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DOI: 10.1055/s-2005-865188
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York
Angeborene Störungen des Intermediärstoffwechsels - Neugeborenenscreening und rationale Diagnostik bei klinischen Problemstellungen
Congenital Disorders of Intermediate Metabolism - Neonate Screening and Rational Diagnostic Work-up of Clinical ProblemsAnschrift für die Verfasser
Dr. M. Lindner
Stoffwechselzentrum Heidelberg
Sektion für angeborene Stoffwechselkrankheiten
Universitäts-Kinderklinik
Im Neuenheimer Feld 150
69120 Heidelberg
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
11. März 2005 (online)
- Zusammenfassung
- Summary
- Neugeborenenscreening
- Diagnostik bei klinisch symptomatischen Kindern
- Zusammenfassung
- Literatur
Zusammenfassung
Nachdem infektiöse Erkrankungen als Ursache von Behinderung und Tod durch die Entwicklung suffizienter Chemotherapeutika und Antibiotika - aber auch aufgrund der Einführung landesweiter Impfprogramme gegen die so genannten Kinderkrankheiten im vergangenen Jahrhundert - ihren Schrecken weit gehend verloren haben, treten genetisch bedingte Störungen des Intermediärstoffwechsels als Ursache von Behinderung und Tod in den Vordergrund des pädiatrischen Interesses. Fulminant verlaufende „Krisen” im Neugeborenen- oder im Kleinkindalter, aber auch „chronische Leiden”, die zu Behinderung, Krampfanfällen und verkürzter Lebensspanne führen, werden durch die verfeinerten Methoden der biochemischen Diagnostik und durch neue molekulargenetische Techniken immer häufiger als monogenetische Erkrankungen identifiziert. Dies macht sie, zumindest zum Teil, auch einer rationalen Therapie zugänglich. Die häufigsten dieser Störungen können durch die flächendeckende Einführung der Elektrosprayionisation(ESI)-Tandem-Massenspektrometrie ins Neugeborenenscreening oft bereits im präsymptomatischen Stadium innerhalb der ersten Lebenstage erkannt werden. Krankheitsfolgen werden durch früh einsetzende therapeutische oder präventive Maßnahmen vermindert.
#Summary
Infectious diseases as a cause of a disablement and death had their fangs drawn in the last century through the development of adequate chemotherapeutic agents and antibiotics, and the introduction of national immunization programs aimed at the so-called pediatric diseases. In their stead, we now have genetically determined disorders of intermediate metabolism as a cause of a disablement and death. Fulminant crises in the newborn or the young child, but also chronic illnesses leading to disablement, seizures and a shortened lifespan are ever more frequently being identified as monogenetic diseases by the increasingly sophisticated biochemical diagnostic procedures and new molecular-genetic techniques. This makes them, at least in part, responsive to rational treatment. The most common of these disorders can be detected within the first few days of life, and often in the presymptomatic stage, by the global introduction of electrospray ionization (ESI) tandem mass spectrometry into the screening of the newborn. Sequelae of such disorders can be avoided by the early application of therapeutic or preventive measures.
Key Words
congenital disorders - intermediate metabolism - neonate screening - fulminant crises - chronic illness - monogenic disease - ESI tandem mass spectrometry
Infektionskrankheiten und ihre Komplikationen waren noch bis Mitte des vergangenen Jahrhunderts das beherrschende Thema in der Pädiatrie [2]. So betrug die Säuglingssterblichkeit Ende des 19. Jahrhunderts rund 25 %. Durch die (Weiter)entwicklung antibiotisch wirksamer Substanzen und nationaler Impfprogramme haben sie in den westlichen Industrieländern ihren Schrecken jedoch weit gehend verloren, wenngleich sie noch immer die mit Abstand häufigste Ursache von Krankenhauseinweisungen bei Kindern unter sechs Jahren sind [8]. Damit sind genetisch bedingte Krankheiten stärker in den Vordergrund des Interesses getreten. Seit Horst Bickel im Jahr 1953 eine wirksame diätetische Behandlung der Phenylketonurie beschrieb [1] und das flächendeckende Neugeborenenscreening (Guthrietest) für diese Krankheit - die unbehandelt schwerste geistige Behinderungen bedingen kann - eingeführt hat, hat das Wissen um angeborene Störungen des Intermediärstoffwechsels explosionsartig zugenommen. Mittlerweile umfasst das Standardwerk der pädiatrischen Stoffwechselmedizin „The molecular and metabolic basis of inherited metabolic disorders” 255 Kapitel [5]. Zumeist werden diese genetisch bedingten Stoffwechselkrankheiten durch die weiterentwickelte biochemische und molekularbiologische Methodik bei Krankheitsverdacht, viele von ihnen aber auch bereits präsymptomatisch im Neugeborenenscreening diagnostiziert.
#Neugeborenenscreening
Bis Ende der 90er Jahre des vergangenen Jahrtausends wurden in den meisten Ländern der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen des Neugeborenenscreenings fünf verschiedene Krankheiten erfasst:
-
Stoffwechselkrankheiten:
-
Phenylketonurie (PKU)
-
klassische Galaktosämie (Galaktose-1-Phosphat-Uridyltransferase-Mangel)
-
Biotinidase-Mangel
-
-
Endokrinopathien:
-
konnatale Hypothyreose
-
kongenitales adrenogenitales Syndrom (21-Hydroxylasemangel).
-
Erweitertes Neugeborenenscreening
Die ESI-Tandem-Massenspektrometrie (ESI = Elektrosprayionisierung) wurde 1998 in Pilotprojekten in Heidelberg und München eingeführt, nachdem erfolgversprechende Mitteilungen aus den USA vorlagen. Im Tandem-Massenspektrometer werden Moleküle ionisiert und in einem ersten magnetischen Feld nach ihrem Massen-Ladungsverhältnis (m/z) getrennt. Anschließend werden die Moleküle in einer Kollisionszelle mit einem Edelgas in charakteristische Fragmente zertrümmert, diese wiederum werden erneut anhand ihres Massen-Ladungsverhältnisses identifiziert [Abb. 1]. So lassen sich in nur einem Untersuchungsgang - allein limitiert durch die Zeitdauer des Experiments - fast unbegrenzt viele Zwischenprodukte des Intermediärstoffwechsels identifizieren und quantifizieren.
Neben der Phenylketonurie können so auch andere Störungen des Eiweißstoffwechsels und vor allem die häufigen Störungen der Fettsäurenoxidation (Beta-Oxidationsdefekte) festgestellt werden. Die „Ausbeute” von im Neugeborenenscreening präsymptomatisch diagnostizierten und therapierten Krankheitsfällen hat sich damit von einem in 2500 auf einen in 1200 Fällen erhöht [Tab. 1].
2001 hat die Ständige Screeningkommission der Deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde und Jugendmedizin die Einführung der ESI-Tandem-Massenspektrometrie für die Bundesrepublik Deutschland empfohlen [6]. Diese Richtlinie legt auch das Krankheitsspektrum fest, das im erweiterten Neugeborenenscreening erfasst werden soll. Kriterien für die Aufnahme in die Liste der empfohlenen Krankheiten waren dabei die klassischen Screeningkriterien wie die sichere Detektierbarkeit, das symptomfreie Intervall nach der Geburt, in dem eine präventive Behandlung sinnvoll ist, und die Behandelbarkeit der entsprechenden Krankheit [Tab. 1]. Da eine zusätzliche Erfassung weiterer Krankheiten im Rahmen eines wissenschaftlich begleiteten Evaluationsprogramms ebenfalls Gegenstand der Richtlinie ist, bieten derzeit verschiedene Screeningzentren das Screening auf weitere Krankheiten mit an. [Tabelle 2] zeigt die Ergebnisse des Neugeborenenscreeningzentrums in Heidelberg von 1999 bis heute.
#Diagnostik bei klinisch symptomatischen Kindern
Genetische Störungen des Intermediärstoffwechsels zeigen vielfältige klinische Symptome. Katastrophale klinische Manifestationen, das Bild einer fulminanten Sepsis, die zum Tode führt, unterschiedlich schwere mentale Retardierungen mit eventuell nur subtilen Zusatzsymptomen oder gar Befunde, die auf eine Kindesmisshandlung hindeuten, müssen im Vorfeld der biochemischen Diagnostik sorgfältig beschrieben werden. Nur so ist dem Spezialisten eine rationale und zielgerichtete Diagnostik möglich [3].
Um eine zeitraubende und teure „Schrotschussdiagnostik” zu vermeiden, muss zusammen mit dem Stoffwechselspezialisten im Labor eine diagnostische Strategie erarbeitet werden, die sich an den klinischen Leitsymptomen und den möglicherweise begleitenden pathologischen klinisch-chemischen Basisparametern ausrichtet. Im Folgenden werden anhand häufiger klinischer Szenarien solche Strategien exemplarisch beschrieben.
#Krisenhafte Krankheitsmanifestation
Zweifellos sind perinatal erworbene Infektionen auch heute noch die häufigste Ursache dafür, dass ein reif geborenes Kind nach einem symptomfreien Intervall von 24-48 Stunden plötzlich lethargisch und trinkschwach wird, Apnoen zeigt oder sogar beatmungsbedürftig wird. Neben den angeborenen Herzfehlern sind auch die Störungen des Eiweißkatabolismus oder der Fettsäurenoxidation klinisch von einer Infektion nicht sicher abzugrenzen [4].
Vor allem, wenn sich die klinische Situation immer weiter verschlechtert, die Neugeborenen Krampfanfälle oder eine schwere Enzephalopathie entwickeln und/ oder hochpathologische Ergebnisse der Basisdiagnostik vorliegen [Tab. 3], ist unbedingt an Störungen des Eiweißabbaus (Organoazidurien, Aminoazidopathien, Harnstoffzyklusdefekte), aber auch an die Defekte bei der Oxidation langkettiger Fettsäuren zu denken. Die Prognose dieser Krankheiten hängt entscheidend von einer früh einsetzenden spezifischen Therapie ab.
Heute können viele dieser Störungen im Tandem-MS-Neugeborenenscreening erfasst werden. Oft sind die Betroffenen jedoch bereits vor Erhalt des Screeningergebnisses klinisch symptomatisch. Dann kann durch einen Anruf im Neugeborenenscreeningzentrum möglicherweise die schnellere Bearbeitung der dort bereits vorhandenen Probe veranlasst werden, um so die Diagnosestellung zu beschleunigen. Die entsprechenden Störungen werden mit den dabei pathologisch veränderten klinisch-chemischen Basisparametern und hinweisenden klinischen Symptomen in [Tabelle 3] dargestellt.
Im Säuglings- und im Kleinkindesalter treten häufig Infekte auf, die zur stationären Aufnahme der Kinder führen. Wenn nicht durch eine detaillierte Erhebung der Anamnese herausgearbeitet wird, dass das betreffende Kind entweder ungewöhnlich häufig im Rahmen banaler Infekte aufgrund einer ausgeprägten Azidose oder auch wegen einer ungewöhnlichen Einschränkung des Bewusstseins (Enzephalopathie) hospitalisiert wurde, bleiben chronische Formen angeborener Stoffwechselstörungen oft lange unbehandelt. Auch eine begleitende - unter Umständen nur gering ausgeprägte - Entwicklungsretardierung, sollte weitere diagnostische Maßnahmen veranlassen. Grundsätzlich gilt für alle der in [Tabelle 3] beschriebenen Krankheiten, dass sie zu ungefähr 50 % in der akuten und zu 50 % in der chronischen Form auftreten.
#Fazit
Im Neugeborenenalter und auch später rezidivierend auftretende krisenhafte Krankheitsmanifestationen bedürfen einer sofortigen erweiterten Basisdiagnostik (Ammoniak, Laktat, Blutzucker und Blutgasanalyse). Die gleichzeitig initiierte Notfallanalyse des Acylcarnitinprofils, der Aminosäuren in der Trockenblutprobe (Guthriekarte) und der Aminosäuren im Plasma erlaubt die Differenzierung der wichtigsten Störungen des Eiweiß- bzw. Aminosäurenkatabolismus und der Fettsäurenoxidation. Die Proben hierfür sollen möglichst im Verlauf der „Krise” gewonnen werden. Inzwischen werden die häufigsten dieser Störungen im erweiterten Neugeborenenscreening erfasst. Im Zweifelsfall sollte man im Screeningzentrum nachfragen!
#Primär neurologische Manifestation
Die Prävalenz der schweren mentalen Retardierung ungeklärter Ursache liegt weltweit bei 2-3 %. Prinzipiell wird bei Patienten mit globaler Entwicklungsverzögerung ohne weitere Symptome die Diagnose eines angeborenen Stoffwechseldefektes selten gestellt. Da jedoch auch in Ländern, in denen das Neugeborenenscreening durchgeführt wird, immer wieder organisatorische Fehler dazu führen, dass zum Beispiel Patienten mit Phenylketonurie übersehen werden, muss auch ohne zusätzliche Symptome an die „Screeningkrankheiten” gedacht und gegebenenfalls das Ergebnis des Neugeborenenscreenings abgefragt bzw. überprüft werden. Bestehen neben der Retardierung Dysmorphien, kommt es zu Entwicklungsrückschritten oder lassen sich in der klinisch-chemischen Routinediagnostik pathologische Befunde erheben, muss die spezifische Diagnostik erweitert werden [Tab. 4].
Während Patienten mit „typisch” verlaufenden idiopathischen Epilepsieformen in aller Regel nicht von der Stoffwechseldiagnostik profitieren, kann bei schwer verlaufenden epileptischen Enzephalopathien mit sehr frühem Beginn in der Neonatalzeit die Analyse der biogenen Amine oder anderer Neurotransmitter (GABA, Gamma-Aminobuttersäure) indiziert sein. Die seltenen „zerebralen Organoazidurien” lassen sich über die Analyse der organischen Säuren im Urin erfassen [7]. Oft lassen sich in der bildgebenden Diagnostik des Neurokraniums typische Veränderungen finden. Insgesamt sollte die spezifische Diagnostik hierfür erst nach Rücksprache mit dem Spezialisten im Stoffwechselzentrum oder nach Indikationsstellung durch einen erfahrenen Neurologen erfolgen.
#Fazit
Bei primär neurologischen Symptomen ist die genaue Symptombeschreibung, die akribische Erhebung von Begleitsymptomen und die bildgebende Diagnostik des Neurokraniums oft wegweisend. Die Planung der metabolischen Stufendiagnostik muss in engem Kontakt mit dem Stoffwechselspezialisten erfolgen.
#Zusammenfassung
Das erweiterte Neugeborenenscreening mit ESI-Tandem-Massenspektrometrie erfasst viele der klassischen angeborenen Stoffwechseldefekte. Insbesondere die oft bereits in den ersten Lebenstagen krisenhaft verlaufenden Störungen des Aminosäurenstoffwechsels werden hier bereits diagnostiziert oder zumindest als Verdachtsdiagnose geäußert. Auch in der selektiven Notfalldiagnostik bei symptomatischen Patienten jeden Alters muss die Methode neben der Analyse der organischen Säuren im Urin eingesetzt werden und kann diese teilweise ersetzen. Enzymaktivitätsuntersuchungen und der molekulargenetische Nachweis potenziell oder bekannt krankheitsauslösender Mutationen bestätigen die Diagnose.
Krankheitsgruppe bzw. Einzeldefekt |
Testverfahren |
angeborene Hypothyreose |
Immunfluoreszenztest |
adrenogenitales Syndrom (AGS) |
Immunfluoreszenztest |
Biotinidase-Mangel |
kolorimetrischer Test |
klassische Galaktosämie (Gal-P-Uridyltransferase-Mangel) |
photometrischer Test |
Aminoazidopathien |
|
Phenylketonurie (PKU) und Hyperphenylalaninämie (HPA) |
ESI-Tandem-MS |
Ahornsiruperkrankung (MSUD) |
ESI-Tandem-MS |
Fettsäurenoxidationsdefekte |
|
Medium-Chain-Acyl-CoA-Dehydrogenase(MCAD)-Mangel |
ESI-Tandem-MS |
Long-Chain-3-OH-Acyl-CoA-Dehydrogenase(LCHAD)-Mangel |
ESI-Tandem-MS |
Very-Long-Chain-Acyl-CoA-Dehydrogenase(VLCAD)-Mangel |
ESI-Tandem-MS |
Carnitinzyklusdefekte |
|
Carnitin-Palmitoyl-Transferase(CPT)-I-Mangel |
ESI-Tandem-MS |
Carnitin-Palmitoyl-Transferase(CPT)-II-Mangel |
ESI-Tandem-MS |
Carnitin-Acylcarnitin-Translokase-Mangel |
ESI-Tandem-MS |
Organoazidurien |
|
Glutarazidurie Typ I (GA I) |
ESI-Tandem-MS |
Isovalerianazidurie (IVA) |
ESI-Tandem-MS |
Krankheitsgruppe bzw. Einzeldefekt |
n |
Inzidenz |
angeborene Hypothyreose |
85 |
1:4118 |
adrenogenitales Syndrom (AGS)[1] |
27 |
1:12963 |
Biotinidase-Mangel |
4 |
1:133510 |
klassische Galaktosämie (Gal-P-Uridyltransferase-Mangel) |
12 |
1:44503 |
Aminoazidopathien (Tandem-MS) |
||
Phenylketonurie (PKU) |
46 |
1:11610 |
Hyperphenylalaninämie (HPA) |
51 |
1:10471 |
Tetrahydrobiopterin-Synthesedefekt[1] |
1 |
1:534041 |
Ahornsiruperkrankung (MSUD) |
4 |
1:133510 |
Tyrosinämie Typ I[2] |
2 |
1:267021 |
Zitrullinämie[2] |
9 |
1:59338 |
Fettsäurenoxidationsdefekte (Tandem-MS) |
||
Medium-Chain-Acyl-CoA-Dehydrogenase(MCAD)-Mangel |
39 |
1:13693 |
Long-Chain-3-OH-Acyl-CoA-Dehydrogenase(LCHAD)- und mTFP-Mangel |
3 |
1:178014 |
Very-Long-Chain-Acyl-CoA-Dehydrogenase(VLCAD)-Mangel |
5 |
1:106808 |
Carnitinzyklusdefekte (Tandem-MS) |
||
systemischer Carnithinmangel |
2 |
1:267021 |
Carnitin-Palmitoyl-Transferase(CPT)-II-Mangel |
1 |
1:534041 |
Organoazidurien (Tandem-MS) |
||
Glutarazidurie Typ I (GA I) |
7 |
1:76292 |
Isovalerianazidurie (IVA) |
6 |
1:89007 |
Propionazidurie/Methylmalonazidurie/Vitamin-B12-Defekte[2] |
5 |
1:106808 |
2 nach Richtlinie 2002 nicht empfohlen
Krankheitsgruppe bzw. Einzeldefekt |
Routine-Laborbefund |
klinische Symptome / klinische Zeichen |
Stoffwechseldiagnostik |
In NGS [*] - Richtlinie |
Organoazidurien |
||||
Propionazidurie / Methylmalonazidurie |
Laktazidose / Hyperammonämie Neutropenie bzw. Trizytopenie |
starker Gewichtsverlust, typische „pedaling movements”, |
Acylcarnitinprofil im Trockenblut |
nein |
Isovalerianazidurie |
Laktazidose |
Schweißfußgeruch |
Acylcarnitinprofil im Trockenblut |
ja |
Aminoazidopathien |
||||
Ahornsirupkrankheit |
keine |
Krampfanfälle, Ahornsirupgeruch, |
Aminosäuren im Trockenblut und im Plasma |
ja |
Tyrosinämie Typ I |
Gerinnungsstörung und schwere Lebersynthesestörung, Transaminasen nur mäßig erhöht, oft anikterisch, evtl. dir. Hyperbilirubinämie |
neurologische Krise mit peripherer Neuropathie, porphyrieähnliche Krisen |
Aminosäuren im Trockenblut und im Plasma, Succinylaceton im Urin |
nein |
Oxidationsdefekte der Fettsäuren und Störungen des Carnitinzyklus |
Hypoglykämien, Laktatazidose, Creatininkinase(CK)- und Transaminasenerhöhung |
Kardiomyopathie |
Acylcarnitinprofil im Trockenblut |
ja |
Harnstoffzyklusdefekte |
exzessive Hyperammonämie, sekundäre Laktazidose |
Krampfanfälle, Hirnödem |
Aminosäuren im Plasma, Orotsäure im Urin |
nein |
Galaktosämie |
ausgeprägte Gerinnungsstörung bei noch normalen Transaminasen |
Erbrechen, Exsikkose, Ikterus, Gewichtsabnahme |
Gesamtgalaktose im Trockenblut, Orotsäure im Urin |
ja |
nichtketonische Hyperglycinämie |
keine |
therapieresistente Krampfanfälle, Schluckauf (oft bereits intra- uterin), Beatmungsbedarf |
Aminosäuren (Glycin) in Plasma und Liquor, Urin |
nein |
Krankheitsgruppe bzw. Einzeldefekt |
hinweisende(r) Routine-Labor-befund |
spezifische klinische Symptome und Zeichen |
spezifische Stoffwechsel-diagnostik |
in NGS [*] -Richtlinie |
Aminoazidopathien |
||||
Phenylketonurie |
keine |
mäuseurinartiger Geruch, |
Aminosäuren im Trockenblut |
ja |
nichtketotische Hyperglycinämie, milde Form |
keine |
evtl. Retardierung der Sprachentwicklung und starke Unruhe |
Aminosäuren in Plasma und Liquor |
nein |
Harnstoffzyklusdefekte |
||||
Ornithintranscarbamylasemangel, milde Formen und alle anderen |
evtl. intermittierende Hyperammonämie |
keine |
Aminosäuren (Glycin) in Plasma, Liquor und Urin, Orotsäure im Urin |
nein |
lysosomale Speicherkrankheiten |
keine |
Hepatosplenomegalie, Dysmorphien, rezidivierende Infekte, Verlust mentaler Fähigkeiten, Kardiomyopathie |
Glykosaminoglykane im Urin, Oligosaccharide im Urin, ggf. Einzelenzymdiagnostik in Leukozyten/Fibroblasten |
nein |
Cholesterolbiosynthesedefekte peroxisomale Defekte |
evtl. niedriges Cholesterol |
Dysmorphien, Spaltbildungen etc. |
Cholesterolmetabolite |
nein |
|
Hepatopathie |
ZNS-Fehlbildungen |
überlangkettige Fettsäuren im Plasma, Plasmalogene in Erythrozytenmembranen, Gallensäurenmetabolite im Urin/Plasma Phytansäure, Pristansäure, Pipecolsäure im Serum |
|
Glykoslierungsdefekte |
Hepatopathie |
Kleinhirnhypoplasie, auffällige Fettverteilung, Krampfanfälle |
isoelektrische Fokussierung von Transferrin und anderen Proteinen aus dem Serum |
nein |
Kreatinsynthese- und Transporterdefekte |
keine |
stark beeinträchtigte Sprachentwicklung, Krampfanfälle |
Guanidinoverbindungen im Urin |
nein |
Literatur
- 1 Bickel H, Gerrard J, Hickmans E. Influence of phenylalanine on phenylketonuria. Lancet. 1953; 2 812-813
- 2 Escherich T. Grundlagen und Ziele der modernen Pädiatrie. In: Hellbrügge T (ed). Gründer und Grundlagen der Kinderheilkunde (original presented in September 1904 on the World Exposition in Saint Louis, USA), Documenta Paediatrica 4. Lübeck: Hansisches Verlagskontor 1979
- 3 Hoffmann GF, Grau AJ. Stoffwechselerkrankungen in der Neurologie. Stuttgart: Georg Thieme Verlag 2004
- 4 Hoffmann GF, Nyhan WL, Zschocke J. et al. .Core handbook in pediatrics: inherited metabolic diseases. Philadelphia (USA): Lippincott Williams & Wilkins 2002
-
5
genetics.accessmedicine.com/mmbid
- 6 Harms E, Roscher A, Grüters A, Heinrich U, Genzel-Boroviczény O, Rossi R, Schulze A, Zabransky S. Interdisziplinäre Screeningkommission der Deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde und Jugendmedizin . Richtlinien zur Organisation und Durchführung des Neugeborenenscreenings auf angeborene Stoffwechselstörungen und Endokrinopathien in Deutschland. Monatsschr Kinderheilkd. 2002; 150 1424-1440
- 7 Kölker S, Hoffmann GF. Organic acid disorders. In: Aminoff M, Daroff RB (eds). Encyclopedia of neurological sciences. San Diego: Academic Press (www.academicpress.com/companions/0122269709). 2003; 3 691-697
- 8 Shulman ST. The history of pediatric infectious diseases. Pediatr Res. 2004; 55 163-176
Anschrift für die Verfasser
Dr. M. Lindner
Stoffwechselzentrum Heidelberg
Sektion für angeborene Stoffwechselkrankheiten
Universitäts-Kinderklinik
Im Neuenheimer Feld 150
69120 Heidelberg
Literatur
- 1 Bickel H, Gerrard J, Hickmans E. Influence of phenylalanine on phenylketonuria. Lancet. 1953; 2 812-813
- 2 Escherich T. Grundlagen und Ziele der modernen Pädiatrie. In: Hellbrügge T (ed). Gründer und Grundlagen der Kinderheilkunde (original presented in September 1904 on the World Exposition in Saint Louis, USA), Documenta Paediatrica 4. Lübeck: Hansisches Verlagskontor 1979
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5
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- 6 Harms E, Roscher A, Grüters A, Heinrich U, Genzel-Boroviczény O, Rossi R, Schulze A, Zabransky S. Interdisziplinäre Screeningkommission der Deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde und Jugendmedizin . Richtlinien zur Organisation und Durchführung des Neugeborenenscreenings auf angeborene Stoffwechselstörungen und Endokrinopathien in Deutschland. Monatsschr Kinderheilkd. 2002; 150 1424-1440
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- 8 Shulman ST. The history of pediatric infectious diseases. Pediatr Res. 2004; 55 163-176
Anschrift für die Verfasser
Dr. M. Lindner
Stoffwechselzentrum Heidelberg
Sektion für angeborene Stoffwechselkrankheiten
Universitäts-Kinderklinik
Im Neuenheimer Feld 150
69120 Heidelberg