Der Klinikarzt 2004; 33(12): IV
DOI: 10.1055/s-2004-860929
DGIKM

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Eine Idee wurde zur Realität - Ein Jahr Pilotprojekt "Schmerzfreies Krankenhaus"

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Publication Date:
13 January 2005 (online)

 
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Ein optimiertes Schmerzmanagement ist ein zentrales Element unserer medizinischen Versorgung - nicht nur weil Patienten und Angehörige dies zu Recht erwarten, sondern auch, weil sich nicht oder nicht ausreichend behandelter Schmerz zum einen negativ auf den Heilungsverlauf auswirkt und zum anderen Chronifizierungsprozesse in Gang setzen kann, betonte Dr. R. Stögbauer vom Bethanien-Krankenhaus Moers - eine von fünf Kliniken, die an der Pilotphase der Initiative "Schmerzfreies Krankenhaus" teilnehmen.

In diesem von der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes (DGSS) und der Deutschen Gesellschaft für Interdisziplinäre Klinische Medizin (DGIKM) initiierten Projekt wird das Schmerzmanagement der Krankenhäuser genau unter die Lupe genommen, um es dann mithilfe eines für die Klinik maßgeschneiderten Konzepts zu optimieren. Unterstützt wird die Initiative von der Mundipharma GmbH, Limburg.

Inzwischen haben die fünf Krankenhäuser die Evaluationsphase abgeschlossen, der Ist-Zustand der Schmerztherapie der jeweiligen Häuser ist ermittelt, erklärte Prof. Dr. J. Osterbrink, Nürnberg. Wie wichtig den Kliniken dieses Projekt ist, zeigt die rege Beteiligung aller Mitwirkenden: Insgesamt haben 677 Patienten, 610 Pflegende, 130 Stationsärzte und 94 Anästhesisten im Rahmen eines Fragebogens das Schmerzmanagement in den einzelnen Kliniken bewertet, 60 Chef- und Oberärzte sowie fast 40 Pflegende standen in einem Interview Rede und Antwort. Und 25 weitere Kliniken warten bereits darauf, ebenfalls mit der Evaluierungsphase zu beginnen.

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Die Patienten geben schlechte Noten

"In den Chefarzt-Interviews haben wir festgestellt, dass in den konservativen - vor allem in den onkologischen - Abteilungen relativ realistische Vorstellungen bestehen, wie viele ihrer Patienten an starken Schmerzen leiden, nämlich 20-30%", erklärte Prof. Chr. Maier, Bochum. Hier wurde auch ein relativ hoher Wissensstand bezüglich des Schmerzmanagements dokumentiert. Bei den chirurgischen Abteilungen waren dagegen deutlich häufiger unrealistische Erwartungen und ein begrenzter Wissensstand festgestellt worden.

Bedenklich stimmt, dass rund 70% der ermittelten Schmerzparameter - Schlaf, körperlicher bzw. seelischer Zustand, Erschöpfung oder die Schmerzen selbst - über einem akzeptablen Niveau liegen, wie Maier berichtete. Besonders häufig leiden die Patienten an zu starken Schmerzen bei Belastung, aber auch der gemessene Maximalschmerz ist deutlich zu hoch.

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Wer misst, verändert!

"Die Gründe für 'zu viel Schmerz' beruhen überwiegend auf der fehlerhaften Umsetzung bekannter Prinzipien und auf Unwissenheit der Beteiligten", konstatierte Maier. "Daher entwickeln wir auf der Grundlage der erhobenen Daten ein Optimierungskonzept, das wir den Klinken bis zum Jahresende vorstellen." Dieses müssen die Kliniken interprofessionell auf Basis von pflegerischen und ärztlichen Standards umsetzen. Erst wenn die neuen Konzepte gut implementiert sind, erhalten die Kliniken das Zertifikat "Schmerzfreies Krankenhaus".

"Sie sollten Schmerzsymptome regelmäßig messen - quasi als fünftes Vitalzeichen", riet Osterbrink. Denn das Projekt belegt: Noch werden Schmerzen zu selten und viel zu beiläufig erfasst, über die Hälfte der Ärzte und der Pflegekräfte verwenden keine Schmerzskala. Wichtig ist, dass beide Berufsgruppen ihre Schmerzeinschätzung an einem Ort dokumentieren, denn nur so ist eine Abstimmung zwischen Ärzten und Pflegenden möglich. "Ärzte zum Beispiel lesen nur selten den Pflegebericht", sagte Osterbrink.

Verbesserungsmöglichkeiten im Bezug auf die Schmerztherapie fasste Maier zusammen: So sollte man die Basistherapie vereinheitlichen, Interventionsgrenzen als Standards definieren und die Kompetenzen der Beteiligten genau festlegen. Von Vorteil ist zudem die Einführung eines fachübergreifenden Schmerzdienstes oder von Qualitätszirkeln.

sts

Quelle: Pressegespräch "Ein Jahr Pilotprojekt Schmerzfreies Krankenhaus - Fünf Kliniken starten Umsetzung zur Optimierung des Schmerzmanagements" im Rahmen der Medica, Veranstalter: Mundipharma GmbH, Limburg

 
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