Staphylococcus aureus
Staphylococcus aureus
S. aureus ist inner- und außerhalb des Krankenhauses zu einem der wichtigsten Erreger von Wund-
und anderen Infektionen geworden. Eine Fülle von Pathogenitätsfaktoren kann zu den
unterschiedlichsten Krankheitsbildern führen, bei denen infektiöse oder toxische Komponenten
eine unterschiedliche Bedeutung haben (Tab. [1]). Von klinisch besonderer Bedeutung bei schweren Infektionen ist die scheinbar paradoxe
Eigenschaft des Erregers, sich gleichzeitig in Abszessen abzukapseln und sich systemisch
auszubreiten. Ebenfalls hervorzuheben ist die hohe Affinität zu implantierten Fremdkörpern
mit der Gefahr für fremdkörperassoziierte nosokomiale Infektionen. Verschiedene S. aureus-Stämme unterscheiden sich in ihrer Virulenz, die vermutlich über ein komplexes Zusammenspiel
einer Vielzahl dieser Faktoren entsteht [2]
[6].
S. aureus mit Panton-Valentine-Leukozidin
S. aureus mit Panton-Valentine-Leukozidin
Eine Besonderheit sind toxinvermittelte Krankheitsbilder, bei denen die Wirkung eines
Toxins im Vordergrund steht (Tab. [1], Gruppe 2). Die Bestimmung eines „Pathogenitätsprofils” (analog dem Resistenzprofil)
hat wegen der hohen Anzahl der Pathogenitätsfaktoren und der schwierigen Interpretation
noch nicht Einzug in die Routinediagnostik gefunden. Neuere Daten bestätigen jedoch
ältere Beobachtungen einer engen Assoziation des Panton-Valentine-Leukozidins (PV-Leukozidin)
mit dem Auftreten von Abszessen und Furunkeln, sowie selten, nekrotisierenden Pneumonien
(oft als Superinfektion viraler Erkrankungen; Letalität bis 70 %)[8]. Häufig treten die Abszesse/Furunkel rezidivierend und ohne erkennbare Eintrittspforte
auf. Verläufe über Jahre kommen vor. Ebenfalls charakteristisch sind Häufungen unter
Personen mit engem körperlichem Kontakt (Sexualpartner, Familienmitglieder, Ringer,
Gefängnisinsassen, Schiffsbesatzungen, etc.). Das PV-Leukozidin bindet mit hoher Affinität
an Granulozyten und Makrophagen und führt durch Porenbildung zu einer massiven Ausschüttung
des Zellinhalts mit nachfolgendem Zelltod. Epidemiologische Brisanz entsteht dadurch,
dass das Toxin durch Phagen auf andere S. aureus-Stämme übertragbar ist. Gleichzeitig lässt dieser Mechanismus verstehen, wie unterschiedliche
Mosaike von Pathogenitätsfaktoren zustande kommen. Der Anteil von PV-Leukozidin-positiven
S. aureus-Stämmen aus Patientenmaterial (mit oder ohne Methicillinresistenz) kann 2-6 % betragen
[11].
Tab. 1 Durch S. aureus verursachte Krankheitsbilder.
<TD VALIGN="TOP">
Gruppe 1: Eitrige Infektionen
</TD><TD VALIGN="TOP">
Gruppe 2: Toxinbedingte Erkrankungen
</TD>
<TD VALIGN="TOP">
Haut- und Weichteilinfektionen, Impetigo, Abszesse
</TD><TD VALIGN="TOP">
„Toxic-Shock”-Syndrom
</TD>
<TD VALIGN="TOP">
Osteomyelitis
</TD><TD VALIGN="TOP">
Bullöse Impetigo, „Staphylococcal Scalded Skin”-Syndrom
</TD>
<TD VALIGN="TOP">
Pneumonie
</TD><TD VALIGN="TOP">
Rezidivierende Abszesse
</TD>
<TD VALIGN="TOP">
Sepsis
</TD><TD VALIGN="TOP">
Lebensmittelvergiftung
</TD>
<TD VALIGN="TOP">
Fremdkörperassoziierte Infektionen
</TD><TD VALIGN="TOP">
</TD>
S. aureus mit Methicillin-/Multi-Resistenz
S. aureus mit Methicillin-/Multi-Resistenz
Weltweit werden immer häufiger S. aureus-Stämme mit Resistenz gegen Antibiotika isoliert. Die mutmaßlichen Hauptgründe sind
ein steigender Selektionsdruck durch die vermehrte Anwendung von Antibiotika, ungenügendes
hygienisches Verhalten sowie eine durch Breitbandantibiotika in ihrer Konkurrenzfähigkeit
geschwächte/veränderte Normalflora. Von der Einführung einer neuen Substanzklasse
bis zum Auftauchen von resistenten S. aureus-Mutanten dauerte es in der Regel lediglich 4 (!) Jahre, mit Ausnahme von Vancomycin
(20 Jahre). Seit dem ersten S. aureus-Isolat mit Resistenz gegen Methicillin/Oxacillin (mit Kreuzresistenz gegen alle β-Laktame durch das alternative Penizillin-Binde-Protein PBP2a, kodiert durch das mecA-Gen) im Jahr 1961 ist es weltweit zu einer bemerkenswerten Ausbreitung und Vermehrung
von Methicillin-resistenten S. aureus-Stämmen (MRSA) gekommen. Zusätzlich ist eine Resistenz gegen Makrolide, Chinolone sowie Aminoglykoside
bei aktuellen Isolaten aus Deutschland häufig vorhanden. Den bisherigen Gipfel der
Resistenzentwicklung stellen drei unabhängig voneinander in den USA entstandene Isolate
mit Vancomycinresistenz dar (VRSA), neben in Japan, den USA und Frankreich beobachteten
Stämmen mit intermediärer Empfindlichkeit gegen Glykopeptide (GISA).
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kurzgefasst: S. aureus kann eine Vielzahl von infektiösen, infektiös-toxischen und toxisch geprägten Krankheitsbildern
auslösen. S. aureus-Stämme mit PV-Leukozidin rufen gehäuft eitrige Infektionen auch ohne erkennbare Eintrittspforte
hervor. S. aureus-Stämme mit Resistenz gegen Oxacillin sind häufig auch gegen andere Antibiotikasubstanzklassen
resistent und stellen therapeutisch ein Problem dar.
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Epidemiologie von MRSA
Epidemiologie von MRSA
Auch in Deutschland hat der Anteil von MRSA in den letzten 10 Jahren stark zugenommen.
Mit regionalen Schwankungen lag der Anteil von MRSA im Landesdurchschnitt nach einer
Studie der Paul-Ehrlich-Gesellschaft 2001 bei 20,7 % (Abb. [1]). Nach Daten des European Antimicrobial Surveillance System (EARSS) ist Deutschland
zwischen 1999-2002 gleichzeitig das Land mit der größten Zunahme von MRSA in Europa.
Überdurchschnittlich häufig findet sich MRSA bei Patienten nach längeren bzw. wiederholten
Krankenhausaufenthalten, nach Verlegung von Intensivstationen, medizinischen Behandlungen
im Ausland (vor allem Südeuropa, USA, Japan), nach Antibiotikatherapie, bei chronischen
Wunden bzw. chronischen Krankheiten (z. B. Hämodialyse). Am Universitätsklinikum Regensburg
erreicht die MRSA-Rate unter Risikopatienten bei Aufnahme auf Intensivstationen 25
%. Mehr als die Hälfte der während des Krankenhausaufenthalts festgestellten MRSA-Isolate
sind bereits bei Aufnahme nachweisbar. In Altenheimen können 2-4 % der Bewohner kolonisiert
oder infiziert sein [3], vereinzelt wird über wesentlich höhere Zahlen berichtet [4]. In welchem Maße sich MRSA, ausgehend von stationären medizinischen Einrichtungen
über Patienten oder Personal auch in der allgemeinen Bevölkerung verbreitet, ist derzeit
für Deutschland nicht ausreichend untersucht. Die im Rahmen der Einführung von DRGs
erwartete Verschiebung von Leistungen aus dem stationären in den ambulanten Sektor
stellt in Zukunft beim Umgang mit nosokomialen Problemkeimen neue und erhöhte Anforderungen
an ambulante Einrichtungen.
Abb. 1 Anteil von MRSA in Deutschland nach Daten der Paul-Ehrlich-Gesellschaft (www.p-e-g.de).
Zahlen aus den Niederlanden und den skandinavischen Ländern (MRSA <1 %) zeigen, dass
eine Zunahme von MRSA in Krankenhäusern nicht unumkehrbar ist. Ob eine Umkehrung in
Deutschland durch eine koordinierte Strategie (Stichworte: Diagnostik, Antibiotikaverbrauch,
Standardhygiene, MRSA-spezifische Hygienemaßnahmen; s. u.) ebenfalls gelingt, wird
sich vermutlich in den nächsten Jahren entscheiden und ist eine Frage von größter
medizinischer Bedeutung [5]. Das historische Beispiel der Ausbreitung der Penicillin-resistenten S. aureus vor 30-40 Jahren zeigt, dass den Keimen bei einer Zunahme in medizinischen Einrichtungen
zunehmend der Sprung „hinaus” in die Gesellschaft gelingt, und eine solche Entwicklung
dann nicht umkehrbar ist.
Tab. 2 Risikofaktoren für MRSA und andere multiresistente nosokomiale Infektionserreger nach
[12].
<TD VALIGN="TOP">
Antimikrobielle Therapie
</TD>
<TD VALIGN="TOP">
Grunderkrankung: z. B. Schwere der Erkrankung, Transplantation, verlängerte Liegedauer
</TD>
<TD VALIGN="TOP">
Verlegung in eine andere medizinische Einrichtung
</TD>
<TD VALIGN="TOP">
Invasive Maßnahmen: Gefäßzugänge (ZVK, PVK), Urinkatheter, Intubation, Chirurgie
</TD>
„Community-acquired” MRSA (CA-MRSA)
„Community-acquired” MRSA (CA-MRSA)
Eine Kombination von Oxacillin-Resistenz und PV-Leukozidin wurde erstmals 1998 bei
S. aureus-Isolaten in den USA bei Kindern beobachtet und diese wegen des Fehlens einer Verbindung
zu medizinischen Einrichtungen als „community-acquired” MRSA (CA-MRSA) bezeichnet
[9]. Diese Stämme können die für PV-Leukozidin-positive S. aureus-Stämme typischen Krankheitsbilder verursachen, sind jedoch zusätzlich resistent gegen
alle β-Laktam-Antibiotika. Auffälligerweise sind die Stämme gegen andere Antibiotikasubstanzklassen
meist noch sensibel. Bei Isolaten aus Deutschland ist eine zusätzliche Resistenz gegen
Fusidinsäure auffällig. Mittlerweile werden auch diese besonderen MRSA-Stämme weltweit
isoliert. In Deutschland wurde bis vor kurzem von einem sporadischem Vorkommen ausgegangen.
Aktuelle eigene Daten aus der Region Ostbayern (Regensburg) belegen jedoch ein Vorkommen
seit 1995, bei seither insgesamt > 250 Patienten. Eine verbesserte Diagnostik (s.
u.) sollte in Zukunft mehr Wissen über die tatsächliche Verbreitung von CA-MRSA in
Deutschland schaffen. Werden CA-MRSA in Krankenhäuser oder andere medizinische Einrichtungen
eingeschleppt, kann dies zu nosokomialen Infektketten analog MRSA führen. Im Rahmen
von zwei nosokomialen Ausbrüchen beobachteten wir bei Personal sowie bei privaten
Kontaktpersonen auch Infektionen durch CA-MRSA. Eine weitere Verbreitung dieser Keime
hätte erhebliche Auswirkungen auf die kalkulierte Therapie von ambulant erworbenen
Infektionen durch S. aureus.
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kurzgefasst: Bei großen regionalen Unterschieden wird in Krankenhäusern in Deutschland derzeit
eine starke Zunahme von MRSA beobachtet. Der Anteil liegt im Mittel bei 20 % aller
S. aureus-Isolate. Als neue Entwicklung werden außerhalb medizinischer Einrichtungen erworbene
so genannte „community-acquired” MRSA (CA-MRSA) beobachtet, die neben der Oxacillin-Resistenz
den Virulenzfaktor PV-Leukozidin besitzen.
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Diagnostische Verfahren
Diagnostische Verfahren
Der Nachweis von S. aureus ist wegen des robusten, schnellen und charakteristischen Wachstums in der Regel problemlos.
Schwierigkeiten ergeben sich bei antibiotischer Vorbehandlung sowie, vermutlich seltener,
bei Vorliegen von „small colony variants” (Defektmutanten mit langsamem Wachstum,
u. a. bei fremdkörperassoziierten Infekten, Mukoviszidose). Zur Differenzierung und
Resistenztestung stehen eine Reihe von gut evaluierten Methoden zur Verfügung [1]. Zur sicheren Erkennung der Oxacillin-Resistenz müssen parallel zur weit verbreiteten
Testmethode der Blättchendiffusion zusätzliche Testverfahren durchgeführt werden.
Traditionelle Güteparameter wie Sensitivität/Spezifität liegen dabei im Konflikt mit
dem klinischen Bedürfnis einer möglichst schnellen Diagnostik. Als Goldstandard zum
Nachweis der Besiedlung des Nasenvorhofs mit MRSA gilt derzeit ein Kulturverfahren
mit verlängerter Bebrütung und vorausgehendem Anreicherungsschritt (72 - 96 h) [13]. Die Kombination von Kultur und Latexagglutination mit PBP2a-spezifischen Antikörpern
kann ein Ergebnis nach 24 h liefern. Demgegenüber gelingt mittels automatisierter
DNA-Isolierung und Real-time PCR der Nachweis von MRSA direkt aus Nasenabstrichtupfern
innerhalb 3 - 5 h [7]. Welche Methode zum Einsatz kommt, ist eine Frage der Laborausstattung, der klinischen
Fragestellung sowie - vordergründig - der in Kauf genommenen Kosten. Ein Vorschlag
zur Anwendung der verschiedenen Methoden und dem Umfang der Probennahme bei verschiedenen
Patienten findet sich in Tab. [3].
Tab. 3 Diagnostische Methoden für MRSA und ihre Indikation.
<TD VALIGN="TOP">
Methode
</TD><TD VALIGN="TOP">
Zeitdauer
</TD><TD VALIGN="TOP">
Indikation
</TD><TD VALIGN="TOP">
Kommentar
</TD>
<TD VALIGN="TOP">
PCR direkt aus Probenmaterial
</TD><TD VALIGN="TOP">
3-5 h
</TD><TD VALIGN="TOP">
- Aufnahmescreening bei Risikopatienten
- Grampositive Kokken in Blutkultur/sterilem Material
</TD><TD VALIGN="TOP">
bei elektiven Eingriffen vor Aufnahme möglich
</TD>
<TD VALIGN="TOP">
Kultur + Identifizierung/PBP2a-Nachweis mittels Latexagglutination
</TD><TD VALIGN="TOP">
24-48 h
</TD><TD VALIGN="TOP">
- Aufnahmescreening bei Risikopatienten
- Staphylokokken aus steriler Entnahmestelle
</TD><TD VALIGN="TOP">
</TD>
<TD VALIGN="TOP">
Kultur + phänotyp. Resistenztestung
</TD><TD VALIGN="TOP">
48 (-72) h
</TD><TD VALIGN="TOP">
- alle Materialien
</TD><TD VALIGN="TOP">
Grundlage für umfassende Resistenztestung, epidemiologische Untersuchungen
</TD>
<TD VALIGN="TOP">
Kultur + Identifizierung + Resistenztestung + PCR für PV-Leukozidin
</TD><TD VALIGN="TOP">
48 (-72) h
</TD><TD VALIGN="TOP">
- Anamnese (rez. Abszesse etc.)
- MRSA mit isolierter Resistenz gegen Oxacillin ± Fusidinsäure
</TD><TD VALIGN="TOP">
</TD>
Der Nachweis von Vancomycin-Resistenz gelingt nur unter Einsatz spezieller Testverfahren
und deswegen nur nach Rücksprache des Klinikers mit dem mikrobiologischen Labor, wenn
Patienten mit MRSA-Nachweis auf eine längere Therapie mit Glykopeptiden nicht ansprechen.
Molekulare Methoden zur Erstellung von genomischen Fingerabdrücken (Pulsfeld-Gelelektrophorese,
Multilocus-Sequenzierung) haben viel zum Verständnis der Ausbreitung von MRSA beigetragen.
Sie belegen die vorherrschende weltweite Verbreitung von einigen wenigen Stämmen („Epidemiestämme”),
für die besondere Fähigkeiten zur Kolonisation und Infektion angenommen werden.
Welcher Umfang der Diagnostik ist sinnvoll?
Welcher Umfang der Diagnostik ist sinnvoll?
Um einer weiteren Ausbreitung von MRSA in medizinischen Einrichtungen in Deutschland
entgegenzutreten, ist eine möglichst frühzeitige Erkennung von Patienten mit Trägerstatus
oder Infektion notwendig. Nach eigenen Untersuchungen beträgt im Falle eines unerkannten
Bettnachbars mit MRSA das tägliche Risiko ca. 1 %, diesen Keim ebenfalls zu tragen
bzw. zu erwerben. Umfangreiche und kostenintensive Isolierungsmaßnahmen machen nur
Sinn, wenn das Fenster für eine Übertragung möglichst früh geschlossen wird. Ein Screening
auf MRSA bei Aufnahme von Patienten wird als Bestandteil der „search & destroy”-Politik
in den Niederlanden erfolgreich eingesetzt ([14]; siehe auch „Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus (MRSA) - Therapie und Hygienemaßnahmen”). Zum Kosten-Nutzen-Verhältnis liegen eine
Reihe von Studien vor [10]
[14], die in Abhängigkeit von der Prävalenz für ein Aufnahmescreening auf MRSA sprechen.
Dabei sollten bevorzugt moderne schnelle Methoden, wie z. B. PCR, eingesetzt werden.
Aus hygienischen Gründen wäre ein Screening bei allen neu aufgenommenen Patienten
wünschenswert, scheitert jedoch meist an den Kosten. Um die vorhandenen Ressourcen
optimal einzusetzen, sollte MRSA-Screening bevorzugt bei Risikopatienten durchgeführt
werden. Verbindliche Empfehlungen zur Definition von Risikopatienten, zur Anzahl der
Proben, Methode etc. sind in Deutschland bislang nicht vorhanden. Tab. [4] gibt einen Minimalkatalog, wie er für das Universitätsklinikum Regensburg verabschiedet
wurde. Das Routinescreening wird mit nur einem Tupfer für beide Nasenvorhöfe durchgeführt.
Falls vorhanden, sollte aus einer Wunde ebenfalls ein Abstrich erfolgen. Dieser Minimalansatz
führt bei ca. 5-10 % der Patienten zu einem falsch-negativen Testergebnis, bei denen
eine isolierte Besiedlung der Rachen- oder genitalen Schleimhäute vorliegt. Nur wenn
bei einem Patienten MRSA gefunden wird, sollte der Kolonisationsstatus durch Abstriche
der Nasenvorhöfe bilateral, sowie weiterer Prädilektionsstellen (Rachen, Leiste, Achsel,
Vagina, Stuhl) bestimmt werden.
Tab. 4 Indikation und Durchführung von MRSA-Screening-Untersuchungen.
<TD VALIGN="TOP">
Personenkreis
</TD><TD VALIGN="TOP">
Definition
</TD><TD VALIGN="TOP">
Entnahme
</TD><TD VALIGN="TOP">
Wiederholung
</TD>
<TD VALIGN="TOP">
Risikopatienten bei Aufnahme
</TD><TD VALIGN="TOP">
- MRSA bekannt*
- MRSA in Vorgeschichte
- zuverlegt von Intensivstation
- > 14 Krankenhaustage im letzten Jahr
</TD><TD VALIGN="TOP">
- Nasenvorhof bilateral + Wunde;
- ggf. + Leiste, Rachen, Vagina
</TD><TD VALIGN="TOP">
-
</TD>
<TD VALIGN="TOP">
Kontakt- patienten
</TD><TD VALIGN="TOP">
Im Zimmer mit unerkanntem MRSA-Patient
</TD><TD VALIGN="TOP">
- Nase bilateral
- Wunde
- ggf. + Leiste, Rachen, Vagina
</TD><TD VALIGN="TOP">
2 × wöchentlich für die Dauer des Aufenthalts
</TD>
<TD VALIGN="TOP">
Sanierung des Trägerstatus
</TD><TD VALIGN="TOP">
Bei vorherigem Nachweis von MRSA; aktuell keine MRSA-wirksame Therapie
</TD><TD VALIGN="TOP">
- Nase bilateral
- Vorherige Herkunft
- ggf. + Leiste, Rachen, Vagina
</TD><TD VALIGN="TOP">
3 × negativ bis zur Aufhebung der Maßnahmen
</TD>
<TD VALIGN="TOP">
Personal
</TD><TD VALIGN="TOP">
Bei > 2 neu erworbenen Fällen auf Station pro Woche
</TD><TD VALIGN="TOP">
Nase bilateral
</TD><TD VALIGN="TOP">
-
</TD>
<TD VALIGN="TOP" COLSPAN="4">
*Durch Kennzeichnung der elektronischen Patientenakte wird die Indikationsstellung
wesentlich verbessert.
</TD>
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kurzgefasst: Der Nachweis von MRSA erfordert im Labor eine besondere Aufmerksamkeit. Die Art
und Umfang der Diagnostik hängt von der jeweiligen diagnostischen Situation ab.
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Fazit
Derzeit wird in Deutschland eine scheinbar ungebremste Zunahme von MRSA-Stämmen beobachtet.
Mit der Ausbreitung auch außerhalb von Krankenhäusern ist in der Zukunft zu rechnen.
Die Evolution von neuen MRSA-Stämmen mit neuartigen Kombinationen von Pathogenitäts-
(PV-Leukozidin) oder Resistenzfaktoren (u. a. gegen Vancomycin) ist eine reale Bedrohung.
Es bedarf erhöhter gemeinsamer Anstrengungen auf den Gebieten der Diagnostik, rationalem
Antibiotikagebrauch, Standardhygiene und MRSA-spezifischen Hygienemaßnahmen, um diese
Entwicklung umzukehren. Neu entwickelte schnelle diagnostische Verfahren sind als
Screening-Instrumente zur möglichst frühen Identifizierung von Patienten mit MRSA
geeignet und tragen dazu bei, dass die vorhandenen Ressourcen optimal eingesetzt werden
können.
Konsequenzen für Klinik und Praxis
Konsequenzen für Klinik und Praxis
-
In Deutschland muss in Krankenhäusern zunehmend mit MRSA gerechnet werden
-
Bei Patienten mit rezidivierend auftretenden Abszessen ohne weitere Risikofaktoren
kann als Ursache S. aureus mit PV-Leukozidin vorliegen
-
MRSA mit PV-Leukozidin kann auch außerhalb von medizinischen Einrichtungen erworben
werden
Autorenerklärung: LH und LN haben Unterstützung und Honorare für Vorträge von folgenden Firmen erhalten:
Astra-Zeneca, Aventis, Bayer, Cubist, Dade-Behring, MSD, Pfizer, Roche, Schülke und
Mayr.