Glossar
DSMM = Deutsche Studiengruppe Multiples Myelom
GMMG = German-speaking Myeloma Multicenter Group
OSHO = Ostdeutsche Studiengruppe Hämatologie/Onkologie
TRM = Therapie-bezogene Mortalität
VAD = Vincristin, Doxorubicin, Dexamethason
VID = Vincristin, Idarubicin, Dexamethason
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Therapieindikation
Therapieindikation
Eine allgemein akzeptierte Indikation zur systemischen Therapie besteht bei symptomatischen
multiplen Myelomen (MM) der Stadien II und III nach Durie und Salmon. Paraprotein-bedingte Komplikationen wie MM-assoziierte Niereninsuffizienz,
Amyloidose, Hyperviskositätssyndrom oder Neuropathie können auch bei geringerer Tumorzell-Last
eine Indikation zur Therapieeinleitung sein. Die mit einem Anteil von unter 5 % aller
Plasmazellneoplasien seltenen solitären Plasmozytome (ossär oder extramedullär) dürfen nicht mit MM des Stadiums I verwechselt und expektativ
geführt werden, da sie potenziell kurativ behandelt werden können.
Bestrahlung
Bestrahlung
Myelomzellen sind strahlensensibel. Bei solitären Plasmozytomen hat die Strahlentherapie
nach initialer möglichst vollständiger chirurgischer Resektion kuratives Potential.
Mit einem Sicherheitsabstand von 2-3 cm wird die Primärtumorregion in konventioneller
Fraktionierung mit Dosen von 40-60 Gy bestrahlt. Bei ossärem Befall ist eine eventuelle
paraossäre Weichteilinfiltration zu berücksichtigen. Bei solitären Plasmozytomen der
Weichteile beinhaltet das Zielvolumen die lokoregionalen Lymphknotenareale. Etwa 50
% der Patienten mit solitärem ossären Plasmozytom und etwa 70 % der Patienten mit
solitärem extramedullären Plasmozytom sind langfristig rezidivfrei. Rezidive manifestieren
sich im Allgemeinen systemisch als MM.
Im interdisziplinären therapeutischen Gesamtkonzept multipler Myelome kommt die Strahlentherapie
hauptsächlich zur Prävention und, ggf. konsolidierend nach osteosynthetischer Versorgung, zur Therapie von Frakturen zum Einsatz. Bei ausgeprägten Knochenschmerzen kann eine wirksame Schmerzreduktion durch Bestrahlung befallener Knochen mit vergleichsweise kleinen Dosen (10-20 Gy)
erreicht werden. Etwa 8 % aller Myelompatienten erleiden neurologische Komplikationen
durch intraspinale Manifestationen des MM. In diesen Fällen besteht eine dringliche
Indikation zur Bestrahlung in Kombination mit hochdosierten Glukokortikoiden.
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kurzgefasst: Solitäre Plasmozytome müssen sicher von MM des Stadiums I nach Durie und Salmon unterschieden
werden. Während im Stadium I des MM eine abwartende Haltung angemessen ist, sind solitäre
Plasmozytome durch chirurgische Resektion und lokale Bestrahlung kurativ anzugehen.
Bei spinalen Ereignissen besteht eine dringliche Indikation zur Radiatio, kombiniert
mit Glukokortikoiden. In ausgewählten Fällen kann eine Laminektomie indiziert sein.
Größere Osteolysen sollen präventiv bestrahlt werden, um der Entstehung von Frakturen
vorzubeugen.
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Konventionelle Chemotherapie
Konventionelle Chemotherapie
Die 1969 von Alexanian vorgestellte Kombination von Melphalan und Prednison (Melphalan 8 mg/m2 p. o., Tag 1-4, oder 15 mg/m2 i. v., Tag 1, und Prednison 60 mg/m2 p. o., Tag 1-4) stellt auch heute noch die konventionelle Standardchemotherapie für
das therapiebedürftige MM dar. Wegen der schwankenden Resorption von Melphalan nach
oraler Gabe wird vielfach empfohlen, dieses intravenös zu applizieren. Soll eine orale
Behandlung erfolgen, ist die Dosis an den Nadir der Leukozyten und Thrombozyten anzupassen.
Angestrebt wird das Auftreten einer milden Granulozytopenie (1000-2000/µl) bzw. Thrombozytopenie
(100 000/µl) 3 Wochen nach Therapie. Eine Dosisreduktion wird bei Patienten mit Niereninsuffizienz
empfohlen. Die Therapie wird in 4- bis 6-wöchigem Abstand bis zum Erreichen eines
Plateaus des Paraproteins durchgeführt; eine darüber hinausgehende kontinuierliche
Gabe bietet keinen Vorteil, erhöht jedoch das Risiko chemotherapieinduzierter Myelodysplasien.
Die objektiven Ansprechraten betragen etwa 50 % mit einer medianen Remissionsdauer
von 2 Jahren. Wegen der Stammzelltoxizität soll Melphalan nicht bei Patienten eingesetzt werden, bei denen eine Mobilisation hämatopoetischer Stammzellen
im Rahmen eines Hochdosistherapiekonzeptes in Frage kommt.
Das Stickstofflostderivat Bendamustin wird bei MM in neuerer Zeit häufiger verwendet. Die im Rahmen einer randomisierten
Phase-III-Studie der OSHO erhobenen Daten zur Wirksamkeit von Bendamustin im Vergleich
zur Standardtherapie mit Melphalan werden aktuell ausgewertet. Weitere bei MM wirksame
klassische Zytostatika sind Alkylanzien (Cyclophosphamid, Ifosfamid, Carmustin), Anthrazykline (Doxorubicin, Idarubicin), Vincaalkaloide (Vincristin, Vinorelbine), Etoposid und Platinderivate. Eine Metaanalyse ergab, dass Kombinationschemotherapien zwar zu einer etwas höheren
Ansprechrate und einem etwas rascheren Ansprechen führen. Jedoch schlägt sich dies
nicht in einer Verlängerung des Überlebens nieder [10]. Insbesondere die ursprünglich als Rezidivchemotherapie konzipierten Anthrazyklin-haltigen
Schemata VAD, VID und ID sind heute als Induktionschemotherapien vor geplanter Stammzelltransplantation
von Bedeutung, da sie eine rasche Senkung der Tumorlast ermöglichen ohne, im Gegensatz
zu Melphalan, die Stammzellmobilisation zu kompromittieren. Die potenzielle Kardiotoxizität
der Anthrazykline ist zu berücksichtigen.
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kurzgefasst: Melphalan ist die konventionelle Standardchemotherapie bei Patienten mit MM, die
nicht für eine Hochdosischemotherapie infrage kommen.
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Hochdosischemotherapie mit autologer Stammzelltransplantation
Hochdosischemotherapie mit autologer Stammzelltransplantation
Bereits vor etwa zwei Dekaden konnte gezeigt werden, dass durch Gabe von Melphalan
in hoher Dosis (140 mg/m2) mehr komplette Remissionen erreicht werden als durch konventionelle Chemotherapie.
Da diese Therapie zum damaligen Zeitpunkt ohne Stammzellsupport durchgeführt wurde,
war sie mit langen Aplasiedauern, hohen Raten infektiöser Komplikationen und einer
inakzeptabel hohen Therapie-assoziierten Mortalität (TRM) behaftet. Durch Transplantation
von autologem Knochenmark, bzw. nunmehr überwiegend autologen peripheren Blutstammzellen,
ist die TRM nach Hochdosis-Melphalantherapie auf etwa 2 % gesunken. Zwei prospektiv
randomisierte Studien belegen für Patienten bis 65 Jahren die Überlegenheit der Hochdosistherapie
hinsichtlich der Remissionsraten, des krankheitsfreien Überlebens und des Gesamtüberlebens
[1]
[4]. Zur Konditionierung vor autologer Stammzelltransplantation wurde Ganzkörperbestrahlung
in myeloablativer Dosierung (8 Gy) kombiniert mit hochdosiertem Melphalan (140 mg/m2) gegen Konditionierung allein mit Melphalan (200 mg/m2) verglichen [9]. Die alleinige Melphalantherapie erwies sich als gleich effektiv, aber weniger toxisch
im Vergleich zur Kombinationstherapie und gilt daher heute als Standard.
Anfang der 1990er Jahre stellte die Gruppe um Barlogie das Konzept der „Total Therapy”
vor, bei dem eine Tandem-Hochdosistherapie mit Melphalan 200 mg/m2 im Abstand von 3-6 Monaten erfolgt. Aufgrund der berichteten hohen Remissionsraten
wurde das Konzept der Tandem-Transplantation in vier prospektiv randomisierten Studien
gegen einmalige Transplantation verglichen. Zwei der Studien zeigten eine signifikant
bessere Krankheitskontrolle, die französische IFM-94 Studie zeigte zudem ein signifikant
besseres Überleben (medianes Gesamtüberleben 58 vs. 48 Monate). Patienten mit chemosensitiver
Erkrankung, die nach der ersten Transplantation noch keine komplette Remission erreicht
hatten, schienen am meisten von der Tandem-Transplantation zu profitieren [2]. Die aktuellen Transplantationsprotokolle der deutschen Studiengruppen DSMM und
GMMG sehen Tandem-Transplantationen vor.
Angesichts eines medianen Alters von über 60 Jahren bei Diagnosestellung stellt sich
die Frage, inwiefern auch ältere Patienten von einer Stammzelltransplantation profitieren.
In nicht-randomisierten Studien konnte eine Tandem-Transplantation mit dosisreduziertem
Melphalan (100-140 mg/m2) bei Patienten bis zu einem Alter von mindestens 70 Jahren sicher durchgeführt werden.
Eine retrospektive Matched-Pair-Analyse [12] wies auf einen Vorteil für die Hochdosistherapie hinsichtlich Krankheitskontrolle
und Gesamtüberleben hin. Das GMMG-65 Protokoll vergleicht gegenwärtig prospektiv randomisiert
bei Patienten im Alter von 65-75 Jahren die konventionelle Chemotherapie mit einer
autologen Tandem-Transplantation nach Melphalan 100 mg/m2. Auch die DSMM II-Studie sieht für Patienten in der Altersgruppe 60-70 Jahre eine
Tandem-Transplantation nach Konditionierung mit Melphalan 140 mg/m2 vor. Diese Studie prüft prospektiv randomisiert den Stellenwert der konventionellen
Induktionschemotherapie vor Stammzellmobilisierung und Hochdosistherapie. Dies ist
von besonderem Interesse, da sich während dieser möglicherweise entbehrlichen Therapiephase
etwa die Hälfte aller im Rahmen der Gesamttherapie zu verzeichnenden Todesfälle ereignet.
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kurzgefasst: Die Überlegenheit von Hochdosis-Melphalan mit autologer Stammzelltransplantation
gegenüber der konventionellen Therapie ist für Patienten bis zu einem Alter von 60-65
Jahren gezeigt. Auch ältere Patienten in einem Alter bis zu (mindestens) 70 Jahren
und gutem Allgemeinzustand ohne Komorbiditäten können mit dieser Modalität behandelt
werden. Eingeschränkte Nierenfunktion und eine begrenzte Anzahl (ca. 6 Zyklen) Alkylanzien-haltiger
Chemotherapien stellen per se keine Kontraindikationen gegen eine Hochdosistherapie
dar. Therapie- bedürftige Patienten sollten zur Therapieplanung in einem Transplantationszentrum
vorgestellt werden.
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Allogene Stammzelltransplantation
Allogene Stammzelltransplantation
Die allogene Stammzelltransplantation bei MM ist durch eine hohe TRM belastet, diese
betrug beispielsweise nach einer retrospektiven Analyse der EBMT [7] im Zeitraum 1994-1998 2 Jahre nach allogener Blutstammzelltransplantation 37 %.
Wenngleich ca. 50 % der Patienten nach allogener Transplantation - deutlich mehr als
nach autologer Transplantation - aufgrund des „Graft versus Myelom-Effekts” eine molekulare
Remission erreichen, kommt es doch im Verlauf bei ca. 20 % der Patienten zum Rezidiv
[7]. In letzter Zeit konnte gezeigt werden, dass nicht-myeloablative Konditionierungsschemata
mit einer geringeren TRM als konventionelle Konditionierungen behaftet sind. Gegenwärtig
untersuchen in Deutschland das DSMM V-Protokoll und das GMMG-HD3-Protokoll den Stellenwert
der allogenen Transplantation nach nicht-myeloablativer Konditionierung in der Primärtherapie
von Hochrisikopatienten, die u. a. durch Nachweis der 13q-Deletion definiert sind.
Die „mini-allogene” Transplantation wird hier bei Verfügbarkeit eines HLA-identischen
Spenders (GMMD-HD3-Protokoll: Geschwisterspenders) als Konsolidierung nach autologer
Stammzelltransplantation durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen bleiben
abzuwarten.
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kurzgefasst: Nur eine Minorität aller Myelompatienten kommt für eine allogene Stammzelltransplantation
infrage. Der Einsatz der allogenen Stammzelltransplantation in der Primärtherapie
ist Gegenstand klinischer Studien.
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Erhaltungstherapie
Erhaltungstherapie
In der Erhaltungstherapie nach konventioneller Chemotherapie ergibt sich nach zwei
Metaanalysen ein signifikanter Vorteil für die Interferonerhaltungstherapie hinsichtlich
des progressionsfreien (4-6 Monate) und des Gesamtüberlebens (4-7 Monate) [11]
[10]. Die Datenlage für Interferonerhaltung nach Hochdosistherapie stützt sich zum einen
auf eine prospektiv randomisierte Studie, die nur einen vorübergehenden Vorteil hinsichtlich
des progressionsfreien Überlebens aufwies [5]. Eine retrospektive Analyse der EBMT [3] zeigte eine signifikante Verlängerung des progressionsfreien und des Gesamtüberlebens
bei Patienten in partieller Remission, so dass der Einsatz von Interferon-α (IFN-α)
zur Erhaltung nach Hochdosistherapie sinnvoll erscheint. Wegen akuter und chronischer
Nebenwirkungen und zum Teil ausgeprägter Hämatotoxizität nach Stammzelltransplantation
gestaltet sich die Therapie mit IFN-α oft schwierig. Ob die Verwendung pegylierten
Interferons Vorteile bietet, wird im Rahmen der DSMM V-Studie geprüft.
Rezidiviertes und refraktäres Multiples Myelom
Rezidiviertes und refraktäres Multiples Myelom
Konventionelle Chemotherapie und autologe Transplantation
Liegt die letzte wirksame konventionelle Chemotherapie mehr als 6 Monate zurück, kann
das initial verwendet Schema nochmals wirksam sein. Bei einer kürzeren Remissionsdauer
bzw. Progression unter Melphalan-haltiger Therapie ist VAD etabliertes Zweitlinienschema.
Refraktärität im Rahmen der Induktionschemotherapie vor geplanter Hochdosis-Melphalantherapie
hat keinen negativen Einfluss auf das Gesamtüberleben, so dass auch in diesem Fall
die Transplantation wie geplant durchgeführt werden soll [15]. Patienten, die nach einer begrenzten Zahl Alkylanzien-haltiger konventioneller
Chemotherapie rezidivieren, können auch sekundär für eine Stammzelltransplantation
in Frage kommen und sollten in einem Transplantationszentrum vorgestellt werden.
Thalidomid, Bortezomib, CC-5013 und Arsen-Trioxid
Unter Thalidomid-Monotherapie ist bei etwa jedem dritten Patienten mit chemotherapierefraktärem
MM bzw. Rezidiv nach Hochdosistherapie mit einem Ansprechen zu rechnen [14]. Die Wirksamkeit kann durch Kombination mit Dexamethason und/oder Chemotherapie
(z. B. Cyclophosphamid [8]) gesteigert werden. Thalidomid sollte nach Verträglichkeit und Wirkung titriert
werden, nur wenige Patienten tolerieren mehr als 300 - 400 mg; auch niedrige Dosen
(100 mg/d) können wirksam sein. Wesentliche Nebenwirkungen von Thalidomid sind Polyneuropathie,
Obstipation, Müdigkeit und Teratogenität. Wegen potenzieller Irreversibilität der
Polyneuropathie ist engmaschig auf entsprechende Symptome zu achten. Unter der Kombination
Thalidomid und Chemotherapie wurde in einzelnen klinischen Studien zur Primärtherapie
des MM eine hohe Inzidenz thromboembolischer Komplikationen beobachtet. In Deutschland
hat das GMMG-HD3-Protokoll den Effekt von Thalidomid in der Induktions- und Erhaltungstherapie
im Rahmen eines autologen Transplantationskonzeptes bei neu diagnostiziertem MM geprüft;
die Ergebnisse dieser Studie bleiben abzuwarten. Mindestens 3 Wochen vor Stammzellmobilisation
muss die Therapie mit Thalidomid ausgesetzt werden.
Das Thalidomid-Analogon und zur Klasse der IMiDs (Immunomodulatory drugs) zählende
CC-5013 (Revlimid) zeigte in Phase I/II-Studien eine dem Thalidomid vergleichbare Ansprechrate. Häufigste
Nebenwirkung ist die Myelosuppression, im Gegensatz zu Thalidomid wird das Auftreten
von Müdigkeit, Obstipation und Polyneuropathie nicht beschrieben. In einer Studie
der DSMM wird eine Kombinationstherapie von CC-5013 plus Dexamethason gegen Dexamethason
allein bei vorbehandelten Patienten verglichen.
Der Proteasom-Inhibitor Bortezomib zeigte in einer multizentrischen Phase II-Studie bei multipel vorbehandelten und
refraktären MM eine Ansprechrate von 35 % [13]. Wesentliche Nebenwirkungen bestanden in Hämatotoxizität mit führender Thrombozytopenie,
gastrointestinaler Toxizität, Müdigkeit und Polyneuropathie. Bortezomib ist für die
Behandlung von Myelompatienten, die mindestens zwei vorangehende Therapien durchlaufen
haben und bei denen während der letzten Behandlung eine Krankheitsprogression zu beobachten
war, zugelassen.
Die Anwendung von Arsen-Trioxid in der Therapie des refraktären MM wird derzeit in
einer Phase I/II-Studie der DSMM V geprüft. Aus anderen Untersuchungen sind Remissionsraten
von ca. 30 % bekannt. Das Nebenwirkungsspektrum umfasst Müdigkeit, QT-Prolongationen
sowie eine Myelosuppression.
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kurzgefasst: Die chemotherapeutischen Möglichkeiten sind im Rezidiv oftmals eingeschränkt. Im Einzelfall
ist ein (ggf. erneutes) Transplantationskonzept zu diskutieren. Thalidomid und das
für die Therapie rezidivierter MM zugelassene Bortezomib sind als wertvolle Ergänzungen
des therapeutischen Spektrums verfügbar, weitere neue Substanzen (CC-5013, Arsen-Trioxid)
befinden sich auch in Deutschland in klinischer Prüfung. Es bleibt abzuwarten, ob
diese Substanzen auch einen Stellenwert in der Primärtherapie erhalten.
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Supportivtherapie
Supportivtherapie
Bisphosphonate
Bisphosphonate reduzieren bei Patienten mit therapiebedürftigem Myelom die Inzidenz
von pathologischen Frakturen und Knochenschmerzen sowie die Notwendigkeit einer Strahlentherapie.
Patienten, die Pamidronat im Rahmen einer Rezidivchemotherapie erhalten, haben möglicherweise
auch einen Vorteil bezüglich der Überlebenszeit. In den ASCO-Guidelines von 2002 wurden
90 mg Pamidronat oder 4 mg Zoledronat i. v. alle 3-4 Wochen empfohlen. Die Behandlung
soll hiernach so lange fortgesetzt werden, bis der wahrscheinliche palliative Nutzen
geringer ist als die Belastung durch die Infusionsbehandlung. Ob Bisphosphonate im
Stadium I die Progression des Myeloms verringern, ist Gegenstand der DSMM IV-Studie.
Anämie
Zwei von drei Myelompatienten weisen bei Diagnosestellung eine Anämie auf. Diese ist
Korrelat der Erkrankungsaktivität und bildet sich im Allgemeinen unter einer wirksamen
Systemtherapie zurück. Mit dem Ziel einer Verbesserung der Lebensqualität und einer
Reduktion des Transfusionsbedarfs ist rekombinantes humanes Erythropoetin (rhEPO)
bei MM-Patienten geprüft worden. Das Ansprechen auf rhEPO entspricht in diesem Kollektiv
dem anderer Tumorpatienten. Der Therapieerfolg nach 4 Wochen ist prädiktiv für den
weiteren Verlauf des Hb-Wertes. Insbesondere Patienten mit niedriger endogener Epo-Serumkonzentration
(< 100 U/l) können von der Therapie profitieren. Eine symptomatischen Anämie mit Hb
< 10 g/dl wird in verschiedenen Richtlinien als angemessene Indikation für eine Therapie
mit rhEPO genannt.
Immunglobuline
Patienten mit sekundärem Antikörpermangel und rezidivierenden schweren Infekten können
ggf. von einer Immunglobulinsubstitution profitieren. Abschließend gesicherte Daten
zu deren Einsatz liegen allerdings nicht vor.
Fazit
Das Multiple Myelom ist eine Erkrankung des höheren Lebensalters. Für die meisten
Patienten besteht kein kurativer Therapieanspruch und die Erkrankung verläuft chronisch
progredient. Ziel aller therapeutischen Bemühungen muss sein, das Auftreten myelombedingter
Komplikationen zu verzögern. Da die auf den Einzelfall abgestimmte tumormodifizierende
Therapie hierbei von entscheidender Bedeutung ist, soll sie bei allen Patienten mit
MM von onkologisch versierten Ärzt(inn)en geleitet werden. Infektionsgefährdung, hämatopoetische
Insuffizienz, renale und ossäre Komplikationen bedrohen die Patienten und erfordern
konsequente Kontrollen und adäquate Supportivtherapie. Die im Krankheitsverlauf häufig
entstehenden psychosozialen Probleme bis hin zur Terminalbetreuung erfordern eine
engmaschige Zusammenarbeit zwischen betreuendem Hausarzt, Internisten und Hämatologen/Onkologen.
Konsequenz für Klinik und Praxis
Konsequenz für Klinik und Praxis
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Indikation zur systemischen Therapie: symptomatisches Stadium II und III nach Durie
und Salmon
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Hochdosischemotherapie mit Melphalan mit autologer Stammzelltransplantation ist Standardchemotherapie
überlegen
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Bei Patienten, die für eine Hochdosischemotherapie nicht geeignet sind: Standardchemotherapie
mit Melphalan und Prednison
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Im Rezidiv oder bei refraktärem MM Bortezomib, Thalidomid oder Revlimid erwägen
Hinweis: Weitere Information zu den Studien der DSMM, GMMG und OSHO finden sich im Internet
unter http://www.lymphome.de/.
Autorenerklärung: Die Autoren erklären, dass sie keine finanziellen Verbindungen mit einer Firma haben,
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