auch nach einer ersten Kolik obligat.

Zur Steindiagnostik erzielt das Spiral-CT die größte Treffsicherheit. Ein spontaner Steinabgang ist ab einer Steingröße von

6 mm aufwärts unwahrscheinlich, sodass interventionelle Verfahren wie ESWL und Ureteroskopie gerechtfertigt sind. Die beste Prophylaxe gegen ein Steinrezidiv ist es, viel zu trinken.

Dr. Inge Kelm-Kahl, Wiesbaden

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Kommentar zur Studie

Ausscheidungsurogramm und Sonographie haben in der Diagnostik von Harnleitersteinen ausgedient, wie es scheint. Stattdessen sollen Spiral-CT und Nuklearszintigraphie Steinlokalisation und Obstruktion objektivieren. Bei fehlendem Steinnachweis soll man immer noch eine mehr als 50%ige Chance haben, pathologische Befunde anderer Organe zu erheben.

Die Vorstellung, jedem Steinpatienten diese Prozedur zuzumuten, wirft eine Reihe von Fragen auf. Wer sollte das bezahlen können? Bei einer Inzidenz des Steinleidens von etwa 1% (Vahlensieck und Hesse) ausgehend, kann man ausrechnen, wie viele dieser Untersuchungen jährlich durchgeführt werden müssen. Vor dem Hintergrund der Kostendiskussion im Gesundheitssystem braucht man sich keine Gedanken zu machen, ob das Ausscheidungsurogramm in absehbarer Zeit wirklich vom Spiral-CT verdrängt wird.

Die Strahlenbelastung des Patienten ist ein weiterer Aspekt. Zum CT kommt noch die Röntgenleeraufnahme zur Beurteilung der Strahlendichte. Hier drängt sich eine weitere Frage auf: Wenn man den Stein auf der Leeraufnahme hinsichtlich seiner Strahlendichte beurteilen kann, kann man ihn auch hinsichtlich seiner Größe und Lage beurteilen, Aussagen also, die eigentlich dem CT vorbehalten sein sollten. Bezüglich der Sensitivität schneidet das CT besser ab (96%) als das Urogramm (87%). Die Differenz ist jedoch nicht besonders beeindruckend, vor allem, wenn man die Möglichkeit berücksichtigt, bei nicht eindeutigen Urogrammen weiterführende diagnostische Maßnahmen (retrograde Pyelographie) mit therapeutischen Maßnahmen (Harnleitersplintung oder Ureterorenoskopie) zu kombinieren. Dies sind Gründe, die Diagnostik des Uretersteines nicht in die Hände des Radiologen zu legen. Man sollte ferner nicht vergessen, dass die Diagnose Ureterstein nicht nur radiologisch, sondern aus der Kombination Anamnese-Untersuchungsbefund-Urin-Sonographie und evtl. Labor gestellt wird.

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Beim Lesen der vorgestellten Arbeit drängen sich dem endourologisch tätigen Urologen weitere Fragen auf: Wieso kommen die wenigsten Kollegen beim distalen Ureterstein auf die Idee, eine ESWL durchzuführen? Wie so oft, ist alles eine Frage der Definition: Der Vergleich zwischen URS und ESWL hinkt: Die Definition einer erfolgreichen URS-Steinextraktion ist ziemlich klar. Eine erfolgreiche ESWL hingegen heißt bei vielen Autoren: nicht mehr als drei Sitzungen und Steinfreiheit innerhalb von 3 Monaten. Andere Autoren sehen die Effektivität der ESWL anders als Teichman: So zeigt die Arbeit von Troy et al. eine deutlich geringere Effektivität als die Ureteroskopie: Hier wurden nach einer einmaligen ESWL des distalen Uretersteins nur etwa 50% der Patienten steinfrei.

Auf der anderen Seite werden für proximale Uretersteine größer 1 cm mittels Ureteroskopie Steinfreiheitsraten von 93%, kleiner als 1 cm mit 100% angegeben. Diese Zahlen dürften keinem, der die URS regelmäßig durchführt, auch nur annähernd glaubhaft erscheinen: endovesikale Prostatae, Ureterengen, Kinkings, steinbedingte Ödeme, Blutungen, das flush-back von Steinen sorgen dafür, dass diese Erfolgsraten nicht erreichbar sind. Die in der vorgestellten Arbeit angegebenen Zahlen divergieren z.T. erheblich im Vergleich zu denen anderer Autoren. Ferner hat man den Eindruck, dass der Autor weder klinisch tätig ist, noch ESWL oder Ureteroskopie selbst jemals durchgeführt hat. Nach der Lektüre dieser Arbeit werden wohl die wenigsten Urologen dem Gedanken verfallen, die bisherige Diagnostik und Therapie des Hernleitersteines zu ändern.

Dr. Eberhard Stark, Prof. Joachim Steffens, Eschweiler

 
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Geräte zur extrakorporalen Stoßwellenlithotripsie (Bild: Urologie, Thieme, 2002).

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