Kommentar
Prostatakarzinome - Höherer COX2-Gehalt bei fortgeschrittenen Tumoren
Die verschiedenen Unterformen der Cyclooxigenase katalysieren die Umwandlung von Arachidonsäure
zu Prostaglandinperoxid. Diese Umwandlung stellt eine Schlüsselreaktion in der Prostaglandinsynthese
dar. Es sind derzeit zwei Unterformen der Cyclooxigenase bekannt. COX-1 wird regelmäßig
in Normalgewebe exprimiert und ist in der Regulierung normaler Zellprozesse involviert.
Im Gegensatz dazu wird COX-2 nur ausnahmsweise in Normalgewebe, wird aber vermehrt
bei entzündlichen oder malignen Erkrankungen nachgewiesen. Mittlerweile wurde einer
vermehrte Expression von COX-2 bei verschiedenen Tumorentitäten nachgewiesen. Hierzu
gehören Karzinome der Lunge, des Magen- Darm-Traktes sowie das Mammakarzinom. Von
den urologischen Tumoren zählen hierzu das Harnblasenkar- zinom sowie das Prostatakarzinom.
Die Tatsache, dass COX-2 vermehrt bei Tumorerkrankungen nachgewiesen wird und die
Möglichkeit, COX-2 durch selektive Inhibitoren in der Wirkung zu hemmen, machen COX-2
zu einem viel versprechenden Target in der Tumortherapie.
Hierzu gehören Karzinome der Lunge, des Magen-Darm-Traktes sowie das Mammakarzinom.
Von den urologischen Tumoren zählen hierzu das Harnblasenkarzinom sowie das Prostatakarzinom.
Ein besonderes Interesse richtet sich auf das COX-2, nachdem nachgewiesen werden konnte,
dass durch Blockierung von COX-2 durch nichtsteroidale Antiphlogistika, das Risiko,
an Kolonkarzinom zu versterben, gesenkt werden konnte (10). Diese Ergebnisse machen
COX-2-Inhibitoren zu einem interessanten Therapieansatz in der Prävention von Tumorerkrankungen
allgemein. Daten über eine mögliche Sinnhaftigkeit der Einnahme von COX-2-Inhibitoren
in der Prävention oder Therapie urologischer Tumoren werden vereinzelt vorgestellt.
Edwards et al. untersuchten die Expression von HER2 und COX-2 im Gewebe von Patienten
mit BPH oder Prostatakarzinom. Zusätzlich wurde eine Amplifikation des HER2-Gens mittels
FISH untersucht. Hierbei wurde differenziert zwischen einer vermehrten Anzahl der
HER2 Gene (copy numbers) sowie einem größeren Verhältnis im Vergleich zu Chromosom
17 (amplification). Der Ansatz, die Expression von HER2 sowie COX-2 gemeinsam zu untersuchen,
rührt aus den Ergebnissen von Vadlamudi et al., die bei Patientinnen mit Mamma-Ca
eine Regulierung der COX-2-Expression durch HER2 beschrieben. In der vorliegenden
Arbeit untersuchen die Autoren ein Patientenkollektiv mit BPH, lokal begrenztem oder
lokal fortgeschrittenen Tumoren. Hier stellt sich auch die erste Schwachstelle der
Arbeit dar. Zur exakten Beschreibung der Expression ist vom Prinzip ein gut definiertes
Patientenkollektiv erforderlich. Dies liegt hier nicht vor. Es wird nicht beschrieben,
wie das Tumormaterial gewonnen wird oder wie die Diagnose (pT2/pT3 lässt sich ja praktisch
nur am Präparat einer radikalen Prostatektomie diagnostizieren) gestellt wird. Problematisch
ist sicher auch, dass 12 der pT1/pT2-Tumoren bereits Metastasen vorlagen. Dies führt
eine Korrelation der Expressionsdaten mit dem Tumorstadium ad absurdum. Eine weitere
Schwachstelle ist der Vergleich mit BPH-Gewebe. Hier wäre ein Vergleich mit "normalem"
Prostatagewebe (was zugegebenermaßen schwer zu definieren ist) sinnvoller. Dementsprechend
kann letztlich nur sinnvoll ein Vergleich zwischen Referenz- und Tumorgewebe sowie
zwischen metastasierten und nicht metastasierten Tumoren durchgeführt werden. Vergleicht
man BPH mit Tumorgewebe so findet man in der FISH tatsächlich eine signifikante Zunahme
der Anzahl der HER2-Kopien, aber keine Amplifikation. Der Vergleich hinsichtlich der
COX-2-Expression zwischen BPH und PCa zeigt ebenfalls einen signifikanten Expressionsunterschied.
Dies steht etwas im Kontrast zu der Interpretation der Ergebnisse durch die Autoren
selber. Diese fokussieren die Interpretation der Ergebnisse eher auf einen Expressionsunterschied
zwischen BPH-Gewebe "pT1/ pT2"-Tumoren, der anhand des Patientenkollektivs nach meiner
Einschätzungen nicht sinnvoll ist (s.o.). Hinsichtlich des Vergleichs zwischen metastasierten
und nicht metastasierten Tumoren wird kein signifikanter Unterschied hinsichtlich
COX-2-Expression, HER2- Amplifikation oder Anzahl der HER2-Gen Kopien gesehen. Die
Korrelation der HER2 Daten und der COX-2 Expression untereinander zeigt tatsächlich
einen signifikanten Unterschied zwischen der COX-2 Expression und der Anzahl der HER2-Kopien.
In einer ähnlichen Arbeit zur Expression von COX-2 in Prostatagewebe verglichen Madaan
et al. die Expression von COX-2 in BPH und PCa-Gewebe. Diese Arbeitsgruppe konnte
bei zunehmender Entdifferenzierung eine Zunahme der COX-2- Expression nachweisen.
Kritisch anzumerken ist auch zu dieser Arbeit, dass durch das untersuchte Patientenkollektiv
(jeweils TUR-Material) keine Korrelation mit der Tumorgröße oder dem Tumorstadium
durchgeführt werden konnte.
Die Arbeit beschäftigt sich mit 2 interessanten Ansätzen. 1. der Expression von COX-2
beim Prostatakarzinom und 2. mit der Expression von HER2 sowie der Interaktion beider
Proteine. Wie geschildert stellen beide Proteine mögliche therapeutsche Targets dar.
Problematisch sind sicher aber handwerkliche Schwächen der Arbeit. Dies ist in erster
Linie das unzureichend definierte Patientenkollektiv. Auch scheint das gewählte Modell
(retrospektive Analyse an Tumormaterial) nicht das optimale Konzept zu sein, um eine
Interaktion der beiden Proteine zu untersuchen. Hier scheint ein in-vitro- Konzept
für das Prostatakarzinom analog zu den Untersuchungen von Subbaramaiah erst einmal
sinnvoller zu sein. Diese Daten stehen aber aus. So gesehen bringt die vorgelegte
Arbeit nur wenig neue Erkenntnisse. Speziell kann nicht postuliert werden, welchen
therapeutischen Benefit die Gabe von COX-2 Inhibitoren in der Prävention oder Therapie
des Prostatakarzinoms haben könnte.
In einer aktuellen Arbeit konnten Gupta et al. zumindest im Tiermodell nachweisen,
dass durch Einnahme von selektiven COX-2-Inhibitoren sowohl die Tumorentstehung verhindert
als auch bei Tieren mit bestehenden Tumoren das tumorspezifische Überleben verlängert
werden kann. In einer etwas älteren Arbeit konnten Liu et al., ebenfalls in einem
Mausmodell, nachweisen, dass durch Hemmung von COX-2 das Tumorzellwachstum von PC3
(einer hormonrefraktären Prostatakarzinomzelle) gehemmt werden kann und existierende
Tumoren verkleinert werden können.
Angesichts der vorliegenden Arbeiten kann heute die Bedeutung von COX-2 in der Entwicklung
des Prostatakarzinoms als gesichert angesehen werden. Auch die Gabe von COX-2-Inhibitoren
in der Prävention oder supplementiven Therapie des Prostatakarzinoms scheint viel
versprechend. Klinische Daten, die eine Gabe von COX-2-Inhibitoren untersuchen, stehen
bedauerlicherweise für das Prostatakarzinom weiterhin aus.
PD Dr. Martin G. Friedrich, Hamburg
Literatur beim Autor