Der Klinikarzt 2004; 33(12): 354-359
DOI: 10.1055/s-2004-861885
In diesem Monat

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Weniger Infektionen, geringere Krankenhausverweildauern - Perioperative Ernährung im Zeitalter der Immunmodulation

Less Infections, Reduced Hospital Length of Stay - Perioperative Supplementation in the Era of ImmunomodulationH. Schneider1 , M. Kemen2
  • 1HealthEcon AG, Basel (Schweiz)
  • 2Abteilung für Allgemein und Viszeralchirurgie, Evangelisches Krankenhaus Herne, Akademisches Lehrkrankenhaus der Ruhr-Universität Bochum (Chefarzt: Prof. Dr. M. Kemen)
Further Information
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Anschrift für die Verfasser

Prof. Dr. Matthias Kemen

Chefarzt Allgemein und Viszeralchirurgie

Evangelisches Krankenhaus Herne

Wiescherstr. 24

44623 Herne

Publication History

Publication Date:
13 January 2005 (online)

Table of Contents #

Zusammenfassung

Ziel dieser Studie war es, die publizierten und methodisch soliden Arbeiten zur perioperativen Applikation des immunmodulierenden Produktes Impact® bei elektiven Eingriffen zu identifizieren und den Effekt auf die postoperative Morbidität über einen metaanalytischen Ansatz abzuklären. Mithilfe einer Medline-Analyse wurden insgesamt elf randomisierte klinische Studien ausgewählt, bei denen Impact® vor und/oder nach größeren elektiven Eingriffen verabreicht wurde. Zehn der Studien befassten sich mit Patienten mit großen gastrointestinalen Eingriffen. Die primären Endpunkte waren postoperative infektiöse Komplikationen, Mortalität und Hospitalaufenthaltsdauer. Der Einsatz von Impact® war mit einer signifikanten Reduktion an postoperativen Infektionen und der Hospitalaufenthaltsdauer verbunden. Dabei war der Effekt bei peri- und postoperativer Applikation vergleichbar. Ebenfalls festgestellt wurde eine signifikante Reduktion der Anastomoseninsuffizienzen.

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Summary

Aim of this study was the examination of the effect of peri- and postoperative supplementation with the immune-modulating product Impact® on postoperative morbidity in patients undergoing elective surgery via meta-analytical approach. Studies were identified through Medline. Eleven randomised clinical trials with IMPACT® given before and/or after major elective surgery and reporting clinical outcome were selected. The primary endpoints were infectious complications, mortality and hospital length of stay (LOS). Ten studies involved patients undergoing gastrointestinal surgery. IMPACT® use was associated with a significant reduction in postoperative infectious complications and a significant decrease in length of stay. Similar results were observed in subgroups with peri- or postoperative application. In GI surgery, anastomotic leaks were significantly reduced under IMPACT®.

Das Immunsystem chirurgischer Patienten ist nach dem Eingriff substanziell geschwächt. Dies wiederum erhöht das Risiko, an nosokomialen Infektionen zu erkranken. Solche Infektionen werden primär chirurgisch oder pharmakologisch behandelt, wobei heute in der Chirurgie eine prophylaktische perioperative Antibiose standardmäßig eingesetzt wird. In den vergangenen zehn Jahren haben verschiedene Studien dokumentiert, dass eine frühe enterale Ernährung mit immunmodulierenden Sondennahrungen die postoperative Immundepression positiv beeinflusst und dadurch die postoperative Komplikationsrate senken kann. Seit 1999 wurden vier Meta-Analysen veröffentlicht, die zeigen, dass die Gabe immunmodulierender Sondennahrung bei kritisch Kranken, speziell aber bei chirurgischen Patienten nach schweren Eingriffen nicht nur das Infektionsrisiko signifikant senkt, sondern auch die Aufenthaltsdauer in der Intensivstation und im Hospital verkürzt [1] [9] [10] [11].

Das größte Problem der metaanalytischen Methodik ist die Heterogenität verschiedener Faktoren. So wurden zum einen verschiedene, unter der Bezeichnung „Immunonutrition” vermarktete Produkte unabhängig von ihrer Zusammensetzung miteinander verglichen - obwohl sich die von verschiedenen Herstellern produzierten Präparate zum Teil massiv unterscheiden [16]. Zudem sind auch die Patienten der Studien sehr heterogen: Die Spannbreite reicht hier von elektiven chirurgischen und unfallchirurgischen Patienten bis hin zu medizinischen Intensivpatienten.

Zwar zeigten Subgruppenanalysen in drei dieser Meta-Analysen klar, dass die signifikante Reduktion des postoperativen Infektionsrisikos und der Aufenthaltsdauer in der Intensivstation und in der Klinik auf die eindeutigen Effekte in der chirurgischen Subgruppe zurückzuführen sind [1] [9] [11]. Allerdings sind auch hier unterschiedliche Aspekte vermischt, da die perioperative und die postoperative Applikation zusammen ausgewertet wurden. Dies wiederum führt zu einer Heterogenität, welche einer Meta-Analyse methodisch abträglich ist.

Daher haben wir uns entschlossen, eine Meta-Analyse durchzuführen, welche den Produktaspekt wie auch die unterschiedlichen Applikationsformen berücksichtigt. Spezifisches Ziel war dabei, die klinischen Wirkungen der perioperativen Immunmodulation zu evaluieren. Bezüglich der Heterogenität der Produkte ergab sich eine einfache Lösung: In den meisten mit so genannten „Immunonutritionslösungen” durchgeführten klinischen Studien wurde mit Impact® (Novartis Nutrition GmbH, München) ein einziges Produkt getestet, das auf einer patentierten Mischung von Arginin, RNS und Omega-3-Fettsäuren basiert. Dieses Produkt wurde in verschiedenen Studien ausschließlich postoperativ als Sondennahrung eingesetzt, wurde aber auch in oraler Supplementform im präoperativen Einsatz getestet.

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Methoden

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Studienauswahl

In Medline wurde eine Literatursuche nach relevanten Publikationen mit den folgenden Suchbegriffen durchgeführt: „enteral nutrition”, „surgical patients”, „arginine”, „fish oil”, „omega-3 fatty acids”, „nucleotides”, „glutamine”, „immunonutrition”, „perioperative” und „postoperative”. Dabei beschränkten wir die Suche auf klinische Studien, die zwischen Januar 1985 und Dezember 2003 publiziert worden waren.

Um die Studien für die vorliegende Meta-Analyse auszuwählen, wurden folgende Kriterien definiert:

  • Studienart: randomisierte klinische Studie

  • Patientengut: chirurgische Patienten mit großen elektiven Eingriffen

  • Art der Intervention mit Impact®: frühe postoperative enterale Ernährung oder präoperative orale Supplementation kombiniert mit früher postoperativer enteraler Ernährung

  • klinische Endpunkte: postoperative infektiöse und nichtinfektiöse Komplikationen, Mortalität, Aufenthaltsdauer in der Intensivstation und im Hospital

  • Publikationssprachen: Englisch, Deutsch.

Im Hinblick auf eine hohe Validität der Analysen wurden ausschließlich randomisierte Studien selektioniert. Um eine Verwendung zwei- und mehrfach publizierter Daten auszuschließen, wurden die Autoren der ausgewählten Arbeiten telefonisch kontaktiert und entsprechend befragt.

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Statistische Analyse

Als primäre Endpunkte wurde die Anzahl der Patienten mit einer oder mehreren postoperativen Infektionen, die Aufenthaltsdauer im Hospital und die Sterblichkeit im Spital festgelegt und analysiert. Obwohl keine generelle Definition der unterschiedenen Infektionen in den verschiedenen Studien angewendet wurde, war es möglich, Wundinfektionen, intraabdominelle Abszesse, Pneumonien, Harnwegsinfekte und Sepsis zu unterscheiden. Das Auftreten dieser einzelnen infektiösen Komplikationen wie auch von Anastomoseninsuffizienzen, der häufigsten nichtinfektiösen Komplikation in der Viszeralchirurgie, wurden als sekundäre Endpunkte ausgewertet.

Für die statistische Analyse wurde folgende Software eingesetzt: Comprehensive MetaAnalysis, Biostat, Inc., 14 North Dean Street, Englewood, NJ 07631, USA (www.MetaAnalysis.com). Die Meta-Analyse wurde mit publizierten Daten auf einer „Intent-to-treat”-Basis durchgeführt.

Infektionen wurden als binäre Variablen behandelt. Die Resultate der Meta-Analyse wurden als „relatives Risiko” (RR) ausgedrückt. Liegt dieser Wert unter 1, zeigt dies einen Vorteil für die behandelte Gruppe, ein Wert größer als 1 favorisiert die Kontrollgruppe. Die aggregierten Ergebnisse aller Studien wurden eingesetzt, um ein gesamtes „relatives Risiko” und das entsprechende 95 %-Konfidenzintervall (CI) darzustellen. Die Signifikanz des Behandlungseffekts wurde mithilfe der Mantel-Haenszel-Methode eruiert, ein „Random-effects”-Modell half, das „relative Risiko” zu bestimmen. Die statistische Analyse der Aufenthaltsdauer erfolgte via „effect size” (ES), und die Hedges-Methode wurde verwendet, um sowohl den individuellen als auch den aggregierten ES zwischen den zwei Behandlungen zu evaluieren. Da der aggregierte ES dimensionslos ist, wurde die aggregierte Differenz zwischen zwei Gruppenmittelwerten berechnet, um die Behandlungsdifferenz in Tagen auszudrücken. Ein p-Wert kleiner als 0,05 wurde als statistisch signifikant definiert.

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Subgruppen und Sensitivitätsanalysen

Subgruppenanalysen wurden sowohl für die peri- als auch für die postoperative Behandlung durchgeführt. Für die Primäranalyse wurde eine Sensitivitäts-Analyse durchgeführt, um die Aussagekraft der Resultate ausschließlich für die viszeralchirurgischen Patienten zu evaluieren.

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Ergebnisse

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Literatursuche

Mit den beschriebenen Suchbegriffen konnten per Medline-Recherche 57 Zitate als randomisierte klinische Studien identifiziert werden. Schlussendlich erfüllten elf Analysen mit insgesamt 1492 Patienten alle geforderten Bedingungen [Tab. 1]. Das untersuchte Produkt war grundsätzlich das immunmodulierende Präparat mit der Zusammensetzung aus Arginin, Omega-3-Fettsäuren aus Fischöl und RNS (Impact®).

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Chirurgische und nutritive Interventionen

Zehn Studien [3] [4] [5] [6] [7] [8] [12] [13] [14] [15] befassten sich mit Patienten mit großen gastrointestinalen Eingriffen (fünf mit Eingriffen im oberen Gastrointestinaltrakt, vier mit Eingriffen im oberen und unteren Gastrointestinaltrakt, eine Analyse berücksichtigte nur kolorektale Eingriffe). Eine weitere Studie untersuchte chirurgische HNO-Patienten [15]. Alle fünf Studien zur postoperativen Applikation wurden mit dem frühenteralen Ansatz (innerhalb 24 Stunden nach der Operation) durchgeführt. Die sechs anderen Studien verfolgten den perioperativen Ansatz - eine präoperative Supplementation über fünf bis sieben Tage in Kombination mit der frühen postoperativen, enteralen Ernährung.

Zwei der insgesamt fünf postoperativen Studien [5] [6] [7] [12] [13] verwendeten ein dreiarmiges Studiendesign [7] [12], in welchem die immunmodulierende Sondennahrung einerseits mit einer enteralen Standardlösung und andererseits mit einer i.v.-Lösung [7] und mit parenteraler Ernährung [12] verglichen wurde. Mit in die Auswertung einbezogen wurden aber nur diejenigen Patienten, welche einen Vergleich zwischen Impact® und der enteralen Kontrolle erlaubten. Dies reduzierte die Anzahl der zu evaluierenden Patienten auf 1393.

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Primäre Endpunkte

Alle elf Studien erlaubten eine Auswertung der infektiösen Komplikationsraten [Tab. 2]. Das aggregierte Resultat zeigt, dass der Einsatz von Impact® mit einem signifikant geringeren Infektionsrisiko im Vergleich zur Kontrolle verbunden war (relatives Risiko 0,52; 95 %-Konfidenzintervall (CI) 0,42-0,64, p < 0,0001; [Abb. 1]).

Auch eine Auswertung in Bezug auf die Aufenthaltsdauer in der Klinik war in allen elf Studien möglich [Tab. 2]. Erhielten die Patienten die immunmodulierende Sondennahrung war eine signifikant kürzere Aufenthaltsdauer zu beobachten (ES: -0,68; 95 %-CI -0,98 bis -0,37; p < 0,0001; [Abb. 2]) - mit einer durchschnittlichen Reduktion um 2,6 Tage (95 %-CI -3,7 bis -1,6 Tage). Die Sterblichkeit war allgemein sehr niedrig, die Differenz zwischen den Gruppen war nicht signifikant (relatives Risiko 0,98; 95 %-CI, 0,43-2,25, p = 0,97).

Im Hinblick auf die postoperative Morbidität war Impact® mit einer signifikanten Reduktion der abdominalen Abszesse (relatives Risiko 0,41; 95 %-CI 0,21-0,79; p = 0,007), Pneumonien (relatives Risiko 0,63; 95 %-CI 0,41-0,97; p = 0,037) und Anastomoseninsuffizienzen (relatives Risiko 0,54; 95 %-CI 0,32-0,89; p = 0,0016) verbunden [Tab. 3]. Klare Trends gab es bezüglich Wundinfektionen (relatives Risiko 0,60; 95 %-CI, 0,30-1,06; p = 0,074), Harnwegsinfektionen (relatives Risiko 0,51; 95 %-CI 0,24-1,07; p = 0,075), und Sepsis (relatives Risiko: 0,51; 95 %-CI 0,25- 1,07; p = 0,074).

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Subgruppenanalyse

In der Subgruppenanalyse untersuchten wir den Effekt einer perioperativen Applikation von Impact® gegenüber einer ausschließlich postoperativen Anwendung. Im Vergleich zur Kontrolle reduzierten sich die postoperativen Infektionen unter perioperativen Bedingungen (relatives Risiko 0,49; 95 %-CI 0,37-0,64, p < 0,0001) wie auch unter postoperativen Bedingungen (relatives Risiko 0,55; 95 %-CI 0,36-0,85, p = 0,0071) signifikant.

Die perioperative Anwendung der immunmodulierenden Sondennahrung reduzierte die Aufenthaltsdauer im Krankenhaus signifikant („effect size” (ES): -0,52; 95 %-CI-0,75 bis -0,29; p < 0,0001) um durchschnittlich 2,3 Tage (95 %-CI-3,0 bis -1,6 Tage). Der postoperative Ansatz war ebenfalls mit einer signifikanten Reduktion der Aufenthaltsdauer in der Klinik (ES: -0,91; 95 %-CI -1,17 bis -0,15; p = 0,018) verbunden, die sich durchschnittlich um 2,8 Tage (95 %-CI -5,8 bis -0,24 Tage) verkürzte. Weder perioperativ noch postoperativ wurde ein signifikanter Sterblichkeitsunterschied gefunden.

Wie in [Tabelle 3] aufgeführt, war unter der perioperativen Anwendung von Impact® eine signifikante Reduktion im relativen Risiko für einen abdominalen Abszess (relatives Risiko 0,41; 95 %-CI 0,18-0,95; p = 0,036), signifikant weniger Wundinfektionen (relatives Risiko 0,60; 95 %-CI 0,38-0,96; p = 0,033), Pneumonien (relatives Risiko 0,53; 95 %-CI 0,31-0,90; p = 0,018) und Anastomoseninsuffizienzen (relatives Risiko 0,48; 95 %-CI 0,26-0,90, p = 0,021) zu beobachten. Trends, aber keine signifikanten Unterschiede bezüglich dieser Parameter ergaben sich unter postoperativen Bedingungen [Tab. 3].

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Sensitivitätsanalyse

Der Ausschluss der einzigen Studie, die keine viszeralchirurgischen Patienten untersucht hatte [15], ergab keine Änderung der Resultate hinsichtlich der unter der immunmodulierenden Sondennahrung beobachteten Reduktion der infektiösen Komplikationsrate und der Reduktion der Krankenhausverweildauer (Resultate nicht gezeigt).

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Diskussion

Aufgrund der Erfahrungen mit der frühen postoperativen Ernährung mit Impact® allein, hat sich gezeigt, dass die postoperative Immundepression erst ab dem fünften postoperativen Tag positiv signifikant beeinflusst werden kann. Dementsprechend schwierig war es, klinisch signifikante Effekte unter diesem Ansatz zu beobachten [7] [13].

Da eine präoperative Behandlung mit immunmodulierenden Substanzen die postoperative Immundepression möglicherweise abfangen oder partiell verhindern könnte, wurde der perioperative Ansatz entwickelt. Denn bereits wenige Minuten nach einer operativ bedingten Ischämie und nachfolgender Reperfusion findet eine massive Ausschüttung von proinflammatorischen Zytokinen (z.B. Tumornekrosefaktor = TNF, Interleukin-6) statt, die unmittelbar zu mikrovaskulären Veränderungen führt. Diese proinflammatorische Kaskade resultiert letztlich in der oben erwähnten Immundepression in den ersten postoperativen Tagen und bildet die Basis für das so genannte „systemic inflammatory response syndrome” (SIRS) und eventuell nachfolgende Organdysfunktionen.

Wie die vorliegende Arbeit zeigt, kommt der präoperativen Behandlung mit immunmodulierenden Ingredienzien tatsächlich eine präventive Bedeutung zu, die sich klinisch deutlich manifestiert. Obschon sich der klinische Vorteil einer frühen postoperativen Ernährung mit Impact® über die signifikante Reduktion postoperativer Infektionen in der Meta-Analyse eindeutig darstellt, zeigt die metaanalytische Aufarbeitung der perioperativen Studien eine nochmals verbesserte Wirkung: Hier wurde nicht nur die Gesamtheit der Infektionen signifikant reduziert, sondern auch für einzelne Infektionen wie zum Beispiel abdominelle Abszesse, Wundinfektionen und Pneumonien eine signifikante Reduktion von 40-60 % gefunden - bei praktisch gleicher Anzahl ausgewerteter Studien.

Anastomoseninsuffizienzen sind die häufigste nichtinfektiöse Komplikation bei viszeralchirurgischen Eingriffen. Erhalten die Patienten perioperativ immunmodulatorische Substanzen, reduzierte sich ihr Risiko für eine Anastomoseninsuffizienz signifikant um 50 %. Im postoperativen Ansatz dagegen ergab sich nur ein nichtsignifikanter Trend zu einer Risikoreduktion. Daraus lässt sich schließen, dass erstens eine frühe postoperative enterale Ernährung kein zusätzliches Risiko für die Entstehung einer Anastomoseninsuffizienz bedeutet und dass zweitens eine präoperative Zufuhr immunmodulierender Substanzen einen zusätzliche Benefit im Hinblick auf eine Anastomosenheilung hat. Wahrscheinlich führt die präoperative Gabe immunmodulierender Substanzen durch die verbesserte Mikroperfusion in der mesenterialen Region (zumindest partiell) zu einer besseren Sauerstoffversorgung, was zu diesem klinisch hochrelevanten Resultat beiträgt [3].

Die Aufenthaltsdauer in der Klinik wurde durch den Einsatz von Impact® in zehn von elf Studien reduziert. Insgesamt wurden die Patienten im Schnitt mehr als zwei Tage früher entlassen, was einer substanziellen ökonomischen Entlastung entspricht [13] [14]. Erklärt wird diese Reduktion der Aufenthaltsdauer durch die signifikante Abnahme des Risikos für infektiöse und nichtinfektiöse Komplikationen.

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Fazit

Zusammenfassend lässt sich aufgrund der Resultate dieser Studie Folgendes sagen: Sowohl die frühe postoperative als auch die perioperative Behandlung viszeralchirurgischer Patienten mit dem immunmodulierenden Produkt Impact® verbessert die klinischen Resultate signifikant. Sowohl die perioperative als auch die frühe postoperative Anwendung zeigen in der Meta-Analyse eine signifikante Reduktion des postoperativen Infektionsrisikos um etwa 45-50 %.

Im perioperativen Ansatz wurde zudem eine signifikante Reduktion bei einzelnen Infektionsarten (abdominelle Abszesse, Wundinfektionen, Pneumonien) gefunden. Diese Beobachtung erlaubt den Schluss, dass eine präoperative Anwendung von Impact® für einen Zeitraum von fünf Tagen eine zusätzliche präventive Wirkung entfaltet. Vor dem Hintergrund immer knapper werdender Ressourcen im deutschen Gesundheitswesen erscheint daher die perioperative Anwendung geprüfter Produkte mit immunmodulierender Wirkung, vor allem in der Viszeralchirurgie, von großer Bedeutung.

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Abb. 1

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Abb. 2

Tab. 1 Randomisierte Studien mit IMPACT® unter peri- oder postoperativer Anwendung bei elektiven Eingriffen

Studie

Studienjahr und Land

Verblindung

Patientenanzahl

Indikation

Kontrollernährung

Beginn der künstlichen Ernährung vor/nach Eingriff

perioperative Studien

Braga et al., 2002 [4]

1998-2000, Italien

ja

100

OGE + UGE

in, ic

7 Tage/ innerhalb 12 Stunden

Gianotti et al., 2002 [8]

1998-2000, Italien

nein

203

OGE + UGE

preop: ni

postop: i.v. Glukose

5 Tage/ innerhal

12 Stunden

Braga et al., 2002 [3]

NB, Italien

nein

100

UGE

nil

5 Tage/ 6 Stunden

Braga et al., 1999 [2]

NB, Italien

ja

206

OGE + UGE

in, ic

7 Tage/ 6 Stunden

Snyderman et al., 1999 [15]

1994-1996, USA

ja

129

HNO

Standard-Formel

5 Tage/ NB

Senkal et al., 1999 [14]

1994-1997, Deutschland

ja

154

OGE

in, ic

5 Tage/ 12 Stunden

postoperative Studien

Gianotti et al., 1997 [7]

1993-1997, Italien

nein

260

OGE

in, ic

- / 6 Stunden

Senkal et al., 1997 [13]

1992-1994, Deutschland

ja

154

OGE

in, ic

- /12 Stunden

Schilling et al., 1996 [12]

NB, Schweiz

nein

41

OGE + UGE

Standard-Formel

- / so früh wie möglich

Daly et al., 1995 [6]

NB, USA

ja

60

OGE

Standard-Formel

- / 1. postoperativer Tag

Daly et al., 1992 [5]

1988-1990, USA

nein

85

OGE

Standard-Formel

- / 1. postoperativer Tag

OGE = obere gastrointestinale Eingriffe; UGE = untere gastrointestinale Eingriffe; HNO = Hals, Nasen, Ohren

in = isonitrogenös; ic = isokalorisch; NB = nicht beschrieben

Tab. 2 Mortalität, Infektionshäufigkeit und Aufenthaltsdauer in der Klinik

 

Mortalität

Anzahl/total ( %)

Patienten mit Infektionen

Anzahl/total ( %)

Aufenthaltsdauer in Tagen

Mittelwert (SD)

Studie

periop. Gruppe

Kontroll-gruppe

periop. Gruppe

Kontroll-gruppe

periop. Gruppe

Kontroll-gruppe

perioperative Studien

Braga et al., 2002 [4]

0/50 (0)

2/50 (4)

5/50 (10)

12/50 (24)

12,0 (3,8)

15,3 (4,1)

Gianotti et al., 2002 [8]

2/101 (2)

1/102 (1)

16/101 (16)

31/102 (30)

12,2 (4,1)

14,0 (7,7)

Braga et al., 2002 [3]

1/50 (2)

0/50 (0)

5/50 (10)

16/50 (32)

9,8 (3,1)

12,0 (4,5)

Braga et al., 1999 [2]

0/102 (0)

1/104 (1)

14/102 (14)

31/104 (30)

11,1 (4,4)

12,9 (4,6)

Snyderman et al., 1999 [15]

0/82 (0)

0/47 (0)

19/82 (25)

19/47 (41)

15,3 (9,1)

17,4 (11,9)

Senkal et al., 1999 [14]

0/78 (0)

0/76 (0)

10/78 (13)

18/76 (24)

22,2 (4,1)

25,8 (3,8)

postoperative Studien

Gianotti et al., 1997 [7]

1/87 (1)

2/87 (2)

13/87 (15)

20/87 (23)

16,1 (6,2)

19,2 (7,9)

Senkal et al., 1997 [13]

3/77 (4)

2/77 (3)

14/77 (18)

19/77 (25)

27,0 (2,3)

30,6 (3,1)

Schilling et al., 1996 [12]

0/14 (0)

0/14 (0)

3/14 (21)

6/14 (43)

14,5 (8)

14,0 (19)

Daly et al., 1995 [6]

1/30 (3)

2/30 (7)

1/30 (3)

11/30 (37)

16 (0,9)

22 (2,9)

Daly et al., 1992 [5]

2/41 (5)

0/44 (0)

5/41 (12)

13/44 (30)

18,8 (11,1)

20,4 (9,6)

SD = Standardabweichung

Tab. 3 Relatives Risiko für eine infektiöse oder nichtinfektiöse postoperative Komplikation bei elektiven gastrointestinalen Eingriffen

 

alle Studien (n = 11)

perioperative Eingriffe (n = 6)

postoperative Eingriffe (n = 5)

infektiöse Komplikation

relatives Risiko (95 %-CI)

p-Wert

p-Wert Heterogenitäts-Test

relatives Risiko (95 %-CI)

p-Wert

p-Wert Heterogenitäts-Test

relatives Risiko (95 %-CI)

p-Wert

p-Wert Heterogenitäts-Test

abdominaler Abszess

0,41 (0,21-0,79)

0,007

0,998 (0,18-0,95)

0,41 (0,15-1,12)

0,036

0,998

0,40

0,082

0,76

Wundinfektion

0,60 (0,30-1,06)

0,074

0,93 (0,38-0,96)

0,60 (0,51-1,66)

0,033

0,99

0,92

0,789

0,92

Pneumonie

0,63 (0,41-0,97)

0,037

0,65 (0,31-0,90)

0,53 (0,27-2,28)

0,018

0,93

0,79

0,661

0,25

Harnwegsinfektion

0,51 (0,24-1,07)

0,075

0,75 (0,23-1,19)

0,60 (0,07-1,41)

0,236

0,61

0,32

0,337

0,59

Sepsis

0,51 (0,25-1,07)

0,074

0,95 (0,25-1,53)

0,62 (0,11-1,27)

0,296

0,83

0,38

0,114

0,86

nichtinfektiöse Komplikation

Anastomosen-Insuffizienz

0,54 (0,32-0,89)

0,016

0,98 (0,26-0,90)

0,48 (0,28-1,59)

(0,28-1,59)

0,96

0,66

0,355

0,66

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Literatur

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  • 16 Wyncoll D, Beale R. Immunologically enhanced enteral nutrition: current status.  Curr Opin Crit Care. 2001;  7 128-132
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Anschrift für die Verfasser

Prof. Dr. Matthias Kemen

Chefarzt Allgemein und Viszeralchirurgie

Evangelisches Krankenhaus Herne

Wiescherstr. 24

44623 Herne

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Literatur

  • 1 Beale RJ, Bryg DJ, Bihari DJ. Immunonutrition in the critically ill: A systematic review of clinical outcome.  Crit Care Med. 1999;  27 2799-2805
  • 2 Braga M, Gianotti L, Radaelli G. et al. . Perioperative immunonutrition in patients undergoing cancer surgery: results of a randomized double-blind phase 3 trial.  Arch Surg. 1999;  134 428-433
  • 3 Braga M, Gianotti L, Vignali A. et al. . Preoperative oral arginine and V-3 fatty acid supplementation improves the immunometabolic host response and outcome after colorectal resection for cancer.  Surgery. 2002;  132 805-814
  • 4 Braga M, Gianotti L, Nespoli L. et al. . Nutritional approach in malnourished surgical patients: a prospective randomized study.  Arch Surg. 2002;  137 174-180
  • 5 Daly JM, Lieberman MD, Goldfine J. et al. . Enteral nutrition with supplemental arginine, RNA, and omega-3 fatty acids in patients after operation: immunologic, metabolic, and clinical outcome.  Surgery. 1992;  112 327-338
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  • 13 Senkal M, Mumme A, Eickhoff U. et al. . Early postoperative enteral immunonutrition: clinical outcome and cost-comparison analysis in surgical patients.  Crit Care Med. 1997;  25 1489-1496
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  • 15 Snyderman CH, Kachman K, Molseed L. et al. . Reduced postoperative infections with an immune-enhancing nutritional supplement.  Laryngoscope. 1999;  109 915-921
  • 16 Wyncoll D, Beale R. Immunologically enhanced enteral nutrition: current status.  Curr Opin Crit Care. 2001;  7 128-132
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Anschrift für die Verfasser

Prof. Dr. Matthias Kemen

Chefarzt Allgemein und Viszeralchirurgie

Evangelisches Krankenhaus Herne

Wiescherstr. 24

44623 Herne

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