Im Kampf gegen die Ausbreitung der Tuberkulose (Tbc) spielt die Kontrolle latenter
Tuberkuloseinfektionen eine wesentliche Rolle. C. R. Horsburgh von der Boston University
School of Public Health hatte auf Basis von Literatur- und Statistikdaten untersucht,
wie es um das spezifische Risiko einer Tuberkulosereaktivierung bei bestimmten Personengruppen
bestellt ist bzw. ob Risikofaktoren identifiziert werden können (New Engl J Med 2004; 350: 2060-2067).
Als latente Infektion wird der Zustand bezeichnet, bei dem sich nach Abheilen einer
Primär-Tbc erneut ein positiver Tuberkulintest zeigt. Für Betroffene wird das lebenslange
Risiko, dass es ein weiteres Mal zum Tbc-Ausbruch kommt (Reaktivierungs-Tbc), allgemein
auf 5 bis 10% geschätzt. Horsburgh nutzte Daten über das Risiko einer Reaktivierungs-Tbc
aus prospektiven Kohortenstudien der Jahre 1949 bis 2003, wobei in den berücksichtigten
Studien möglichst Angaben über den Tuberkulintest, das Alter der Patienten und Begleiterkrankungen
vorhanden sein mussten. Bezüglich des Tuberkulintests interessierte das Ausmaß der
Hauttestreaktion sowie die Frage nach Tuberkulinkonversion (Neu-Konversion: Erstmals
positiver Hauttest nach letztem, bis zu 2 Jahre zurückliegendem Test oder positiver
Hauttest bei Person, die enge Kontaktperson zu Patient mit aktiver pulmonaler Tbc
ist; Non-Konversion: Positiver Hauttest ohne Erfüllen der Kriterien von Neu-Konversion).
Verschiedene Risikokonstellationen identifiziert
Verschiedene Risikokonstellationen identifiziert
Mithilfe eines eigens erstellten Modells wurden folgende Risikokonstellationen identifiziert:
Das lebenslange Risiko einer Reaktivierungs-Tbc beträgt 20% bzw. mehr, wenn der Tuberkulintest
eine Infiltration von ≥10 mm zeigt und wenn eine HIV-Infektion oder aber Anzeichen
einer ausgeheilten Tbc vorliegen. Ein 10%iges Risiko, während des weiteren Lebens
an Tbc zu erkranken, wurde ermittelt für Personen mit Neu-Konversion eines Tuberkulintests
sowie für die meisten Patienten unter 35 Jahren, deren Tuberkulintestergebnis einen
Durchmesser von ≥ 15mm erreicht und die eine Infliximab-Therapie erhalten. Zwischen
10 und 20% beträgt das Risiko für Kinder bis zu 5 Jahren, deren Reaktion nach Tuberkulintest
≥10 mm erreicht.
Die genannten Gruppen sind besonders für eine Reaktivierungs-Tbc prädestiniert und
müssen daher besondere Aufmerksamkeit erhalten, was z. B. auch eine direkt observierte
präventive Antibiotikatherapie mit einschließt. Personen, die in der Vergangenheit
einen positiven Tuberkulintest hatten, könnten erneut getestet werden, wenn das Ausmaß
der Hautreaktion nicht entsprechend dokumentiert wurde.