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DOI: 10.1055/s-2004-837094
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Lungentransplantation - Inhalatives Ciclosporin verbessert die Prognose
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
14. Dezember 2004 (online)
Die Gabe von Ciclosporin als Aerosol verringert bei Lungentransplantierten mit Bronchiolitis obliterans das Sterblichkeitsrisiko um etwa die Hälfte. Dies zeigten A. T. Iacono und Mitarbeiter, Pittsburgh/USA, anhand einer Fallkontrollstudie (Eur Respir J 2004; 23: 384-390).
Die 3-Jahres-Überlebensrate nach Lungentransplantation beträgt 55%. Mehr als die Hälfte aller Transplantierten, die das erste Jahr überleben, entwickeln eine chronische Abstoßungsreaktion, die mit einer Bronchiolitis obliterans verbunden ist. Die konventionelle Immunsuppression erweist sich typischerweise als ineffektiv; ein Großteil der Patienten verstirbt innerhalb von 2 bis 3 Jahren. Ciclosporin als Basismedikament der Immunsuppression nach Transplantation blockiert dosisabhängig die Lymphozytenaktivierung. Allerdings hat es bei systemischer Gabe eine geringe therapeutische Breite. Wird es als Aerosol verabreicht, können im Lungengewebe höhere Konzentrationen und somit eine verbesserte Entzündungshemmung erreicht werden. Dass dadurch auch die Überlebenszeit von Lungentransplantierten mit Bronchiolotis obliterans signifikant verlängert werden kann, zeigte die amerikanische Forschergruppe.
#Sinkende Einsekundenkapazität mit verkürzter Überlebenszeit assoziiert
Die Überlebenszeit von Patienten, die 300 mg Ciclosporin als Aerosol zunächst täglich, dann 3-mal wöchentlich erhielten, war im Schnitt 2 Jahre länger als in der Kontrollgruppe (4,5 vs. 2,4 Jahre). Dabei war es unerheblich, ob die Therapie bereits vor oder erst nach der histologischen Sicherung der Diagnose begonnen wurde. Als zuverlässigster Prädiktor für ein erhöhtes Sterblichkeitsrisiko erwies sich die Lungenfunktion: Eine über die Zeit sinkende Einsekundenkapazität (FEV1) war mit einer verkürzten Überlebenszeit assoziiert. Signifikant schlechtere Überlebenschancen hatten Herz-Lungen-Transplantierte und beidseitig Lungentransplantierte. Ohne Einfluss waren das Datum der Transplantation - die Studie schloss zwischen 1991 und 2001 transplantierte Patienten ein - und der Zeitabstand zwischen Transplantation und Diagnosestellung.
Die Ergebnisse der amerikanischen Wissenschaftler sind allerdings mit gewissen Einschränkungen zu beurteilen, da es sich um eine Fallkontrollstudie mit einer relativ kleinen Studienpopulation handelt (39 Fälle, 151 Kontrollen). Während ein Großteil der Kontrollfälle einer multizentrischen Datenbank entnommen wurde, stammten die Studienfälle alleine aus der Universitätsklinik Pittsburgh. Die Autoren führen als Grund hierfür die mangelnde Erfahrung anderer Zentren mit dem verwendeten Verfahren und logistische Schwierigkeiten an. Da die Studie nicht randomisiert und unverblindet durchgeführt wurde, stellen die Studienteilnehmer allerdings möglicherweise sogar eine Negativauswahl dar: Kriterien für die Gabe von Ciclosporin als Aerosol waren mindestens 2 akute Abstoßungsreaktionen ohne histologische Befundbesserung unter konventioneller Immunsuppression in Verbindung mit einem Abfall des FEV1 um mindestens 10%.
Eine prospektive und plazebokontrollierte Folgestudie erscheint angesichts der vorliegenden Ergebnisse kaum vertretbar. Notwendig sind jedoch multizentrische Vergleichsuntersuchungen zur optimalen Dosierung und zur Festlegung genauerer Kriterien zur Therapieindikation.
Martin Priwitzer, Stuttgart