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DOI: 10.1055/s-2005-858245
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Verteilung, Determinanten und Referenzwerte linksventrikulärer Parameter in der Allgemeinbevölkerung - Resultate der MONICA/KORA-Echokardiographiestudien
Distribution, Determinants and Reference Values of Left Ventricular Parameters in the General Population - Results of the MONICA/KORA Echocardiography Studies *Die MONICA/KORA-Studiengruppe besteht aus: KORA: H.-E. Wichmann (Sprecher), H. Löwel, C. Meisinger, T. Illig, R. Holle, J. John und deren Mitarbeitern, die verantwortlich für das Design und die Durchführung der KORA-Studien sind; MONICA: U. Keil (Studienleiter), A. Döring, B. Filipiak, H. W. Hense, H. Löwel, J. Stieber und den Mitarbeitern, die verantwortlich für das Design und die Durchführung der MONICA-Studien waren.
Priv. Doz. Dr. Bernhard Kuch
I. Medizinische Klinik, Klinikum Augsburg (Kardiologie, Pneumologie, Intensivmedizin, Endokrinologie), Direktor Prof. Dr. W. von Scheidt
Stenglinstraße 2
86156 Augsburg
Email: kuchb@aol.com
Publication History
Publication Date:
19 July 2005 (online)
- Zusammenfassung
- Abstract
- Einleitung
- Methodik
- Ergebnisse
- Diskussion
- Bedeutung/Ausblick
- Danksagung
- Literatur
Zusammenfassung
Voraussetzung für die erfolgreiche Bekämpfung der hohen Mortalität an Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist die Erkennung der zugrunde liegenden Risikofaktoren und deren Gewichtung im Hinblick auf Morbidität und Mortalität. In der vorliegenden Arbeit werden deshalb Untersuchungen zusammengefasst, in denen im Rahmen verschiedener MONICA/KORA-Studien (Subpopulationen von S1 bzw. S3) in Augsburg an insgesamt mehr als 2000 Probanden die echokardiographisch ermittelte linksventrikuläre Masse (LVM) und andere linksventrikuläre Parameter und ihre Beziehungen zu Blutdruck und Übergewicht unter besonderer Berücksichtigung von geschlechtsspezifischen Faktoren und Indices der „body size” untersucht wurden. Hierbei zeigte sich, dass insbesondere Hypertonie und Adipositas für die Entstehung einer linksventrikulären Hypertrophie (LVH) von entscheidender Bedeutung sind. Frauen reagierten - ausgeprägter als Männer - insbesondere bei gleichzeitigem Vorliegen von Übergewicht und Hypertonie mit einer konzentrischen Hypertrophie. Bei Anwendung der LV-Hypertrophie(LVH)-Grenzwerte auf eine große Anzahl von Probanden aus der Allgemeinbevölkerung (repräsentative Stichprobe) zeigte sich eine relativ hohe Prävalenz der LVH in der 25- bis 74-jährigen Allgemeinbevölkerung (17,5 % bzw. 18,5 % bei Männern und Frauen). Dies verdeutlicht die hohe präventivmedizinische und gesundheitsökonomische Relevanz, die der Verhinderung und adäquaten Behandlung einer LVH auf Bevölkerungsebene zukommt. Schließlich bieten unsere Untersuchungen an einer relativ großen Referenzpopulation von herzgesunden Teilnehmern eine Datenbasis, mit der Normalwerte verschiedener linksventrikulärer Parameter für eine deutsche Allgemeinbevölkerung definiert werden können.
#Abstract
For successful fighting against the burden of cardiovascular disease in the community a comprehensive knowledge about the prevalence and the impact of underlying risk factors is important. The present paper summarises some studies undertaken on more than 2000 persons from the MONICA/KORA-studies (parts of S1 and S3) where left ventricular mass (LVM) and other left ventricular parameters were determined by echocardiography. We especially investigated the associations of LVM with blood pressure and obesity. A special focus was on sex-specific factors in the determination of LVM and the influence of different indices of body size when normalising LVM. It could be shown that hypertension and obesity are major determinants of LV hypertrophy. Especially women with both hypertension and obesity on showed a high prevalence of concentric hypertrophy, significantly more than men. We also showed that the prevalence of LV hypertrophy in a representative sample of the general population (25 to 74 years) is 17.5 % for men, and 18.5 % for women. This underscores the need for primary and secondary prevention regarding the development of LV hypertrophy. Finally, our data in a selected group of normal subjects (reference sample) may be used for the development of reference values for left ventricular parameters in the general German population.
Schlüsselwörter
Echokardiographie - linksventrikuläre Hypertrophie - Geschlechtsunterschiede - Übergewicht - Hypertonie
Key words
Echocardiography - left ventricular hypertrophy - gender differences - obesity - hypertension
Einleitung
Zahlreiche epidemiologische Untersuchungen belegen den Zusammenhang zwischen erhöhter linksventrikulärer Masse (LVM) und erhöhter kardiovaskulärer Morbidität und Mortalität [1] [2] [3]. Als wesentliche Determinanten der LVM gelten Indices der individuellen Körpermaße (z. B. Körpergröße oder Körperoberfläche = Body Surface Area, BSA), Geschlecht, Hypertonus und Adipositas [3] [4] [5] [6]. Bisher unzureichend untersucht waren andere Ursachen einer linksventrikulären Hypertrophie (LVH), wie familiäre Disposition und geschlechtsspezifische Faktoren in der Adaptation des linken Ventrikels auf unphysiologische Belastungen wie zu hoher Blutdruck und/oder Übergewicht [7] [8]. Die Abhängigkeit der LVM von unterschiedlichen Körpermaßen (im Englischen subsumiert unter dem Begriff „body size”) macht es notwendig, die LVM zu „normalisieren” und auf ein Maß der „body size” zu „indexieren” [9] [10]. Als optimale Indexierungsmethode wurde hierbei die so genannte „lean body mass” oder fettfreie Körpermasse (FFM) angesehen, da diese die metabolischen und hämodynamischen Erfordernisse der LVM am besten ausdrückt [11] [12] [13]. Weiterhin ist es schwierig, bei einer kontinuierlichen Variable wie der LVM oder der Wanddicken bzw. des enddiastolischen Durchmessers festzulegen, wo deren kritische Grenze liegt, ab der man von einer abnormalen Anpassung sprechen kann. Die Festlegung einer Grenze für die Definition einer LVH ist notwendig, da sie auch die jeweilige Prävalenz an LVH in definierten Patienten- oder Allgemeinbevölkerungsgruppen beeinflusst [14]. In der vorliegenden Arbeit werden deshalb einige Untersuchungen zusammengefasst, die im Rahmen verschiedener MONICA/KORA-Studien in Augsburg an insgesamt mehr als 2000 Probanden durchgeführt wurden. Insbesondere wurden Zusammenhänge zwischen der echokardiographisch ermittelten LVM und ihren Beziehungen zu Blutdruck und Übergewicht unter besonderer Berücksichtigung von geschlechtsspezifischen Faktoren und Indices der „body size” untersucht. Einen Schwerpunkt dieser Arbeit bilden hier insbesondere die Generierung von Grenzwerten für verschiedene Parameter der linksventrikulären Geometrie und die Darstellung, wie sich dies auf die Prävalenz in der repräsentativen Allgemeinbevölkerung auswirkt.
#Methodik
#Untersuchte Populationen
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden folgende Populationen untersucht:
-
Teilnehmer des ersten MONICA-Augsburg-Surveys S1 (1984/85), die 1987 - 1988 (K1) nachuntersucht wurden (n = 227 Männer und 293 Frauen, Altersbereich von 52 bis 67 Jahre) [15] [16].
-
Im Rahmen des dritten MONICA-Augsburg-Surveys S3 (1994/95) wurden 4856 Männer und Frauen (Teilnehmerrate 75 %) untersucht. Für diejenigen Personen, die in der Stadt Augsburg lebten (Anzahl 2376), wurde eine zusätzliche echokardiographische Untersuchung angeboten. Hiervon nahmen 826 Männer und 852 Frauen teil (repräsentativer Bevölkerungsquerschnitt [17]).
-
Gesunde Referenzpopulation aus S3.
Für die Generierung von Referenzwerten der LVM wurde aus dem gesamten Bevölkerungsquerschnitt (S3) eine gesunde Referenzpopulation folgendermaßen generiert: Ausschluss aller Probanden mit unzureichender Qualität der echokardiographischen Untersuchung (n = 271), Ausschluss aller Probanden mit kardiopulmonaler Erkrankung (n = 776), Ausschluss aller Probanden mit arteriellem Hypertonus (n = 657), Ausschluss aller Probanden mit Medikamenteneinnahme für eine kardiopulmonale Erkrankung (n = 327) und Ausschluss aller Probanden mit Übergewicht (BMI größer als 27,3 kg/m2 bei Männern und 27,8 kg/m2 bei Frauen; n = 660) (Zugehörigkeit zu mehreren Gruppen möglich).
Daraus resultierte schließlich eine Referenzgruppe von 213 Männern und 291 Frauen [17].
#Untersuchungen
Die echokardiographische Aufzeichnung erfolgte unter standardisierten Bedingungen [16] [17]. Alle M-Mode-Aufzeichnungen wurden von einem einzigen versierten Untersucher, dem die klinischen Daten der Probanden nicht bekannt waren, analysiert. Die LVM wurde einerseits gemäß der Penn-Konvention bestimmt und nach der Formel von Devereux und Reichek [18] berechnet und andererseits nach ASE-Konvention bestimmt [19]. Die Berechnungen basieren auf Messungen des linksventrikulären enddiastolischen Durchmessers (LVEDD), der Septumwanddicke (SWD) und der Hinterwanddicke (HWD). Bei der ASE-Konvention werden die Endokardkonturen in die Wanddickenvermessung mit aufgenommen, wohingegen diese bei der Penn-Konvention in die Vermessung des LVEDD einfließen.
Die Bioimpedanzanalyse (BIA) war Bestandteil des Untersuchungsprotokolls der dritten MONICA-Augsburg-Bevölkerungsquerschnittstudie (S3). Details zur Bestimmung und der verwendeten Formel wurden berichtet [17] [20].
Als Maß für das relative Körpergewicht wurde der Body Mass Index (BMI) verwendet mit BMI = Körpergewicht/Körpergröße2 (kg/m2). Es wurden folgende Gruppierungen vorgenommen: Schlank bei BMI < 23 kg/m2, leicht übergewichtig bei BMI von 23 - 25,99 kg/m2, mäßig übergewichtig bei BMI von 26 - 29,99 kg/m2 und sehr übergewichtig bei BMI von ≥ 30 kg/m2 bzw. (Abb. [1]) normalgewichtig (N) bei BMI < 25 kg/m2, mild übergewichtig (OB) bei BMI von 25 - 29,99 kg/m2 und deutlich übergewichtig (OBS) bei BMI von ≥ 30 kg/m2. Die Unterteilung in verschiedene Blutdruckklassen erfolgte in: unbehandelt hyperton (U) bei systolischen Werten ≥ 160 mmHg oder diastolisch ≥ 95 mmHg ohne antihypertensive Medikation, behandelt hyperton (TH), wenn antihypertensive Medikation bei bekannter Hypertonie eingenommen wurde, grenzwertig (Borderline) hyperton (B) bei systolischen Werten zwischen 140 und 159 mmHg und diastolischen Werten zwischen 90 und 94 mmHg und normoton (N) bei Werten unter 140 resp. 90 mmHg.
#Statistik
Der χ2-Test und der Students-t-Test wurden verwendet, um kategorische Variablen bzw. Mittelwerte von kontinuierlichen Variablen zu testen. Univariate lineare Assoziationen zwischen linksventrikulären Parametern, Blutdruck und anthropometrischen Parametern wurden mittels Pearson-Korrelationskoeffizienten berechnet. Um die statistische Signifikanz der Mittelwerte der LV-Parameter in Abhängigkeit der verschiedenen Gewichts- und Blutdruckklassen auf Alter und jeweils BMI bzw. systolischen und diastolischen Blutdruck zu adjustieren, wurden multivariate lineare Regressionsmodelle verwendet.
Alle statistischen Analysen wurden mit dem SAS®-System für Windows 6.10 durchgeführt.
#Ergebnisse
Es zeigten sich bei den 52- bis 67-jährigen Männern und Frauen (n = 520) jeweils unabhängige und bei beiden Geschlechtern ausgeprägte Effekte von Übergewicht und arterieller Hypertonie auf die LVM (Abb. [1] und [2]). Bei kombiniertem Auftreten von Adipositas und Hypertonus war dieser Effekt noch verstärkt nachweisbar - bei Frauen in deutlich stärkerem Ausmaß als bei Männern [16] [21]. So betrug die LVM bei normotonen normalgewichtigen Frauen 72 g/m im Vergleich zu 133 g/m in der höchsten Gewichts- und Hypertonieklasse entsprechend einem Anstieg um 85 % (p < 0,002). Die Werte bei Männern betrugen 96 g/m und 144 g/m entsprechend einem Anstieg um 49 % (p < 0,0001) [16]. Generell reagieren beide Geschlechter mit konzentrischer Hypertrophie auf steigende Blutdruckgrade und eher exzentrischer Hypertrophie auf zunehmendes Übergewicht. Dies ist anhand des Anstieges der relativen Wanddicke (RWD) mit steigenden Blutdruckgraden bzw. des enddiastolischen Durchmessers, aber nicht der RWD mit steigenden Übergewichtsgraden nachzuvollziehen (Abb. [1] und [2]). Frauen zeigten bei kombiniertem Auftreten von Übergewicht und Hypertonie insbesondere einen signifikanten Anstieg der Wanddicken und dementsprechend eine hohe Prävalenz an konzentrischer Hypertrophie im Vergleich zu den nur Übergewichtigen oder nur Hypertensiven [21].
Abb. [3] zeigt die Prävalenz der LVH in verschiedenen Altersgruppen der Bevölkerung in Abhängigkeit der Grenzwerte für die am meisten gebräuchlichen Indexierungsmethoden. Es zeigt sich, dass bei FFM-Indexierung - unabhängig von Geschlecht und Alter - weniger Probanden der LVH-Gruppe zugeordnet wurden als mit den größebasierten Kriterien. BSA-basierte Prävalenzschätzungen erbrachten grundsätzlich ähnliche Ergebnisse wie die FFM-basierten, allerdings erbrachten die BSA-basierten LVH-Prävalenzen höhere Schätzwerte in den jüngeren Altersgruppen und umgekehrt geringere Schätzwerte in den älteren Altersgruppen. Bei Verwendung der internen Kriterien (d. h. der in der eigenen Referenzpopulation generierten Grenzwerte) auf die gesamte repräsentative Bevölkerungsstichprobe von 1371 Männern und Frauen ergaben sich Prävalenzen der LVH in der Bevölkerung zwischen 16,2 % und 21,6 % für Männer und 17,0 bis 23,7 % für Frauen. Die Anwendung externer Kriterien (d. h. in anderen Referenzpopulationen unter Verwendung gleicher oder ähnlicher Auswahlkriterien ermittelter Grenzwerte [17]) erbrachte weit ausgeprägtere Unterschiede mit Prävalenzschätzungen von 12,4 % bis 28,6 % für Männer und 7,0 bis 29,1 % für Frauen. Mit Ausnahme der externen FFM-basierten LVH-Kriterien waren mit allen Indexierungen höhere LVH-Prävalenzen bei Frauen im Vergleich zu Männern zu verzeichnen. Allerdings waren diese Geschlechtsunterschiede für keine der aus internen Kriterien ermittelten LVH-Prävalenzen signifikant [17].
Durch Generierung einer gesunden Referenzpopulation konnten erstmalig für die deutsche Allgemeinbevölkerung im Alter von 45 bis 74 Jahren Grenzwerte für erhöhte echokardiographische Parameter abgeleitet werden. In Tab. [1] sind alle Grenzwerte, ermittelt als Mittelwert + 2 Standardabweichungen, für die Dicken von Hinterwand und Septum, den LVEDD, die unindexierte LVM und für die jeweiligen indexierten LVM für Messungen nach Penn sowie der ASE-Konvention dargestellt. Die Grenzwerte stellen sich dabei als sehr stark abhängig vom Geschlecht und der Indexierungsmethode der LVM heraus. Generell waren die LVM-Grenzwerte basierend auf Indexierung mit Körpergröße, Größe2,7 und BSA für Männer höher als für Frauen. Hingegen ergaben sich identische Grenzwerte für Männer und Frauen bei Indexierung der LVM auf die FFM [20] [25].
Männer (n = 213) | Frauen (n = 291) | |||
MW | MW + 2 SD | MW | MW + 2 SD |
|
SWD (mm) (ASE) | 10 | 12 | 9 | 11 |
SWD (mm) (Penn) | 9 | 11 | 8 | 11 |
HWD (mm) (ASE) | 8 | 11 | 7 | 9 |
HWD (mm) (Penn) | 7 | 10 | 7 | 9 |
LVEDD (mm) (ASE) | 50 | 58 | 45 | 52 |
LVEDD (mm) (Penn) | 52 | 60 | 48 | 54 |
RWD (ASE) | 0,37 | 0,48 | 0,36 | 0,48 |
RWD (Penn) | 0,29 | 0,41 | 0,29 | 0,40 |
LVM (g) (ASE) | 159 | 215 | 114 | 156 |
LVM (g) (Penn) | 171 | 247 | 117 | 146 |
LVM/Größe (g/m) (ASE) | 90 | 120 | 70 | 95 |
LVM/Größe (g/m) (Penn) | 97 | 139 | 71 | 108 |
LVM/Größe2 (g/m2) (ASE) | 51 | 68 | 43 | 59 |
LVM/Größe2 (g/m2) (Penn) | 55 | 78 | 44 | 67 |
LVM/Größe2,7 (g/m2,7) (ASE) | 34 | 46 | 31 | 42 |
LVM/Größe2,7 (g/m2,7) (Penn) | 37 | 53 | 31 | 48 |
LVM/BSA (g/m2) (ASE) | 82 | 108 | 69 | 92 |
LVM/BSA (g/m2) (Penn) | 89 | 125 | 70 | 104 |
LVM/FFM (g/kg) (ASE) | 2,7 | 3,6 | 2,7 | 3,6 |
LVM/FFM (g/kg) (Penn) | 2,9 | 4,1 | 2,7 | 4,1 |
Diskussion
Die generell sowohl bei Frauen wie bei Männern beobachtete Dominanz an exzentrischer Hypertrophie bei Übergewicht und konzentrischer Hypertrophie bei Vorliegen von Hypertonie wurde aufgrund pathophysiologischer Überlegungen schon länger postuliert und auch schon in früheren Studien beobachtet [5] [22] [23]. Ein neuer Aspekt unserer Untersuchungen ist hierbei, dass es in Zusammenhang mit erhöhtem Blutdruck geschlechtsspezifische Reaktionsweisen mit verstärktem Anstieg an konzentrischer Hypertrophie bei Frauen gibt. Diese geschlechtsspezifischen Zusammenhänge wurden bisher erst wenig untersucht [7] [8]. Es müssen also bei gleichen Bedingungen lastabhängiger Faktoren (unterschiedliche Hypertonie- und Übergewichtsgrade) Einflüsse lastunabhängiger Faktoren vorliegen, die für diese Geschlechtsunterschiede verantwortlich sind. Mögliche hierfür zugrunde liegende Mechanismen sind Geschlechtsunterschiede in der kardialen Genexpression als Reaktion z. B. auf Druckbelastung [23]. Für hormonelle Einflüsse sprechen auch Zusammenhänge mit der Menopause (mehr als 90 % der Frauen der ersten untersuchten Studienpopulation befanden sich in der Postmenopause). Tierversuche bieten Hinweise für einen „Schutzeffekt” der Östrogene, der postmenopausal durch ein relatives Überwiegen der Androgene ersetzt wird [26] [27]. Auch das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System scheint geschlechtsspezifisch auf die Entwicklung einer LVH Einfluss zu nehmen, wie unterschiedlich starke LVH-Assoziationen von Serum-ACE-Aktivität und Aldosteron bei Männern und Frauen belegen [28].
Die in der Augsburger Bevölkerung beobachtete verstärkte Ausbildung einer konzentrischen LVH bei Frauen mit Hypertonie, und verstärkt bei gleichzeitigem Vorliegen von Hypertonie und Übergewicht, ist von besonderer Bedeutung, da gezeigt werden konnte, dass die konzentrische Hypertrophie von allen Hypertrophieformen mit der schlechtesten Prognose verbunden ist [29] [30] [31] [32]. In verschiedenen Studien wurde beschrieben, dass Frauen mit einer LVH eine schlechtere Prognose aufweisen als Männer [2] [33]. Dies könnte damit verbunden sein, dass Frauen eher dazu neigen, auf entsprechende Belastungen mit konzentrischer Ventrikelanpassung zu reagieren.
Erstmalig wurde auch an einer großen deutschen Bevölkerungsstichprobe die LVH-Prävalenz aufgezeigt. Unsere Analysen zeigten, dass die ungeprüfte Anwendung externer, d. h. aus anderen Populationen generierter Kriterien zu ausgeprägt fehlerhaften Prävalenzberechnungen führen kann und dass, wenn immer möglich intern, d. h. in den jeweiligen Bevölkerungen entwickelte Kriterien zur Anwendung kommen sollten.
Wir konnten erstmalig für eine deutsche Allgemeinbevölkerung Grenzwerte für linksventrikuläre Parameter auch unter Berücksichtigung unterschiedlicher Indexierungsmethoden und unterschiedlicher Methodik in der Bestimmung (ASE- oder Penn-Konvention) der LVM für die Definition einer LVH entwickeln. Diese könnten als Basis für die Anwendung von Grenzwerten linksventrikulärer Parameter in Studien und im klinischen Alltag herangezogen werden. Sie differieren zum Teil deutlich von Referenzwerten aus der Framingham-Studie.
#Bedeutung/Ausblick
Voraussetzung für die erfolgreiche Bekämpfung der hohen Mortalität an Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist die Erkennung der zugrunde liegenden Risikofaktoren und deren Gewichtung im Hinblick auf Morbidität und Mortalität. Anhand der vorliegenden Daten ist zur Verhinderung einer LVH eine intensive Prophylaxe und/oder Behandlung von Übergewicht und Hypertonus zu fordern. Die relativ hohe Prävalenz der LVH in der 25- bis 74-jährigen Allgemeinbevölkerung (17,5 % bzw. 18,5 % bei Männern und Frauen, FFM) verdeutlicht die hohe präventivmedizinische und gesundheitsökonomische Relevanz, die der Verhinderung und adäquaten Behandlung einer LVH auf Bevölkerungsebene zukommt.
Im Rahmen der Augsburger Diabetes-Familienstudie, deren Ziel die Identifikation und Charakterisierung von Genen ist, die zu der Entwicklung des Typ-2-Diabetes verschiedener phänotypischer Ausprägungen beitragen, wurden an 787 Probanden echokardiographische Untersuchungen durchgeführt. Erste Analysen bei Probanden mit manifestem Diabetes zeigen eine hohe Prävalenz an systolischen Funktionsstörungen bei bisher hinsichtlich einer kardiovaskulären Erkrankung asymptomatischen Patienten sowie eine auffällig hohe Prävalenz an diastolischer Funktionsstörung bei allen Teilnehmern (Publikation in Vorbereitung).
Im Rahmen einer groß angelegten Follow-up-Untersuchung F3 aller S3-Teilnehmer werden seit Februar 2004 (geplantes Studienende April 2005) unter anderem echokardiographische Nachuntersuchungen aller echokardiographisch untersuchten Probanden durchgeführt. Hierbei werden verschiedenste Fragestellungen bezüglich der Inzidenz und Determinanten einer LVH bei vorher Gesunden untersucht. Im Rahmen dessen findet auch ein Morbiditäts- und Mortalitäts-Follow-up aller S3-Teilnehmer statt, das prognostische Aussagen bezüglich verschiedener Gruppen von LVH-Patienten erlauben wird. Darüber hinaus soll untersucht werden, wie sich die Anwendung verschiedener Indexierungsmethoden auf das Outcome auswirkt.
#Danksagung
Die MONICA/KORA-Studien zur LVH wurden unterstützt von der GSF und vom BMBF - Bundesministerium für Forschung und Technologie (FKZ KBF 01 GB 9403 und Nationales Genom Forschungsnetz NGFN) und der DFG - Deutschen Forschungsgemeinschaft (Schu 672/9-1, Schu 672/10-1).
Der Artikel nimmt besonders Bezug auf folgende Beiträge dieses Sonderheftes von „Das Gesundheitswesen” [34] [35] [36].
#Literatur
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- 33 Liao Y, Cooper R S, Mensah G A. et al . Left ventricular hypertrophy has a greater impact on survival in women than in men. Circulation. 1995; 92 805-810
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- 36 Kuch B, Schunkert H, Muscholl M. et al . Verteilung, Determinanten und Referenzwerte linksventrikulärer Parameter in der Allgemeinbevölkerung - Resultate der MONICA/KORA Echokardiographiestudien. Gesundheitswesen. 2005; 67 S1 S68-S73
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I. Medizinische Klinik, Klinikum Augsburg (Kardiologie, Pneumologie, Intensivmedizin, Endokrinologie), Direktor Prof. Dr. W. von Scheidt
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Email: kuchb@aol.com
Literatur
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Priv. Doz. Dr. Bernhard Kuch
I. Medizinische Klinik, Klinikum Augsburg (Kardiologie, Pneumologie, Intensivmedizin, Endokrinologie), Direktor Prof. Dr. W. von Scheidt
Stenglinstraße 2
86156 Augsburg
Email: kuchb@aol.com