Bei oberflächlichen Tumoren der Harnblase stellt die transurethrale Resektion häufig eine ausreichende Therapie dar. Dennoch birgt die organerhaltende Operation auch eine Rezidivgefahr, und bei einigen Patienten kann nachfolgend eine Entwicklung von invasiven Blasentumoren beobachtet werden. Adjuvante Blaseninstillationen mit Krebsmedikamenten können diese Risiken möglicherweise verringern, wobei bislang noch keine Therapiestandards etabliert wurden.
Forscher der "Japanese Urological Cancer Research Group (JUCRG)" hatten im Rahmen einer randomiserten Studie die Effizienz bezüglich der Rezidivprophylaxe sowie die Sicherheit von intravesikalem Epirubicin untersucht (Eur Urol 2004; 45: 600-605). Die Studie wurde an 118 Zentren durchgeführt. Eingeschlossen waren 614 Patienten, bei denen zwischen Juni 1994 und November 1996 ein primäres oder rezidivierendes oberflächliches Blasenkarzinom (Ta und T1) diagnostiziert worden war. Zu den Ausschlusskriterien gehörten ein Carcinoma in situ (Tis), primäre, infiltrierende Tumoren sowie andere schwere Erkrankungen. In Anlehnung an vorangegangene Untersuchungen der JUCRG wurden drei Therapiearme konzipiert. Patienten der Gruppe A wurden als Kontrollgruppe definiert und erhielten eine Epirubincin-Therapie, die vormals die beste prophylaktische Effizienz gezeigt hatte (17 Dosen Epirubicin 20 mg/40 ml über 12 Monate (Gesamtdosis: 340 mg)). Gruppe B und C erhielten eine geringere Zahl an höher dosierten Einzelgaben über einen kürzeren Zeitraum (B: 12 x Epirubicin 30 mg/40 ml über 7 Monate (Gesamtdosis: 360 mg), C: 9 x Epirubicin 40 mg/40 ml über 4 Monate (Gesamtdosis: 360 mg). Die Epirubicininstillationen wurden etwa eine Woche nach der transurethralen Resektion gestartet. Die Follow-up-Phase erstreckte sich bis Oktober 1999.
Häufigkeit der Urothelkarzinome in Korrelation zur urothelialen Oberfläche (Bild: Urologie, Thieme, 2002)
HE-Färbung eines Carcinoma in situ (Bild: Praxis der Urologie, Thieme 2003).
Rezidivfreiheit signifikant erhöht
Rezidivfreiheit signifikant erhöht
Im Ergebnis zeigte sich, dass bei etwa gleich bleibender Gesamtsdosis Epirubicin eine erhöhte Epirubicin-Konzentration mit einer signifikant verlängerten Rezidivfreiheit assoziiert war. Die 50% rezidivfreie postoperative Zeit betrug für Gruppe A 22 Monate, für Gruppe B 33 Monate, und für Gruppe C 38 Monate (Kaplan-Meyer-Plot). Dabei wurden bei zunehmender Dosiskonzentration auch vermehrt bestimmte unerwünschte Nebenwirkungen beobachtet (Pollakisurie, Schmerzen beim Wasserlassen). Bezüglich der Symptome Dysurie, Hämaturie oder kontraktiler Blase wurden keine signifikanten Unterschiede gesehen.
Fazit
Fazit
Bezüglich einer Rezidivprophylaxe bei oberflächlichen Blasenkarzinomen zeigten die am höchsten konzentrierten Epirubicin-Einzeldosen als Blaseninstillationen nach Resektion des Primärtumors den besten Effekt. In künftigen Studien könnten noch höhere Epirubin-Konzetrationen getestet werden, wobei auch den unerwünschten Nebenwirkungen vermehrt Rechnung getragen werden muss.
Erster Kommentar
Erster Kommentar
W.-D. Beecken
Studien müssen her!
Die vorgestellte Arbeit befasst sich mit der Rezidivprophylaxe von oberflächlichen Blasenkarzinomen. Insbesondere geht es um die optimale Konzentration und Applikationsdauer von Epirubicin. Drei unterschiedliche Applikationsschemata mit in etwa derselben Gesamtdosis (~360 mg) wurden verglichen. Es zeigte sich, dass das intensivierte Schema, mit der höchsten Konzentration (40 mg) appliziert über die kürzeste Zeit (4 Monate), am effektivsten hinsichtlich der Verhinderung eines Rezidivs war. Die Instillation wurde 1 Woche nach der Operation begonnen. Obwohl Epirubicin bereits seit Jahren zur Blaseninstillation in der Rezidivprophylaxe des oberflächlichen Harnblasenkarzinoms Verwendung findet, war die Dosisoptimierung niemals Gegenstand einer randomisierten Studie. Die Anwendung zahlreicher, unterschiedlicher Dosierungen werden in der Literatur beschrieben. Insofern leistet das vorliegende Paper einen guten Dienst, als dass die Frage nach der optimalen Dosis für Epirubicin in der Instillationstherapie hier detailliert bearbeitet wird. Leider wurde in der Arbeit nicht hinsichtlich der Effektivität bei Primär- und Rezidivtumoren unterschieden. Für Mitomycin C wurde bereits 1997 von Schweibold et al. gezeigt, dass eine intensivierte Instillationstherapie gegenüber einer weniger intensiven Instillation vorteilhaft ist.
In der vorliegenden Arbeit wurde der heute gängigen Vorgehensweise der Frühinstillation leider keine Würdigung in Form einer weiteren Untersuchungsgruppe geschenkt. Dies mag darin begründet liegen, dass die eigentliche Untersuchung bereits in der Zeit von 1994 bis 1997 stattfand. Jedoch haben Oosterlinck et al. bereits 1993 über Ergebnisse mit Epirubicin in der Frühisnstillation berichtet. Hier wurden 80 mg Epirubicin innerhalb von 6 Std. nach der Operation instilliert. Die Rezidivrate nach 24 Monaten wurde mit 29% angegeben, wohingegen Patienten, welche lediglich Wasser instilliert bekamen, eine 41%ige Rezidivrate aufwiesen. Die optimale Dosierung von Epirubicin für die Frühinstillation war bisher allerdings noch nicht Gegenstand einer randomisierten Studie. Als logische Konsequenz ergeben sich die folgenden Studien: 1. Austestung der optimalen Dosierung von Epirubicin für die Frühinstillation und 2. Untersuchung der Effektivität der alleinigen Frühinstillation im Vergleich zu der Kombination aus Frühinstillation und dem in der vorliegenden Arbeit erstellten Therapieschema.
Literatur beim Autor
Wolf-D. Beecken, Frankfurt am Main
Zweiter Kommentar
Zweiter Kommentar
I. Kausch
Anspruch und Wirklichkeit
Kuroda u. Mitarb. haben bei insgesamt 622 Patienten mit oberflächlichem Harnblasenkarzinom 3 verschiedene Epirubicin-Instillationsprotokolle bei der Metaphylaxe nach TUR-Blase verglichen. Primäres Zielkriterium war das rezidivfreie Überleben. Eingeschlossen wurden Patienten mit low und intermediate risk nach EAU-Kriterien. Ausgeschlossen wurden Patienten mit high risk. Bei nahezu gleicher Gesamtdosis unterschieden sich die 3 Therapiearme durch die Einzeldosen (20-40 mg) und die Therapiedauer (4-12 Monate). Bei teilweise signifikant mehr Nebenwirkungen war die 40 mg-Kurzzeittherapie mit 9 Gaben über 4 Monate mit einer statistisch signifikant kürzeren Zeit verbunden, in der 50% der Patienten ein Rezidiv aufwiesen als die beiden anderen Therapiearme mit 12 Gaben (30 mg) über 7 Monate bzw. 17 Gaben (20 mg) über 12 Monate. In dem oben stehenden Kommentar hat Frau Appel vermutlich aus dieser Originalarbeit übernommen, dass für adjuvante Blaseninstillationen mit Krebsmedikamenten bislang noch keine Therapiestandards etabliert wurden. Dies ist insofern richtig, als dass die Therapieschemata für intravesikale Chemo- und Immunprophylaxe nicht standardisiert sind. Gleichwohl gibt es mit der "Induktionsphase" über 6 bis 8 Wochen und der "Erhaltungsphase" im Sinne einer Langzeittherapie einen gemeinsamen Nenner. Obwohl auch bei der BCG-Gabe verschiedene Therapieoptimierungs-Studien z.B. mit reduzierter Dosis oder Kombinationen in Progress sind, hat sich doch ein Standard mit dem Induktionszyklus nach Morales und der Maintenance nach SWOG-Kriterien etabliert.
Ebenfalls kritisch anzumerken ist die eingehende Formulierung "Adjuvante Blaseninstillationen mit Krebsmedikamenten können diese Risiken möglicherweise verringern". Der Nutzen von intravesikalen Chemo- und BCG-Instillationen im Hinblick auf die Reduktion von Tumorrezidiven wurde in Metaanalysen deutlich untermauert. Unter Verwendung von Induktions- und Erhaltungstherapie hat zumindestens die BCG-Therapie auch einen Benefit bezüglich der Reduktion des Progressionsrisikos.
In der Diskussion erwähnen Kuroda et al. lediglich 2 europäische Arbeiten zur Frühinstillation mit Epirubicin. Die zusätzlich verfügbaren Daten zur Induktions- und Langzeittherapie werden leider nicht diskutiert. Die Autoren schließen mit dem Fazit, dass randomisierte Studien mit noch höherer Dosis und kürzerem Intervall durchgeführt werden müssen. Die Rationale hierfür mag zwar aufgrund der präsentierten Daten einleuchten, wird aber in keiner Weise aufgezeigt. Aspekte der Ökonomie oder Lebensqualität hätten hier ebenso diskutiert werden können, wie vorausgehende Studien, die nach Instillationen mit 80 mg Epirubicin eine gute Verträglichkeit beschrieben. Erwähnenswert ist zudem, dass andere Autoren bei gleicher Einzeldosis von 30 mg signifikant niedrigere Rezidivraten nach Epirubicin-Langzeittherapie beobachteten im Vergleich zur Kurzzeittherapie.
Nach bisher unpublizierten Daten der EORTC scheint die Effektivität von Epirubicin bezüglich der Rezidivreduktion bei Langzeittherapie auch bei high-risk-Patienten durchaus mit BCG vergleichbar zu sein (persönliche Kommunikation). Bezüglich der Reduktion des Progressionrisikos ergibt sich dagegen offenbar ein Vorteil zugunsten von BCG.
Literatur beim Autor