Einführung und Fragestellung
Einführung und Fragestellung
Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, welche Bedeutung Jugendliche und junge
Erwachsene für die ambulante Suchthilfe besitzen. Wie hoch ist ihr Anteil an der Gesamtzahl
der Klienten? Wie sehen ihr biografischer Hintergrund und ihre aktuelle soziale Situation
aus? Woher kommen sie, wie lange bleiben sie, welche Leistungen erhalten sie und wohin
werden sie vermittelt? Diese Fragen nach dem Hilfebedarf haben vor dem Hintergrund
des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (KJHG), in dem die Aufgaben der Jugendhilfe definiert
sind, eine versorgungspolitische Relevanz. Denn es wird immer wieder die Frage gestellt,
ob die ambulante Suchthilfe auch Aufgabenbereiche der erzieherischen Hilfen und Jugendhilfen
wahrnimmt und ob es spezielle Angebote für drogengebrauchende Jugendliche geben sollte,
die nach dem KJHG finanziert werden [1 ]
[2 ]. Da es sich darüber hinaus beim KJHG um ein präventiv orientiertes Leistungsgesetz
mit einer pädagogischen Ausrichtung handelt, stellt sich insgesamt die Frage, ob die
Suchthilfe zumindest teilweise präventive Funktionen (Frühinterventionen) für junge
Menschen wahrnimmt. In diesem Zusammenhang gibt es eine - schon länger andauernde
- fachliche Diskussion über die Zusammenarbeit, die Schnittmenge sowie die originären
Aufgabenbereiche von Sucht- und Jugendhilfe [1 ]
[2 ]. Dabei geht es auch um Finanzierungsfragen, denn für Leistungen nach dem KJHG sind
primär die Kommunen zuständig.
Grundsätzlich formuliert die Jugendhilfe den Anspruch, das Regelversorgungssystem
für Heranwachsende und junge Menschen darzustellen. Das Suchthilfesystem mit seinen
Angeboten für jüngere Klienten konnte sich seit Anfang der 70er-Jahre parallel dazu
entwickeln, weil die Jugendhilfe nicht in der Lage war, den spezifischen Anforderungen
des zunehmenden Drogenkonsums unter Jugendlichen adäquat zu begegnen [3 ]. Seitdem haben sich ganz unterschiedliche Formen der Zusammenarbeit zwischen Jugend-
und Suchthilfe entwickelt. So gibt es in einigen Landkreisen - als ein Beispiel für
eine sehr enge Kooperation - Versorgungsverträge zwischen dem Kreisjugendamt und den
Suchtberatungsstellen, die bestimmte Leistungen des KJHG für besondere Zielgruppen
übernehmen [3 ]. Auch gibt es Modelle, bei denen im Rahmen eines vom Jugendamt eingeleiteten Hilfeprozesses
gemäß § 36 KJHG (Mitwirkung, Hilfeplan) die Drogenhilfe systematisch einbezogen wird.
Andernorts beschränkt sich die Zusammenarbeit dagegen auf einen unverbindlichen Erfahrungsaustausch.
Die Regelungen des KJHG beziehen sich auf Personen bis zu einem Alter von einschließlich
26 Jahren. Dabei werden nach den Begriffsbestimmungen des KJHG die folgenden Altersgruppen
unterschieden (§ 7):
Kind: wer noch nicht 14 Jahre alt ist,
Jugendlicher: wer 14, aber noch nicht 18 Jahre alt ist und
junger Erwachsener (Volljähriger): wer 18, aber noch nicht 27 Jahre alt ist.
Das KJHG beschreibt von seinem Wortlaut her keine Leistungen für substanzgebrauchende
Kinder und Jugendliche, es schließt aber solche auch nicht explizit aus. Das KJHG
bietet in dieser Hinsicht interpretatorischen Spielraum. Folgende Leistungen kommen
für Kinder und Jugendliche mit Substanzmissbrauch und Konsumproblemen (theoretisch)
hauptsächlich infrage [4 ]:
Erziehungsbeistand (§ 30),
Heimerziehung bzw. sonstige betreute Wohnformen (§ 34),
intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung (§ 35) sowie
Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche (§ 35a).
Diese vier Leistungsarten unterscheiden sich hinsichtlich des Unterstützungsbedarfs
der Klienten und der Intensität in der Betreuung: vom „Erziehungsbeistand” für Jugendliche
ohne manifestierten Drogengebrauch bis hin zur „Eingliederungshilfe” für suchtkranke
Personen [4 ]. Dabei wird in vielen Kommentaren die fachliche Position vertreten, nach der eine
bestehende Suchtkrankheit als eine seelische Behinderung aufgefasst werden kann [5 ]. Danach hätten Kinder und Jugendliche mit diesem Krankheitsbild Anspruch auf Eingliederungshilfe
(§ 35 a KJHG). Gleichzeitig wird vor einem inflationären Gebrauch dieser Rechtsauffassung
gewarnt und auf die Gefahr der Stigmatisierung von jugendlichen Konsumenten hingewiesen
[4 ]. Die beschriebenen Leistungen gelten auch für junge Erwachsene; für Personen ab
22 Jahren aber nur in begründeten Einzelfällen und für einen begrenzten Zeitraum (§
41 KJHG).
Vor dem dargestellten Hintergrund sollte die folgende Analyse gelesen werden. Dabei
geht es nicht darum, einen Vorschlag für fachliche Zuständigkeiten oder für ein Kooperationsmodell
zwischen der Sucht- und der Jugendhilfe zu unterbreiten, sondern es werden die jugendliche
Klientel beschrieben und die von ihnen in Anspruch genommenen Leistungen dargestellt.
Auf dieser Basis wird der Versuch einer (theoretischen) Zuordnung von Leistungen des
KJHG vorgenommen. Dadurch soll eine empirische Grundlage für vertiefende Diskussionen
über Formen der Kooperation und Vernetzung bzw. fachlich sinnvolle Abgrenzungen von
Jugend- und Suchthilfe geschaffen werden.
Datengrundlage und methodische Hinweise
Datengrundlage und methodische Hinweise
Als empirische Grundlage für die Analyse wurden Daten aus Schleswig-Holstein ausgewertet.
Dort findet seit einigen Jahren ein systematisches Monitoring der Klienten und Tätigkeiten
der ambulanten Suchthilfe statt [6 ]
[7 ]. Dieses basiert auf einem EDV-gestützten Dokumentationsprogramm (HORIZONT), das
von den ambulanten Einrichtungen flächendeckend eingesetzt wird. Es liegt deshalb
eine umfangreiche Datengrundlage vor, die Schleswig-Holstein für eine beispielhafte
Analyse geeignet erscheinen lässt. Es sei angemerkt, dass in den Kreisen und kreisfreien
Städten des Landes Schleswig-Holstein eine unterschiedlich intensive Zusammenarbeit
zwischen der Jugend- und der Suchthilfe besteht. Aus diesem Grund dürfte sich hier
eine vielfältige Praxis widerspiegeln, die es auch in anderen Teilen Deutschlands
gibt.
Die empirische Basis dieser Analyse stellen die erfassten Informationen von 54 Einrichtungen
der ambulanten Suchthilfe Schleswig-Holsteins im Zeitraum 1997 bis 2002 dar. In dieser
Phase haben sich innerhalb der zu betrachtenden Altersgruppen keine wesentlichen Strukturverschiebungen
ereignet. Bei den Einrichtungen handelt es sich größtenteils um integrative Suchtberatungsstellen,
ferner um einige niedrigschwellige Angebote für Drogenkonsumenten aus den größeren
Städten. Spezialisierte Beratungseinrichtungen für Jugendliche befinden sich nicht
darunter.
Insgesamt sind Informationen von 14 842 Klienten mit 13 565 Betreuungen in diese Analyse
eingeflossen.[1 ] Diese Anzahl verteilt sich zwar - erwartungsgemäß - ungleich über die Altersgruppen;
in jeder der betrachteten Gruppen ist jedoch eine hinreichende Anzahl von Fällen (n)
vorhanden, so dass statistisch valide Auswertungen möglich sind. Ein Teil der Auswertungen
basiert auf den Angaben zu den Klienten (n-Klienten), der andere auf Angaben zu den
Betreuungen (n-Betreuungen).
In den folgenden Auswertungen werden drei Altersgruppen miteinander verglichen:
die Gruppe „Jugendliche” (14 bis 17 Jahre),
die Gruppe „junge Erwachsene” (18 bis 26 Jahre) und
die Gruppe „ältere Erwachsene” (27 Jahre und älter).
Die letztgenannte Gruppe dient als Vergleichsgruppe. Eine Gruppe „Kinder” (Personen
unter 14 Jahren) konnte aufgrund einer zu geringen Fallzahl nicht gebildet werden.
Ihr Gesamtanteil an allen Klienten beträgt 0,3 %.
Die folgende Analyse ist die erste dieser Art in Deutschland. Hier zeigen sich die
Auswertungs- und Erkenntnismöglichkeiten, die mit einer flächendeckenden und langjährig
angelegten EDV-gestützten Dokumentation verbunden sind.
Anteil Jugendliche und junge Erwachsene
Anteil Jugendliche und junge Erwachsene
Welchen Anteil weisen nun die jungen Personen an der Gesamtzahl der Klienten auf?
Bei 5 % aller Klienten handelt es sich um 14- bis 17-Jährige, d. h. jede zwanzigste
Person, die eine ambulante Suchthilfeeinrichtung in Schleswig-Holstein aufsucht, ist
minderjährig (siehe Abb. [1 ]). Der Anteil der jungen Erwachsenen (18 bis 26 Jahre) ist mit 19 % weit höher. Beide
Gruppen junger Klienten zusammengenommen kommen damit immerhin auf einen Anteil von
beinahe 25 %. Aufgrund dessen hat die Betreuung von Klienten, die sich in der Altersspanne
des KJHG befinden, eine nicht unwesentliche Bedeutung für die ambulante Suchthilfe.
Erst recht, wenn in Betracht gezogen wird, dass es sich hierbei um eine Klientel handelt,
bei der viele Personen noch nicht langjährig schwerstabhängig sind, sondern häufig
ein Missbrauchsverhalten vorliegt, bei dem Frühinterventionen und Präventionsmaßnahmen
erforderlich sind.
Die Geschlechterverteilung ist in allen drei Altersgruppen sehr ähnlich: Bei den Jugendlichen
sind 70 % männlichen Geschlechts, bei 30 % handelt es sich um junge Frauen (siehe
Abb. [1 ]). In den anderen beiden Altersgruppen sind die Männer sogar noch etwas stärker vertreten
(jeweils 75 % zu 25 %).
Abb. 1 Anzahl Jugendliche und junge Erwachsene nach Geschlecht.
Kontaktempfehlung
Kontaktempfehlung
Deutliche Unterschiede zwischen den Altersgruppen zeigen sich, wenn der Frage nachgegangen
wird, über wen die Klienten in die Einrichtung kommen. Es wird dann deutlich, dass
der Kontakt von jugendlichen Klienten häufig aufgrund einer Initiative der Familie,
der Freunde oder der Partner zustande kommt (38 %). Auch die Schule oder der Ausbildungsbetrieb
spielen in dieser Altersgruppe als „Kontaktbahner” mit einem Anteil von 19 % eine
wichtige Rolle, während die professionelle Hilfe (andere Suchthilfeeinrichtungen,
ärztlich-medizinischer Bereich) diesbezüglich kaum eine Bedeutung besitzt (zusammen
4 %). Nur jeder zehnte Jugendliche sucht aus eigener Motivation („ohne Vermittlung”)
ein Hilfeangebot auf. Diese Zahlen zusammengenommen lassen die Interpretation zu,
dass ein nicht unerheblicher Teil der Jugendlichen von den „Erziehungsverantwortlichen”
(Familie, Schule) zu einer Suchtberatungsstelle geschickt wird, um dort pädagogische
und/oder beraterische Unterstützung in Fragen von Sucht und Drogen zu erhalten (Erziehungsbeistand,
§ 30 KJHG).
Bei den jungen Erwachsenen stellt sich das Muster der Kontaktempfehlung anders dar:
Fast ein Fünftel dieser Klienten gelangt über die professionelle Hilfe an die Einrichtung
(zusammen 18 %); ein ebenso großer Anteil kommt aus eigenem Antrieb. Die Bedeutung
von Familie/Freunde und Betrieb/Schule für die Kontaktvermittlung lässt dagegen stark
nach. In der Gruppe der (älteren) Erwachsenen setzt sich diese Tendenz verstärkt fort.
Hauptdroge/-störung
Hauptdroge/-störung
Hinsichtlich der Hauptdroge/-störung unterscheiden sich die Altersgruppen deutlich:
Der Großteil der Jugendlichen hat wegen Cannabiskonsum (oder damit verbundener Probleme)
die Einrichtung aufgesucht. Bei 57 % aller 14- bis 17-Jährigen wird diese Substanz
als Hauptdroge angegeben (siehe Tab. [1 ]). Die zweite „Jugenddroge” Ecstasy kommt in dieser Altersgruppe auf einen Anteil
von 7 %. Ungefähr jeder sechste Jugendliche hat ein Alkoholproblem (16 %); 12 % sind
Heroingebraucher.[2 ]
Tab. 1 Hauptdroge/-störung der Jugendlichen und jungen Erwachsenen
Jugendliche (14 bis 17 Jahre)
junge Erwachsene (18 bis 26 Jahre)
(ältere) Erwachsene (27 Jahre und älter)
Alkohol
16 %
21 %
67 %
Opiate
12 %
43 %
26 %
Cannabis
57 %
21 %
1 %
Ecstasy
7 %
6 %
0,2 %
Glücksspiel
0,4 %
3 %
3 %
Essstörungen
8 %
7 %
2 %
n-Klienten
770
2 797
11 275
Die Gruppe der jungen Erwachsenen weist dagegen ein gänzlich anderes „Konsumprofil”
auf: Die meisten Klienten dieser Altersgruppe sind Opiatabhängige (43 %). Auch der
Anteil der Personen mit der Hauptdroge Alkohol ist höher (21 %). Dagegen hat Cannabis
nicht die zentrale Bedeutung wie bei den 14- bis 17-Jährigen (21 %). Die (relativen)
Anteile der Ecstasy- und essgestörten Klienten sind dagegen in beiden jungen Altersgruppen
beinahe gleich (7 % zu 6 % bzw. 8 % zu 7 %) (siehe Tab. [1 ]).
Werden die (älteren) Erwachsenen mit in die Betrachtung einbezogen, zeigt sich, dass
je älter die Klienten sind, desto größer der Anteil der Alkoholabhängigen wird. Er
beträgt bei den Personen, die über 26 Jahre alt sind, immerhin 67 %, d. h. zwei von
drei Klienten dieser Altersgruppe kommen aufgrund einer Alkoholproblematik in eine
Einrichtung.
Es zeigen sich, wenn die drei Gruppen miteinander verglichen werden, keine geschlechtsspezifischen
Unterschiede bei der Hauptdroge/-störung: Beispielsweise sind in allen Altersgruppen
die Cannabiskonsumenten überdurchschnittlich häufig Männer. Ihr Anteil liegt in den
drei Gruppen zwischen 81 % (ältere Erwachsene) und 88 % (junge Erwachsene). Ferner
bestätigt sich in allen Altersgruppen der bekannte Sachverhalt, dass es sich bei den
essgestörten Personen überwiegend um Frauen handelt (Anteile zwischen 88 % bis 94
%).
Wird eine Einschätzung versucht, inwieweit in diesem Bereich Voraussetzungen für Leistungen
des KJHG erfüllt sein könnten, kann aufgrund des dargestellten hohen Anteils von Opiatabhängigen
in der Gruppe der jungen Erwachsenen vermutet werden, dass zumindest (theoretisch)
ein Teil dieser Personen die Voraussetzungen des § 35 a KJHG (Eingliederungshilfen)
erfüllen dürfte.[3 ] Erst recht, wenn berücksichtigt wird, dass immerhin 46 % der jungen Erwachsenen
das 22. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und deswegen nicht unter die Ausnahmefallregelung
des KJHG fallen würden (siehe oben). Das „Konsumprofil” der Jugendlichen deutet dagegen
eher daraufhin, dass hier präventive und pädagogisch unterstützende Hilfen des KJHG
zum Tragen kommen könnten.[4 ]
Soziale Situation
Soziale Situation
Die soziale und biografische Situation stellt sich bei jeder der drei Altersgruppen
unterschiedlich dar: Die Jugendlichen wohnen zu fast drei Viertel (noch) zu Hause
(73 %) und werden meistens von den Angehörigen finanziert (77 %) (siehe Tab. [2 ]). Fast zwei Drittel der 14- bis 17-Jährigen haben (noch) keinen festen Partner;
sie bezeichnen sich als „allein stehend” (65 %). Von denjenigen 14- bis 17-Jährigen,
die nicht mehr zur Schule gehen, hat mehr als jeder Vierte mindestens mit der mittleren
Reife abgeschlossen.
Tab. 2 Soziale Situation der Jugendlichen und jungen Erwachsenen[1 ]
Jugendliche (14 bis 17 Jahre)
junge Erwachsene (18 bis 26 Jahre)
(ältere) Erwachsene (27 und älter)
Wohnsituation
eigene Wohnung
5 %
42 %
82 %
bei den Eltern
73 %
35 %
5 %
instabile Situation
2 %
7 %
5 %
Partnerbeziehung
allein stehend
65 %
50 %
38 %
feste Beziehung
12 %
34 %
54 %
Schul- und Berufsbildung
mittlere Reife und höher
28 %
30 %
34 %
Ausbildung abgeschlossen
/
21 %
60 %
Haupteinkommensquelle
Erwerbstätigkeit
16 %
37 %
43 %
Arbeitslosengeld/Sozialhilfe
6 %
43 %
42 %
Angehörige
77 %
18 %
7 %
n-Klienten
475
1 693
7 916
1Die fehlenden Prozentwerte in der Tabelle betragen für die drei Altersgruppen (1:
Jugendliche, 2: junge Erwachsene, 3: ältere Erwachsene):
a) Wohnsituation „andere” - 1: 20 %, 2: 17 %, 3: 8 %
b) Partnerbeziehung „zeitweilige Beziehung” - 1: 23 % 2: 16 %, 3: 8 %
c) Haupteinkommensquelle „anderes” - 1: 1 %, 2: 2 %, 3: 8 %
Im Unterschied zu den Jugendlichen leben - erwartungsgemäß - die jungen Erwachsenen
schon viel häufiger in der eigenen Wohnung (42 %) und gehen einer Erwerbstätigkeit
nach (37 %). Aber auch 43 % dieses Personenkreises finanzieren ihren Lebensunterhalt
durch Transferleistungen wie Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe. Diese Quote entspricht
der der (älteren) Erwachsenen. Erst jeder Fünfte der 18- bis 26-Jährigen verfügt über
eine abgeschlossene Berufsausbildung. Bei den (älteren) Erwachsenen haben immerhin
60 % eine Lehre oder Ausbildung abgeschlossen.
Es bestehen zwischen den Altersgruppen einige geschlechts- und substanzspezifische
Unterschiede: Bei den jungen Erwachsenen verfügen 52 % der Frauen über eine eigene
Wohnung, bei den Männern sind dies nur 38 %. Dagegen wohnen diese noch häufiger bei
den Eltern als ihre Mitklientinnen (38 % zu 29 %). Auch sind die männlichen 18- bis
26-Jährigen eher alleinstehend als die Frauen (56 % zu 38 %). Diese gravierenden Abweichungen
existieren, obwohl beide Geschlechter im Durchschnitt exakt gleich alt sind (22,4
Jahre). Andererseits ist aber aus soziologischen Untersuchungen bekannt, dass jüngere
Frauen eher eine feste Beziehung (mit älteren Partnern) eingehen als jüngere Männer.
Bei den Jugendlichen gibt es diese Unterschiede in dieser Form nicht. Auch die größte
substanzspezifische Differenz findet sich in der Gruppe der jungen Erwachsenen. Hier
sind in prozentualer Hinsicht doppelt so viele alkoholabhängige Personen erwerbstätig
wie bei den Heroinabhängigen (46 % zu 23 %). Umgekehrt finanziert sich die zweite
Gruppe viel häufiger durch Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe (62 % zu 38 %).
Insgesamt betrachtet kann festgehalten werden, dass jede Altersgruppe eine spezifische
soziale und biografische Konstellation aufweist. Während die meisten Jugendlichen
in sozialer Hinsicht mehr oder weniger integriert sein dürften, stellt sich die soziale
Situation für einen erheblichen Teil der jungen Erwachsenen in einigen Punkten ähnlich
negativ dar - z. B. bei der Erwerbssituation - wie bei den (älteren) Erwachsenen.
Die sozial-biografischen Daten bestätigen also, dass zumindest ein Teil der 18- bis
26-Jährigen intensivere (psycho-)soziale Hilfen benötigt. Gleichzeitig könnte die
Interpretation dieses Sachverhalts auch so ausfallen, dass Frühinterventionen eine
sinnvolle Aufgabe darstellen, um spätere Verfestigungen zu vermeiden.
In Anspruch genommene Leistungen
In Anspruch genommene Leistungen
Im Folgenden soll das Inanspruchnahmeverhalten der Jugendlichen und jungen Erwachsenen
analysiert werden. Zeigen sich auch hier - wie schon bei der biografischen und sozialen
Situation - Besonderheiten in den Altersgruppen und wie sind diese vor dem Hintergrund
des KJHG einzuordnen?
Zunächst einmal wird deutlich, dass Jugendliche vor allem beraten werden, wenn sie
eine Suchthilfeeinrichtung aufsuchen. Das trifft auf neun von zehn Jugendlichen zu
(93 %). Therapeutische Leistungen, wie beispielsweise die Substitutionsbehandlung
oder die ambulante Rehabilitation, spielen kaum eine Rolle (7 %). Vor dem Hintergrund
des Konsumprofils und der sozialen Situation dieser Altersgruppe war dies auch nicht
anders zu erwarten. Auffällig ist aber, dass nur bei ganz wenigen der 14- bis 17-Jährigen
Vermittlungsleistungen erbracht werden (4 %).[5 ]
Bei den jungen Erwachsensen nimmt dagegen schon beinahe jeder vierte Klient therapeutische
Leistungen in Anspruch (22 %). Dies hängt mit dem hohen Anteil von Heroinabhängigen
in dieser Altersgruppe zusammen (siehe oben). Auch der Anteil von Klienten mit Vermittlungsleistungen
steigt deutlich an (21 %). Das Profil der in Anspruch genommenen Leistungstypen verändert
sich von den jungen zu den älteren Erwachsenen nur wenig.
Wird das Inanspruchnahmeverhalten weiter analysiert, zeigt sich, dass die Jugendlichen
am wenigsten Leistungen nachfragen: Sie kommen (im Durchschnitt) fünfmal in eine Einrichtung
und lassen sich dabei insgesamt 3,4 Stunden betreuen und beraten (siehe Tab. [3 ]). Bei den jungen Erwachsenen betragen die entsprechenden Werte schon dreizehn Kontakte
mit einem durchschnittlichen Zeitumfang von 8,6 Stunden. Bei den (älteren) Erwachsenen
nimmt die Intensität der Betreuung weiter und sehr deutlich zu.
Tab. 3 Anzahl und Dauer der von den Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Anspruch genommenen
Leistungen (Mittelwerte)
Jugendliche (14 bis17 Jahre)
junge Erwachsene (18 bis 26 Jahre)
(ältere) Erwachsene (27 und älter)
Anzahl
5
13
20
Dauer insgesamt
3,4 Std.
8,6 Std.
17,2 Std.
Dauer pro Leistung
41 Min.
40 Min.
52 Min.
n-Klienten
661
2 552
10 711
Auch die Betreuungslänge - also der Wert dafür, wie lange eine Betreuungssequenz dauert
- nimmt von Altersgruppe zu Altersgruppe zu: Die jungen Erwachsenen sind im Mittel
fast doppelt so lange in Betreuung wie die Jugendlichen (163 zu 85 Tage). Bei den
(älteren) Erwachsenen nimmt die durchschnittliche Betreuungslänge noch einmal um etwa
ein Drittel zu (226 Tage). Insgesamt gesehen sind also die Jugendlichen deutlich kürzer,
mit weniger Kontakten und geringerem Zeitaufwand in einer Betreuung als die jungen
Erwachsenen.
Werden die Anzahl und die Dauer der erbrachten Leistungen sowie die Länge der Betreuung
als Indikatoren für Hilfebedarfe angesehen, können die Jugendlichen eher als eine
Gruppe klassifiziert werden, die eine ergänzende Unterstützung (im Sinne des Erziehungsbeistands)
benötigt, während für die Gruppe der jungen Erwachsenen eine strukturierte, intensive
und problemorientierte Betreuung (im Sinne der Intensiven Sozialpädagogischen Einzelbetreuung
oder der Eingliederungshilfe) erforderlich ist.
Differenziert nach dem Hauptdrogentyp/(-störungstyp) ergeben sich in dieser Hinsicht
weitere Erkenntnisse: Die geringste Betreuungszeit - von allen Altersgruppen und allen
Hauptdrogentypen - haben die jugendlichen Cannabiskonsumenten, die die dominierende
Gruppe bei den 14- bis 17-Jährigen darstellen. Sie kommen auf 1,9 Stunden Betreuung
im Durchschnitt, d. h. sie suchen in der Regel ein- bis dreimal eine Suchthilfeeinrichtung
auf. In dieser Altersgruppe verursachen die essgestörten Personen den größten zeitlichen
Aufwand: 7,8 Stunden je Klient. Offensichtlich besteht hier die Notwendigkeit, schon
mit sehr jungen Menschen strukturiert und zeitintensiv zu arbeiten.
Bei den jungen Erwachsenen ist - neben den Essgestörten - die Betreuung der Opiatabhängigen
sehr zeitaufwändig. Sie fragen in zeitlicher Hinsicht fast doppelt so viele Leistungen
nach wie ihre alkoholabhängigen Mitklienten (12,1 zu 6,4 Stunden). Bei den (älteren)
Erwachsenen hat sich das Inanspruchnahmeverhalten dieser beiden Klientengruppen auf
einem sehr hohen Niveau wieder angeglichen (17,6 zu 17,5 Stunden).
Die Analyse der Betreuungslänge nach dem Hauptdrogentyp ergänzt die obigen Befunde.
Die jugendlichen Cannabiskonsumenten bleiben vergleichsweise kurz: 81 Tage im Mittel,
in denen sie beraten und betreut werden (dabei kommt es nur zu wenigen Kontakten,
siehe oben). Gleichzeitig wird aber in dieser Betrachtungsweise deutlich, dass auch
die anderen jugendlichen Konsumentengruppen nicht wesentlich länger in Betreuung bleiben,
obwohl sie vom zeitlichen Umfang her mehr Leistungen empfangen. Möglicherweise hängt
dies mit einem jugendspezifischen Beendigungsverhalten zusammen (siehe unten).
Bei den jungen Erwachsenen nimmt die Betreuungslänge insgesamt zu; hier zeigen sich
darüber hinaus aber auch deutliche substanzspezifische Unterschiede: Die Betreuung
dauert mit Abstand am längsten bei den Opiatabhängigen (durchschnittlich 202 Tage),
bei den anderen Konsumentengruppen liegt dieser Wert zwischen 116 und 138 Tagen. Eine
breite Streuung - bei einer insgesamt weiter erhöhten Betreuungslänge - findet man
bei den (älteren) Erwachsenen.
Insgesamt zeigen sich damit für jede der Konsumentengruppen sehr spezielle Inanspruchnahmemuster,
wenn die Dauer und die Länge der Leistung/Betreuung zusammen betrachtet werden. Die
bis zu diesem Punkt vorgenommene Analyse des Inanspruchnahmeverhaltens bestätigt die
schon vorgenommene Einschätzung, dass bei einem Großteil der Jugendlichen - vorwiegend
den Cannabiskonsumenten - eine von ihrem Charakter her präventiv und pädagogisch ausgerichtete
Kurzberatung durchgeführt wird, während es vor allem bei den jungen Erwachsenen die
Gruppe der Opiatabhängigen ist, bei der eine intensive, teilweise therapeutisch orientierte
Betreuung stattfindet.
Inhalte der Beratung
Inhalte der Beratung
In der ambulanten Suchthilfe in Schleswig-Holstein werden auch die Inhalte der Beratung
und die dafür aufgewendete Zeit EDV-gestützt erfasst. Diese können Indikatoren für
spezifische Unterstützungsbedarfe sein. Bei der statistischen Auswertung der entsprechenden
Informationen wird deutlich, dass die Jugendlichen vergleichsweise häufig zum Thema
„Sucht” beraten werden. Jede vierte Beratungsminute wird dieser Problematik gewidmet.
Dies deutet darauf hin, dass die Beratung Jugendlicher häufiger die Funktion einer
allgemeinen Drogen- und Suchtaufklärung besitzt. Konkrete Behandlungsfragen (z. B.
angemessene Therapieform) spielen dagegen in dieser Altersgruppe kaum eine Rolle.
Es fällt weiter auf, dass Beziehungsfragen - seien es die Probleme mit der Familie,
den Freunden oder dem Partner - eine vergleichsweise große Bedeutung haben.
Das „Beratungsprofil” der jungen Erwachsenen ähnelt dagegen stark dem der Gruppe der
(älteren) Erwachsenen: Die relative Bedeutung der Themen „Sucht” und „Beziehung” nimmt
ab, die von Behandlungsfragen zu.
Wesentliche geschlechtsspezifische Unterschiede zwischen den Altersgruppen gibt es
bei den Beratungsinhalten nicht. Beispielsweise spielt in allen drei Gruppen das Thema
„Beziehung” bei den Frauen eine größere Rolle als bei den Männern.
Zusammenfassend betrachtet können die dargestellten Ergebnisse derart interpretiert
werden, dass die Beratung Jugendlicher zumindest teilweise den Charakter einer allgemeinen
erzieherischen Beratung hat, wenn diese an den Beratungsinhalten „Sucht” und „Beziehung”
gemessen wird. In dieser Hinsicht bestehen zumindest inhaltliche Anknüpfungspunkte
zu dem im KJHG definierten Aufgabenspektrum der Jugendhilfe.
Betreuungsende und Konsumstatus
Betreuungsende und Konsumstatus
Die Ergebnisse zum Betreuungsende weisen einige Besonderheiten auf: Die Jugendlichen
beenden von allen drei Altersgruppen am häufigsten planmäßig ihre Betreuung (44 %)
(siehe Tab. [4 ]). Gleichzeitig brechen aber immerhin genauso viele der 14- bis 17-Jährigen - egal
ob männlichen oder weiblichen Geschlechts - die Betreuung von sich aus ab. Überdurchschnittlich
oft ist dies bei Ecstasy-Konsumenten (62 %) und Opiatabhängigen (51 %) der Fall. Bei
der Gruppe der jungen Erwachsenen liegt die Abbruchquote sogar bei 50 %. Hier finden
sich solch hohe Werte bei allen Hauptdrogentypen/(-störungstypen), mit Ausnahme der
Essstörungen (40 %). Auffällig ist ferner, dass die Jugendlichen im Vergleich zu den
anderen beiden Altersgruppen seltener weitervermittelt werden (8 % zu 14 %), was mit
der höheren Quote planmäßiger Beendigungen zusammenhängen dürfte.
Tab. 4 Betreuungsende der Jugendlichen und jungen Erwachsenen
Jugendliche (14 bis 17 Jahre)
junge Erwachsene (18 bis 26 Jahre)
(ältere) Erwachsene (27 Jahre und älter)
planmäßig
44 %
30 %
37 %
Abbruch durch Klient/in
44 %
50 %
42 %
Weitervermittlung
8 %
14 %
14 %
anderes
4 %
6 %
7 %
n-Betreuungen
558
2 209
9 519
Wenn Klienten am Ende der Betreuung weitervermittelt werden, sind kaum Unterschiede
zwischen den Altersgruppen bei der Frage erkennbar, wohin sie vermittelt werden: Ein
erheblicher Anteil von ihnen wird in die Entzugsbehandlung oder in eine stationäre
Entwöhnungstherapie weitergeleitet (38 % bis 46 %). In eine ambulante Beratungs- oder
Therapieform wird jeweils etwa jede sechste (weitervermittelte) Person geschickt.
Andere Betreuungsformen (wie betreutes Wohnen, Nachsorge etc.) besitzen in allen Altersgruppen
nur eine nachgeordnete Bedeutung.
Die Konsumsituation zum Zeitpunkt der Beendigung der Betreuung stellt sich ambivalent
dar: Die Jugendlichen weisen zwar die geringste Abstinenzrate von 15 % auf. Gleichzeitig
verbessert sich bei jeder dritten Person dieser Altersgruppe die Konsumsituation (33
%). Bei jedem zweiten Jugendlichen bleibt diese unverändert. Diese Zahlen dürften
sich daraus erklären, dass ein Großteil der 14- und 17-Jährigen nicht abhängig ist
und aufgrund dessen die Abstinenz nicht bei allen Klienten das primäre Ziel der Betreuung
darstellt.
Die „Erfolgsquote” der Betreuung - die Kategorien „abstinent” und „gebessert” zusammen
gerechnet - steigt mit zunehmendem Alter an: in der Gruppe der jungen Erwachsenen
beträgt sie 50 %, bei den älteren Erwachsenen 62 %. Bei der ersten Altersgruppe gibt
es hierbei keinen Unterschied zwischen den Opiat- und Alkoholabhängigen. Bei der zweiten
existiert dagegen eine gravierende Abweichung: Während 43 % der alkoholabhängigen
Personen am Ende der Betreuung als „abstinent” eingestuft werden, beträgt dieser Anteil
bei den Heroinabhängigen „nur” 20 %. Geschlechtsspezifische Differenzen zwischen den
drei Altersgruppen bestehen nicht.
Werden der Abschluss der Betreuung und der dort bestehende Konsumstatus zusammen betrachtet,
zeigt sich, dass sich bei einem erheblichen Anteil der Jugendlichen mit einer planmäßigen
Beendigung der Konsum nicht verändert hat (40 %). Dieser Anteil liegt in den anderen
beiden Altersgruppen wesentlich niedriger: 29 % (junge Erwachsene) und 15 % (ältere
Erwachsene).
Dieser Sachverhalt sollte nicht als eine erfolglose Betreuung Jugendlicher missinterpretiert
werden. Vielmehr könnte hierin ein Indiz dafür gesehen werden, dass bei der Beratung
dieser Altersgruppe nicht immer die Abstinenz (oder zumindest die Konsumreduktion)
als Zielsetzung im Vordergrund steht, sondern die Suchthilfe hier vorbeugende, pädagogische
Aufgaben im Sinne einer Verhinderung des Abgleitens in eine Abhängigkeit wahrnimmt.
Schlussfolgerungen
Schlussfolgerungen
Die zentralen Ergebnisse der vorangegangenen empirischen Auswertung können wie folgt
zusammengefasst werden: Bei 5 % der Klienten der ambulanten Suchthilfe handelt es
sich um Jugendliche (14 bis 17 Jahre) und bei 19 % um junge Erwachsene (18 bis 26
Jahre). Die „Konsumprofile” der Jugendlichen und jungen Erwachsenen weichen stark
voneinander ab. Bei der erstgenannten Gruppe dominieren die Cannabisgebraucher, in
der zweiten gibt es viele Heroinabhängige. Entsprechend stellt sich die soziale Situation
dar: Die meisten Jugendlichen sind (noch) sozial integriert; bei den 18- bis 26-Jährigen
befindet sich dagegen ein erheblicher Teil in einer schlechten sozialen Lage - u.
a. verfügen sie über keine abgeschlossene Berufsausbildung und sind arbeitslos. Ebenfalls
ist das Inanspruchnahmeverhalten beider Gruppen verschieden: Die Jugendlichen sind
deutlich kürzer, mit weniger Kontakten und geringerem Zeitaufwand in einer Betreuung
als die jungen Erwachsenen.
Vor diesem Hintergrund würde deshalb eine (theoretische) Zuordnung der Klientel und
der empfangenen Hilfen zum Leistungskatalog des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (KJHG)
wie folgt ausfallen: Da es sich bei einem Großteil der Jugendlichen um Personen handelt,
die (höchstens) suchtgefährdet, aber nicht abhängig sind, nehmen die Suchtberatungsstellen
hier präventive und frühintervenierende Aufgaben wahr. Hierbei dürfte es häufig auch
um Hilfestellungen zur Förderung der Persönlichkeitsentwicklung und zur Stärkung einer
eigenverantwortlichen Lebensführung gehen. Beides sind Zielsetzungen, die auch im
KJHG formuliert werden. Diese Leistungen wären am ehesten als unterstützende Leistungen
im Sinne des Erziehungsbeistands (§ 30) zu klassifizieren. Anders verhält es sich
mit der Gruppe der jungen Erwachsenen: Hierunter befindet sich zumindest ein Teil
von Heroinabhängigen (in kleinerem Umfang auch alkoholabhängige Personen), die als
schwer abhängig, deswegen als suchtkranke Personen einzustufen sind. Dieser Personenkreis
könnte unter § 35 a des KJHG - Eingliederungshilfen für seelisch behinderte Menschen
- fallen. Wenn andere Optionen wie eine Behandlung auf der Grundlage des Bundessozialhilfegesetzes
(BSHG § 39/40) nicht infrage kommen, wäre dies möglicherweise der rechtliche und finanzielle
Rahmen für eine Hilfeleistung. Dafür spricht auch die aufgezeigte Betreuungsintensität
bei dieser Klientel. In diesem Zusammenhang wäre auch zu diskutieren, inwieweit eine
verstärkte Frühintervention das Missverhältnis „wenige frühere Problemfälle zu vielen
späteren Problemfällen” mildern könnte.
Eine mögliche Begrenztheit der Aussagekraft der vorangegangenen Analyse könnte darin
liegen, dass die präsentierten Ergebnisse nicht durch ein spezielles Forschungsprojekt,
sondern im Rahmen eines EDV-gestützten Suchthilfe-Monitoring gewonnen worden sind.
Die Validität der Daten wurde jedoch durch umfangreiche Plausibilitätstests sorgfältig
geprüft. Ferner wurden bei der Erfassung der Daten keine anspruchsvolleren Beurteilungsinstrumente
eingesetzt, die besondere Kenntnisse erfordern, so dass insgesamt von einer guten
Datenqualität auszugehen ist. Davon abgesehen steht es natürlich außer Frage, dass
speziellere Erhebungen und Untersuchungen zu diesem Themenkomplex weiterführende Ergebnisse
liefern können. Aus diesem Grund soll mit diesem Beitrag ausschließlich eine empirische
Grundlage für weitere Diskussionen über die Zusammenarbeit und Aufgabenverteilung
von Suchthilfe und Jugendhilfe sowie die Weiterentwicklung spezifischer Angebote geschaffen
werden. Mit dieser Analyse soll kein Vorschlag präferiert werden, wie zukünftig bestimmte
Leistungen der Suchthilfe zu finanzieren sind. Dies setzt vielmehr einen fachlichen
Konsens zwischen der Sucht- und der Jugendhilfe sowie den zuständigen Kostenträgern
inklusive der Politik voraus.