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DOI: 10.1055/s-2004-837044
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York
Von der Mammografie bis zur Biopsie - Untersuchungs-möglichkeiten der Mamma
From Mammography to Biopsy - Methods for Breast AssessmentAnschrift für die Verfasser
Prof. Dr. R. Schulz-Wendtland
Gynäkologische Radiologie, Universitätsklinikum Erlangen
Universitätsstr. 21-23
91054 Erlangen
Publication History
Publication Date:
02 December 2004 (online)
- Zusammenfassung
- Summary
- Risikobeurteilung und -beratung
- Mamma-Tast-untersuchungen
- Mammografie
- Mammasonografie
- Magnetresonanztomografie (MRT)
- Interventionelle Techniken
- Präoperative Markierung und intraoperatives Röntgen
- Literatur
Zusammenfassung
Die Untersuchungsmöglichkeiten der Mamma sind vielfältig. Erste Hinweise auf Mammabefunde können die Selbstuntersuchung und die ärztliche Tastuntersuchung geben. Als Screening-Verfahren eignet sich derzeit nur die Mammografie. Ergänzende Maßnahmen der diagnostischen Abklärung sind die Mammasonografie und die Kontrastmittel(KM)-Magnetresonanztomografie. Die histologische Diagnostik unklarer Befunde (BI-RADS 4/5) erfolgt durch eine Stanzbiopsie, Vakuumbiopsie oder offene Biopsie. Bei nicht tastbaren, mammografisch oder sonografisch nachgewiesenen - gegebenenfalls schon histologisch gesicherten - Befunden ist die präoperative Markierung erforderlich.
#Summary
There are various methods for breast assessment. Self breast palpation or professional palpation may give the first hint about a breast mass. Mammography is the by far best screening method. Breast ultrasound and contrast dye MRI are additional diagnostic methods. The histological assessment of the diagnostic classifications (BI-RADS 4/5) by punch biopsy, vacuum biopsy or open biopsy. Preoperative localisation has to be done by non-palpable, mammographic or sonographic detected lesions.
Brustkrebs ist eines der vorrangigen Probleme in der frauenspezifischen Gesundheitsversorgung in der Bundesrepublik Deutschland. Neue tumorbiologische Kenntnisse und aktuelle therapeutische Entwicklungen lassen innerhalb der nächsten Jahre eine Reduktion der Mammakarzinomsterblichkeit nur schrittweise erwarten. Ein qualitätsgesichertes, fachübergreifendes Brustkrebs-Früherkennungsprogramm bzw. ausschließliches Mammografie-Screening auf der Basis der Europäischen Qualitätsrichtlinien als Eingangsschritt der Versorgungsstrukturen verspricht dagegen eine deutliche Reduktion der Sterblichkeitsraten. Die Qualitätssicherung der Brustkrebs-Früherkennung ist eine fachübergreifende Aufgabe aus klinischer Untersuchung, apparativer Diagnostik, pathomorphologischer Beurteilung, operativer Therapie, Nachsorge und einer Optimierung der medizinischen Versorgungsstrukturen und -abläufe [Abb. 1].
#Risikobeurteilung und -beratung
Geschlecht, Alter und familiäre Belastung sind die drei wesentlichen Risikofaktoren für das Mammakarzinom. Zusätzliche Faktoren (z.B. Menarche vor dem elften Lebensjahr oder Menopause nach dem 54. Lebensjahr, Hormoneinnahme, Körpergewicht) gelten als Faktoren mit geringerer Risikomodulation. Primär ist das Mammakarzinom eine Erkrankung der Frauen, bei Männern tritt ein Mammakarzinom unter 1 % auf.
Mit Beginn des gesetzlichen Krebsfrüherkennungsprogramms (§ 25 Abs. 2 SGB V) soll ab dem 20. Lebensjahr ein Anamnese- und Aufklärungsgespräch über Risikofaktoren angeboten werden. Diese Risikoaufklärung muss individuell gestaltet sein und Informationen zum absoluten Risiko, zur genetischen und familiären Risikokonstellation und zu den Möglichkeiten der primären individuellen Risikoreduktion - also Ernährung, Lebensstilberatung, Beratung zur Selbstuntersuchung - zum Inhalt haben. Liegen spezielle Risikoprofile vor, ist eine individuelle Strategie der Früherkennung indiziert. Hierzu zählen zum Beispiel die Studienteilnahme nach Testung auf das Vorliegen einer Mutation für das hereditäre Mammakarzinom oder modifizierte Maßnahmen und Methoden zur Früherkennung und Zeitintervalle für die Untersuchungen.
#Mamma-Tast-untersuchungen
Die Selbstuntersuchung der Brust trägt zur individuellen Motivation und Bewusstseinsförderung für präventive Maßnahmen bei. Systematische Reihenuntersuchungen der Brust durch den Arzt oder die Patientin selbst konnten jedoch die mittlere Tumorgröße und den Anteil tumorbefallener Lymphknoten nicht oder nur unwesentlich reduzieren. Eine Senkung der Mortalität an Brustkrebs konnte mit dieser Maßnahme ebenfalls nicht erzielt werden.
Auch deshalb bleibt die inspektorische und palpatorische Untersuchung der Brust und der regionären Lymphabflussgebiete Bestandteil des Früherkennungsprogramms und sollte zumindest ab dem 30. Lebensjahr in regelmäßigen Abständen erfolgen. Besonderer Wert liegt dabei in der Erkennung von in der Mammografie nicht erfassbaren Befunden, wie Hautveränderungen, Asymmetrien, Sekretion, Gewebsverdichtungen und große Tumoren bei unauffälliger Mammografie.
#Mammografie
Zurzeit ist die Mammografie die einzige Methode, die für die Erkennung von Mammakarzinomvorstufen (ductales Carcinoma in situ; [Abb. 2]) oder frühen Tumorstadien allgemein als wirksam anerkannt wird. Prospektiv randomisierte Studien zeigen, dass mit der Einführung einer Screening-Mammografie als Röntgen-Reihenuntersuchung eine altersabhängige Brustkrebssterblichkeitsreduktion um 20-40 % möglich ist. Das Optimum des Verhältnisses aus Nutzen und Risiko (durch die Strahlenexposition) liegt zwischen dem 50. und 70. Lebensjahr. Aber auch Frauen ab dem 40. Lebensjahr und Frauen, die älter sind als 70 Jahre, profitieren von einer Früherkennungsmammografie.
Gefordert wird eine Mammografie in zwei Ebenen, dabei sollten Untersuchungsintervalle von längstens 24 Monaten sowie die Sicherung der technischen und der Befundungsqualität eingehalten werden. Die Dokumentation soll standardisiert nach der BI-RADS-Klassifikation („Breast Imaging-Reporting and Data System”) erfolgen [Tab. 1].
Befunde BI-RADS 3 bedürfen der mammografischen Kontrolle nach sechs Monaten. Einer weitergehenden histopathologischen Abklärung müssen Befunde mit BI-RADS 4 und 5 zugeführt werden.
#Mammasonografie
Die wichtigste Zusatzuntersuchung zur Mammografie ist die Mammasonografie [Abb. 3]. Indikationen zur Sonografie sind
-
mammografische Befunde BI-RADS 4 und 5
-
die Abklärung mammografisch unklarer Tastbefunde
-
die Abklärung von Tastbefunden bei jungen Frauen, in Schwangerschaft und Laktationsperiode.
Die Befundung erfolgt analog der BI-RADS-Klassifikation [Tab. 1]. Im mammografisch dichten Gewebe kann die Sonografie durch den Nachweis von echoarmen Karzinomen wichtige Informationen für den Malignomnachweis liefern oder durch typische Merkmale eines gutartigen Befundes die Diagnose unterstützen. Die Treffsicherheit der Sonografie hängt vom umgebenden Gewebe wie auch vom Befund selbst ab und ist bei kleinen und vor allem präinvasiven Karzinomen (DCIS) eingeschränkt bzw. ausgeschlossen. Deshalb darf die Sonografie nicht ohne eine mammografische Korrelation eingesetzt werden.
#Magnetresonanztomografie (MRT)
Die Kontrastmittel(KM)-Magnetresonanztomografie bildet das Brustgewebe in 2-4 mm Schichtdicke ab. Areale mit vermehrter Kontrastmittelanreicherung sind hochsensitiv nachzuweisen. Kontrastmittelanreicherungen erklären sich durch vermehrte Vaskularisation, Gefäßpermeabilität und vermehrten interstitiellen Raum - pathophysiologische Veränderungen (Neoangiogenese), die die meisten invasiven Malignome aufweisen. Vergleichbare Modifikationen sind auch bei verschiedenen gutartigen Veränderungen zu beobachten. Um eine akzeptable Treffsicherheit erzielen zu können, ist daher der Nachweis von weiteren Kriterien (Anreicherungsdynamik, Morphologie) notwendig.
Mammografie, Sonografie und Klinik mit Diagnosestellung sind Voraussetzungen vor der Durchführung einer Magnetresonanztomografie [Abb. 4]. Die Kontrastmittel-MRT erreicht eine Sensitivität von über 95 % bei mäßiger Spezifität von etwa 30 %. Je nach Schwellenwert kann auf Kosten der Sensitivität eine höhere Spezifität erzielt werden. Die Befundung erfolgt analog der BI-RADS-Klassifikation nach dem Göttinger Score.
Als alleinige Methode der Früherkennung ist die Kontrastmittel-MRT jedoch ungeeignet. Sie ist vielmehr eine Zusatzuntersuchung unter spezieller Indikationsstellung:
-
Multifokalität, Multizentrizität bzw. kontralaterales Mammakarzinom bei histologisch nachgewiesenem Malignom
-
Differenzialdiagnose einer Narbe bzw. Rezidivs bei Zustand nach operiertem Mammakarzinom
-
Fokussuche beim histologisch nachgewiesenen axillären Lymphknotenbefall mit Hinweis auf ein Mammakarzinom bei negativer klinischer Untersuchung, Mammografie und Sonografie („carcinoma of unknown primary site”; CUP-Syndrom)
-
Zustand nach Wiederaufbauplastik (Prothese)
Interventionelle Techniken
Die histologische Diagnostik unklarer Befunde (BI-RADS 4/5) erfolgt mithilfe der Stanzbiopsie, der Vakuumbiopsie oder der offenen Biopsie. Perkutane Interventionen können sonografisch, mammografisch oder kernspintomografisch gesteuerte Stanz- oder Vakuumbiopsien sein.
Bei der sonografisch gezielten Stanzbiopsie wird in Lokalanästhesie unter sterilen Kautelen eine Koaxialnadel tangential zur Thoraxwand bis vor den Herdbefund eingeführt. Darüber wird die Stanznadel eingebracht. Dabei sollten mindestens fünf Proben gewonnen werden.
Mithilfe der mammografisch-stereotaktisch gesteuerten Vakuumstanzbiopsie werden einzig in der Mammografie sichtbare Befunde abgeklärt. Anhand einer orthograden Mammografie wird der Zielbereich für die anschließende Intervention festgelegt. Nach Durchführung von Stereoaufnahmen (+ 10° bzw. + 15°) werden die Koordinaten der Läsion (X- und Y-Achse) erfasst und durch den Computer die Tiefe der Läsion (Z-Wert) ermittelt. Bei abklärungsbedürftigem Mikrokalk werden 5-20 Proben entnommen und die repräsentative Gewebeentnahme durch eine Präparatradiografie gesichert. Ein bei der Gewebeentnahme gelegter Clip oder kleine Lufteinschlüsse belegen die korrekte Entnahmestelle in der im Anschluss an die stereotaktische Intervention durchgeführten Mammografie.
Bei der perkutanen Intervention muss der Befund mit der gewählten bildgebenden Methode eindeutig zu identifizieren sein. Als Ergebniskontrolle dient die Korrelation der bildgebenden Diagnostik mit dem histopathologischen Befund. Eine Follow-up-Kontrolle bei histopathologisch benignem Befund erfolgt nach sechs und nach 24 Monaten.
Der Anteil der nicht tastbaren, malignen Befunde, die präoperativ durch mammografisch oder sonografisch kontrollierte, interventionelle Methoden histopathologisch abgeklärt werden, sollte über 70 % betragen. Hierbei ist die Punktionsrichtung so zu wählen und zu dokumentieren, dass der Stichkanal bei typischer Schnittführung durch eine eventuell nachfolgende Operation exzidiert werden kann.
Die Indikation zur offenen Biopsie (nach Markierung) ist bei nicht tastbarem Befund BI-RADS 4 und 5 zu stellen - zum einen wenn eine interventionell gesteuerte Gewebsprobengewinnung nicht durchführbar ist oder bei vorangegangener interventioneller, minimalinvasiver Diagnostik eine Diskrepanz zwischen apparativ-diagnostischem und histopathologischem Befund besteht [Abb. 5 a-c].
#Präoperative Markierung und intraoperatives Röntgen
Grundsätzlich ist die präoperative Markierung des nicht tastbaren, mammografisch [Abb. 5a] oder sonografisch nachgewiesenen - gegebenenfalls schon histologisch gesicherten - Befundes erforderlich. Bei sonografisch sichtbaren Befunden kann die Markierung ultraschallgesteuert erfolgen. Bei jeglicher bildgebungsgesteuerter Markierung soll der Draht den zu exzidierenden Befund penetrieren oder weniger als 1 cm entfernt liegen. Eine Mammografie in zwei orthogonalen Ebenen nach Markierung mit exakter Erläuterung der Drahtlage dient dem Operateur als Orientierung [Abb. 5b]. Die Sicherung der korrekten Gewebeentnahme erfolgt durch die intraoperative Präparatradiografie [Abb. 5c], im Bedarfsfall ergänzt durch die Präparatsonografie. Eine Befundmitteilung wird dem Operateur intraoperativ mündlich und schriftlich gegeben. Auch dem Pathologen muss der Befund schriftlich mitgeteilt werden.

Abb. 1

Abb. 2

Abb. 3 Die Histologie dieser in der Mammasonografie der Brust entdeckten Läsion ergab ein multi-zentrisches invasives lobuläres Mammakarzinom (pT2 [2])

Abb. 4 Die Magnetresonanztomografie wurde bei CUP-Syndrom rechts durchgeführt, in der anschließenden Histologie wurde die Diagnose „1,5 cm invasiv duktales Mammakarzinom” bestätigt

Abb. 5 Bei einem Verdacht auf ein ductales Carcinoma in situ (DD, invasives Mammakarzinom) in der Mammografie der linken Mamma (a) erfolgte zunächst eine Drahtmarkierung (b) und anschließend eine Präparatradiografie (c)
BI-RADS-Kategorie |
Beschreibung |
Malignitätsrisiko |
0 |
Bildgebung unvollständig |
? |
1 |
negativ |
0 % |
2 |
sicher gutartig |
0 % |
3 |
wahrscheinlich gutartig |
< 2 % |
4 |
malignomverdächtig |
2-90 % |
5 |
malignomtypisch |
> 90 % |
Literatur
- 1 Beckmann MW, Fasching PA, Weiss JM. et al. . Update primäres Mammakarzinom 2003 - GebFra-Refresher. Geburtsh Frauenheilk. 2003; 63 65-85
- 2 Duda V, Schulz-Wendtland R. Mammadiagnostik. Komplementärer Einsatz aller Verfahren. Heidelberg: Springer Verlag 2004
- 3 European Guidelines for quality assurance in mammography screening. 3rd Edition 2001
- 4 Schulz-Wendtland R, Sinn HP. Radiologische Diagnostik des Mammakarzinoms. Der Radiologe. 2004; 44 517-540
- 5 S3-Leitlinie zur Brustkrebsfrüherkennung in Deutschland. 2001
Anschrift für die Verfasser
Prof. Dr. R. Schulz-Wendtland
Gynäkologische Radiologie, Universitätsklinikum Erlangen
Universitätsstr. 21-23
91054 Erlangen
Literatur
- 1 Beckmann MW, Fasching PA, Weiss JM. et al. . Update primäres Mammakarzinom 2003 - GebFra-Refresher. Geburtsh Frauenheilk. 2003; 63 65-85
- 2 Duda V, Schulz-Wendtland R. Mammadiagnostik. Komplementärer Einsatz aller Verfahren. Heidelberg: Springer Verlag 2004
- 3 European Guidelines for quality assurance in mammography screening. 3rd Edition 2001
- 4 Schulz-Wendtland R, Sinn HP. Radiologische Diagnostik des Mammakarzinoms. Der Radiologe. 2004; 44 517-540
- 5 S3-Leitlinie zur Brustkrebsfrüherkennung in Deutschland. 2001
Anschrift für die Verfasser
Prof. Dr. R. Schulz-Wendtland
Gynäkologische Radiologie, Universitätsklinikum Erlangen
Universitätsstr. 21-23
91054 Erlangen

Abb. 1

Abb. 2

Abb. 3 Die Histologie dieser in der Mammasonografie der Brust entdeckten Läsion ergab ein multi-zentrisches invasives lobuläres Mammakarzinom (pT2 [2])

Abb. 4 Die Magnetresonanztomografie wurde bei CUP-Syndrom rechts durchgeführt, in der anschließenden Histologie wurde die Diagnose „1,5 cm invasiv duktales Mammakarzinom” bestätigt

Abb. 5 Bei einem Verdacht auf ein ductales Carcinoma in situ (DD, invasives Mammakarzinom) in der Mammografie der linken Mamma (a) erfolgte zunächst eine Drahtmarkierung (b) und anschließend eine Präparatradiografie (c)