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DOI: 10.1055/s-2004-835334
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Neue Wege in der Schlaganfallforschung - Das natürliche Schutzsystem im Gehirn therapeutisch stärken
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
22. Oktober 2004 (online)
Die Axaron Bioscience AG, Heidelberg, entwickelt Therapien zur Behandlung neurodegenerativer Erkrankungen wie Schlaganfall oder Parkinson. Dazu setzt das Biotechnologie-Unternehmen auf ein weltweites Netzwerk führender ZNS-Experten und die eigene integrierte Technologieplattform zur funktionellen Genom- und Proteomanalyse. Axaron scheut sich dabei nicht, auch Pfade zu betreten, die größere Unternehmen - nach schmerzlichen Einbußen - bereits wieder verlassen haben.
#Neue Therapiemöglichkeiten beim Schlaganfall
Hoffnungsträger für das Heidelberger Unternehmen ist das körpereigene Protein AX200, das momentan in Phase-II-Studien geprüft wird. Dieses Protein soll das Absterben von Gehirnzellen nach einer Schädigung stoppen und die Regeneration des Gewebes fördern. Als Ziel steht vor Augen, die positiven Effekte des Proteins auch dann nutzen zu können, wenn dieses nicht natürlicherweise aktiviert wird.
Als Forscher die biochemischen Reaktionen von Nervenzellen während eines Schlaganfalls untersuchten, stießen sie auf ein körpereigenes System, das unser Gehirn bei einem Schlaganfall schützt. Das Protein AX200 ist nach Angaben von Dr. A. Bach, Vorstand der Axaron Bioscience AG, ein Bestandteil dieses natürlichen Schutzsystems des Gehirns, das therapeutisch durch exogenes AX200 verstärkt werden soll. Nach den Erkenntnissen der Forscher kommt AX200 in unterschiedlichen Situationen zum Einsatz. Im Falle eines Schlaganfalls wird seine Konzentration im unmittelbaren Infarktbereich um den Faktor 100 erhöht - und verhindert auf diese Weise den Tod von Zellen (Apoptose).
Die Rettung von Gehirnzellen und eine raschere Erneuerung des Gewebes könnten dazu beitragen, Spätfolgen - wie Lähmungen oder Behinderungen - zu minimieren. Bislang bleibt den Medizinern nach einem Schlaganfall meist "nur", den Gefäßverschluss zu beseitigen und auf diese Weise die Wiederdurchblutung des Gehirns zu gewährleisten. Eine Neubildung von Nervenzellen, so die Hoffnung, könnte in Zukunft vielen Patienten ein besseres Leben nach dem Schlaganfall ermöglichen. Es wird zu untersuchen sein, ob mehr Gewebe gerettet werden kann, wenn das Protein beispielsweise frühzeitig injiziert wird.
#Die Lawine aufhalten
Der Schlaganfall stellt in den Industrieländern die dritthäufigste Todesursache und die häufigste Ursache für Behinderungen dar. Ungefähr ein Viertel aller Schlaganfallopfer stirbt innerhalb eines Jahres, nahezu 50% aller Betroffenen behalten mehr oder weniger starke Schäden zurück und lediglich ein Viertel kommt im Wesentlichen ohne Einschränkungen davon.
Natürlich ist es wichtig, die unterschiedlichen Schlaganfallentitäten zu unterscheiden. Am häufigsten ist mit etwa 80% der Fälle ein Durchblutungsmangel des Gehirns, also der ischämische Insult. Intrazerebrale Blutungen stellen mit 15% die zweithäufigste Ursache für einen Schlaganfall, relativ selten sind Subarachnoidalblutungen mit ungefähr 5-10%.
Beim ischämischen Insult kommt es infolge der Gefäßverengung in einer Hirnarterie zu einer Minderdurchblutung des Gehirns. Die resultierende Gewebsschädigung hängt dann von der Dauer und dem Ausmaß dieser Durchblutungsminderung ab. Der Infarktkern wächst dabei auf Kosten der Penumbra, immer mehr Hirngewebe geht irreversibel verloren. "Der Zelltod läuft wie eine langsame Lawine durch das Gehirn", so Bach.
Deshalb könnte AX200 auch noch helfen, wenn es mehrere Stunden nach dem eigentlichen Schlaganfall gegeben wird. Denn das Molekül blockiert in den Zellen gleich mehrere Signalübertragungswege, die zum Zelltod führen. Zugleich setzt es Signalkaskaden in Gang, die das Wachstum neuer Nervenzellen anregen. Sie können möglicherweise Funktionen des abgestorbenen Gewebes übernehmen. Im Tierversuch konnte AX200 die Größe des vom Schlaganfall betroffenen Hirnareals deutlich verringern.
Sollte in den kommenden Monaten die Wirksamkeit von AX200 bei Schlaganfall belegt werden, stehen weitere Optionen an. So wird zu prüfen sein, ob die Substanz auch bei Kopfverletzungen oder anderen mit Gewebsverlust einhergehenden Krankheiten helfen könnte - wie etwa bei Morbus Parkinson oder Multipler Sklerose.
Daniel Bomar, Linkenheim-Hochstetten
Quelle: Axaron Pressetag "Schlaganfall als gesellschaftspolitische Herausforderung - Forschung, Fakten, Analysen", veranstaltet von der Axaron Bioscience AG, Heidelberg