Z Gastroenterol 2005; 43(2): 191-193
DOI: 10.1055/s-2005-857877
Leitlinie

© Karl Demeter Verlag im Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Themenkomplex VII: Chirurgische Therapie

K. H. Fuchs, W. Fischbach, J. Labenz, C. Zornig, H. Feussner
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Publication Date:
07 February 2005 (online)

Table of Contents

Diagnostik

Konsens

Zur präoperativen Diagnostik werden Endoskopie, Ösophagus-pH-Metrie und Manometrie zur optimalen Patientenselektion empfohlen (C).

Kommentar

Die chirurgisch relevanten pathophysiologischen Faktoren sind die Inkompetenz des unteren ösophagealen Sphinkters sowie eine erhöhte Anzahl transienter Sphinkterrelaxationen [1] [2] [3] [4] [5] [6]. Für die Erwägung einer chirurgischen Therapie bei Patienten mit thorakalen und Oberbauchsymptomen ist es wichtig, dass eine gastroösophageale Refluxkrankheit sicher gemäß den allgemein gültigen Definitionen vorliegt. Eine chirurgische Therapie kommt prinzipiell in Betracht bei Vorliegen von Symptomen und einem pathologischen Befund in Endoskopie (Refluxösophagitis/Barrett) und/oder der 24-h-pH-Metrie (Evidenzgrad: C) [7] [8] [9] [10]. Endoskopie und Ösophagus-pH-Metrie dienen der Objektivierung der Diagnose, die Manometrie dient dem Ausschluss anderer ösophagealer Erkrankungen, bei denen eine Antirefluxoperation eine Kontraindikation wäre. Die Manometrie ist für die Auswahl des chirurgischen Verfahrens nicht notwendig [7] [8] [10] [11] [12] [13] [14].

Indikationskriterien für eine Antirefluxoperation

Konsens

Voraussetzung einer chirurgischen Therapie ist eine langfristige Behandlungsnotwendigkeit. Unstrittige Indikationskriterien sind eine nachgewiesene Medikamentenunverträglichkeit, intolerable Restbeschwerden (z. B. aufgrund von Regurgitation und Aspiration) trotz adäquater medikamentöser Therapie. Eine relative Indikation besteht bei Patientenwunsch (C).

Kommentar

Für die Indikationsstellung zur Antirefluxoperation gilt die Prämisse, dass eine Notwendigkeit zu einer langfristigen Behandlung des Refluxes (in der Regel länger als 12 Monate) gegeben sein sollte. Bei der Unverträglichkeit auf Medikamente sollte auf die Möglichkeit eines Präparatewechsels unbedingt hingewiesen werden. Großvoluminöser Reflux ist medikamentös häufig schlecht zu beeinflussen. Die Ablehnung des Patienten gegenüber einer medikamentösen Langzeittherapie trotz nachgewiesener Wirksamkeit und guter Verträglichkeit von Protonpumpeninhibitoren muss eine Einzelentscheidung sein [7] [8] [9] [10] [15] [16] [17] [18] [19] [20] [21] [22] [23] [24].

Prädiktive Faktoren für ein gutes postoperatives Ergebnis sind gutes symptomatisches Ansprechen auf Protonenpumpenblocker, eine nachgewiesene pathologische Säureexposition der Speiseröhre durch pH-Metrie und die Präsenz typischer Refluxsymptome [10].

Kontraindikationen gegen die Antirefluxchirurgie

Konsens

Neben einem reduzierten Allgemeinzustand des Patienten gelten prinzipiell alle allgemeinen und chirurgischen Kontraindikationen. Bei psychisch auffälligen Patienten sollte die Operationsindikation besonders kritisch geprüft werden (C).

Offene oder laparoskopische Antirefluxoperation

Konsens

Die laparoskopische Fundoplicatio sollte heute dem konventionellen Vorgehen vorgezogen werden (A).

Kommentar

Es ist durch mehrere randomisierte Studien belegt, dass die Ergebnisse der laparoskopischen Antirefluxoperation denen mittels offener Technik überlegen sind. Insbesondere im Hinblick auf die Parameter postoperative Befindlichkeit, Lungenfunktion, Immunfunktion, postoperativer Schmerz, frühe Mobilisierung und Aktivitätsaufnahme sowie Reduktion der Milzläsionen intraoperativ hat die laparoskopische Operation signifikante Vorteile [25] [26] [27] [28] [29] [30].

Kontrolle der Refluxsymptome und Ergebnisse durch Antirefluxchirurgie

Konsens

Die Antirefluxchirurgie ist der medikamentösen Therapie hinsichtlich Beseitigung der Refluxbeschwerden gleichwertig innerhalb eines Zeitraumes von 5 - 10 Jahren (A). Überlegenheit einer Behandlungsmethode hinsichtlich des Langzeitverlaufs als auch der Kosten ist weder für eine medikamentöse Therapie noch für die Antirefluxoperation gesichert (C). Die operationsbedingte Letalität der laparoskopischen Antirefluxoperation liegt zwischen 0 % und 0,6 %.

Kommentar

Folgende Kriterien sind für die Erfolgsbeurteilung einer medikamentösen und chirurgischen Therapie relevant: 1. Symptomkontrolle, 2. Verbesserung der Lebensqualität, 3. Abheilung der Ösophagitis und 4. therapiebedingte Morbidität und Mortalität.

In der bisher einzigen Vergleichsstudie Antirefluxchirurgie versus Protonenpumpenblocker waren beide Verfahren gleich wirksam, wenn die individuelle Dosisanpassung des Protonenpumpenblockers zugelassen wurde. Aus den vorliegenden Ergebnissen weiterer prospektiver Studien liegt die Erfolgsrate der offenen Chirurgie nach 5 Jahren zwischen 83 - 95 %, nach 5 - 10 Jahren zwischen 66 - 96 % und nach mehr als 10 Jahren Nachsorgezeit zwischen 56 - 85 %. Nach Anwendung der laparoskopischen Technik liegen die Erfolgsraten mit 85 - 95 % nach 5 Jahren vergleichbar hoch. In den wenigen verfügbaren Studien mit Ergebnissen bei mehr als 5 Jahren Nachsorgezeit nach laparoskopischer Operation wird eine Erfolgsrate von 85 % angegeben [7] [8] [20] [21] [22] [23] [24] [25] [26] [27] [28] [29] [30]. Ergebnisse aus nicht spezialisierten Zentren oder aus kleineren Abteilungen zeigen aber deutlich schlechtere Ergebnisse [31] [32].

Anhand von Studienergebnissen aus spezialisierten Zentren ist die Letalität niedrig und liegt unter 0,5 %. Für die Prognose der gastroösophagealen Refluxkrankheit quo ad vitam ist eine Überlegenheit der medikamentösen oder operativen Therapie nicht belegt [7] [8] [28] [29] [30] [33] [34]. Dies gilt auch für Patienten mit einem Barrett-Ösophagus.

Die direkten und indirekten Kosten der operativen und konservativen Therapie der gastroösophagealen Refluxkrankheit werden maßgeblich vom jeweiligen Gesundheitssystem bestimmt. Vergleichende Kosten-Nutzen-Analysen aus anderen Ländern sind daher nicht uneingeschränkt auf deutsche Verhältnisse zu übertragen [35] [36] [37] [38] [39] [40] [41] [42] [43] [44].

Vorgehen bei Versagen der Antirefluxoperation

Konsens

Versager der Antirefluxoperation sind operationstechnisch bedingt (Weite bzw. Länge der Manschette) oder entstehen durch Migration der Manschette (B). Klinisch imponieren sie als Refluxrezidiv, Dysphagie und/oder Gas-Bloat-Symptome.

Refluxrezidive sollten medikamentös behandelt werden. Weitere Diagnostik (Endoskopie, Radiographie) ist indiziert bei klinisch ausgeprägter postoperativer Symptomatik (C). Schwere Dysphagie oder andere Symptom-Kombinationen bedürfen weiterer Abklärung und gegebenenfalls der Revision.

Kommentar

Bei Persistenz oder Rezidiv der Refluxsymptome sollte eine medikamentöse Therapie begonnen werden. In der Folgezeit gelten für diese Patienten dann Kriterien ähnlich wie bei einer primären Refluxkrankheit bezüglich einer erneuten Operationsindikation. Nur bei klinisch relevanter postoperativer Morbidität, insbesondere persistierender Dysphagie, sollte man rasch auf eine diagnostische Klärung drängen und ggf. eine erneute Operation erwägen [7] [8] [14] [45] [46].

Mechanismen des Versagens sind transdiaphragmale Migration der Fundoplicatio als häufigste Ursache, der sog. slipped Nissen, auch Teleskop-Phänomen genannt, oder - davon manchmal relativ schlecht zu trennen - die schlecht platzierte Fundoplicatio bzw. die zu tief platzierte Fundoplicatio, die verdrehte Anlage der Manschette sowie eine zu eng angelegte oder zu lang angelegte Manschette. Diese führen zum Refluxrezidiv und/oder zur persistierenden Schluckstörung. Hinzu kommt die Auflösung der Manschette durch das Durchziehen des Fadenmaterials durch die Magenwand bzw. die Ösophaguswand oder gar in seltenen Fällen die Verwendung von resorbierbarem Nahtmaterial [7] [8] [45] [46]. Falsche Indikationsstellung kann eine erhöhte postoperative Morbidität begünstigen.

Literatur

Literatur