psychoneuro 2004; 30(10): 530
DOI: 10.1055/s-2004-835718
DGBS e.V.

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DGBS-Jahrestagung 2004 - Bipolare Störungen sind keine Einbahnstraße

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Publication Date:
05 November 2004 (online)

 
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Eine bipolare Erkrankung betrifft nicht nur den Einzelnen, sondern auch seine Angehörigen insbesondere Partner und Kinder sowie die behandelnden Therapeuten. Die Erkrankung kann daher nur gemeinsam bewältigt werden. Wie bereichernd das gemeinsame Gespräch und vor allem die Diskussion sein kann, zeigte auch die gut besuchte diesjährige Tagung der DGBS e.V., die jetzt vom 9.-11. September in Hamburg in Zusammenarbeit mit der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf und dem Allgemeinen Krankenhaus Hamburg-Harburg stattfand. Insgesamt füllten mehr als 500 Besucher, ca. 50% Professionelle, ca. 30% bipolar Erkrankte, ca. 20% Angehörige, auf dieser Jahrestagung das Prinzip des Trialogs auch in diesem Jahr wieder sehr erfolgreich mit Leben.

Bipolar zu sein, ist etwas ganz besonderes. So unterschiedlich wie die Erkrankung selbst, ist auch die Art und Weise, wie Menschen mit bipolaren Erkrankungen umgehen, erklärte Dr. H.-P. Unger in Hamburg. "Man kann eine ganze Menge tun, um mittig und auf gutem Niveau zu bleiben." Es stehen nicht nur medikamentöse Behandlungsmethoden, sondern auch unterstützende nichtmedikamentöse Therapien zur Verfügung. Dem einzelnen hilft vielleicht, wie Prof. P. Hartwich vorstellte, z.B. in der depressiven Phase die Beschäftigung mit spirituellen Dingen. In der Manie können sich strukturgebende Ansätze eignen, wie die Computermalerei oder Mandalas.

In Gruppentherapien können die ersten Warnzeichen einer Wiedererkrankung gemeinsam mit den anderen Teilnehmern erkannt und Gegenregulationsmaßnahmen erarbeitet werden. Außerdem ist es für viele befreiend, endlich die Erfahrungen, die z.B. während der manischen Phase oder in der Klinik gemacht worden sind, einmal mit anderen besprechen zu können und vielleicht zu verarbeiten.

In die Behandlung müssen auch unbedingt die Angehörigen miteinbezogen werden, forderte PD Dr. T. Bock. "Eine Behandlung ohne Berücksichtigung der Angehörigen ist ein Kunstfehler!" Bei der Behandlung muss auch darauf geachtet werden, dass es eine Eigendynamik der Psyche, der Familie und der Beziehungen gibt. Nicht jede Manie oder depressive Episode muss eine bipolare Erkrankung werden. Wie Bock vorstellte, besteht auch in der Öffentlichkeit noch immer ein Zerrbild der Erkrankung, so meinen z.B. viele, die Betroffenen seien gefährlich, Zweifel und Verzweiflung gehören aber zum Bild des Menschen, Verzweiflung kann in eine Depression abrutschen, beides ist aber zutiefst menschlich.

Um aber die ganzen Therapien miteinander zu koordinieren, ist noch viel Arbeit erforderlich. Die so genannte integrierte Versorgung steckt heute allerdings noch in den Kinderschuhen und muss voran getrieben werden. Beispielsweise müssen, um nur einige Schwachstellen aufzuzeigen, die Betroffenen im Krisenfall auch morgens um drei Uhr noch einen Ansprechpartner finden können, der sie sofort unterstützen kann. Unterstützende Therapiemaßnahmen müssen flächendeckend zur Verfügung stehen. Die Finanzierung dieser und anderer ambulanter Maßnahmen muss mit den Versorgungsgesellschaften neu geregelt werden.

Wichtig ist auch, dass alle Betroffenen mit den Behandlungsmethoden zufrieden sind. Um dies zu sichern, muss die Qualität der Behandlung überprüft und falls notwendig verbessert werden. Die Aufnahmesituation in die Kliniken wird z.B. immer noch als besonders belastend und traumatisierend empfunden. Wir brauchen keine geschlossenen Stationen. Was wir brauchen ist unter anderem fester Zusammenhalt, um gemeinsam unsere Ziele voran zu treiben.

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Prof. Jules Angst - neues Ehrenmitglied der DGBS e.V.

Prof. Jules Angst wurde für sein Lebenswerk zum neuen Ehrenmitglied der DGBS e.V. ernannt. Beispielsweise zählt seine Monographie aus dem Jahre 1966 zur Ätiologie und Nosologie endogener depressiver Psychosen zu den Meilensteinen der modernen Psychiatrie, beschrieb Prof. Andreas Marneros in seiner Laudatio. "Mit dieser Monographie sowie der kurz darauf folgenden Studie von Carlo Perris, publiziert in englischer Sprache in der "Psychiatrica Scandinavica", wurde die neue Epoche der bipolaren Störungen eingeleitet ... Jules Angst behandelte in dieser Monographie als Erster und im Gegensatz zu seinem verehrten Lehrer Manfred Bleuler die schizoaffektiven Psychosen - damals nannte er sie noch "Mischpsychosen" - als eine Untergruppe der affektiven Erkrankungen. In der damaligen Zeit war das revolutionär. Er widersprach damit allen Großen der Psychiatrie." Weltberühmt ist auch die prospektive epidemiologische Züricher Kohorten-Studie von Angst, die zu den methodisch besten Studien der Welt zählt. Die Follow-up-Periode von mehr als 20 Jahren brachte bahnbrechende Ergebnisse, z.B. auch zur Inzidenz bipolarer Erkrankungen. Der Vortrag von Angst "Bipolare Störungen als lebenslanges Schicksal" zählte daher zu den Höhepunkten der Jahrestagung.

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von links nach rechts: Dr. H. Grunze, Prof. J. Angst, Prof. A. Marneros

KW

 
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von links nach rechts: Dr. H. Grunze, Prof. J. Angst, Prof. A. Marneros