Aktuelle Dermatologie 2005; 31(6): 269-271
DOI: 10.1055/s-2005-861269
Kasuistik
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Akutes allergisches Kontaktekzem nach Anwendung von Eukalyptusbalsam

Acute Allergic Contact Eczema After Use of Eucalyptus BalmK.  Modschiedler1 , P.  von den Driesch1
  • 1Klinik für Dermatologie und Allergologie, Zentrum für Hautkrankheiten, Klinikum Stuttgart (Direktor: Prof. Dr. P. von den Driesch)
Further Information

Dr. K. Modschiedler

Zentrum für Hautkrankheiten, Klinikum Stuttgart

Prießnitzweg 24 · 70374 Stuttgart

Email: PDriesch@kbc-intern.de

Publication History

Publication Date:
31 May 2005 (online)

Table of Contents #

Zusammenfassung

Bei Methyldibromoglutaronitril (MDGBN) handelt es sich um einen immer noch verbreiteten Konservierungsstoff, der in erster Linie in kosmetischen Produkten Verwendung findet und als Auslöser allergischer Kontaktekzeme bekannt ist. Wir berichten hier über den Fall eines 57-jährigen Mannes, der nach Anwendung eines kommerziell erhältlichen Eukalyptusbalsam aus der Apotheke ein akutes allergisches Kontaktekzem entwickelte. Die anschließende Allergietestung ergab erwartungsgemäß eine Kontaktsensibilisierung auf den angewandten Eukalyptusbalsam, die jedoch auf den darin enthaltenen Konservierungsstoff Dibromdicyanobutan (INCI: Methyldibromoglutaronitril) zurückgeführt werden konnte. Das ebenfalls enthaltene Eukalyptusöl, ebenfalls ein potentes Kontaktallergen, blieb in der Testung negativ.

#

Abstract

Methyldibromoglutaronitrile (MDGBN) is still one of the most common preservatives, which is used first line in cosmetic products and known as release of allergic contact eczema.

We report here the case of a 57-year-old man, who developed an acute allergic contact dermatitis after using a commercially available eucalyptus balm from the pharmacy. The following patch testing for allergy showed a contact sensitization for the used eucalyptus balm, as expected, which however could be due to the included preservative dibromdiyanobutan (INCI: methyldibromoglutaronitrile). Eucalyptus oil, which was also found in the eucalyptus balm and which is also known as a potent contact allergen, was negative.

#

Einleitung

Eukalyptus ist bekannt als potenter Auslöser verschiedener Hauterkrankungen, hervorgerufen durch Kontakt mit Öl oder Pollen: Kontakturtikaria, Kontaktdermatitis, Airborne Kontaktdermatitis und Erkrankung des Respirationstraktes wie allergische Rhinitis und Asthma. Im folgenden Fall wird ein Patient mit einem akuten allergischen Kontaktekzem nach Anwendung von Eukalyptusbalsam bei einer Kontaktsensibilisierung gegen Dibromdicyanobutan (INCI Methyldibromoglutaronitril) vorgestellt. Dieser Fall demonstriert die Bedeutung der gezielten Allergietestung nach entsprechender Anamnese für die Therapie und der nachfolgenden Verhaltensempfehlungen.

#

Kasuistik

#

Anamnese

57-jähriger Patient, der vor kurzem erstmals und einmalig ein Eukalyptusbalsam im Brustbereich auftrug. Nach 1 Tag Beginn eines juckenden Hautausschlages in diesem Bereich.

#

Dermatologischer Befund

Flächiges, z. T. etwas vesikulöses, scharf begrenztes akutes Ekzem prästernal (Abb. [1]).

#

Befunde diagnostischer Untersuchungen

#

Epikutantestung

Modifizierter Standardblock (einschließlich Thiuram-Mix, p-Phenylendiamin, Perubalsam, Duftstoff-Mix): positiv Dibromdicyanobutan (INCI: Methyldibromoglutaronitril).

Eukalyptusbalsam: positiv (Abb. [2]).

Negativ: Eukalyptusöl (Abb. [3]).

Testblock Konservierungsstoffe/Kosmetik: negativ.

#

Therapie und Verlauf

Rasche Abheilung nach antiinflammatorischer Lokaltherapie und Meiden des auslösenden Kontaktallergens. Ausstellen eines Allergieausweises und Empfehlung, die eigenen kosmetischen Produkte zu Hause auf das Vorkommen von Dibromdicyanobutan genau zu überprüfen. Expositionsprophylaxe empfohlen.

#

Diskussion

Das zunächst als auslösendes Kontaktallergen verdächtigte Eukalyptusöl war in der oben gezeigten Epikutantestung negativ, obwohl es als potentes und verbreitetes Allergen bekannt ist (Abb. [3]). Eukalyptusöl findet außer in Pflegeprodukten auch als Duftöl in Aromalampen oder als aromatischer Zusatz in bestimmten Arzneimitteln Verwendung und muss als potenzieller Auslöser allergischer Erkrankungen wie Kontaktdermatitis, Kontakturtikaria, Airborne-Kontaktdermatitis und Erkrankungen des Respirationstraktes wie allergische Rhinitis und Asthma in Betracht gezogen werden [1] [2].

In diesem Fall ergab die Epikutantestung jedoch eine positive Reaktion auf Dibromdicyanobutan (INCI Methyldibromoglutaronitril), einem Konservierungsstoff mit breitem Wirkspektrum, das sich auf Bakterien, Hefen und Schimmelpilze erstreckt. Dieser war in dem angewandten Eukalyptusbalsam enthalten (Abb. [4]).

Dibromdicyanobutan kommt häufig als Bestandteil des Konservierungssystems Euxyl K 400 vor, hier in Kombination mit Phenoxyethanol (im Verhältnis 1 : 4), das in Kosmetika und Körperpflegemitteln eingesetzt wird. Hierbei stellt Dibromdicyanobutan das Hauptallergen dar. Daneben wird diese Substanz auch als Konservierungsmittel in Latex-Farben und -Emulsionen, Dispersionspigmenten, Kühlschmiermitteln, Klebstoffen, Verfugungszement und Polituren eingesetzt [6]. Seit 1983 ist Dibromdicyanobutan als anerkanntes Kontaktallergen offiziell anerkannt. 1998 stellte die Kontaktallergie gegen Dibromdicyanobutan die größte Allergierate unter den Konservierungsstoffen dar, die Prävalenz im Jahr 2000 betrug 3,5 % im Vergleich zu 0,7 % 1991 [3].

1986 wurde eine max. Konzentration von 0,1 % für die Verwendung in kosmetischen Produkten durch die EU Scientific Committee on Cosmetology festgelegt, ausgenommen hiervon sind Sonnenschutzprodukte (hier maximal Konz. von 0,025 %). Weitere Studien zeigten, dass primäre Sensibilisierungen gegen MDGBN sowohl durch Leave-on- (z. B. Cremes, Salben etc.) als auch durch Rinse-off-Produkte (z. B. Shampoo, Waschcreme etc.) in einem Konzentrationsbereich von 149 - 399 ppm auftreten, einem Konzentrationsbereich, der in der Kosmetikindustrie häufig verwendet wird [5]. In Rinse-off-Produkten werden teilweise noch höhere Konzentrationen gefunden [4]. Die typische Klinik zeigt sich in der Regel in Form von Hand- und Gesichtsekzemen, hervorgerufen durch Hand- und Bodylotions, meist als im privaten Bereich erworbene Sensibilisierung, gelegentlich auch im Rahmen der Berufstätigkeit erworben (jedoch auch hier vermutlich ausgelöst durch die Verwendung von Handlotionen oder Seifen).

Eine Studie zur Ermittlung eines unbedenklichen Levels in Leave-on-Produkten mittels ROAT (repeated open application test) ergab, dass auch ein Konzentrationsbereich von 50 ppm keinen sicheren Bereich darstellt. Hieraus abzuleiten wäre eine erlaubte maximale Konzentration von 50 ppm, wobei jedoch evtl. mit einem Verlust der Wirksamkeit als Konservierungsstoff gerechnet werden muss [5].

Zoom Image

Abb. 1 flächiges, zum Teil entzündlich infiltriertes, teils vesikulöses, unregelmäßig begrenztes akutes Ekzem prästernal.

Zoom Image

Abb. 2 Epikutantestung nach 48 Stunden: positive Reaktion auf Eukalyptusbalsam.

Zoom Image

Abb. 3 Epikutantestung nach 48 Stunden: negative Reaktion auf Eukalyptusöl.

Zoom Image

Abb. 4 Epikutantestung nach 48 Stunden: positive Reaktion auf Dibromdicyanobutan.

#

Literatur

  • 1 Galdi E, Perfetti L, Calcagno G, Marcotulli M C, Moscato G. Exacerbation of asthma related to eukalyptus pollens and to infusion containing eukalyptus.  Monaldi Arch Chest Dis. 2003;  59 220-221
  • 2 Schaller M, Korting H C. Allergic airborne contact dermatitis from essential oils used in aromatherapy.  Clin Exp Dermatol. 1995;  20 143-145
  • 3 Zachariae C, Rastogi S, Devantier C, Menne T, Johansen J D. Methyldibromoglutaronitrile: clinical experience and exposure based risk assessment.  Contact Dermatitis. 2003;  48 150-154
  • 4 Jensen C D, Johansen J D, Menne T, Andersen K E. Methyldibromoglutaronitrile in rinse-off products causes allergic contact dermatitis: an experimental study.  Br J Dermatol. 2004;  150 90-95
  • 5 Kynemund P edersen, Agner T, Held E, Johansen J D. Methyldibromoglutaronitrile in leave-on products elicits contact allergy at low concentration.  Br J Dermatol. 2004;  151 817-822
  • 6 Fuchs T, Aberer W. Kontaktekzem. 1. Aufl. München; Dustri 2002

Dr. K. Modschiedler

Zentrum für Hautkrankheiten, Klinikum Stuttgart

Prießnitzweg 24 · 70374 Stuttgart

Email: PDriesch@kbc-intern.de

#

Literatur

  • 1 Galdi E, Perfetti L, Calcagno G, Marcotulli M C, Moscato G. Exacerbation of asthma related to eukalyptus pollens and to infusion containing eukalyptus.  Monaldi Arch Chest Dis. 2003;  59 220-221
  • 2 Schaller M, Korting H C. Allergic airborne contact dermatitis from essential oils used in aromatherapy.  Clin Exp Dermatol. 1995;  20 143-145
  • 3 Zachariae C, Rastogi S, Devantier C, Menne T, Johansen J D. Methyldibromoglutaronitrile: clinical experience and exposure based risk assessment.  Contact Dermatitis. 2003;  48 150-154
  • 4 Jensen C D, Johansen J D, Menne T, Andersen K E. Methyldibromoglutaronitrile in rinse-off products causes allergic contact dermatitis: an experimental study.  Br J Dermatol. 2004;  150 90-95
  • 5 Kynemund P edersen, Agner T, Held E, Johansen J D. Methyldibromoglutaronitrile in leave-on products elicits contact allergy at low concentration.  Br J Dermatol. 2004;  151 817-822
  • 6 Fuchs T, Aberer W. Kontaktekzem. 1. Aufl. München; Dustri 2002

Dr. K. Modschiedler

Zentrum für Hautkrankheiten, Klinikum Stuttgart

Prießnitzweg 24 · 70374 Stuttgart

Email: PDriesch@kbc-intern.de

Zoom Image

Abb. 1 flächiges, zum Teil entzündlich infiltriertes, teils vesikulöses, unregelmäßig begrenztes akutes Ekzem prästernal.

Zoom Image

Abb. 2 Epikutantestung nach 48 Stunden: positive Reaktion auf Eukalyptusbalsam.

Zoom Image

Abb. 3 Epikutantestung nach 48 Stunden: negative Reaktion auf Eukalyptusöl.

Zoom Image

Abb. 4 Epikutantestung nach 48 Stunden: positive Reaktion auf Dibromdicyanobutan.