psychoneuro 2005; 31(1): 6
DOI: 10.1055/s-2005-862216
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Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer (NARI) Reboxetin - Bedeutung von Noradrenalin bei der Therapie der Depression

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01 February 2005 (online)

 
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Antidepressiva greifen über die Beeinflussung der Neurotransmitter kausal in die Pathophysiologie der Depression ein, wie Prof. Hans-Peter Volz, Werneck, auf einer Pressekonferenz in Würzburg vorstellte. Noradrenalin wird dabei vor allem in Verbindung mit Motivation, Antrieb, sozialer Kontaktfähigkeit, Kognition und Vigilanz gebracht, Serotonin mit Impulsivität, Sexualfunktion und Appetit. Beide Neurotransmitter beeinflussen Stimmung, Schlaf und Stressbewältigung (Abb. [1]). Welches Antidepressivum zur Behandlung eingesetzt wird, sollte sich daher vor allem nach dem klinischen Bild der Erkrankung richten. Die antidepressive Wirksamkeit der verschiedenen Wirkstoffe ist nach den bisherigen Erfahrungen und Studienergebnissen vergleichbar. Signifikante Unterschiede ergeben sich jedoch durch die selektive Erhöhung der - je nach Wirkstoff - noradrenergen oder serotonergen Transmission. Hierdurch bedingt zeigen sich auch Unterschiede hinsichtlich des Nebenwirkungsprofils. Generell weisen dabei selektive Antidepressiva ein besseres Verträglichkeitsprofil auf. Das einzige Antidepressivum mit selektiver Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmung (NARI) ist Reboxetin (Solvex®), das serotoninspezifischste Escitalopram.

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Vigilanz und Aufmerksamkeit

Antidepressiva mit noradrenerger Komponente wirken auch auf Konzentration, Kognition und Vigilanz. So nahm die Vigilanz nach einer Einmalgabe des NARI Reboxetin (4 mg) bei gesunden Probanden nach vier Stunden signifikant gegenüber dem Ausgangswert zu. Auch bei depressiven Patienten konnte in Studien eine Verbesserung der kognitiven Parameter unter Reboxetin nachgewiesen werden. Beispielsweise untersuchten Ferguson et al. (2003) 74 Patienten mit Major Depression, die randomisiert und doppelblind entweder mit Plazebo, Reboxetin (8-10 mg/Tag) oder dem SSRI Paroxetin (20-40 mg/Tag) über 56 Tage behandelt wurden. Sowohl die Schnelligkeit (u.a. Reaktionszeit, Schnelligkeit des korrekten Erkennens von Zahlen und Wörtern) als auch die Daueraufmerksamkeit nahmen in der Reboxetingruppe signifikant zu, verglichen mit den Patienten, die mit Paroxetin oder Plazebo behandelt wurden. Der positive Effekt auf die kognitive Leistungsfähigkeit tritt unter Reboxetin etwa zeitgleich mit der antidepressiven Wirkung nach ca. zwei Wochen ein.

Bei Patienten unter Reboxetin konnte auch eine Zunahme der sozialen Aktivität nachgewiesen werden. In einer dreiarmigen Studie von Dubini et al. (1997) mit 302 Patienten mit Major Depression über 56 Tage schnitten die Patienten, die Reboxetin erhalten hatten, hinsichtlich ihrer sozialen Aktivitäten signifikant besser ab als unter Plazebo oder der Vergleichssubstanz Fluoxetin.

Reboxetin eignet sich daher nach Volz vor allem für antriebsarme Patienten, die zu sozialem Rückzug neigen, oder kognitive Defizite aufweisen, oder auch für Patienten die nicht ausreichend auf ein serotonerges Antidepressivum ansprechen, bzw. in der Langzeittherapie eine Unverträglichkeit aufweisen. Ein Vorteil von Reboxetin ist auch die gute Kombinierbarkeit, da es nicht die P450-Enzyme (1A2, 2C, 2D6, 3A4) beeinflusst.

KW

Fachpressegespräch "Depression: Die Rolle von Noradrenalin bei Pathogenese und Therapie" am 27.10.04 in Würzburg, veranstaltet von Merz Pharmaceuticals GmbH, Frankfurt

 
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