Einleitung
Über allergische Erkrankungen bei Erwachsenen ist aus epidemiologischen Studien in Deutschland relativ wenig bekannt [1 ]
[2 ]. Im European Community Respiratory Health Survey (ECRHS) wurden 20- bis 44-Jährige in Hamburg und Erfurt überwiegend zu allergischen Atemwegserkrankungen befragt. Zusätzlich wurden allergenspezifische IgE-Antikörper bestimmt [3 ]. Nur bei wenigen bevölkerungsbezogenen Studien wurde eine klinisch-allergologische Untersuchung durchgeführt. In Hamburg wurden Mitte der 90er-Jahre im Rahmen der umweltepidemiologischen Studie zur Bille-Siedlung rund 900 Erwachsene befragt, klinisch untersucht und ausführlich allergologisch getestet [4 ]. Vor diesem Hintergrund war es notwendig und sinnvoll, im Rahmen der MONICA/KORA-Surveys grundlegende epidemiologische Daten zu Allergien bei Erwachsenen auf der Basis größerer, repräsentativer Kollektive zu gewinnen. In dem folgenden Beitrag werden ausgewählte Ergebnisse aus den MONICA/KORA-Surveys S3 und S4 referiert.
Methodik
MONICA-Survey S3 1994/1995 (Anschlussstudie KORA-C 1997/1999)
Für die KORA-C-Studie wurde eine hinsichtlich allergischer Sensibilisierung und atopischer Erkrankungen angereicherte Subfraktion des 3. MONICA-Surveys (S3) ausgewählt. Es sollten insgesamt 1600 Probanden eingeschlossen werden, von denen die Hälfte eine allergische Sensibilisierung (spez. IgE) aufweisen sollte. In diesen beiden Gruppen sollten jeweils wiederum die Hälfte positive Eigenangaben zu allergischem Schnupfen („Haben Sie allergischen Schnupfen, z. B. Heuschnupfen?”), Asthma („Haben Sie in den letzten 12 Monaten einen Asthmaanfall gehabt?”) oder Hautveränderungen („Wie stark leiden Sie unter Allergien/Hautreizungen?”, als positiv gewertet für die Angaben „mäßig” und „stark”) gemacht haben. Letztendlich konnten 1537 Personen untersucht werden, das Auswahlschema ist in Tab. [1 ] dargestellt. Die in KORA-C Untersuchten waren damit nicht mehr bevölkerungsrepräsentativ. Da aber bekannt war, in welcher Weise diese Subfraktion aus dem zugrunde liegenden repräsentativen Survey gezogen wurde, konnten repräsentative Schätzungen auf die Grundgesamtheit gemacht werden. Die 1537 Erwachsenen waren entsprechend dem stratifizierten Auswahlverfahren zu 50,4 % weiblichen Geschlechts und wiesen ein Altersmedian von 50,0 Jahren auf (Range 28 - 78). Das Untersuchungsprotokoll schloss standardisierte computerunterstützte Interviews durch Interviewer und ärztliche Untersucher ein. In der klinischen Untersuchung durch ärztliche Mitarbeiter der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie der Technischen Universität München wurden atopierelevante Veränderungen (atopisches Ekzem, Atopiestigmata) in ihrem Schweregrad erfasst. Aus den vorangegangenen MONICA-Surveys lagen Daten zu allergenspezifischen IgE-Antikörpern (CAP-FEIA, Pharmacia, Uppsala, Schweden) zu Gräser- und Birkenpollen, Hausstaubmilbe, Katze und Cladosporium vor. Nachweise von > 0,35kU/l wurden als positiv gewertet. Im Rahmen der KORA-C-Studie wurde bei 1528 Probanden ein konventioneller Lanzetten-Pricktest mit 9 Aeroallergenen (Birken-/Roggen-/Gräser-/Beifußpollen, Katze, Hund, Hausstaubmilbe, Alternaria, Cladosporium) sowie 10 Nahrungsmittelallergenen (Kuhmilch, Hühnerei, Erdnuss, Schweinefleisch, Makrele, Sellerie, Haselnuss, Weizen, Soja, Krabbe) durchgeführt (ALK-Scherax, Hamburg). Reaktionen ab einem Quaddeldurchmesser von 3 mm wurden als positiv gewertet. Bei 1141 Probanden wurde ein Epikutantest mit 25 Standardallergenen durchgeführt (Hermal, Reinbek). Die Testreaktionen wurden einmalig nach 72 Stunden gemäß der ICDRG und der Deutschen Kontaktdermatitisgruppe abgelesen. Aus dem vorangegangenen MONICA-Survey lagen Ergebnisse der Cholesterinmessung (Gesamt-, HDL-, LDL-Cholesterin) sowie Abschätzungen zur Aufnahme mehrfach ungesättigter Fettsäuren gemäß Ernährungstagebuch aus einer älteren männlichen Teilpopulation vor. Bei Probanden, bei denen sich keine Kontraindikationen ergaben, wurde darüber hinaus zur Abschätzung der bronchialen Hyperreagibilität eine bronchiale Provokationstestung mit Metacholin durchgeführt.
Tab. 1 Probandenselektion des MONICA-Survey S3 und der KORA-C-Studie
Studienbasis n
Einwohner Augsburgs und zweier benachbarter Landkreise 1994 601 063
im Alter von 25 - 74 Jahren 394 756
MONICA-Survey S3 (1994/1995)
angestrebte Stichprobe (nach Geschlecht und Alter - 10 Gruppen - stratifiziert) 6 640
erzielte Stichprobe (Response 73,1 %) 4 856
KORA-C-Allergiestudie (1997/1998)
angereicherte Subfraktion des 3. MONICA-Survey (S3)
verfügbare RAST-Ergebnisse 4 178
ausgewählte Zufallsstichprobe unter Berücksichtigung eines Response von 63 % 2 539
angestrebte Stichprobe 1 600
Selektionsmuster mit Zahl der angestrebten und erreichten Probanden
RAST + RAST-
Symptome + 400/416 400/330
Symptome - 400/356 400/435
erzielte Stichprobe (Response 60,5 %)
1 537
KORA-Survey S4 (1999/2001)
Für den zwischen September 1999 und April 2001 durchgeführten Survey S4 wurde eine neue, wie in den bisherigen Untersuchungen nach Alter und Geschlecht geschichtete Stichprobe der Augsburger Allgemeinbevölkerung gezogen. Letztendlich nahmen 4261 Personen teil, was einer Teilnahmequote von 67 % entspricht. Auch in S4 wurde eine klinisch-dermatologische Untersuchung durchgeführt, die ihren Schwerpunkt in der Erfassung von UV-Licht-bedingten Hautalterungszeichen und Hauttumoren hatte. Im Rahmen des standardisierten computerunterstützten Interviews wurden die wichtigsten atopischen Erkrankungen als Lebenszeitprävalenz zusammen mit dem Erkrankungsbeginn und der Frage nach dem aktuellen Bestehen anamnestisch erfasst. Darüber hinaus wurde auch die Atopieanamnese für die Partner erhoben.
Die statistischen Methoden für beide Surveys umfassen neben der deskriptiven Darstellung Testungen auf bivariater Ebene sowie die Anwendung multipler logistischer Regressionsverfahren.
Ergebnisse des MONICA-Surveys S3
Sozialstatus
Es ist mehrfach beschrieben, insbesondere für Kinder, dass Allergien in höheren sozialen Schichten häufiger sind [5 ]. Dies konnte für verschiedene atopische Erkrankungen sowie die allergische Sensibilisierung und verschiedene Sozialstatusparameter der Eltern, insbesondere Schulbildung und berufliche Stellung, gezeigt werden. Nur wenige Erkrankungen zeigen eine positive Assoziation mit dem Sozialstatus. Wie auch für andere Erkrankungen sind die Hintergründe für diese Assoziation auch bei Allergien unklar. Bislang wenig untersucht war der Zusammenhang zwischen Atopiemanifestationen und eigenem Sozialstatus bei Erwachsenen. Darüber hinaus war von Interesse, inwieweit diese Assoziation auch bei Parametern bestehen bleibt, die vom Berichtsverhalten unabhängig sind, wie z. B. der allergischen Sensibilisierung. Im Rahmen der S3-Studie konnte gezeigt werden, dass bei den erwachsenen Probanden eine positive und signifikante Assoziation zwischen der allergischen Sensibilisierung, sowohl im Pricktest als auch im RAST, und dem eigenen Sozialstatus, ausgedrückt über die Länge der Schulbildung oder die Berufsausbildung, im Sinne einer Dosis-Wirkungs-Beziehung besteht. Diese Assoziation blieb auch nach Kontrolle für Alter, Geschlecht und elterliche Vorbelastung bestehen. So stieg die Reaktivität im Pricktest von 20,5 % bei Personen ohne Schulabschluss auf 48,1 % bei Personen an, die einen Universitätsabschluss hatten (Abb. [1 ]). In ähnlicher Weise stieg die RAST-Reaktivität von 35,0 % auf 58,4 % an. Bezogen auf den Pricktest fand sich bei allen getesteten Einzelallergenen ein signifikanter Anstieg der Prävalenz mit der Länge der Schulausbildung. Unter den 5 im RAST getesteten Allergenen zeigten alle bis auf Cladosporium eine ansteigende Tendenz, die für die Pollenallergene auch signifikant war [6 ].
Abb. 1 Abhängigkeit der allergischen Sensibilisierung (Pricktest) von der Länge (Jahre) der Schulausbildung bei Erwachsenen in der KORA-C-Studie.
Nahrungsmittelallergie
Insgesamt gaben 20,8 % der Probanden eine Nahrungsmittelunverträglichkeit an. Frauen berichteten diese mit 27,5 % signifikant häufiger als Männer mit 14,0 %. Für die zugrunde liegende repräsentative MONICA-Population läge die Prävalenz der selbst berichteten Nahrungsmittelunverträglichkeit bei 15,5 %. Entsprechend dem Alter der Probanden wurden die häufigsten Reaktionen gegenüber Nüssen, Früchten und Milch berichtet. Die häufigste Reaktionsform war mit 42,9 % oral, und 28,7 % der Reaktionen betrafen das Hautorgan. In 13 % manifestierte sich die Nahrungsmittelunverträglichkeit im Gastrointestinaltrakt, und 3,2 % der Reaktionen waren systemischer Natur. Darüber hinaus traten 12,2 % der Reaktionen an mehr als einem Erfolgsorgan auf. Rund ein Viertel der Getesteten zeigte im Pricktest mit 10 Nahrungsmittelallergenen mindestens eine Reaktion. Bezogen auf das zugrunde liegende MONICA-Kollektiv wären 16,8 % der Erwachsenen gegenüber Nahrungsmitteln sensibilisiert. Die häufigsten Testreaktionen fanden sich mit 17,8 % gegenüber Haselnuss und 14,6 % gegenüber Sellerie, gefolgt von 11,1 % für Erdnuss (Abb. [2 ]). Personen, die eine Nahrungsmittelunverträglichkeit angaben und gegenüber dem benannten Nahrungsmittel im Pricktest auch sensibilisiert waren, gaben auch signifikant häufiger an, unter Heuschnupfen zu leiden. Offensichtlich wurde der Heuschnupfen bei Personen, die eine assoziierte Nahrungsmittelunverträglichkeit hatten, auch häufiger behandelt und war daher möglicherweise auch schwerer als bei Personen, deren Heuschnupfen nicht von einer Nahrungsmittelallergie begleitet wurde [7 ].
Abb. 2 Prävalenz der Sensibilisierung gegenüber Nahrungsmitteln (Pricktest) bei Erwachsenen der KORA-C-Studie und Hochrechnung für die MONICA-(S3-)Population.
Cholesterin und ungesättigte Fettsäuren
Insbesondere aus Studien bei Kindern liegen Hinweise vor, dass die Aufnahme bestimmter ungesättigter Fettsäuren mit einem erhöhten Atopierisiko verbunden ist. Zu korrespondierenden Assoziationen zwischen Cholesterinwerten und Atopiemanifestationen liegen nur sporadische Berichte, ebenfalls bei Kindern, vor. Aufgrund der im 3. MONICA-Survey (S3) durchgeführten Blutuntersuchungen und Ernährungstagebücher konnte die Prävalenz von Asthma, Heuschnupfen und atopischem Ekzem sowie der mittels Pricktest und RAST gemessenen allergischen Sensibilisierung mit dem Gesamt- sowie den HDL- und LDL-Cholesterinwerten verglichen werden. 139 über 45-jährige Männer hatten im MONICA-Survey ein einwöchiges Ernährungstagebuch geführt. Die daraus abgeleiteten Schätzungen für die Aufnahme mehrfach ungesättigter Fettsäuren konnten ebenfalls mit den verschiedenen Atopiemanifestationen in Beziehung gesetzt werden. Im Ergebnis zeigte sich eine Abnahme der Prävalenz verschiedener Atopiemanifestationen mit steigenden Quartilen des Gesamt- oder LDL-Cholesterins. Einzelne Ergebnisse waren auf bivariater Ebene, aber nicht mehr nach Kontrolle für Alter, Geschlecht, elterliche Vorbelastung und Schulbildung, signifikant. Umgekehrt stieg die Atopieprävalenz signifikant mit ansteigenden Quartilen des HDL-Cholesterins. In der multiplen logistischen Regressionsanalyse waren diese Zusammenhänge für das atopische Ekzem, den Heuschnupfen und die Variable „mindestens eine atopische Erkrankung” signifikant. Ein ebenfalls ansteigender Trend der Atopiemanifestationen fand sich mit ansteigenden Quartilen der Aufnahme ungesättigter Fettsäuren. Diese Zusammenhänge waren in der bivariaten Analyse für die allergische Sensibilisierung (Prick und RAST) und den Heuschnupfen besonders ausgeprägt und blieben für die Ergebnisse des RAST auch nach Kontrolle für verschiedene Störgrößen signifikant [8 ].
Kontaktallergie
Während durch den Informationsverbund Dermatologischer Kliniken (IVDK) sehr große Daten zu Epikutantestreaktionen bei Patienten vorliegen, gibt es kaum bevölkerungsbezogene Ergebnisse von Epikutantests bei Erwachsenen. Bei 1141 Probanden der S3-Studie konnte ein Epikutantest mit 25 Kontaktallergenen der Standardreihe durchgeführt werden. In dieser Population zeigten 40 % mindestens eine positive Reaktion auf ein Kontaktallergen. Bezogen auf die zugrunde liegende repräsentative MONICA-Population würde man daraus ableiten, dass 28 % der erwachsenen Allgemeinbevölkerung eine Kontaktsensibilisierung aufweisen. Die häufigsten Reaktionen in der S3-Gruppe fanden sich mit 15,9 % gegenüber Duftstoffmix, 13,1 % gegenüber Nickel, 4,7 % gegenüber Thiomersal und 3,8 % gegenüber Perubalsam (Tab. [2 ]). Frauen waren mit 50,2 % deutlich und signifikant häufiger sensibilisiert als Männer mit 29,9 % (OR 2,36, KI 1,84 - 3,03). Bezogen auf die einzelnen Allergene waren diese Geschlechtsunterschiede signifikant für den Duftstoffmix, Nickelsulfat, Terpentin, Kobaltchlorid und Thiomersal. Personen, die Hautunverträglichkeitsreaktionen berichteten, waren mit 53,8 % signifikant häufiger sensibilisiert als Personen, bei denen das nicht der Fall war (32,6 %). Die Kontaktsensibilisierungsfrequenz sank mit steigender beruflicher Stellung signifikant. Während angelernte Arbeiter in 45,9 % der Fälle sensibilisiert waren, traf dies auf nur 12,5 % der Abgänger einer Ingenieurschule zu. Signifikante Zusammenhänge der Kontaktsensibilisierung mit dem Nachweis einer Typ-I-Sensibilisierung, einem atopischen Ekzem oder einer Psoriasis wurden nicht beobachtet. Die Tabelle zeigt die Ergebnisse der Epikutantestung für die S3-(KORA-C-)Population, die Hochrechnung für den repräsentativen MONICA-Survey sowie die entsprechenden Daten des IVDK im Einzelnen. Inzwischen konnten diese Daten auch mit den regionalen IVDK-Ergebnissen aus Augsburg verglichen werden, was eine noch genauere Abschätzung der Unterschiede zwischen patienten- und bevölkerungsbezogenen Daten erlaubt [9 ]
[10 ].
Tab. 2 Prävalenz allergischer Kontaktsensibilisierung im Vergleich mit Daten des IVDK[1 ] und der Hochrechnung für die repräsentative Studienbasis MONICA (S3)
IVDK KORA-C (n = 1 141) Hochrechnung für MONICA (S3) (n = 4 130)
Panel I
Wollwachsalkohole 2,5 1,4 1,0
p-Phenylendiamin 5,0 1,5 1,2
Thiuram Mix 2,8 0,7 0,5
Neomycinsulfat 2,6 1,4 1,3
Kobalt(II)-Chlorid 4,7 2,4 1,5
Nickel(II)-Sulfat 15,7 13,1 9,9
Benzocain 1,7 1,0 1,0
Kolophonium 3,4 1,6 1,0
IPPD 1,1 0,6 0,4
Kaliumdichromat 4,6 1,1 0,8
Mercapto-Mix 0,9 0,3 0,2
Epoxidharz 1,1 0,6 0,5
Panel II
Perubalsam 6,5 3,8 2,4
Butylphen.-Formaldehydharz 0,9 0,4 0,2
Paraben-Mix 1,3 0,6 0,5
Duftstoff-Mix 10,2 15,9 11,4
Mercaptobenzothiazol 2,5 0,3 0,2
Quecksilber(II)-Amid-cl 2,5 1,0 0,7
Cetylstearylalkohol 1,4 0,8 0,5
Zinkdiethyldithiocarbamat 0,7 0,3 0,3
Dibromidcyanobutan 1,7 1,7 1,1
Thiomersal 5,7 4,7 3,2
Formaldehyd 2,1 0,6 0,3
Methylisothiazolon 2,5 1,8 1,1
Terpentin 0,4 2,5 1,2
1Informationsverband Dermatologischer Kliniken
Stadt-Land-Unterschiede und Allergien bei Bauern
Stadt-Land-Unterschiede im Auftreten von Atopiemanifestationen sind mehrfach beschrieben worden, wobei häufig eine höhere Prävalenz in städtischen Regionen gefunden wurde. Zahlreiche Studien an Kindern weisen darüber hinaus darauf hin, dass das Aufwachsen auf einem Bauernhof mit einer geringeren Rate insbesondere von inhalativen Allergien und allergischer Sensibilisierung einhergeht [11 ]. Der Vergleich der Probanden aus dem Stadtgebiet Augsburg mit jenen, die aus Dörfern mit unter 5000 Einwohnern kamen, macht deutlich, dass die Stadtbevölkerung insgesamt (34,0 %) und insbesondere gegenüber Pollenallergenen (23,9 %) signifikant häufiger allergen-spezifische IgE-Antikörper aufweist als die dörfliche Bevölkerung mit 29,4 % bzw. 17,0 %. Demgegenüber sind Vollerwerbsbauern noch einmal deutlich seltener insgesamt (22,0 %) und auch gegenüber Pollenallergenen (8,4 %) sensibilisiert (Tab. [3 ]). Diese signifikanten Unterschiede spiegeln sich auch in den Eigenangaben zum Heuschnupfen wider. Die Prävalenz liegt in der Stadtbevölkerung bei 15,9 %, beträgt bei Dorfbewohnern 10,9 % und erreicht 6,2 % unter Bauern. Definiert man Heuschnupfen anhand der Eigenangaben und einer konkomidanten Sensibilisierung, so liegt die Rate im Stadtgebiet nach Adjustierung für relevante Einflussfaktoren zweieinhalbmal höher als in dörflichen Regionen [12 ] (Tab. [3 ]).
Tab. 3 Sensibilisierung gegenüber Aeroallergenen bei Bauern und im Vergleich von städtischen und ländlichen Studienregionen im MONICA-Survey S3 (1994/1995)
Bauern[1 ]
Dörfer[2 ]
Kleinstädte2
Augsburg-Stadt2
Stadt vs. Dörfer Kleinstädte vs. Dörfer Bauern vs. Dörfer
% % % % OR[3 ]
95 %-KI OR3
95 %-KI OR3
95 %-KI
allergische Sensibilisierung (n ≥ 110) (n ≥ 950) (n ≥ 1 363) (n ≥ 1 820)
gesamt[4 ]
22,0 29,4 33,3 34,0 1,20 (1,0 - 1,4) 1,16 (1,0 - 1,4) 0,86 (0,5 - 1,4)
Pollenallergene 8,4 17,0 23,7 23,9 1,53 (1,2 - 1,9) 1,54 (1,2 - 1,9) 0,51 (0,2 - 1,1)
Innenraumallergene
Katze 8,7 7,4 8,5 8,6 1,09 (0,8 - 1,5) 1,06 (0,8 - 1,4) 1,18 (0,6 - 2,4)
Hausstaubmilbe 11,0 17,7 13,3 15,5 0,83 (0,7 - 1,0) 0,70 (0,5 - 0,9) 0,80 (0,4 - 1,4)
Cladosporium 2,0 2,0 1,3 1,8 0,92 (0,5 - 1,6) 0,65 (0,3 - 1,3) 1,61 (0,5 - 5,5)
1Vollerwerbslandwirte in der Studienregion
2Dörfer: < 5 000; Kleinstädte: 9 000 - 29 000 und Stadt: > 260 000 Einwohner (ohne Bauern)
3adjustiert für Alter, Geschlecht und Pollensaison
4mindestens eines der fünf getesteten spezifischen IgE-Antikörper positiv (≥ 0,35 kU/l)
Ergebnisse des KORA-Survey S4 (1999/2001)
Die Lebenszeitprävalenzen für ärztlich diagnostizierte atopische Erkrankungen lagen für das atopische Ekzem bei 5,1 %, für Asthma bei 6,1 % und für Heuschnupfen bei 13,7 %.
Heuschnupfen bei Partnern
Die familiäre Häufung von Allergien ist gut bekannt. Dagegen ist wenig untersucht, ob Allergien auch gehäuft unter nicht verwandten Partnern auftreten. Dies würde auf den Einfluss geteilter Umweltfaktoren, die von der Genetik unabhängig sind, hindeuten. Bei 13,7 % der 4261 Teilnehmer des Surveys S4 bestand ein ärztlich diagnostizierter Heuschnupfen. Dieser trat im Durchschnitt erstmals mit 26 Jahren auf. Zum Zeitpunkt der Untersuchung lebte die Mehrheit der Befragten (76,9 %) mit einem Partner zusammen. Bei 8,2 % der Partner bestand ebenfalls ein ärztlich diagnostizierter Heuschnupfen. Wenn der Partner unter Heuschnupfen litt, so waren 19,6 % der Befragten erkrankt, während es nur 13,1 % bei jenen waren, die mit einem gesunden Partner zusammenlebten. Nach Kontrolle für Alter, Geschlecht, elterliche Prädisposition und Schulbildung blieb eine positive signifikante Assoziation bestehen (OR 2,41, KI 1,48 - 3,92). Darüber hinaus steigt das Risiko von Personen, einen Heuschnupfen zu entwickeln, mit der Zeit des Zusammenlebens mit einem betroffenen Partner an. Als Ursache kommen gemeinsame Lebensstilfaktoren (Ernährung, Rauchen, Haustierhaltung etc.) in Betracht, grundsätzlich kann aber auch über Übertragungsphänomene spekuliert werden [13 ]. Darüber hinaus müssen typische Fehlerquellen von rückwärts gerichteten Befragungen (Recall Bias) berücksichtigt werden.
Diskussion und Ausblick
Die bisherigen Ergebnisse der Surveys S3 und S4 haben für Deutschland grundlegende Daten zu verschiedenen Atopiemanifestationen bei Erwachsenen geliefert. Darüber hinaus konnten zahlreiche Risikofaktoren identifiziert und neue Hypothesen generiert werden. Die zukünftigen Studien im Rahmen der Kooperativen Gesundheitsforschung in der Region Augsburg, die Wiederholungen der bisherigen Surveys vorsehen, eröffnen die bislang für Deutschland einmalige Möglichkeit, Aussagen zur Inzidenz und Remission verschiedener Atopiemanifestationen im Erwachsenenalter zu treffen und weitergehend auch Determinanten für das Neuauftreten bzw. die Rückbildung von allergischen Erkrankungen im Erwachsenenalter zu bestimmen.
Danksagung
Untersuchungen zu Allergien in MONICA/KORA wurden gefördert durch die GSF, das BMBF - Bundesministerium für Bildung und Forschung (FKZ 01 ER 9502/0 und NGFN), PG Unna Stiftung.
Der Artikel nimmt besonders Bezug auf folgende Beiträge dieses Sonderheftes von Das Gesundheitswesen: [14 ]
[15 ]
[16 ]
[17 ].