Kaum eine Therapieoption beim Mammakarzinom hat sich in den letzten Jahren dynamischer entwickelt als die medikamentöse Behandlung. Als Optionen stehen hier Chemotherapie, Antihormontherapie, Immuntherapie, medikamentöse Therapie der Signaltransduktion und Versuche einer Impftherapie zur Diskussion. Außerdem nutzen eine Vielzahl von Frauen komplementäre Therapien.
In der kurativen Situation stellt sich neben der Frage nach der Art der medikamentösen Therapie auch die nach dem Zeitpunkt ihres Einsatzes: Sollte die Behandlung vor dem Auftreten einer malignen Läsion im Sinne einer Prävention beginnen? Sollte eine primär systemische Therapie vor der Operation durchgeführt werden? Oder sollte eine Therapie erst nach einer Operation stattfinden, nachdem das Staging durch die exakte Bestimmung der Tumorgröße und des Nodalstatus abgeschlossen ist?
Offen ist derzeit auch, wie lange die medikamentöse Therapie durchgeführt werden sollte - erst vor kurzem beendete Studien haben hier die Diskussion neu entfacht: Sollte eine Chemotherapie vier oder sechs Monate bzw. eine antihormonelle Therapie fünf oder zehn Jahre dauern?
Hinter jeder gelösten stehen also mehrere unbeantwortete Fragen und die Entscheidungsgrundlagen sind im kontinuierlichen Fluss. Daher ist im Moment sicherlich kein grundlegender Paradigmenwechsel wie zum Beispiel vor 20 Jahren in der Diagnostik, Prävention und Therapie des Mammakarzinoms zu erwarten. Doch in allen Bereichen sind neue Teilaspekte zu berücksichtigen, von denen hier einige herausragende diskutiert werden sollen.
Prognose- und Prädiktivfaktoren
Prognose- und Prädiktivfaktoren
Bei der Planung der Therapie des Mammakarzinoms müssen viele unterschiedliche Parameter berücksichtigt werden. Maßgeblich sind heute die Prognose- und Prädiktivfaktoren, die anhand der Anamnese und der Untersuchung des Tumormaterials ermittelt werden. Der Begriff Prognosefaktoren umfasst Parameter, die eine Aussage über das Überleben oder die Rezidivrate von Mammakarzinompatientinnen ermöglichen. Dazu zählen unter anderem das Alter, die Tumorgröße, der Nodalstatus, der Hormonrezeptorstatus, der histologische Tumortyp, Grading, Ki-67, HER2/neu, uPA, PAI-1, VEGF, bcl-2, und p53.
Höchst interessant sind jedoch auch die Parameter, die das Ansprechen von Tumorzellen auf eine Behandlung vorhersagen - vor allem im Hinblick auf die Vermeidung einer unnötigen Therapie, was wiederum eine Verbesserung der Lebensqualität und eine Kostenreduktion nach sich ziehen kann. Solche Parameter werden als Prädiktivfaktoren bezeichnet. Neben ihrer prädiktiven Bedeutung haben sie aber auch ein prognostisches Gewicht. Beim Mammakarzinom gelten der Hormonrezeptorstatus für eine Antihormontherapie und der Grad der HER/2-neu-Expression für eine Immuntherapie mit Trastuzumab als prädiktive Faktoren.
Bei keinem Karzinom sind derart viele Prognose- und Prädiktivfaktoren bekannt wie beim Mammakarzinom. Schätzungsweise wurden bis heute mehr als 100 einzelne und mittels Genchipdiagnostik mehr als 5000 Parameter [25 ]
[26 ] am Tumormaterial untersucht und mit dem Krankheitsverlauf sowie anderen Prognosefaktoren korreliert. Ihre klinische Bedeutung ist heute jedoch immer noch gering oder fraglich.
Zudem kann die Unterteilung in prognostische und prädiktive Faktoren nicht ganz streng erfolgen. Denn positive Hormonrezeptoren - ein prädiktiver Faktor - beispielsweise lassen neben der hohen Wahrscheinlichkeit des Ansprechens auf eine Antihormontherapie auch eine gute Differenzierung der Tumorzellen und damit eine gute Prognose erkennen. Andererseits werden bei schnell wachsenden Tumoren hohe Proliferationsraten zu finden sein, die aber auch mit einem hohen Ansprechen auf eine Chemotherapie einhergehen.
Grundlage der heutigen Therapieplanung sind allgemein akzeptierte Faktoren wie Alter, Menopausestatus, Tumorgröße, axillärer Nodalstatus, Grading und Hormonrezeptorstatus.
Präventive medikamentöse Therapie
Präventive medikamentöse Therapie
Mit zunehmendem Wissen über Risikofaktoren und die genetischen Veränderungen, die mit einem erhöhten Mammakarzinomrisiko einhergehen, stellt sich die Frage nach einer risikoadaptierten Betreuung der Patientinnen durch primäre (medikamentöse und operative Maßnahmen) und sekundäre (intensiviertes Früherkennungsprogramm) Prävention. Die Einschätzung des individuellen Risikos erfolgt multifaktoriell mit den Möglichkeiten von Risikoberechnungsmodellen, die unterschiedliche Aspekte der individuellen Anamnese (z.B. Gail, Tyrer-Cuzick-Modell) und der Familienanamnese (z.B. Claus-Tabellen, CancerGene-Programm) berücksichtigen [19 ]
[24 ], bis hin zur molekulargenetischen Analyse der High-penetrance-Gene BRCA1 und BRCA2.
Für Frauen mit einem erhöhten Mammakarzinomrisiko ist die präventive medikamentöse Therapie eine Option - momentan jedoch noch im Rahmen von Studien. So senkt Tamoxifen in der adjuvanten Situation bei einem altersabhängigen Nebenwirkungsprofil zum einen die Mortalität und die Rezidivrate [6 ], zum anderen die Rate an kontralateralen Mammakarzinomen und In-situ-Karzinomen. Die bislang vier durchgeführten Studien dokumentieren eine Reduktion der Mammakarzinominzidenz um 30-40 % [5 ]. Aufgrund des Nebenwirkungsprofils mit einer erhöhten Rate von Endometriumkarzinomen, thromboembolischen Ereignissen und klimakterischen Beschwerden sollte Tamoxifen jedoch nicht routinemäßig zur Prävention eingesetzt werden.
Neuere Studien konzentrieren sich auf SERMs („selective estrogen receptor modifiers”). In einer Studie (MORE[1 ]), die ursprünglich die Effektivität des Medikamentes Raloxifen bei Osteoporose untersuchen sollte, zeigte sich eine Reduktion der Mammakarzinominzidenz, die höher lag als bei den Tamoxifen-Studien. Eine Präventionsstudie, welche Tamoxifen mit Raloxifen vergleicht, ist noch nicht abgeschlossen (STAR[2 ]). Da sowohl GnRH-Analoga [13 ] bei prämenopausalen als auch Anastrozol bei postmenopausalen Frauen [2 ] ein günstigeres Nebenwirkungsprofil haben, wird momentan auch der präventive Effekt von GnRH-Analoga für prämenopausale Frauen (GISS[3 ]-, RAZOR[4 ]-Studie) und von Aromataseinhibitoren bei postmenopausalen Frauen (IBIS[5 ]-II) überprüft.
Adjuvante Chemotherapie
Adjuvante Chemotherapie
Bei der Vielzahl der zur Verfügung stehenden prognostischen und prädiktiven Faktoren stellt sich die Frage, inwieweit sich daraus ein Rückschluss auf die geeignetste Therapie ziehen lässt. Mit dem besseren Verständnis der Tumorbiologie und wachsendem Wissen über die Wirksamkeit getesteter Therapieregime in klinischen Studien ist es zum einen die Aufgabe des Arztes, die Patientin zu identifizieren, die von einer Chemotherapie profitiert. Zudem muss der Arzt der Patientin ein Therapieregime empfehlen, welches nach der Abwägung von Nutzen und Risiko den größten Benefit verspricht.
Neben den klassischen klinisch-pathologischen Faktoren Alter, Tumorgröße, Grading, Lymphknotenstatus und Hormonrezeptorstatus wurden neue Modelle diskutiert, die sich an den Faktoren HER2/neu, Nachweis zytokeratinpositiver Zellen im Knochenmark, uPA/PAI-1, Cyclin E oder dem Genexpressionsprofil orientieren. In der klinischen Praxis sollten unter Berücksichtigung der evidenzbasierten Datenlage jedoch nur die klassischen klinisch-pathologischen Kriterien angewandt werden.
Wahl der zytotoxischen Substanz
Während der letzten Jahre haben eine Reihe von Studien drei verschiedene Therapieregime getestet:
das klassische CMF-Schema (Cyclophosphamid, Methotrexat, 5-Fluorouracil)
anthrazyklinhaltige Chemotherapien
taxanhaltige Schemata.
Frauen mit positiven Lymphknoten haben einen nachgewiesenen Benefit in Bezug auf das rezidivfreie Überleben (zehn Jahre) von einer anthrazyklinhaltigen Chemotherapie [20 ] - dies gilt sowohl für hormonrezeptorpositive als auch rezeptornegative Patientinnen. Dem stehen jedoch bei anthrazyklinhaltigen Chemotherapien Toxizitäten gegenüber: Etwa 1 % der Patientinnen entwickeln unter diesem Therapieschema eine symptomatische Herzinsuffizienz, 0,13-0,91 % eine sekundäre Leukämie (je nach Dosisintensität). Daher bleibt das CMF-Schema für einige ausgewählte Patientinnen mit niedrigem Rezidivrisiko (nach AGO-Leitlinien: krankheitsfreies Überleben < 30 %) und/oder Kontraindikationen eine mögliche Therapieoption.
Welche Patientinnen nicht von einer anthrazyklinhaltigen Chemotherapie profitieren, ist anhand der derzeitigen Datenlage nicht zu beurteilen und bleibt der individuellen Entscheidungsfindung zwischen Arzt und Patientin überlassen. Ähnlich wie bei der antihormonellen Therapie stellt sich zum Beispiel die Frage nach dem HER2/neu-Status (= Expression eines Wachstumsfaktorrezeptors) als prädiktivem Wert für die Resistenz einer CMF-Chemotherapie. Einige Studien deuten einen Benefit für HER2-überexprimierende Mammakarzinompatientinnen durch anthrazyklinhaltige Chemotherapien an. Diese Daten sind jedoch retrospektiv und teilweise nicht signifikant. Die prospektiven Studien, die momentan zur Verfügung stehen, sind zu klein, um eine eindeutige Aussage machen zu können.
In Bezug auf die Taxane gibt es zwei Studien, die einen Vorteil gegenüber allein anthrazyklinhaltigen Therapieregimen belegen. Die CALBG[6 ]-9344-Studie [12 ] verglich eine Chemotherapie mit viermal Doxorubicin und Cyclophosphamid alle drei Wochen mit einer Chemotherapie mit ebenfalls viermal Doxorubicin und Cyclophosphamid gefolgt von einer weiteren Chemotherapie mit viermal Paclitaxel. Die BCIRG[7 ]-001-Studie [17 ] verglich eine Chemotherapie mit sechsmal Doxorubicin, 5-Fluorouracil und Cyclophosphamid mit einer Chemotherapie mit sechsmal Doxorubicin, Docetaxel und Cyclophosphamid. Beide Studien konnten einen signifikanten Vorteil der taxanhaltigen Regime für das Überleben nachweisen.
Dosis und Dosisintensität
Nach der aktuellen Studienlage reicht eine Anthrazyklindosis von weniger als 30 mg/m2 /Woche Epirubicin und 20 mg/m2 /Woche Doxorubicin nicht aus: HER2-überexprimierende Patientinnen profitieren mehr von einer hohen Dosierung der Anthrazykline (71 versus 50 % bei den HER2-positiven; 65 versus 60 % bei den HER2-negativen Patientinnen) [18 ]
[23 ]. Zurzeit noch offene Studien prüfen die Standardtherapie mit Polychemotherapien (mit Integration der Taxane) in den Standarddosierungen gegenüber einer Dosissteigerung im Rahmen einer dosisintensivierten Sequenztherapie mit Einzelsubstanzen. Eine Übersicht der aktuellen Therapieschemata gibt [Tabelle 1 ].
Zeitlicher Ablauf
Zum zeitlichen Ablauf von Chemotherapie und antihormoneller Therapie (mit Tamoxifen) bei rezeptorpositiven Frauen jedoch gibt es bereits evidenzbasierte Daten: Folgt die Tamoxifentherapie im Anschluss an die Chemotherapie, verbessert sich das krankheitsfreie Überleben („disease free survival”, DFS) der Patientinnen um 20 % - verglichen mit solchen Patientinnen, welche die beiden Therapien gleichzeitig erhalten haben [1 ]. Dieses Ergebnis deckt sich mit präklinischen Untersuchungen, bei denen Tamoxifen als antiproliferative Substanz den Effekt von S-Phase-spezifischen Chemotherapeutika herabsetzt und den hepatischen Metabolismus von verschiedenen Chemotherapeutika verändert.
Primär systemische medikamentöse Therapie
Primär systemische medikamentöse Therapie
Eine weitere Option der systemischen Chemotherapie ist die neoadjuvante oder primär systemische Chemotherapie. Im Gegensatz zur adjuvanten Therapie werden hier die Zytostatika vor einer Operation eingesetzt [Abb. 1 ]. Eine der ersten Untersuchungen, die nachgewiesen haben, dass die prä- und die postoperative Chemotherapie den gleichen Effekt auf das Überleben der Patientinnen haben, war die NSABP[8 ]-B-18-Studie [8 ]. Sowohl das krankheitsfreie Überleben als auch das Gesamtüberleben unterschied sich nicht signifikant.
Die neoadjuvante Chemotherapie bietet jedoch einige Chancen und Möglichkeiten - sowohl für die Patientin im Umgang mit der Krankheit, für den Arzt in der weiteren Therapieplanung als auch für die Wissenschaft im Sinne eines In-vivo-Experiments. Indikationen zur neoadjuvanten Chemotherapie sind [15 ]:
das primär inoperable Karzinom
das inflammatorische Karzinom
das operable Karzinom (mindestens 2 cm)
der Wunsch der Patientin nach Brusterhaltung, auch wenn die Mastektomie aus onkologischer/ kosmetischer Sicht notwendig wäre
das rezeptornegative Karzinom.
So wird durch die primär systemische Therapie nicht nur versucht, den Tumor aus einem eventuell inoperablen Stadium in ein operables zu überführen, sondern auch den Therapieeffekt zu visualisieren. Dass die Rate brusterhaltender Operationen durch diesen Ansatz erhöht werden kann, belegen viele Studien [8 ]
[15 ]. Außerdem können mithilfe der primären systemischen Chemotherapie Prädiktivfaktoren für das Ansprechen auf eine Chemotherapie direkt evaluiert werden. Beispielsweise wurden ein negativer Steroidhormonrezeptorstatus und eine hohe Proliferation als Prädiktivfaktoren für ein besseres Ansprechen auf eine neoadjuvante Chemotherapie identifiziert [7 ].
In Bezug auf die Art der neoadjuvanten Chemotherapie sind Anthrazykline ebenso wie bei der adjuvanten Therapie das Mittel der Wahl. Da gerade die neoadjuvante Strategie im Hinblick auf wissenschaftliche Fragestellungen wichtige Informationen liefert, sollte eine Behandlung allerdings im Rahmen von klinischen Studien stattfinden. Momentan enthalten fast alle geprüften Therapiestrategien neben einem Anthrazyklin auch ein Taxan. Die Studien untersuchen Fragestellungen der Dosissteigerung (PREPARE[9 ]-Studie) und des weiteren Vorgehens bei unzureichendem Ansprechen auf die primäre Chemotherapie (GEPAR-TRIO[10 ]-Studie).
Prinzipiell ist auch eine präoperative Antihormontherapie vorstellbar. Bislang liegen jedoch nur wenig Daten in Bezug auf Überlebens- und Rezidivraten vor, sodass diese Option weder etabliert noch zugelassen ist. Eine primäre, endokrine Therapie sollte daher nur im Rahmen von Studien erfolgen. Infrage kommen postmenopausale Patientinnen mit einer Kontraindikation für eine Chemotherapie oder einem inoperablen Tumor mit dem Ziel einer sekundären Resektion und Patientinnen, bei denen eine Kontraindikation für eine Operation und eine Chemotherapie vorliegen. Die Wahl der Substanz sollte sich nach dem Gesundheitszustand der Patientin und den präparattypischen Toxizitätsprofilen richten.
Die aktuellen Studien geben den neueren Aromatesehemmern (Anastrozol, Exemestan und Letrozol) den Vorzug vor Tamoxifen. Studien mit großen Fallzahlen existieren bereits für das Lantrozol [7 ]
[21 ], hier erzielte die neoadjuvante Behandlung Ansprechraten von 55 % [21 ].
Adjuvante Antihormontherapie
Adjuvante Antihormontherapie
Der proliferative Effekt von Östrogenen auf das Mammakarzinom ist schon seit langem bekannt: Schon vor über 100 Jahren wurden die Ovarien zum Entzug der Östrogene bei der Behandlung des fortgeschrittenen Mammakarzinoms entfernt. Bei postmenopausalen Frauen entsteht Östrogen jedoch hauptsächlich durch die Aromatisierung von Androgenen in Geweben wie Leber, Muskel und Fett sowie in der Brustdrüse selbst. In dieser Situation haben Tamoxifen und Aromataseinhibitoren einen festen Stellenwert in der Mammakarzinomtherapie.
Derzeit kommt eine endokrine Therapie nur für so genannte hormonrezeptorpositive Patientinnen in Betracht, da für die Wirksamkeit der endokrinen Therapie der Nachweis einer Östrogen- und Progesteronrezeptorexpression von entscheidender Bedeutung ist. Ungefähr 70 % der Mammakarzinome exprimieren Steroidhormonrezeptoren. 50-60 % aller Patientinnen mit einem östrogenrezeptorpositiven Mammakarzinom sprechen auf eine endokrine Therapie an, während dies für nur 5-10 % der östrogenrezeptornegativen Patientinnen zutrifft.
Tamoxifen
Tamoxifen ist die Hauptsubstanz der endokrinen Therapie des Mammakarzinoms und wird üblicherweise in einer Dosierung von 20 mg/Tag oral für fünf Jahre verabreicht. Laut einer Metaanalyse von Daten aus 55 Studien mit insgesamt 37000 untersuchten Frauen profitieren Mammakarzinompatientinnen mit positivem Östrogenrezeptornachweis von der Tamoxifengabe deutlich. Der Rückgang an Rezidiven bei postmenopausalen Frauen liegt nach einer Behandlungszeit von einem, zwei und fünf Jahren bei 21, 29 und 47 %. Zudem reduzierte sich in den genannten Zeitintervallen die durch das Mammakarzinom bedingte Mortalität um 12, 17 und 26 %. Eine höhere Dosierung oder eine länger dauernde Therapie zeigte allerdings keinen sicheren Vorteil.
Auch bei prämenopausalen Patientinnen mit positivem Rezeptorstatus ist eine Tamoxifentherapie effektiv, zusätzlich ist aber die Ovarektomie bzw. die medikamentöse Ovarsuppression mit den GnRH-Analoga in Betracht zu ziehen. Mit der endokrinen Therapie werden fast gleich gute Ergebnisse im rezidivfreien Überleben und im Gesamtüberleben erzielt wie mit einer adjuvanten Chemotherapie [13 ].
Nachteile des Tamoxifens sind sein Nebenwirkungsprofil mit östrogenen Effekten am Endometrium und thromboembolischen Komplikationen sowie die Entstehung einer Resistenz im Verlauf der Behandlung.
GnRH-Agonisten
GnRH-Agonisten („gonadotropin releasing hormone”) interagieren mit dem hypophysären GnRH-Rezeptor und führen zu einer Suppression der Gonadotropinsekretion. Konsekutiv wird die Biosynthese der ovariellen Steroide gehemmt. Damit entsteht bei prämenopausalen Frauen ein Östrogenmangel. In den letzten Jahren ist gezeigt worden, dass GnRH-Agonisten alternativ zur Ovarektomie auch in der adjuvanten Therapie erfolgreich eingesetzt werden können.
In den USA wird zumeist die chirurgische Entfernung der Ovarien als kostengünstige Methode der ovariellen Suppression bevorzugt. Hier zu Lande hat die medikamentöse Ovarsuppression durch GnRH-Agonisten einen höheren Stellenwert. Allerdings ist nach der Meinung einiger Experten des Konsensuspanels in St. Gallen im Jahre 2003 bei geringem Risiko der Einsatz von GnRH-Agonisten aufgrund des Nebenwirkungsprofils nicht gerechtfertigt.
Aromataseinhibitoren
Aromataseinhibitoren (AI) der dritten Generation hemmen die Synthese von Östrogenen aus Androgenvorstufen in peripheren Geweben. Unterschieden wird zwischen nichtsteroidalen (Anastrozol und Letrozol) und steroidalen (Exemestan) Substanzen. Heute werden Aromatasehemmer zur nebenwirkungsarmen Therapie bei postmenopausalen Frauen mit metastasiertem Mammakarzinom eingesetzt. Neuerdings gibt es Hinweise darauf, dass sie dem Tamoxifen in der adjuvanten endokrinen Therapie des rezeptorpositiven Mammakarzinoms überlegen sind [2 ].
Anastrozol ist für postmenopausale Frauen mit östrogenrezeptorpositivem Mammakarzinom in der adjuvanten Situation zugelassen, die aufgrund eines erhöhten Risikos für Thromboembolien oder wegen Veränderungen des Endometriums nicht mit Tamoxifen behandelt werden können.
Aber auch bei Kontraindikationen gegen Tamoxifen, bei schweren Nebenwirkungen unter der Tamoxifengabe oder nach einem Rezidiv nach der Tamoxifentherapie kann Anastrozol adjuvant verordnet werden [28 ].
Ein Update der ATAC[11 ]-Studie zeigte einen Benefit für Anastrozol in Bezug auf das krankheitsfreie Überleben im Vergleich zu Tamoxifen von 2,3 % für alle und von 2,6 % für hormonrezeptorpositive Patientinnen. Für Exemestan hat eine weitere Studie ebenfalls einen Vorteil dokumentiert: Nach einer initialen Behandlung mit Tamoxifen über zwei bis drei Jahre zeigte Exemestan einen Benefit von 4,7 % in Bezug auf das absolute rezidivfreie Überleben der Patientinnen [4 ].
Selektive Östrogenrezeptormodulatoren und Antiöstrogene
Selektive Östrogenrezeptormodulatoren und Antiöstrogene auf steroidaler und nichtsteroidaler Basis (Toremifen, Raloxifen, Droloxifen, Faslodex - ICI 182 780, TAT-59, Idoxifen etc.) sind derzeit im Stadium der klinischen Prüfung. Für die routinemäßige Therapie können noch keine allgemeinen Empfehlungen gegeben werden.
Welche Substanz in welcher Situation?
Momentan bieten sich also folgende endokrine Therapieoptionen an:
Tamoxifen als Standard
Aromataseinhibitoren bei gegebener Indikation bei postmenopausalen Patientinnen
GnRH-Analoga als Zusatz bei der prämenopausalen Patientin
Ovarektomie bei der perimenopausalen Patientin
Antiöstrogene wie Fulvestrant in klinischer Prüfung.
Tamoxifen bleibt bis auf die oben genannten Ausnahmen der Standard der endokrinen Therapie des prä- und postmenopausalen Mammakarzinoms. Auch gemäß den jüngsten Empfehlungen ist Anastrozol bei postmenopausalen Frauen nur indiziert, wenn Tamoxifen kontraindiziert ist [10 ]. Die Aromataseinhibitoren der dritten Generation scheinen, ausgehend von den Daten in der Behandlung des metastasierten Mammakarzinoms, im Hinblick auf die Effektivität vergleichbar zu sein. In der alleinigen Therapie prämenopausaler Patientinnen mit Mammakarzinom sind Aromatasehemmer nicht indiziert. Der HER2-Status kann noch nicht mit ausreichender Sicherheit zur Entscheidung herangezogen werden, ob eine Patientin von einer Hormontherapie profitiert. Eine Übersicht über die Zeitabfolge einer adjuvanten antihormonellen Therapie gibt [Abbildung 2 ].
Erweiterte adjuvante Therapie
Erweiterte adjuvante Therapie
Schon in den 1990er Jahren stellte sich die Frage nach der Dauer einer antihormonellen Therapie. Eine Studie, die eine Gabe von Tamoxifen 20 mg für fünf Jahre mit einer Gabe über zehn Jahre verglich, konnte keinen signifikanten Vorteil in Bezug auf das rezidivfreie Überleben und das Gesamtüberleben für die längere Tamoxifengabe nachweisen. Jedoch nahm die Rate unerwünschter Nebenwirkungen mit der Dauer der Einnahme weiter zu [9 ].
Im Jahr 2003 wurde allerdings eine Studie abgeschlossen, die den Effekt des Aromatasehemmers Letrozol nach einer abgeschlossenen fünfjährigen Tamoxifentherapie testete. Sie dokumentierte im Vergleich zu einem Plazeboarm im Vier-Jahres-Follow-up eine absolute und hochsignifikante Verbesserung des rezidivfreien Überlebens von 7 %. Damit ist die Frage nach der Dauer der medikamentösen Therapie beim Mammakarzinom wieder offen. Fraglich ist zudem, ob eine Therapie über zehn Jahre überhaupt noch als adjuvante Chemotherapie gelten kann, oder ob man nach einer so langen Zeit eher den Effekt eines Präventionserfolges sieht. Diese Therapie ist momentan in Deutschland noch nicht zugelassen, demonstriert jedoch, dass Therapieentscheidungen auf der Grundlage solcher Studien mit der Patientin und den Kostenträgern einer solchen Behandlung diskutiert werden muss.
Ausblick
Ausblick
Neben der Operation und der Strahlentherapie ist die medikamentöse Therapie zentraler Bestandteil der Therapie des Mammakarzinoms [Abb. 3 ]. Sie wird ständig durch neue Therapiestudien überprüft und kontinuierlich weiterentwickelt. So wird zum Beispiel der Antikörper Trastuzumab, der zur Behandlung von Patientinnen mit HER2/neu überexprimierenden metastasierten Mammakarzinomen zugelassen ist, in einer Phase-III-Studie auch in der adjuvanten Therapie geprüft. Follow-up- und Toxizitätsdaten stehen noch aus.
Die immer differenzierte Dokumentation des Behandlungserfolges bei primär systemischer Therapie kann bei der Suche nach neuen Prädiktivmarkern für die verschiedenen Therapien helfen. Die systematische Analyse der Genexpressionsprofile des Tumorgewebes und des Patientinnengenoms eröffnen hier Perspektiven für eine dem Tumortyp und der Patientin angepasste Therapie. Ziel muss es sein, den Therapieerfolg zu optimieren und das Nebenwirkungsprofil zu minimieren.
Abb. 1
Abb. 2
Abb. 3
Tab. 1 Chemotherapieschemata in der adjuvanten Therapie des Mammakarzinoms
Substanzen Dosierung Tage Wiederholung Anzahl Zyklen Autor
1
5-FU
500 mg/m2
d 1, 8
q 28 d
6
Levine et al. [16 ]
Epirubicin
60 mg/m2
d 1, 8
q 28 d
Cyclophosphamid
600 mg/m2
d 1, 8
q 28 d
2
5-FU
600 mg/m2
d 1, 8
q 28 d
6
Bonadonna et al. [3 ]
Methotrexat
40 mg/m2
d 1, 8
q 28 d
Cyclophosphamid
600 mg/m2
d 1, 8
q 28 d
3
Doxorubicin
60 mg/m2
d 1
q 21 d
4
Henderson et al. [12 ]
Cyclophosphamid
600 mg/m2
d 1
q 21 d
↓ gefolgt von ↓
Paclitaxel
175 mg/m2
d 1
q 21 d
4
5-FU
500 mg/m2
d 1, 8
q 28 d
Martin et al. [17 ]
Doxorubicin
60 mg/m2
d 1, 8
q 28 d
Cyclophosphamid
600 mg/m2
d 1, 8
q 28 d
5
Epirubicin
90 mg/m2
d 1
q 21 d
4
Sommer et al. [22 ]
Cyclophosphamid
600 mg/m2
d 1
q 21 d
↓ gefolgt von ↓
Docetaxel
100 mg/m2
d 1
q 21 d