Aktuelle Urol 2004; 35(5): 381-385
DOI: 10.1055/s-2004-834365
Recht in der Praxis

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

GMG-Konsequenz - mehr Kooperation durch Versorgungszentren

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Publication Date:
22 September 2004 (online)

 
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Die neuen gesetzlichen Rechtsformen geben den Anstoß zur Bildung erster regional übergreifender Zusammenschlüsse von Ärzten. Gerade im Bereich der Zusammenführung operativer und konservativer Interessen im Zuweiser-Bereich wird es zu den ersten Zusammenschlüssen und Expansionsgebilden kommen.

Teilweise zunächst auf dem Wege steuerlicher Innengesellschaften, bei denen nur die wirtschaftlichen Interessen der Ärzte zusammengefasst sind, die an verschiedenen Standorten agieren. Im Außenverhältnis werden sie zu Teilen - aus Konkurrenzgründen - ihre Assoziationen nicht aufdecken wollen.

Im Hinblick auf das sich abzeichnende einheitliche Europarecht wird es auch im Medizinbereich zu einer Konzentrationswelle kommen, wie es sie bei Anwälten und Steuerberatern gegeben hat. Wenn und insoweit das GMG (Gesundheitssystem-Modernisierungsgesetz) in zentralen Teilen von Regierung und Opposition im Bundestag/Bundesrat verabschiedet wird, ergibt sich eine fundamentale Neuordnung der Rechtsbeziehungen für Arztpraxen.

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Mehrere Behandlungsstandorte möglich

Die wesentlichen Neuerungen sind die Gestattung des Betreibens von Heilkunde im Kassenbereich der ambulanten Versorgung durch Kapitalgesellschaften, deren angestellte Ärzte Zulassungen erhalten. Diese Kapitalgesellschaften für interdisziplinäre, integrierte Versorgung können regional mehrere Behandlungsstandorte umfassen. Damit trennt sich der Gesetzgeber von der bisher vom Berufsrecht geschützten Grundsatzstruktur, dass so weit wie möglich in Deutschland (Ausnahme: Betriebsmedizin) ambulante Heilkunde nur in der Rechtsform der höchstpersönlich betriebenen BGB- Gesellschaft oder Partnerschaftsgesellschaft durchgeführt werden kann.

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Vorweggenommenes EU-Recht

Die deutsche Ärzteschaft nutzte bisher die im Europarecht fixierte Möglichkeit, dass die Nationalstaaten im Sozialbereich nicht in der Geschwindigkeit ihre Rechtsbeziehungen angleichen mussten wie in den anderen Bereichen. Auf Druck des Europäischen Gerichtshofs in Brüssel und anderen Entscheidungen ist inzwischen aber absehbar, dass spätestens in 5 Jahren auch im Sozialbereich überall in Europa die gleichen Rechtsbedingungen für die Erbringung von Dienstleistungen herrschen müssen.

Unter diesem Aspekt ist die Entscheidung des Sozialgesetzgebers, in der ambulanten Versorgung auch Kapitalgesellschaften mit angestellten Ärzten und Zulassungen agieren zu lassen, nur konsequent. Indirekt wird - aus nationalstaatlichen Gleichheitsgründen - das Berufsrecht im Sinne von Chancengleichheit für die Privatmedizin und für Selbstzahler nachziehen müssen. Im Zweifel wird wie bisher die Modernisierung des Arztbereiches durch Druck des Bundesverfassungsgerichts erfolgen. Das Verfassungsgericht hat die Bundesärztekammer schon mehrfach darauf hingewiesen, dass sie die bisherigen, hemmenden Strukturen - wie beim alten Werberecht - nicht billigt. Im Hinblick auf die in Deutschland noch überwiegend in Einzelpraxen erbrachten medizinischen Leistungen waren die Vertretungskörperschaften der niedergelassenen Ärzte (primär KBV) sowie die Ärztekammer nicht geneigt, eine Verschärfung des Wettbewerbs zuzulassen. Zunächst hört es sich eigenartig an, wenn davon ausgegangen wird, dass die KBV in Zukunft diesen Entwicklungsprozess fördert. Der Führungsriege der KBV und der Bundesärztekammer ist inzwischen klar geworden, dass sie sich nicht mehr langfristig gegen gesamtgesellschaftliche Entwicklungsprozesse stemmen können. Zu groß wird der ökonomische Druck, unter dem der Staat steht, mittelfristige Liberalisierungen zu Kosten von Einsparungen zu veranlassen.

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Apotheken zeigen den Trend

Die liberalisierten Strukturen des GMG für mehr Wettbewerb, auch unter Ärzten und unter Wegfall der sektoralen Trennung von niedergelassenem Bereich, Krankenhaus und Rehabilitation, zeigen die Richtung. Ein Indiz für die Entwicklung ist auch die Gestattung des Betriebes weiterer 3 Apotheken in einer Region durch einen einzelnen Apotheker. Es ist exakt das fehlende Zwischenglied zwischen höchstpersönlicher Leistung und kapitalistischer Leistungserbringung durch anonyme, nicht von Leistungsträgern der Gruppe getragenen Kettenstrukturen.

Will man aber - um unangenehmen Entscheidungen im Einzelfall durch das Europarecht zuvorzukommen - Vorsorge betreiben, so gilt es jetzt, unternehmerisch engagierte Ärzte zu ermutigen, sich zu regionalen und überregionalen Verbünden, auch im Kapitalbereich, durch Verschmelzung zusammenzuschließen. Zwar werden unmittelbare Verträge von Fachärzten mit Krankenkassen aktuell nicht zugelassen, diese Überlegung bleibt aber mittelfristig auf der politischen Agenda. Den Vertretern des Bundestages, den Krankenkassen und der KBV wurde klar, dass das jetzige System eine einzelvertragliche Lösung noch nicht leisten kann, weder auf der Seite der Krankenkassen noch auf der Seite der niedergelassenen Ärzte. Im Zweifelsfall hätte der eine oder andere Arzt mit 100 Krankenkassen Verträge schließen müssen. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass er nur in der Lage ist, gute medizinische Versorgung für existenzielle Krankheitsbilder anzubieten, wenn er in Zukunft auch die zersplitterte Landschaft der Krankenkassen zusammenfasst. Sollten in dem Konzentrationsprozess ca. 30 Krankenkassen übrig bleiben, so könnte konfliktfrei über Trägerorganisationen der Krankenkassen ein System geschaffen werden, in dem nach den Regeln öffentlicher Ausschreibung auf der Basis von EU-Recht Arztgruppen angeboten wird, für bestimmte größere Versorgungsgebiete Verträge zu schließen. Unter diesem Gesichtspunkt hat die KBV erkannt, dass die niedergelassene Einzelpraxis nicht in der Lage sein wird, kapitalmäßig, verhandlungsmäßig und im Rahmen der erforderlichen Subspezialisierung diesen Weg zu gehen. Daher wird innerhalb der KBV und bereits offen auf Tagungen diskutiert, dass die KBV in Zukunft beabsichtigt, Gemeinschaftspraxen einen Zuschlag von 30% mehr Honorar zu geben, als es Einzelpraxen erhalten. Die Ersparnis für die einzelnen Ärzte liegt klar auf der Hand: Wer seine Einzelpraxis aufgibt, erhält 30% mehr Honorar und kann damit rechnen, dass eine Gemeinschaftspraxis mit wesentlich rentableren Ablaufstrukturen weitere 20% Kostenersparnis bringen könnte.

Gleichzeitig ist sich bei dieser Überlegung die KBV sicher, dass sich sehr schnell regional qualifizierte Fachärzte und ggf. auch Hausärzte zusammenschließen und sich ggf. auch standortübergreifend untereinander beteiligen. Bei diesem Modell wäre für die Interessen der Ärzteschaft gewährleistet, dass sich in einer Region 2-4 leistungsfähige Gruppen zusammenschließen, die so viel Marktmacht haben, dass die Krankenkassen nicht umhin können, mit diesen Verträge abzuschließen. Damit wäre einem möglichen Preisverfall durch absolut freien Wettbewerb ein Riegel vorgeschoben. Die Entwicklung in Nordamerika zeigt, dass es den Ärzten dort auf diese Weise sehr schnell gelungen ist, den Krankenkassen auf dem Lande und in mittelgroßen Städten eine entsprechende Marktmacht gegenüberzusetzen.

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Heilkunde im Kassenbereich der ambulanten Versorgung soll auch durch Kapitalgesellschaften möglich werden (Bild: Archiv).

Es ist davon auszugehen, dass fachärztliche Operateure diese Trends und diese Möglichkeiten erkennen. Schon in der Vergangenheit waren die operativen, invasiven und diagnostischen Fächer diejenigen, die als erste Gemeinschaftspraxen-Gebilde größeren Umfangs geschaffen haben. Die Möglichkeiten der Spezialisierung, des günstigen Einkaufs, der höheren Auslastung hochwertiger Technik und die Beschaffung von Kapital und besseren Arbeitszeitkonzepten gaben den Ausschlag. Gleichzeitig wird dieser Gruppe in Zukunft ein weiteres strategisches Element als besonders reizvoll erscheinen. Das ist die Möglichkeit, durch die Fusionen unmittelbar oder auch standort- übergreifend überweisende Praxen fachgleich oder fachübergreifend an sich zu binden. Operateure haben nicht nur im Kassenbereich, sondern immer stärker auch im Bereich von Privat- und Selbstzahlerleistungen Interesse daran, ihren zuweisenden Ärzten einen ökonomischen Ausgleich zu bieten. Gleiches gilt für die Überlegung diagnostischer Fächer, den Zustrom an hoch qualifizierter Diagnostik strategisch und betriebswirtschaftlich exakt steuern zu können.

Das Rechtsmodell für diese Strukturen ist die entweder nicht nach außen tretende steuerliche Innengesellschaft oder aber die in Zukunft stufenweise genehmigte, offene, standortübergreifende Beteiligung. Im Hinblick auf die zu erwartende innerärztliche Auseinandersetzung über die Sinnhaftigkeit dieser Strukturen soll der schon immer zulässige und bewährte Weg einer steuerlichen Innengesellschaft als Grundlage standortübergreifender Kooperationen dargestellt werden.

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Die steuerliche Innengesellschaft - Motor von Fusionen

Im radiologischen Bereich wurden bereits in den letzten 15 Jahren in starkem Maße steuerliche Innengesellschaften gebildet. Die steuerliche Innengesellschaft ist die vom Steuerrecht anerkannte Möglichkeit, dass sich höchstpersönliche Leistungserbringer verschiedener Standorte zu einer Gesellschaft zusammenschließen. Diese poolen im Innenverhältnis - ohne dass es berufsrechtlich an den Standorten hervortritt - ihre Einnahmen. Auf diese Weise ist es möglich, gemeinsam Investitionen zu tätigen, die Kosten von Praxisbedarf und Reparaturen nachhaltig zu senken, Einkaufs- und Verhandlungsmacht zu poolen, ärztliches und nicht ärztliches Personal für mehrere Standorte einzukaufen und zu organisieren.

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Modell der Zukunft: Einzelpraxis aufgeben, in Gemeinschaftspraxen arbeiten und mehr Honorar kassieren? (Bild: Archiv).

Dieses Modell wird zunächst hochinteressant sein, um operativen Fächern - beispielsweise in den Bereichen Orthopädie, Chirurgie, HNO oder Augenheilkunde - den Anreiz zu geben, mit ihren nicht operativen Kollegen gemeinsame Vereinbarungen zu schließen. Viele niedergelassene, übergroße Facharztpraxen werden in Zukunft nachhaltige betriebswirtschaftliche Probleme bekommen, die es für sie sinnvoll erscheinen lassen, diesen Weg zu gehen.

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Große Einzelpraxen - überproportionale Verlierer

Im GMG ist vorgesehen, dass die bisher regional gehandhabte Praxis der KVen übergroßen Praxen Bestandschutz zu gewähren, aufgehoben wird. Vorgesehen ist, dass bundeseinheitlich Obergrenzen - orientiert an einer mittleren Praxis, Abrechnung und Fallzahl betreffend - vorgegeben werden. Parallel laufen Zeittakte mit, die sicherstellen, dass es nicht zu Manipulationen von Nachfrage - auch unter Berücksichtigung von Budgetferien - zum Ende des Quartals kommt. Damit werden übergroße Praxen nachhaltige Einnahmeverluste erreichen. Insbesondere dann, wenn es neue, vereinheitlichte Bewertungen für ärztliche Arbeitszeit und erzielbare Umsätze gibt. Die bisher veröffentlichten Zahlen gehen von 51 Arztstunden pro Woche (inkl. 5 Stunden Verwaltungsarbeit) aus, die maximal einen Gewinn aus der Kassenpraxis von 111000 EUR gewährleisten. Kommen ca. 50% Kosten hinzu, ist allen beteiligten Facharztpraxen klar, dass eine Einzelpraxis nicht mehr als 200 000 EUR Umsatz machen kann. Aus diesem Grunde ist naturgemäß die Privilegierung von Gemeinschaftspraxen mit 30% und die entsprechende Kostenersparnis ein schlagender Aspekt, betriebswirtschaftlich und strategisch aufeinander zuzugehen. Gleichzeitig wird unter diesem Gesichtspunkt die Bereitschaft niedergelassener Kollegen, solche Fach- und Hausarztpraxen zu übernehmen immer weniger. Die Kollegen werden innerhalb der nächsten 5 Jahre mit dem Aspekt der Rentabilität und mit dem Verlust der Veräußerbarkeit ihrer Praxen unter Marktgesichtspunkten konfrontiert.

Die einfachste Lösung liegt darin, dass sich jetzt Praxisinhaber, die eine solche Entwicklung als ökonomische, unternehmerische Chance betrachten, mit den Kollegen zusammensetzen, die im Umfeld großer operativer und diagnostischer Praxen übergroße Einzel- und Gemeinschaftspraxen betreiben.

Wer seine Einzelpraxis aufgibt, erhält 30% mehr Honorar und kann damit rechnen, dass eine Gemeinschaftspraxis mit wesentlich rentableren Ablaufstrukturen weitere 20% Kostenersparnis bringen könnte.

Man bietet diesen Kollegen an, sich unter das Dach der Gemeinschaftspraxis buchungstechnisch einzugliedern. In Außenverhältnis und Buchhaltung bleibt die jeweilige Einheit erhalten. Das regionale Buchhaltungs-Segment wird nur in die Abgabe einer gemeinsamen Steuererklärung in der Dachgesellschaft eingestellt.

Gleichzeitig werden Gewinnanteile in der Dachgesellschaft den konservativen Außenstellen zugeordnet, die sich dadurch ausgezeichnet haben, in verlässlichem Maße an die Operateure der Dachgesellschaft bzw. die Diagnostikbetreiber im Kassen- und Selbstzahlerbereich überwiesen zu haben. Der Dachgesellschaft ist es möglich, das Personal stufenweise so zu steuern, dass nur noch in betriebswirtschaftlich ausreichendem Maße die jeweilige Außenstelle/Einzel- oder Gemeinschaftspraxis betrieben wird.

Durch die in Zukunft in noch größerem Maße gegebene Flexibilität kann man zu jeder Zeit Teilzeitpersonen in die einzelnen Außenstellen setzen und damit primär in der Außenstelle die notwendige regionale Präsenzfunktion darstellen. Hochwertige Medizinanteile können dann an die Dachgesellschaft abgegeben werden. Gleichzeitig kann man regionale Praxisräume als Zweigstelle nutzen und insoweit standortnah qualifizierteste Experten temporär verlagern, um Serviceorientiert Märkte abzudecken.

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Interessante Praxisabgabe - Konstruktionen

Wenn und insoweit - wie der Gesetzgeber plant - künftig Ärzte angestellt mit Zulassungen arbeiten können, ergeben sich interessante steuerliche Aspekte für Einzel- und Gemeinschaftspraxen, die mit Dachgesellschaften verhandeln. Die jeweiligen ärztlichen Dachgesellschaften können prüfen, ob sie sich zu Teilen in kapitalistische GmbHs und AGs verwandeln.

In dem Moment könnten die Dachgesellschaften den einzelnen Praxisinhabern eine Ablösung wegen altersbedingter Praxistätigkeit zahlen. Die Kollegen könnten steuerliche Freibeträge geltend machen und dennoch gleichzeitig in einem nächsten Schritt weiter als angestellte Ärzte arbeiten. Das hätte den Vorteil, dass die Kollegen sehr flexibel ihre Altersversorgung sicherstellen könnten und noch ein weiteres Einkommen hätten, das aus angestellter Tätigkeit stammt und die bisherigen Steuerfreibeträge nicht gefährdet. In diesem Zusammenhang hat der Gesetzgeber vor, die bisherige Altersgrenze für Angestelltentätigkeit im Jobsharing etc. von 55 Jahren aufzuheben. Damit hätte man die Möglichkeit, die interessantesten Modelle - auch steuerlich - im Bereich der Abgaben zu fahren und könnte sehr, sehr vielen Kollegen einen befriedigenden und stolzen Abschluss ihrer bisherigen Tätigkeit als Freiberufler geben.

In einem nächsten Schritt ist jetzt absehbar, dass sich Ärzte im Rahmen der medizinischen Versorgungszentren der Kapitalgesellschaft bedienen können. Das führt automatisch - wie bei Anwälten und Steuerberatern - dazu, dass sie ihre freiberufliche Funktion im Rahmen einer Aktiengesellschaft gestalten können. Heilkunde kann in Zukunft auch in Form einer ambulanten Kapitalgesellschaft erbracht werden, nicht nur als freiberuflicher Arzt oder als BGB-Gesellschaft. Die AG/GmbH kann zunächst die Heilkunde durch angestellte Ärzte übernehmen und es ist möglich, diese bereits im Vorfeld zum Einsatz zu bringen. Dann würde in die Kapitalgesellschaft der gesamte materielle Bereich der Praxiseinrichtung und die Miete der jeweiligen Standorte eingebracht.

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Starten mit einer Betriebsgesellschaft

Die niedergelassenen Ärzte könnten sich in die Führungsebene dieser Betriebsgesellschaften einbringen, was in der Altersversorgung interessante, steuermindernde Ausgaben produziert. Gleichzeitig könnten sie ihre eigenen Praxen von der Betriebsgesellschaft mieten und zur Kontrolle die Außenstandorte an die Gesellschaft vermieten. Dieses Modell hat strategisch wiederum den Vorteil, dass man in diese Art der Kapitalgesellschaft nicht nur Nichtärzte, Krankenkassen, Krankenhäuser etc. als Kapitalpartner einbringt, sondern auch entsprechend spezialisierte Investitions-Gesellschaften, Pharma- und Medizintechnikfirmen, die Interesse daran haben, ihr Markt-Know-how und ihre Vertriebspolitik indirekt abzusichern.

Zunächst werden viele Kollegen überlegen, ob sie solche Maßnahmen gleichberechtigt durchführen sollen. Die Lebenserfahrung zeigt aber, dass es nur eine richtige, strategische Lösung gibt, nämlich so wenig wie möglich Kapitalpartner in einem solchen Gebilde arbeiten zu lassen. Die Abstimmung zwischen unterschiedlichen Persönlichkeiten wird - insbesondere bei einem Expansionskurs - immer schwerer. Für viele Kollegen wäre auch eine Beteiligung völlig ausreichend, die eine extrem gute Umsatzbeteiligung gewährleistet. Dann hätten sie keine zukünftige Verantwortung mehr für Investitionen, Unternehmertum und zukünftige Marktveränderungen.

Das GMG sieht vor, die regional gehandhabte Praxis der KVen aufzugeben: Übergroße Praxen sollen keinen Bestandsschutz mehr erhalten.

Sie könnten sich ausschließlich auf ihr höchstpersönliches Marketing und die Verbesserung der Qualität ihrer Medizin und ihres Services konzentrieren. Dennoch hätten sie innerhalb der gesellschaftsrechtlichen Strukturen die Möglichkeit, die von ihnen aufgebauten Kundenbeziehungen innerhalb der Gruppe an entsprechend qualifizierte Nachrücker zu veräußern. Auf diese Weise entstünde ein völlig neues Miteinander innerhalb der ärztlichen Gruppen. Sicherzustellen wäre aber dennoch, dass die Übergänge innerhalb der nächsten 5 Jahre so geschaffen sind, dass keinem eine unzumutbare Benachteiligung erwächst.

Parallel wird es zu der Entwicklung kommen, dass unter dem Gesichtspunkt von mehr Eigenverantwortung die Bürger in Deutschland beginnen, sich stärker für präventive Konzepte zu interessieren. Je mehr die Bürger ahnen, dass sie in Zukunft in größerem Maße an den Folgekosten von Krankheiten beteiligt sind, desto stärker entwickelt sich der gesellschaftliche Fokus hin zur Prävention.

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Prävention - Schlüsselmarkt der Zukunft

Die neuen kapitalistischen Kompetenzzentren für Diagnostik und operative Dienstleistungen mit erweiterten, verstreuten, konservativen Außenstellen sind auch in der Lage, modernste hochwertige und spezialisierteste Präventiv-Diagnostik anzubieten. Parallel zu ihrem Marketing haben sie die Möglichkeit, diese neuen Märkte qualifiziert anzugehen. Allein dadurch, dass es zur Konzentration kommt, werden diese Märkte in wesentlich stärkerem Maße - was den Bereich der IGeL-Leistungen betrifft - besser qualifiziert. Es wird zu umfassenden diagnostischen Dienstleistungsangeboten kommen, die, mit hochwertigster Technik versehen, zusammen mit Universitätszentren diese präventive Diagnostik bspw. im Herz-Kreislauf-Bereich, im Bereich der Neurologie etc. anbieten. Nur wer durch die Prävention frühzeitig die interessierten Menschen kennen lernt, wird sie auch später kurativ behandeln können. Die Marketingbindung entsteht durch die Zeitschiene "Information - Prävention - kurative Behandlung". Die gesellschaftliche Diskussion um diese Änderung des Gesundheitswesens tut ihr Übriges. Insoweit können in Zukunft noch wesentlich stärkere Marktsegmente der niedergelassenen Ärzteschaft erschlossen werden.

Ärzte werden innerhalb der nächsten 5 Jahre mit dem Aspekt der Rentabilität und mit dem Verlust der Veräußerbarkeit ihrer Praxen unter Marktgesichtspunkten konfrontiert.

Die jetzige Politik zeigt eindeutig, dass man zunächst, innerhalb der nächsten drei Jahre, nicht mit einem stärkeren Konkurrenzverhalten der Krankenhäuser in diesen Segmenten rechnen kann, weil diese aufgrund von internen Zusammenlegungen, Neuanpassungen durch Fallpauschalen und integrierte Versorgung in ihren Kräften gebunden sind. Wird nun dieser Bereich innerhalb der niedergelassenen Ärzteschaft in größeren Einheiten gefahren und professionalisiert, entsteht hiermit für die niedergelassene Ärzteschaft eine Aufgabe, bei der sie auch von allen Vorteilen des zweiten Gesundheitsmarktes profitieren kann. Aus diesem Gesichtspunkt heraus braucht sich kein Kollege Gedanken um seine Zukunft machen. Das Einzige, was von ihm verlangt wird, ist eine höhere Flexibilität, die bisherigen Ablaufstrukturen betreffend.

Wahrscheinlich werden niedergelassene Praxen von Frauen eine wesentlich höhere Sensibilität haben, sich solch neuer Strukturen zu bedienen. Faktisch ist es nur die Fähigkeit, seine Kommunikation wieder stärker an Veränderungen anzupassen. All das, was jetzt kommt ist keine Bedrohung, sondern eine Chance, auch für die Einzelpraxis.

H.-J. Schade

Broglie, Schade & Partner GBR

Wiesbaden/München

www.arztrecht.de

 
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Heilkunde im Kassenbereich der ambulanten Versorgung soll auch durch Kapitalgesellschaften möglich werden (Bild: Archiv).

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Modell der Zukunft: Einzelpraxis aufgeben, in Gemeinschaftspraxen arbeiten und mehr Honorar kassieren? (Bild: Archiv).