Z Orthop Ihre Grenzgeb 2005; 143(1): 1-3
DOI: 10.1055/s-2005-864766
Orthopädie aktuell

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Qualitätsmanagement: Umgang mit auffälligen Krankenhäusern - Anforderungen der AOK Rheinland zum Qualitätsmanagement und Konsequenzen der Qualitätsbewertung

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Michael Wenninghoff

AOK Rheinland

Geschäftsbereichsleiter Krankenhäuser

Kasernenstraße 61

40213 Düsseldorf

Markus Feger

AOK Rheinland

Referent Qualitätssicherung Krankenhäuser

Kasernenstraße 61

40213 Düsseldorf

Email: markus.feger@rla.aok.de

Publication History

Publication Date:
08 March 2005 (online)

 
Table of Contents

Grundlage dieses Artikels ist ein Vortrag auf dem 2. Treffen der Fach- und Arbeitsgruppen Bund und Land der externen Qualitätssicherung Chirurgie und Orthopädie am 2.12.2004 bei der Ärztekammer Westfalen-Lippe in Münster.

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Michael Wenninghoff, AOK Rheinland

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Anforderungen der AOK Rheinland zum Qualitätsmanagement für den Krankenhausbereich

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Betrachtungsebene

Wie ist mit bei Qualitätsbewertungen auffälligen Krankenhäusern umzugehen? Zur Beantwortung dieser Frage ist es notwendig, zuerst auf die Anforderungen der AOK Rheinland zum Qualitätsmanagement für den Krankenhausbereich einzugehen. Die Anforderungen beziehen sich dabei auf eine Systemebene, auf der sich Krankenkassen, Vertreter der Krankenhäuser, Vertreter der Ärzte und Pflegekräfte und seit neuester Zeit auch Vertreter der Patienten zusammenfinden und agieren. Ausgestaltungen auf dieser Systemebene wirken auch unmittelbar und mittelbar auf das einzelne Krankenhaus.

Bei jedem Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen haben die Patientinnen und Patienten im Mittelpunkt des Handelns zu stehen. Daraus ergibt sich auch der Anspruch, dass ein Qualitätsmanagement einen ganzheitlichen Ansatz zu verfolgen hat. Der Blickwinkel geht über die Behandlung hinaus und reicht bis in das Alltagsleben und damit die Versorgungssituation der Patientinnen und Patienten.

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Anwendung objektiver und subjektiver Maßstäbe

Um eine qualitative Bewertung einer derartig verstandenen medizinischen und pflegerischen Leistungserbringung des Krankenhausbereiches durchführen zu können, sind neben objektiven Maßstäben auch subjektive Maßstäbe zu berücksichtigen. Universelle objektive und subjektive Maßstäbe, die auf alle Krankheitsbilder Anwendung finden, sind aufgrund der Verschiedenheit der Krankheitsbilder und der sich daraus ergebenden unterschiedlichen Anforderungen und Erwartungen an die Leistungserbringung wenig geeignet. Die Maßstäbe müssen vielmehr individuell je Krankheit definiert werden. Hierbei ergeben sich sicherlich sachlich begründete Überschneidungen von Maßstäben zwischen verschiedenen Krankheitsbildern, die dann auch ausdrücklich erwünscht sind.

Die Unterscheidung zwischen objektiven und subjektiven Maßstäben bedarf näherer Ausführungen. Objektive Maßstäbe kann man ungefähr mit Qualitätszielen und Qualitätsindikatoren gleichsetzen, wie sie derzeit dem Verfahren der externen Qualitätssicherung nach § 137 SGB V ("BQS-Verfahren") zugrunde liegen. Objektive Maßstäbe beruhen auf evidenzbasierten medizinischen und pflegerischen Ergebnissen. Die Festlegung dieser Maßstäbe ist grundsätzlich die Aufgabe von Ärzten bzw. professionellen Pflegekräften. Zu diesen Gruppen zählen auch die bei den Krankenkassen beschäftigten Ärzte und professionellen Pflegekräfte sowie Ärzte und professionelle Pflegekräfte des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen. Die AOK Rheinland stellt für die Festlegung von objektiven Maßstäben an die Berufsgruppen folgende Anforderungen: Es ist die jeweils höchste verfügbare internationale Evidenzstufe zu verwenden und der Prozess der Festlegung ist den Krankenkassen jederzeit offen und nachvollziehbar darzustellen.

Im Gegensatz zu den objektiven Maßstäben geht es bei den subjektiven Maßstäben ganz alleine um die subjektiven Wahrnehmungen der Patientinnen und Patienten. Diese subjektiven Wahrnehmungen sind von außerordentlichem Interesse, um einen vollständigen Eindruck von der Qualität der medizinischen und pflegerischen Leistungserbringung zu bekommen. Die subjektiven Maßstäbe gehen über die enge Definition der medizinischen und pflegerischen Versorgung hinaus. Schwerpunktmäßig beziehen sie sich auf die interaktiven Beziehungen zwischen Patientinnen/Patienten auf der einen Seite und Ärzten bzw. Pflegekräften auf der anderen Seite. Die Festlegung der subjektiven Maßstäbe ist ausdrücklich Sache der Patientinnen und Patienten. Sie sind zu ihren Bedürfnissen zu befragen. Auf Grundlage dieser Befragungen können dann die anzuwendenden subjektiven Maßstäbe zusammenfassend definiert werden. Neben z.B. Patientenvertretungen und Selbsthilfegruppen nehmen Krankenkassen hierbei eine aktive Rolle ein. Sie können ihren regelmäßigen Kontakt zu ihren Kunden dazu nutzen, um einerseits den Prozess der Festlegung der subjektiven Maßstäbe zu unterstützen und andererseits auch Erhebungen und Auswertungen zum Erfüllungsgrad der subjektiven Maßstäbe durchzuführen.

Die subjektiven Maßstäbe stellen keinen Ersatz zu den objektiven Maßstäben dar. Objektive und subjektive Maßstäbe ergänzen sich vielmehr gegenseitig. Erst eine Bewertung objektiver und subjektiver Maßstäbe ergibt ein Gesamtbild der qualitativen Leistungserbringung.

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Konsequenzen der Qualitätsbewertungen und des Qualitätsmanagements

Ein Qualitätsmanagement macht nur dann Sinn und bringt Nutzen für Patientinnen und Patienten, wenn es Konsequenzen für die Leistungserbringer hat. Zusätzlich ist eine zeitnahe Bewertung und Bekanntmachung der Qualität der medizinischen und pflegerischen Leistungserbringung sicherzustellen. Aufgedeckte Missstände können so schnellstmöglich abgestellt werden. Die den positiven Ergebnissen zugrunde liegenden Strukturen und Prozesse werden dann beibehalten und zügig ausgedehnt. Die Transparenz und Bekanntmachung der Qualitätsergebnisse hat für alle im Gesundheitswesen Beteiligten zu erfolgen - nicht nur für die einzelnen Krankenhäuser. Die Qualitätsergebnisse jeder Abteilung sind zu veröffentlichen, um sinnvolle Steuerungswirkungen zu erzielen.

Die Erbringung hoher Qualität der medizinischen und pflegerischen Leistungserbringung hat sich zu lohnen und muss auch belohnt werden. Deshalb müssen sich die Finanzierungsströme im Gesundheitswesen und im Krankenhausbereich konsequent den Ergebnissen der Qualitätsbewertung anpassen. Geld hat dahin zu fließen, wo ein hohes Qualitätsniveau gewährleistet wird. Qualitätsunterschiede der medizinischen und pflegerischen Leistungserbringung spiegeln sich in Vergütungsunterschieden wider.

Um ungerechtfertigte Konsequenzen zu vermeiden, müssen Qualitätsbewertungen auf einer verlässlichen Datenbasis und Datenauswertung beruhen. Die Qualitätssicherung der Datenerhebung und Datenauswertung hat deshalb integraler Bestandteil jedweder Maßnahme zum Qualitätsmanagement zu sein. Es sollen nur die Krankenhäuser belohnt werden, deren gute Qualitätsbewertungen auch der Realität entsprechen und nicht auf Datenfehler oder sogar Datenmanipulationen beruhen.

Letztendlich ist das Ziel aller Maßnahmen zum Qualitätsmanagement die flächendeckende Etablierung und Gewährleistung hoher Qualitäts- und Versorgungsstandards. Jede Maßnahme zum Qualitätsmanagement ist kritisch hinsichtlich ihres Beitrages zur Erreichung dieses Zieles zu überprüfen. Trägt sie zur Zielerreichung nicht bei, ist sie vollständig zu unterlassen.

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Umgang mit auffälligen Krankenhäusern

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Stufenschema als Grundsatz zum Umgang mit negativ auffälligen Krankenhäusern

Vor dem Hintergrund der aufgeführten Anforderungen werden nun die Vorstellungen zum Umgang mit Krankenhäusern aufgezeigt, die bei der Qualitätsbewertung auffällig werden. Die Ausführungen beschäftigen sich dabei fast ausschließlich mit negativ auffälligen Krankenhäusern.

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Abb. 1: Fasst die Leitsätze zum Qualitätsmanagement für den Krankenhausbereich zusammen.

Die Anwendung eines Stufenschemas ist ein geeignetes Instrument, wenn bei einem Krankenhaus Qualitätsmängel aufgezeigt werden. Ein Stufenschema lässt sich gut in Überlegungen zu einer Fehlerkultur einbetten. Fehler passieren. Sie dürfen auch gemacht werden, weil man aus ihnen lernen kann. Das Lernen aus Fehlern ist aber auch eine Pflicht. Deshalb gilt: Fehler dürfen einmal gemacht, aber nicht wiederholt werden. Spürbare Konsequenzen ergeben sich somit erst beim zweiten Mal. Zu diesem Grundsatz gibt es allerdings eine Ausnahme: Schwerwiegende Fehler bedürfen unmittelbarer Konsequenzen. Schließlich geht es um die Gesundheit von Patientinnen und Patienten.

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Das Stufenschema der AOK Rheinland

Das folgende 4-Stufen-Schema sieht den Sprung von einer Stufe zur nächsten vor, wenn wiederholt Referenzwerte der objektiven und subjektiven Maßstäbe nicht erreicht und somit Qualitätsmängel auf Dauer transparent werden. Die nächste Stufe wird auch dann betreten, wenn im Rahmen einer Stufe vereinbarte Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung nicht umgesetzt werden.

Bei erstmaligem Auftreten von Qualitätsmängeln hat das Krankenhaus auf Stufe 1 die Pflicht, eine schriftliche Stellungnahme zu seinem Ergebnis abzugeben. Unter Berücksichtigung dieser Stellungnahme findet auf jeden Fall eine Besprechung im Sinne eines Dialogs im Krankenhaus statt. Falls sich aus dem Dialog die Notwendigkeit ergibt, ist auch eine Begehung des Krankenhaus vorzunehmen.

Das Erreichen der Stufe 2 beinhaltet eine erste Entanonymisierung der Krankenhausabteilung an weitere Beteiligte im Gesundheitswesen. Grundsätzlich besteht die Gefahr, dass die Qualitätsmängel einer Krankenhausabteilung auf das ganze Krankenhaus ausstrahlen, obwohl andere Krankenhausabteilungen gute Qualitätsergebnisse aufweisen. Dieser Gefahr wird auf dieser Stufe dadurch Rechnung getragen, dass nur den auf Landesebene zuständigen Krankenkassen die Krankenhausabteilung benannt wird. Allerdings hat das Krankenhaus schon mit ersten finanziellen Konsequenzen zu leben. Bei den Leistungsbereichen, in denen die Qualitätsmängel auftreten, werden im Rahmen der Budgetvereinbarungen die Fallmengen verringert.

Auf Stufe 3 erfolgt eine vollständige Transparenz der negativen Qualitätsergebnisse an alle im Gesundheitswesen Beteiligten. Die Krankenhausabteilung mit Qualitätsmängeln wird neben den Krankenkassen auf Landesebene so auch den Patientinnen und Patienten, den Versicherten, den niedergelassenen Ärzten und Krankenhäusern bekannt gemacht. Darüber hinaus werden die betroffenen Leistungsbereiche vollständig aus dem Budget des Krankenhauses herausgenommen.

Bei Erreichen von Stufe 4 als letzter Stufe müssen die andauernden Qualitätsmissstände Wirkung auf die Krankenhausplanung haben. Die Krankenhausabteilung ist wegen andauernder Qualitätsmängel zu schließen. Darüber hinaus haben die zuständigen und verantwortlichen Ärzte mit berufsrechtlichen Konsequenzen konfrontiert zu werden. Hierfür wird die Ärztekammer eingeschaltet, die diese Verfahren übernimmt.

Die einem qualitativ negativ auffälligen Krankenhaus entzogenen Leistungen werden auf Krankenhäuser umverteilt, die über ein hohes Qualitätsniveau verfügen. In der Summe entfallen somit keine Leistungen. Eine Leistungsumverteilung wird nur unter der Voraussetzung durchgeführt, dass die flächendeckende Versorgung erhalten werden kann. Abbildung [2] veranschaulicht das Stufenschema der AOK Rheinland.

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Abb. 2: Stufenschema der AOK Reheinland zum Umgang mit negativ auffälligen Krankenhäusern.

Mit diesen Leitsätzen sowie entsprechenden Konsequenzen erwartet die AOK Rheinland eine flächendeckende Qualitätsdiskussion im Interesse der Versicherten. Ziel ist es, neben der Funktion als Kostenträger, auch eine aktive Rolle bei der Gestaltung der künftigen Leistungsstrukturen im Krankenhausbereich wahrzunehmen.

Michael Wenninghoff

AOK Rheinland

Geschäftsbereichsleiter Krankenhäuser

Kasernenstraße 61

40213 Düsseldorf

Markus Feger

AOK Rheinland

Referent Qualitätssicherung Krankenhäuser

Kasernenstraße 61

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Email: markus.feger@rla.aok.de

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Email: markus.feger@rla.aok.de

 
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Michael Wenninghoff, AOK Rheinland

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Abb. 1: Fasst die Leitsätze zum Qualitätsmanagement für den Krankenhausbereich zusammen.

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Abb. 2: Stufenschema der AOK Reheinland zum Umgang mit negativ auffälligen Krankenhäusern.