Z Orthop Ihre Grenzgeb 2004; 142(5): 495-498
DOI: 10.1055/s-2004-835143
Orthopädie aktuell

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Verliert das Röntgen seinen Stellenwert? - Stellenwert der Röntgendiagnostik im Alltag in Praxis und Klinik

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Publikationsdatum:
12. Oktober 2004 (online)

 
Inhaltsübersicht #

Röntgendiagnostik im niedergelassenen Bereich

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Prof. Dr. med. Andreas Bernau

In Deutschland gibt es nach Auskunft in der Bundesärztekammer derzeit etwa 4500 orthopädische und 3200 chirurgische Praxen. Von den orthopädischen Praxen waren - nach einer Umfrage des Berufsverbandes der Orthopäden - im Jahr 1995 etwa 80%, im Jahr 2004 noch etwa 72% mit einer Röntgenanlage ausgestattet. Dieser prozentuale Rückgang gründet sich zum Teil auf die sinkende Rentabilität des Röntgens für die Leistungserbringer, andererseits auf Umorientierung im Leistungsangebot. Eine gar nicht kleine Zahl von Kollegen hat mitgeteilt, dass sie die notwendigen Reinvestitionen im Bereich der Röntgendiagnostik nicht erbringen können und aus diesem Grunde gezwungen sind, diese Leistungen von anderen Kollegen, mehrheitlich von Radiologen, als Auftragsleistung erbringen zu lassen. Für einige auf ein umschriebenes Teilgebiet spezialisierte Kollegen machte es offenbar Sinn, die bildgebende Diagnostik auszulagern, zumal, wenn sie mehr als zwei kostenintensive bildgebende Verfahren benötigen.

In Deutschland sind also - grob hochgerechnet - knapp 6000 orthopädische und chirurgische Praxen mit einer Röntgenanlage ausgestattet, die vorrangig zielführend für die ambulante Diagnostik von Erkrankungen und Verletzungen der Bewegungsorgane verwendet wird. Die große Mehrzahl dieser Praxen ist auch mit diagnostischem Ultraschall, hingegen eine vergleichsweise nur sehr kleine Zahl mit einem Kernspintomographen ausgerüstet. Beide Verfahren spielen - abgesehen von Ultraschalldiagnostik der Säuglingshüfte und des Schultergelenkes - für die primäre Skelettdiagnostik bis dahin im praktischen Alltag in Klinik und Praxis eine nur nachgeordnete Rolle.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass derzeit aus dem praktischen Alltag des Orthopäden und Unfallchirurgen die Röntgendiagnostik nicht wegzudenken ist. Das gilt im gleichen Sinne uneingeschränkt auch für die Klinik, in der sich jedoch die Verantwortung zunehmend auf Radiologen verlagert. Eine im Januar 2002 durchgeführte Umfrage ergab, dass sich nur noch in 25 von gesamthaft 38 orthopädischen Universitätskliniken in Deutschland eine Röntgenabteilung in den Räumen der Klinik befindet. Nur in 12 von diesen 25 Kliniken liegt die Verantwortung für das Röntgen noch bei dem orthopädische Klinikdirektor (Bernau et al. 2002).

Bernau A., Hein W. und Pfeil J.. Ist die Gebietsradiologie Orthopädie noch zu retten? Orthopädie Mitteilungen 2(2002) 62

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Kernspintomographie

In der weiterführenden Skelettdiagnostik ist die Kernspintomographie inzwischen unentbehrlich. Gegenüber dem Röntgen hat die Kernspintomographie den Nachteil, dass sich die Kortikalis bisweilen unscharf abbildet, dass Frakturstellungen in der Regel nicht beurteilbar sind und dass funktionelle Untersuchungen von Wirbelsäule und Extremitäten noch (?) nicht möglich sind. Darüber hinaus benötigt die Kernspintomographie wesentlich mehr Zeit, und sie ist derzeit etwa fünfmal teurer als vergleichbare Röntgendiagnostik, z. B. am Kniegelenk.

Evidenzbasiert ist die Röntgenaufnahme in der Skelettdiagnostik unter den bildgebende Verfahren heute die erste Wahl.

Auch bei Skeletterkrankungen und -verletzungen ist es notwendig, effizient und kostengünstig zu einer Diagnose zu finden. In diesem Zusammenhang wurden unter Mitwirkung namhafter Orthopäden und Unfallchirurgen vor zwei Jahren evidenzbasierte Empfehlungen und daraus abgeleitet Entscheidungsalgorithmen entwickelt (Selbmann und Rosenberger 2002). Die auf Initiative der Berufsgenossenschaften zu Stande gekommene Konferenz legte für Erkrankungen und Verletzungen der großen Gelenke von Armen und Beinen fest, dass in der überwiegenden Mehrzahl der Fragestellungen die konventionelle Röntgendiagnostik am Anfang der bildgebenden Verfahren stehen sollte, weil sie mehrheitlich die Methode mit der höchsten Effizienz und den geringsten Kosten ist.

Selbmann, H.-K. und A. Rosenberger: Ergebnisse der strukturierten Konsensuskonferenz, "Bildgebende Verfahren in der Unfallchirurgie" und Methodik zur Messung der Akzeptanz unter Tagungsteilnehmern. Trauma Berufskrankh. 4 (Suppl. 2) 2002: 158

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Die voraussehbare Kostenlawine "Kniearthrose"

Auf Initiative des Orthopäden Lars Lidgren aus Lund/Schweden rief der Generalsekretär der UNO, Kofi Annan, die Jahre 2000 bis 2010 als die Dekade aus, die schwerpunktmäßig der Bekämpfung der Erkrankungen der Bewegungsorgane gewidmet sein sollte. Leider bestehen auch in den Industrienationen große Versorgungsdefizite z.B. bei der Kniegelenksarthrose. Darauf hat kürzlich Dr. Underwood aus London in einem Editorial in der Zeitschrift Rheumatology hingewiesen. Er nimmt Bezug auf eine im gleichen Heft (43/2004) publizierte Erhebung von Jinks und Mitarbeitern unter 9000 Patienten im Alter über 50 Jahren. Jeder vierte Untersuchte hatte chronische, das heißt mehr als 3 von 12 Monaten Knieschmerzen, jeder fünfte nicht chronische Knieschmerzen. Die Prävalenz der Knieschmerzen bezogen auf 12 Monate betrug bei den über 50-Jährigen 47%. Für ganz England bedeutet dies nach den Daten von 2001, dass etwa 4,5 Millionen der über 50-jährigen ernste Knieprobleme haben. Entsprechend der bekannten Altersstruktur lasse sich nach Dr. Underwood voraussagen, dass diese Bevölkerungsgruppe bis zum Jahr 2020 auf 25 Millionen zunehmen wird. Es gibt gut dokumentierte Beziehungen zwischen Gewichtszunahme und Auftreten einer Kniegelenksarthrose. Mit der gleichfalls voraussagbaren Zunahme der Übergewichtigen muss erwartet werden, dass die Zahl älterer Menschen mit ernsthaften Knieproblemen stark ansteigen wird. Darum besteht ein dringender Bedarf, die wirksamen nicht operativen Behandlungsmethoden durch Langzeitstudien zu ermitteln. Am Anfang jeder Therapie besteht jedoch die Notwendigkeit einer aussagekräftigen funktionellen, reproduzierbaren und kostengünstigen bildgebenden Diagnostik. Nach heutigem Kenntnisstand gibt es derzeit keine ernsthafte Alternative zur Röntgenaufnahme.

Jinks C. et al.: A brief screening tool for knee pain in primary care (KNEST). 2. Results from a survey in the general population aged 50 and over. Rheumatology 43 (2004) 55

Underwood M.R.: Editorial: Community management of knee pain in older people: is knee pain the new back pain? Rheumatology 43 (2004) 2

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Funktionelle Skelettdiagnostik am Beispiel des Kniegelenkes

Am Beispiel des Kniegelenkes soll hier nur nochmals in Erinnerung gerufen werden, welche Aussagen bei der Wahl des richtigen Verfahrens (Bernau 2004) möglich sind, das heißt welche Bedeutung der funktionellen Röntgendiagnostik zukommt.

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Abb. 1: Kniegelenk derselben Patientin: a) rechts stehend im Alter von 82 Jahren mit nahezu aufgehobenem medialen Gelenkspalt bei fortgeschrittener Varusgonarthrose; b) Mitte: dasselbe Kniegelenk im Alter von 83 Jahren liegend mit parallelen Gelenkspalten, das heißt scheinbar nur mäßiger Arthrose; c) links: dasselbe Kniegelenk stehend im Alter von 87 Jahren mit aufgehobenem medialen Gelenksspalt.

Bereits die einfache Stehaufnahme des Kniegelenkes a.-p. im Zweibein- oder - noch besser- im Einbein-stand erlaubt eine Aussage über die Knorpelqualität (Abb. [1]).

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Abb. 2: Beinganzaufnahme im Stehen mit beginnender Varusgonarthrose, Traglinie 23 mm medial der Kniegelenksmitte und - zur Dokumentation des Einbeinstandes - Abbildung der linken Ferse neben dem rechten Unterschenkel.

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Abb. 3: Links Aufnahme des gestreckten linken Kniegelenkes anterior-posterior stehend mit nur leichter Gelenksspaltverschmälerung als Ausdruck einer scheinbar nur mäßigen Gonarthrose. Rechts dasselbe Kniegelenk posterior-anterior in 45°-Kniebeugung stehend (Rosenberg) mit medial aufgehobenem Gelenksspalt.

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Abb. 4: Tangentialaufnahmen der Femoropatellargelenke (unten) eines 13-jährigen Mädchens in 120°-Kniebeugung (Settegast) zeigt scheinbar nur geringe Lateralisation der linken Patella. Erst die Aufnahme derselben Femoropatellargelenke des jetzt 15-jährigen Mädchens in 50°-Kniebeugung (oben) lässt die Pathologie der links luxierten ("reitenden") Patella erkennen.

Die Beinganzaufnahme ist angezeigt, wenn es um die Frage einer Achsenkorrektur geht. Sie ist stets als Einbeinstandaufnahme durchzuführen. Dass es sich um eine Einbeinstandaufnahme handelt, wird am besten dadurch dokumentiert, das die gegenseitige Ferse in Höhe des abzubildenden Unterschenkels mit aufgenommen wird (Abb. [2]).

Rosenberg (1988) konnte nachweisen, dass das Ausmaß eines Knorpelverlustes auf einer p.-a.-Aufnahme in 45°- Beugung des Kniegelenkes in der Regel valider abschätzbar ist, als auf einer a.-p. Aufnahme in 0°-Beugung. Die nachstehenden Aufnahmen im Stehen wurden an einem Tag aufgenommen (Abb. [3]).

Bereits 1981 konnten wir in einer eigenen Arbeitsgruppe nachweisen, dass sich in der orthopädischen Praxis die Pathologie bei mehr als der Hälfte aller Patienten mit Knieproblemen im Femoropatellargelenk abspielt. Die auch heute leider nicht nur vereinzelt immer noch angewandte Settegast-Technik führt durch die dabei erforderliche Kniebeugung von mindestens 100° dazu, dass die Kniescheibe tief in die Fossa intercondylaris eingepresst wird und sich eine im Bereich leichter Kniebeugung (30 bis 45°) abspielende Pathologie, z.B. eine Luxation, nicht sichtbar wird. Dafür nachfolgend das Beispiel eines jungen Mädchens mit tangentialen Röntgenaufnahmen der Femoropatellargelenke in 100° und in 50°-Kniebeugung. Nur auf den letzten (oberen) Aufnahmen ist die Pathologie im Bereich des linken Kniegelenkes sichtbar und eine sich im Bereich leichter Kniebeugung (30 bis 35°) abspielende Pathologie z.B. eine Luxation nicht sichtbar wird.

Es sollte darum heute die Aufnahme der Femoropatellargelenke tangential nur noch in 45°-Kniebeugung kranio-kaudal (nach Merchand) erfolgen. Andere Techniken, bei denen die Patienten die Kassette oberhalb der Kniegelenke selbst halten, führen zu proximal gerichtetem Strahlengang mit Strahlenbelastung für Augen, Sternum und Gonaden.

Zusammenfassend wird an einem ausschnittsweisen Beispiel der Radiologie des Kniegelenkes dargestellt, dass es für primäre Fragestellungen, zumal bei erforderlicher funktioneller Diagnostik, heute keine ernsthafte Alternative zur herkömmlichen Röntgendiagnostik gibt.

Bernau A.: Orthopädisch-Traumatologische Röntgendiagnostik - Einstelltechnik, 4. Aufl., Urban & Fischer, München-Jena 2004

Rosenberg T.D. et al.: The Forty-five-degree posterior-anterior Flexion weight-bearing radiograph of the Knee. J.Bone Jt.Surg.70A (1988) 14 hier 79

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Stellenwert des Röntgens im wissenschaftlichen Interesse und im Bewusstsein der DGOOC

Das wissenschaftlichen Interesse an der Skelettradiologie

1991 hatten 12 Orthopäden einen Brief zur Zukunft der Deutschen Orthopädie in den Mitteilungsblättern der DGOT und des Berufsverbandes veröffentlicht und dabei ihrer Besorgnis Ausdruck gegeben, dass die Einheit unseres Faches und damit der Bestand unseres Fachgebietes gefährdet sei (Bernau et al. 1991).

Es wurden damals Thesen zur Weiterbildung, zur Fortbildung und zur Forschung aufgestellt und dabei auch in einem gesonderten Absatz auf die Gefährdung der Orthopädischen Röntgendiagnostik hingewiesen. Aus dieser Initiative entstand unter anderem die Kommission Gesamtorthopädie, in der in enger, 8-jähriger Zusammenarbeit gewählter Vertreter der DGOT und des BVO wesentliche Veränderungen in unserem Fach vorbereitet wurden, wie zum Beispiel der zusammengeführte Deutsche Orthopädenkongress, die Zusammenlegung zahlreicher Gremien von wissenschaftlicher Gesellschaft und Berufsverband und die Allianz Deutscher Orthopäden. Aber zum Thema Radiologie wurde trotz weiterer mehrfacher Vorstöße und Anträge im Vorstand unserer Gesellschaft nichts erreicht.

Der mehrfach formulierte Vorschlag, die eigene Kompetenz in der Skelettradiologie könnte am überzeugendsten durch fundierte wissenschaftliche Arbeit und Veröffentlichungen belegt werden, fand keine Resonanz. Es müsste doch möglich sein, dass aus jeder orthopädischen Universitätsklinik wenigstens eine Arbeit im Jahr zur Skelettradiologie veröffentlicht wird, so lautete eine Anregung. In sieben führenden englisch- und deutschsprachigen radiologischen und orthopädischen Zeitschriften befanden sich im Jahrgang 2001 gerade einmal 11 Arbeiten zur speziellen radiologischen Diagnostik (Bernau et al. 2002). Das Thema wird also überregional und interdisziplinär ganz offensichtlich als unattraktiv empfunden. Zusammenfassend muss festgestellt werden, dass ein wissenschaftliches Interesse an der Skelettradiologie heute nicht mehr erkennbar ist.

In einem vom damaligen Präsidenten unserer Gesellschaft mitgezeichneten Beitrag (Bernau, Hein und Pfeil 2002) wurden nachdrücklich darauf hingewiesen, dass

  • die Herausnahme der Skelettradiologie aus dem Verantwortungsbereich des Orthopäden das Fachgebiet Orthopädie funktionsuntüchtig macht,

  • dieser Verlust zu einer Qualitätsminderung und zu wesentlichen Servicenachteilen von Patienten und gesamthaft zu einer beträchtlichen Kostensteigerung führt und

  • die kommende Generation der Orthopäden und Unfallchirurgen damit rechnen muss, dass ihr die Anerkennung der Fachkunde verweigert wird, sofern sie in Kliniken und Abteilungen ohne eigene Röntgenverantwortung ausgebildet werden.

In dem Beitrag wurden verschiedene mögliche Maßnahmen vorgetragen - es geschah jedoch nichts.

Bernau A. und 11 Orthopäden: Zukunft der Deutschen Orthopädie. Orthopädie Mitteilungen 1 (1991) 4

Bernau A., Hein W. und Pfeil J.: s.o.

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Das Ende der Teilgebietsradiologie: glücklich verhindert!

"Erfreulich ist, dass die Weiterbildungskommission der Bundesärztekammer das fachgebundene Röntgen weit gehend aus den einzelnen Fächern herausgenommen hat", das schrieb der Präsident der Deutschen Röntgen-Gesellschaft unter dem Titel "Musterweiterbildungsordnung 2003" in den Verbandsmitteilungen (Fortschritte Röntgenstrahlen 2003: 175). Dass die Musterweiterbildungsordnung im Mai 2003 auf dem Deutschen Ärztetag nicht so beschlossen wurde, verdanken wir einem Gutachten des Verfassungsrechtlers Prof. Kirchhof (2003). Er konnte die Unverträglichkeit der eben zitierten Pläne mit unserem Grundgesetz an verschiedenen Stellen in seinem Gutachten belegen.

"Aber es bedurfte zunächst erheblicher Überzeugungsarbeit in den Entscheidungsgremien unseres Faches, bis die Brisanz der geplanten neuen Weiterbildungsordnung genügend wahrgenommen wurde und bis eine Mehrheitsmeinung für den Auftrag zu diesem Gutachten zu Stande kam. Wir sind also in letzter Minute noch einmal mit einem "blauen Auge" davongekommen, ebenso auch die anderen teilradiologischen Nachbarfächer.

"Zusammenfassend muss leider festgestellt werden, dass nicht nur das wissenschaftliche, sondern auch das politische Interesse an der Skelettradiologie in unseren Fach derzeit sehr gering ist und die erheblichen Risiken für den Bestand des Faches kaum wahrgenommen werden.

Kirchhof F.: Die Unzulässigkeit einer Herausnahme der Durchführung fachgebundener teilradiologischer Diagnostik aus den chirurgischen Fächern. Orthopädie Mitteilungen 4 (2003) 286 und 5(2003) 356

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Ausblick

Glücklicherweise dominiert wie im Leben, so auch in unserem Fachgebiet Orthopädie, häufig die Macht des Faktischen. Hinsichtlich der Skelettradiologie sehen wir im medizinischen Alltag, wie eingangs gezeigt, dass heute und morgen das herkömmliche Röntgen seinen Stellenwert hält, auch gegenüber der Kernspintomographie.

Ob wir Orthopäden auf die Skelettradiologie in Zukunft Einfluss behaupten können, das muss nach den zurückliegenden Erfahrungen doch sehr nüchtern gesehen und in Zweifel gezogen werden. Nur ganz wenige Orthopäden sind bereit, sich für diese Thematik zu engagieren, so derzeit die kleine Arbeitsgruppe Orthopädische Röntgendiagnostik im Arbeitskreis Bildgebende Verfahren. Sie bemüht sich um Qualitätssicherung in Form von Weiterbildungsseminaren und -kursen. Wir brauchen aber einen Nachwuchs, der sich auf diesem Feld nachhaltig engagiert und die Wissenschaft, die die besondere Bedeutung der Röntgendiagnostik für den Bestand unseres Faches erkennt und bereit ist, dafür mit Nachdruck zu kämpfen.

Prof. Dr. med. Andreas Bernau, Walter Simon Straße 12, 72072 Tübingen

 
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Prof. Dr. med. Andreas Bernau

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Abb. 1: Kniegelenk derselben Patientin: a) rechts stehend im Alter von 82 Jahren mit nahezu aufgehobenem medialen Gelenkspalt bei fortgeschrittener Varusgonarthrose; b) Mitte: dasselbe Kniegelenk im Alter von 83 Jahren liegend mit parallelen Gelenkspalten, das heißt scheinbar nur mäßiger Arthrose; c) links: dasselbe Kniegelenk stehend im Alter von 87 Jahren mit aufgehobenem medialen Gelenksspalt.

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Abb. 2: Beinganzaufnahme im Stehen mit beginnender Varusgonarthrose, Traglinie 23 mm medial der Kniegelenksmitte und - zur Dokumentation des Einbeinstandes - Abbildung der linken Ferse neben dem rechten Unterschenkel.

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Abb. 3: Links Aufnahme des gestreckten linken Kniegelenkes anterior-posterior stehend mit nur leichter Gelenksspaltverschmälerung als Ausdruck einer scheinbar nur mäßigen Gonarthrose. Rechts dasselbe Kniegelenk posterior-anterior in 45°-Kniebeugung stehend (Rosenberg) mit medial aufgehobenem Gelenksspalt.

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Abb. 4: Tangentialaufnahmen der Femoropatellargelenke (unten) eines 13-jährigen Mädchens in 120°-Kniebeugung (Settegast) zeigt scheinbar nur geringe Lateralisation der linken Patella. Erst die Aufnahme derselben Femoropatellargelenke des jetzt 15-jährigen Mädchens in 50°-Kniebeugung (oben) lässt die Pathologie der links luxierten ("reitenden") Patella erkennen.