Z Gastroenterol 2005; 43(2): 184-190
DOI: 10.1055/s-2005-857876
Leitlinie

© Karl Demeter Verlag im Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Themenkomplex VI: Barrett-Ösophagus

H. Messmann, C. Ell, M. Fein, R. Kiesslich, M. Ortner, R. Porschen, M. Stolte
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Publication Date:
07 February 2005 (online)

Table of Contents

Definition des Barrett-Ösophagus

Konsens

Die Diagnose des Barrett-Ösophagus (BÖ) wird histologisch gestellt durch Nachweis von intestinalisiertem metaplastischen Zylinderepithel. Abhängig von der endoskopisch nachweisbaren Länge der Zylinderepithelmetaplasie im distalen Ösophagus unterscheidet man einen Long-Segment-Barrett-Ösophagus (LSB) (≥ 3 cm) und einen Short-Segment-Barrett-Ösophagus (SSB) (< 3 cm) (C).

Kommentar

Es bestand Konsens, dass zur Diagnosestellung eines BÖ der histologische Nachweis von intestinalisiertem metaplastischen Zylinderepithel (intestinale Metaplasie Typ III) erforderlich und gleichzeitig die endoskopische Längenangabe unverzichtbar ist [1] [2]. Dennoch können aufgrund des fokalen Auftretens von spezialisiertem Barrett-Epithel der endoskopische Verdachtsbefund und die histologische Bestätigung aufgrund von „sampling errors” differieren [3]. Die willkürlich gewählte Länge von ≥ 3 cm für den LSB und &λτ 3 cm für den SSB wird beibehalten.

Der mikroskopische Barrett-Ösophagus ist definiert als histopathologischer Nachweis von spezialisiertem Epithel bei unauffälliger Z-Linie. Davon abzugrenzen ist die intestinale Metaplasie der Kardiaschleimhaut, die mit einer H.-p.-Gastritis assoziiert ist und meist eine komplette intestinale Metaplasie (Typ I) darstellt [4].

Diagnose des BÖ

Konsens

Die Bestimmung des gastroösophagealen Überganges erfolgt endoskopisch und entspricht dem proximalen Ende der Magenfalten ohne Luftinsufflation und ohne Peristaltik (C).

Kommentar

Die Bestimmung des gastroösophagealen Überganges erfolgt endoskopisch. Die proximalen Magenfalten bestimmen dabei den gastroösophagealen Übergang. Dennoch ergeben sich Schwierigkeiten bei starker Peristaltik, schlecht sedierten Patienten oder bei großen axialen Hiatushernien [5].

Bei Patienten mit GERD findet sich signifikant häufiger ein BÖ, weswegen diese Patienten zum Nachweis oder Ausschluss eines BÖ zumindest einmal in ihrer Krankengeschichte endoskopiert werden sollten. Lieberman fand ein 10fach höheres Risiko für einen Barrett-Ösophagus, wenn eine GERD mehr als 10 Jahre vorlag im Vergleich zu einer einjährigen Beschwerdesymptomatik 69.

Da bereits geringgradige Veränderungen der Schleimhaut (Rötungen, „Zungen”) Ausdruck eines BÖ, einer Präkanzerose i. S. von intraepithelialen Neoplasien (IEN) oder ein Frühkarzinom sein können, sind Videoendoskope mit hoher Auflösung zur Erkennung dieser Läsionen empfehlenswert.

Konsens

Um einen BÖ zu diagnostizieren, sind Quadrantenbiopsien alle 1 - 2 cm innerhalb der vermuteten Barrett-Schleimhaut notwendig (B).

Besteht der V.a. eine geringgradige intraepitheliale Neoplasie (IEN) in Kombination mit histologisch oder endoskopisch nachweisbaren regeneratorischen Veränderungen, sollte nach einer 4- bis 6-wöchigen Protonenpumpenhemmer(PPI)-Therapie eine Kontrollendoskopie mit nochmaliger Biopsie erfolgen (C).

Die (Magnifikations-)Chromoendoskopie mit Methylenblau (MB) hat derzeit noch keinen Stellenwert für die Diagnosestellung des BÖ (B).

Kommentar

Die Anzahl der zu entnehmenden Biopsien, um einen BÖ initial zu diagnostizieren, ist bislang nicht definiert [1] [10] [11]. Die Interobserver-Variation in der Diagnostik von IEN, insbesondere wenn es um die Beurteilung von geringgradigen IEN in regeneratorisch verändertem Gewebe geht, ist beträchtlich. Deswegen wird die Zweitmeinung eines auf diesem Gebiet erfahrenen Pathologen empfohlen 1214. Um die Beurteilung möglichst unter optimalen Bedingungen durchzuführen, sollte eine konsequente Therapie mit einem PPI für ca. 4 - 6 Wochen durchgeführt werden.

Die Chromoendoskopie mit Methylenblau zeigte teils kontroverse Daten in der Detektion von intestinalisiertem Barrett-Epithel 1520.

Konsens

Eine Biopsie im Bereich des gastroösophagealen Übergangs bei unauffälliger Z-Linie bei Patienten mit Refluxbeschwerden ist nicht erforderlich (C). Bei einer Biopsie zur Diagnose des BÖ sollen gleichzeitig je zwei PEs aus Antrum und Korpus zur Evaluation einer Helicobacter-pylori(HP)-induzierten Gastritis entnommen werden (B).

Kommentar

Der Nachweis eines mikroskopischen BÖ hat derzeit keine klinische Relevanz, d. h., es ergibt sich daraus weder die Konsequenz einer Überwachung noch einer Therapie.

Der HP-Status ist in einigen Fällen hilfreich zur Differenzierung zwischen SSB und intestinaler Metaplasie der Kardia, da sich HP signifikant weniger beim SSB fand als im Vergleich zur intestinalen Metaplasie der Kardia 2124. Außerdem ist bei einer PPI-Dauertherapie eine HP-Eradikation wegen der Verstärkung der Aktivität einer HP-Korpusgastritis zu diskutieren [25] [26] (s. u.).

Konsens

Bei histologisch gesichertem BÖ sollten zum Screening von IEN zunächst alle makroskopisch suspekten Areale biopsiert werden. Anschließend sollte die Quadrantenbiopsie im Abstand von 1 - 2 cm mit einer Standardzange durchgeführt werden.

Färbe- und Fluoreszenzverfahren zur Dysplasie-Detektion können derzeit für die Routine nicht empfohlen werden. Die Bürstenzytologie hat keinen Stellenwert (B).

Die Durchflusszytometrie kann bei lokaler Verfügbarkeit eine sinnvolle Ergänzung darstellen (B).

Kommentar

Vor der Quadrantenbiopsie sollten makroskopisch suspekte Läsionen gezielt biopsiert werden. Biopsien in 1 cm Abstand in Analogie zum Seattle-Protokoll sind schwer praktikabel [27], umgekehrt besteht bei ≥ 2 cm Abstand das Risiko, dass bis zu 50 % der Karzinome nicht erfasst werden [28]. Die Bürstenzytologie erlaubt keinen sicheren Nachweis von IEN [29] [30].

Die Färbung mit Methylenblau zur gezielten Detektion von IEN liefert teils kontroverse Daten [15] [17]. Zur Fluoreszenzendoskopie liegen bislang keine randomisierten Studien vor. Das Verfahren hat noch experimentellen Charakter [31].

Reid [32] und Teodori [33] zeigten in Langzeitbeobachtungen (> 13 Jahre) bei Patienten mit BÖ, dass es mittels Flow-Zytometrie möglich ist, Risikopatienten zu definieren, die gehäuft eine IEN oder ein Karzinom zu entwickeln.

Endoskopischer Ultraschall (EUS)

Konsens

Der EUS hat zur initialen Diagnosestellung eines BÖ keinen Stellenwert. Beim histologischen Nachweis eines Karzinoms sollte zum Staging eine Endosonographie durchgeführt werden, wenn sich daraus eine klinische Relevanz ergibt. Beim Nachweis von IEN ist der Stellenwert des EUS nicht gesichert (C).

Kommentar

Bei der initialen Diagnosestellung des BÖ hat der EUS keinen Stellenwert. Der EUS mit 7,5 MHz eignet sich nicht, IEN von Frühkarzinomen zu unterscheiden, da eine sichere Differenzierung von hochgradigen IEN und Karzinomen nicht möglich war [34]. Hochauflösende Ultraschallminisonden (≥ 20 MHz) tragen bei mukosalen Karzinomen möglicherweise zu einem besseren lokalen Staging der T-Kategorie bei [35]. Bei der Frage nach pathologisch vergrößerten LK bleibt die EUS (7,5 MHz) jedoch die Methode der Wahl [36].

Indikatoren bzw. Risikofaktoren der Adenokarzinomentwicklung

Konsens

Der Nachweis einer IEN, ein langer BÖ, die Präsenz eines Ulkus sowie sichtbare Mukosaerhabenheiten stellen histologische bzw. endoskopische Indikatoren für ein Barrett-Adenokarzinom dar (B).

Kommentar

Der Nachweis einer IEN ist derzeit der einzige histologische Risikofaktor für die Entwicklung eines Barrett-Adenokarzinoms [37] [38]. Neben der Präsenz von IEN zum Diagnosezeitpunkt ist der Schweregrad der IEN für den weiteren Verlauf entscheidend [37].

Sampliner wertete 4 Studien retrospektiv aus: Liegt keine IEN vor, traten im Zeitraum von 2,4 - 10 Jahren in 3 % Karzinome auf. Lagen geringgradige bzw. hochgradige IEN vor, stieg das Karzinomrisiko auf 18 bzw. 34 % im Zeitraum von 1,5 - 4,3 bzw. 0,2 - 4,3 Jahren.

Der endoskopische Nachweis eines sehr langen Barrett-Ösophagus (&γτ 8 - 10 cm) wird in der Mehrzahl der Studien als Risikofaktor für ein Barrett-Adenokarzinom gesehen [37]3941. Das Barrett-Ulkus und die sichtbare „Nodularität” sind weitere endoskopische Risikofaktoren [39] [42] [43].

Konsens

Die Bestätigung bzw. der Nachweis einer IEN sollte durch die Zweitmeinung eines unabhängigen, auf diesem Gebiet sehr erfahrenen und möglichst externen Pathologen erfolgen (B). Eine solche Zweitbegutachtung soll auch für Fälle mit schwieriger Abgrenzung zwischen hochgradigen IEN und einem invasiven Karzinom durchgeführt werden (C).

Bei Nachweis einer DNA-Aneuploidie und/oder einer erhöhten G2/M-Phase kann die Überwachung intensiviert werden (B). Der Nachweis von p53, HER2 u. a. ist Gegenstand klinischer Forschung und muss durch Langzeitbeobachtung besser evaluiert werden (B).

Kommentar

Reid zeigte, dass die Übereinstimmung von Pathologen für die Unterscheidung „hochgradige IEN/Karzinom” von „geringgradige IEN/unbestimmte IEN/keine IEN” bei über 87 % liegt, während die Entscheidung IEN „ja oder nein” nur 72 % Übereinstimmung fand [13]. Die Empfehlung, bei der Diagnostik von IEN die Zweitmeinung eines Pathologen einzuholen, wurde ebenso in der Arbeitsgemeinschaft Gastroenterologische Pathologie der Deutschen Gesellschaft für Pathologie ausgesprochen [44]. Mehrere Studien zeigen eine erhöhte Expression von p53 und HER2 für hochgradige IEN und Karzinom [45] [46]. Neuere Daten zeigen, dass selbst bei geringgradigen IEN und dem Nachweis von p53 ein erhöhtes Progressionsrisiko zu hochgradigen IEN bzw. Karzinom besteht [47].

Überwachung des BÖ

Konsens

Die Überwachung scheint für alle Patienten sinnvoll, bei denen eine operative oder endoskopische Therapie im Falle der Entdeckung eines Tumors möglich erscheint (B).

Kommentar

Bislang existieren nur retrospektive Studien, die einen Vorteil der regelmäßigen endoskopischen Überwachung beim BÖ belegen 4853.

Die Kosten der Überwachung hängen von mehreren Faktoren, insbesondere von der Vergütung im jeweiligen Gesundheitssystem, ab. Soni et al. zeigten in ihrer Studie zur Kosten-Nutzen-Analyse des Screenings von Patienten mit Refluxerkrankung, dass im Vergleich zur Nichtdurchführung einer regelmäßigen Vorsorge eine „Screening-Endoskopie” pro gerettetem Lebensjahr 24 700 US-Dollar kostet. In einer englischen Studie wurden die Kosten für ein entdecktes Karzinom mit 15 000 (Männer) bzw. 42 000 engl. Pfund (Frauen) berechnet [54]. Berechnungen für das deutsche Gesundheitssystem existieren nicht, dürften aber deutlich darunter liegen.

„Gegner” der Überwachung argumentieren, dass ein Großteil der Patienten mit BÖ nicht am Karzinom, sondern an anderen Zweiterkrankungen stirbt [39] [55]. Diese Studien unterstreichen noch einmal die Wichtigkeit, nur solche Patienten zu überwachen, bei denen die Entdeckung von IEN eine klinische Konsequenz nach sich zieht.

Obwohl das Barrett-Adenokarzinom in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat, bleibt dennoch festzustellen, dass neue Studien die Inzidenz für Barrett-Adenokarzinome etwas geringer ansetzen als zunächst angenommen (entsprechend einer Inzidenz von 1/285 Patientenjahren) [56].

Shaheen et al. zeigten, dass das Karzinomrisiko von Patienten mit BÖ aufgrund eines Publikationsbias überschätzt wird [57]. Obwohl das genaue Karzinomrisiko nicht bekannt ist, vermuten Shaheen et al. nach diesen Ergebnissen, dass eine jährliche Karzinominzidenz von 0,5 % einer realistischen Schätzung entspricht. Unklar ist, ob es in den westlichen Ländern geographische Unterschiede gibt [58]. Trotz des möglicherweise geringen Karzinomrisikos sollten unserer Meinung nach diese Patienten überwacht werden, wobei die Überwachungsintervalle eventuell neu definiert werden sollten. Dass die Überwachungsintervalle in größeren Abständen, z. B. alle 4 Jahre, ausreichend sein können, zeigt die Studie von Provenzale et al. [59].

Basierend auf einem computergestützten Modell untersuchten die Autoren die Wertigkeit unterschiedlicher endoskopischer Überwachungsstrategien für Patienten mit BÖ in Abhängigkeit von der Karzinominzidenz. Für eine jährliche Karzinominzidenzrate von 0,2 % lautet nach diesen Daten die Empfehlung, keine endoskopische Überwachung durchzuführen. Bei einer Inzidenzrate von 1 % bzw. 0,5 % sollte unter Berücksichtigung der Kosten-Nutzen-Analyse eine endoskopische Überwachung im Abstand von zwei bzw. vier Jahren erfolgen. Die neuen Empfehlungen von 2002 des „American College of Gastroenterology” zur Überwachung bzw. Therapie von Patienten mit BÖ werden modifiziert übernommen [60].

Konsens

Überwachungsintervalle bzw. Therapieempfehlungen bei Patienten mit BÖ in Abhängigkeit vom IEN-Grad und der Länge des BÖ (C):

Kommentar

Beim Nichtvorhandensein von IEN wird zwischen LSB und SSB unterschieden, da das Karzinomrisiko beim SSB geringer ist als beim LSB [61]. Eine Verlängerung der Überwachungsintervalle beim SSB ohne IEN scheint unter diesem Aspekt gerechtfertigt. Bei Patienten mit geringgradigen IEN in einer sichtbaren Erhabenheit (Nijhawan et al., 2000) empfehlen wir eine diagnostische ER. Das Vorhandensein einer hochgradigen IEN ist in etwa 40 % mit dem Vorhandensein von nicht sichtbaren Karzinomen assoziiert [62]. Außerdem zeigte Weston an 15 Patienten mit unifokalen hochgradigen IEN, dass es im Verlauf von 3 Jahren in 53,3 % zu einem Progress (multifokale hochgradige IEN/Karzinom) kommt [63]. Demgegenüber steht zwar die Arbeit von Schnell et al., die zeigt, dass nach 6 Jahren nur in 15 % Karzinome auftraten und das Vorhandensein eines Karzinoms das Überleben nicht beeinflusste [64]. Zu dieser Arbeit muss jedoch kritisch angemerkt werden, dass bei 738 von 1099 untersuchten Patienten (67 %) mit BÖ eine geringgradige IEN diagnostiziert wurde. Dieser hohe Anteil an geringgradigen IEN in einem Kollektiv von Patienten mit BÖ ist bisher einmalig in der Literatur und lässt Zweifel an der richtigen histopathologischen Diagnose aufkommen.

Treten hochgradige IEN multifokal auf, so ist das Karzinomrisiko zusätzlich erhöht [43]. Ob eine sichere Differenzierung von hochgradigen IEN und Karzinom mittels Biopsietechnik („Seattle-Biopsy-Protocol”) möglich ist, wird kontrovers diskutiert [27] [65]. Aufgrund dieser Unsicherheit und des erhöhten Karzinomrisikos wird die Therapie der hochgradigen IEN in Analogie zum Frühkarzinom empfohlen.

Therapie

Therapie des BÖ ohne IEN

Konsens

Die Therapie erfolgt in Analogie zu Patienten mit Refluxbeschwerden, d. h., die Entscheidung, ob eine PPI-Therapie oder eine Antirefluxoperation durchgeführt wird, sollte unabhängig von der Diagnose BÖ erfolgen. Asymptomatische Patienten mit BÖ bedürfen keiner speziellen Therapie (B). Eine prophylaktische Ablation der Barrett-Schleimhaut ist nicht indiziert (B).

Kommentar

Eine Karzinomprophylaxe durch Säuresuppression mit PPI konnte bislang in keiner klinischen Studie gezeigt werden, wenngleich In-vitro-Daten Hinweise liefern, dass sich unter Säuresuppression die Differenzierungs- (Villin) und Proliferationsmarker (PCNA) erhöhen bzw. erniedrigen [66]. Bei bereits nachgewiesenen hochgradigen IEN war eine ungenügende Säuresuppression ein Risikofaktor für die Progression zum Karzinom [43]. Daraus könnte man schlussfolgern, dass eine konsequente PPI-Dauertherapie das Karzinomrisiko reduziert. Es gibt jedoch keine kontrollierten Studien, die diese Rationale belegen.

Eine konsequente Säuresuppression mit PPI führt allenfalls zur Vergrößerung der Plattenepithelinseln und zu einer umschriebenen Restitution durch Plattenepithel, eine völlige Rückbildung des BÖ ist nicht zu erwarten 6772. Auch nach chirurgischer Antirefluxoperation ist eine Rückbildung des BÖ nicht zu erwarten, auch das Karzinomrisiko lässt sich nicht reduzieren [73] [74].

Derzeit gibt es keine randomisierten Studien, die einen klinischen Vorteil einer PPI-Dauertherapie bei asymptomatischen Patienten unterstützen.

In zahlreichen Studien wurde der Stellenwert einer Ablation der Barrett-Schleimhaut untersucht. Athermische Verfahren wie die PDT konnten ebenso wie thermische Verfahren (Argonplasmakoagulation, Nd-YAG-Laser, multipolare Elektrokoagulation, KTP-Laser) die Barrett-Schleimhaut abladieren 7581. Eine suffiziente Säuresuppression ist Vorraussetzung, dass sich aus den verbliebenen Stammzellen Plattenepithel ausbildet. Mit keinem der Verfahren war es bislang möglich, die Barrett-Schleimhaut komplett zu abladieren, außerdem verbleiben oftmals Barrett-Schleimhautmetaplasien, die als „Zellnester” unter dem sich neu bildenden Plattenepithel nachzuweisen sind. Eine nachfolgende Überwachung solcher Patienten dürfte somit eher schwieriger werden.

Eine prophylaktische Ablation der Barrett-Schleimhaut ohne IEN zur Karzinomprophylaxe sollte außerhalb von Studien nicht durchgeführt werden.

Therapie des BÖ mit IEN (geringgradig und/oder hochgradig)

Konsens

Bei Patienten mit geringgradigen IEN sind jährliche Kontrollen ausreichend. Treten geringgradige IEN in einer Schleimhautunregelmäßigkeit oder Erhabenheit auf, sollte eine ER dieser Läsion angestrebt werden.

Bei Patienten mit hochgradigen IEN ist eine Therapie indiziert. Neben der Operation stehen mit den endoskopischen Verfahren (PDT, ER) minimalinvasive Verfahren zur Verfügung, die hinsichtlich Effektivität als gleichwertig zur Operation anzusehen sind, aber hinsichtlich Morbidität und Mortalität der Operation Vorteile bieten (B).

Kommentar

Die Operation war lange Zeit als Goldstandard anzusehen, ist aber mit einer Mortalität von 5 - 20 % und Morbidität von 30 - 40 % assoziiert [82] [83]. Neuerdings stehen mit den endoskopischen Verfahren im Ergebnis wohl gleichwertige und im Hinblick auf Komplikationen und Nebenwirkungen wohl bessere Daten als bei der Operation zur Verfügung.

Die PDT mit 5-Aminolävulinsäure konnte in 2 Pilotstudien mit insgesamt jedoch nur 15 Patienten eine 100 %ige Ablation erzielen [84] [85], eine randomisierte Studie an 18 weiteren Patienten bestätigte diesen Erfolg [86]. Overholt konnte nach Sensibilisierung mit Photofrin bei 56 von 73 Patienten mit hochgradigen IEN eine komplette Ablation erreichen [87]. Mittlerweile liegt ein Follow-up von im Mittel 59 Monaten bei 82 von 103 Patienten vor. In 94 % war eine komplette Ablation der hochgradigen IEN möglich, die Karzinominzidenz lag bei 3 % im Vergleich zu einer erwarteten Inzidenz von 25 - 50 % bei unbehandelten Patienten. Als wesentlicher Nachteil wird eine Strikturrate von 18 % nach der 1. Sitzung und insgesamt von 30 % bei mehrfacher PDT angegeben [88].

Mittlerweile ist in den USA Photofrin für die Behandlung der hochgradigen IEN beim Barrett-Ösophagus zugelassen. In der Zulassungsstudie wurden 208 Patienten (2 : 1) in einen PDT-Arm (n = 138) und in einen Kontrollarm (n = 70) randomisiert. Es zeigte sich ein hochsignifikanter Therapieerfolg (p = 0,0001) in der Eradikation der hochgradigen IEN mittels PDT (77 %) vs. 39 %. Die Progression zum Karzinom war im Kontrollarm während des Beobachtungszeitraums von 2 - 3,6 Jahren doppelt so hoch [89].

Sind die Veränderungen einer hochgradigen IEN makroskopisch sichtbar, ist die ER die Methode der Wahl, zumal dieses Verfahren eine histologische Beurteilung erlaubt [42] [90] [91]. Die Fallzahlen zur Argonplasmakoagulation sind noch geringer und zeigten in einer Studie von Van Laethem in 8 von 10 Patienten eine Ablation von hochgradigen IEN [92]. Aufgrund der Nachteile der Operation (Mortalität, Morbidität) und der Vorteile der endoskopischen Methoden (minimalinvasiv, kostengünstig) ist zu erwarten, dass unter Berücksichtigung vergleichbarer Langzeitergebnisse für beide Verfahren die endoskopische Therapie die Methode der Wahl werden wird. Bei den endoskopischen Verfahren sollte, wo möglich, die ER (sichtbare Läsionen) der PDT vorgezogen werden, da nur so eine genaue histopathologische Beurteilung möglich ist. Bei endoskopisch nicht sichtbaren dysplastischen Arealen kann die PDT eingesetzt werden. Unklar ist, welcher Sensibilisator sich hier etablieren wird. Die Kombination aus zunächst ER gefolgt von PDT scheint viel versprechend [93].

Von Seiten der Chirurgie sind neue, weniger invasive Operationsverfahren mit niedriger Mortalität und Morbidität propagiert worden [94] [95]. Hier liegen noch keine Langzeitüberlebensdaten vor, daher ist auch im Vergleich zur PDT und ER noch keine endgültige Wertung möglich.

Therapie des Barrett-Adenofrühkarzinoms (mukosales und die Submukosa infiltrierendes Karzinom)

Konsens

Neben der Operation als etablierte Methode kann die ER oder die PDT als alternative Therapie beim intramukosalen Karzinom eingesetzt werden.

Bei Infiltration der Submukosa ist die Operation die Methode der Wahl.

Die Morbidität und Mortalität der endoskopischen Therapieverfahren sind niedriger als bei der operativen Methode (B).

Kommentar

Ell et al. führten bei 64 Patienten mit Frühkarzinomen/hochgradigen IEN eine ER durch. Eine komplette Remission wurde bei „low-risk”-Fällen (< 20 mm bzw. Typ I, IIa, b, c < 10 mm, G1/2, mukosal) in 97 %, bei „high-risk”-Fällen in 59 % erzielt. Das Follow-up betrug 12 ± 8 Monate und die Rezidivrate lag bei 14 % (Ell et al., 2000). Dieses Verfahren stellt derzeit insbesondere bei multimorbiden Patienten mit erhöhtem OP-Risiko das Verfahren der Wahl dar. Vorliegende Langzeitdaten zu dieser Technik bestätigen die gleiche Effektivität wie die Operation bei geringerer Morbidität und Mortalität [91] [96]. Alternativ kann bei schlecht abgrenzbarem Karzinom oder gleichzeitigem Vorliegen von hochgradigen IEN eine PDT durchgeführt werden. Für Photofrin als Sensibilisator lagen die Ansprechraten bei T1- bzw. T2-Tumoren bei 77 - 87 % nach 5 Jahren [97]. Die die Submukosa infiltrierende Karzinome sollten primär nicht endoskopisch therapiert werden, da in 20 % bereits Lymphknotenmetastasen vorliegen können. Wird 5-Aminolävulinsäure eingesetzt, konnte Gossner für T1-Tumoren in 77 % eine komplette Remission erzielen [85]. Nachteile der PDT mit Photofrin als Sensibilisator sind eine über mehrere Wochen anhaltende Lichtempfindlichkeit und die Gefahr einer Striktur in bis zu 30 %.

Nachsorge beim endoskopisch therapierten Barrett-Adenokarzinom/IEN

Konsens

Nach erfolgreicher endoskopischer Therapie von hochgradigen IEN/Karzinom sollten folgende Kontrollintervalle eingehalten werden: vierteljährlich im 1. Jahr, halbjährlich im 2. Jahr, dann jährlich bis zum 5. Jahr (C).

Kommentar

Es gibt bislang keine standardisierten Nachsorgeprotokolle. Die empfohlenen Zeitintervalle sind willkürlich festgelegt.

Literatur

Literatur