Dtsch Med Wochenschr 2005; 130(19): 1207
DOI: 10.1055/s-2005-868701
CME
Kardiologie
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Diastolische Herzinsuffizienz - Der konkrete Fall

Diastolic heart failure - case reportA. G. Schmidt1 , B. Pieske1
  • 1Universitätsklinikum Göttingen, Abteilung Kardiologie und Pneumologie
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Prof. Dr. med. Burkert Pieske

Universitätsklinikum Göttingen, Abteilung Kardiologie und Pneumologie

Robert Koch-Str. 40

37035 Göttingen

Phone: 0551/398925

Fax: 0551/3919127

Email: pieske@med.uni-goettingen.de

Publication History

eingereicht: 16.2.2005

akzeptiert: 14.4.2005

Publication Date:
04 May 2005 (online)

Table of Contents
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Anamnese

Eine 76-jährige Patientin stellte sich mit einer seit 12 Stunden bestehenden Ruhedyspnoe in der Notaufnahme vor. Sie hatte keine typischen pectanginösen Beschwerden, berichtete aber über eine schon länger (ca. 1 Jahr) bestehende Belastungsdyspnoe (zuletzt 100 m auf der Ebene) sowie eine Orthopnoe (2 Kissen). Anamnestisch waren ein bisher nicht medikamentös behandelter arterieller Hypertonus sowie ein Nikotinabusus (ca. 40 packyears) bekannt. Die Verdachtsdiagnose lautete akute Dekompensation einer Herzinsuffizienz. Differenzialdiagnostisch kamen u. a. ein subakuter Myokardinfarkt, eine Lungenarterienembolie sowie eine Pneumonie oder infektexarzerbierte COPD in Frage.

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Klinischer Untersuchungsbefund

Bei bei der adipösen (BMI 29) und sehr ängstlichen Patientin zeigten sich eine Tachypnoe (Atemfrequenz 31/min), ein verlängertes Exspirium und feuchte Rasselgeräusche in den basalen Abschnitten beider Lungenfelder. Die Temperatur war nicht erhöht. Der Blutdruck betrug 190/95 mmHg, die Herzfrequenz lag bei 98/min, regelmäßig. Der Jugularvenenpuls war biphasisch und der mittlere Venendruck mit 12 cm erhöht. Auskultatorisch fanden sich ein 4. Herzton, jedoch kein 3. Herzton oder vitientypische Geräusche. Bis auf geringe prätibiale Unterschenkelödeme war der weitere klinische Untersuchungsbefund unauffällig.

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Diagnostik

Im 12-Kanal-EKG zeigten sich eine Sinustachykardie mit 102/min. sowie deszendierende ST-Streckensenkungen mit präterminal-negativen T-Wellen in den inferolateralen Ableitungen; spezifische ischämietypische Kammerendteilveränderungen waren nicht vorhanden. Laborchemisch waren die herzspezifischen Enzyme nicht erhöht, die D-Dimere waren negativ. Das Blutbild war normwertig, es gab keinen Anhalt für eine akute Infektkonstellation. Neben einer leichten Erhöhung des Serumkreatinins auf 1,3 mg/dl fiel insbesondere ein NT-proBNP Wert von 523 pmol/l auf. Pulsoxymetrisch betrug anfänglich die periphere Sauerstoffsättigung 88 %. Echokardiographisch wurde die systolische Ejektionsfraktion mit 58 % bestimmt. Der linke Ventrikel war konzentrisch hypertrophiert mit mittelgradiger linksatrialer Dilatation und altersentsprechend unauffälligem Klappenstatus. Es fanden sich keine Zeichen der Rechtsherzbelastung. Dopplerechokardiographisch konnte eine diastolische Funktionsstörung, Schweregrad II (Stadium der Pseudonormalisierung), festgestellt werden. Im Röntgen-Thorax ergaben sich perihiläre schmetterlingsförmige Lungenverschattungen im Sinne eines intraalveolären Lungenödems.

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Therapie und Verlauf

Die Diagnose lautete: dekompensierte diastolische Herzinsuffizienz bei hypertensiver Herzerkrankung. Unter Sauerstoffgabe (6 l über Nasenbrille) in sitzender Lagerung, Nitro sublingual und leichter Sedierung (2,5 mg Morphin) stabilisierte sich die periphere O2-Sättigung bei Werten zwischen 90 und 95 %. Auf die Gabe von repetitiven Furosemid-Boli (initial 40 mg i. v.) wurde das Lungenödem zügig ausgeschwemmt. Bezüglich der arteriellen Hypertonie gelang es zeitgleich, durch Nitroprussid i. v. den Blutdruck auf 130/80 mmHg und somit die Nachlast effektiv zu senken. Bei fortbestehender Tachykardie wurde zur Frequenzregulation die blutdrucksenkende Therapie um einen b-Rezeptorenblocker erweitert. Innerhalb der ersten 24 Stunden nach Aufnahme kam es zu einer vollständigen Rekompensation. Aufgrund des ausgeprägten kardiovaskulären Risikoprofils wurde die Indikation zur invasiven Koronardiagnostik gestellt. Dabei wurde eine stenosierende koronare Herzkrankheit ausgeschlossen. Der deutlich erhöhte linksventrikuläre enddiastolische Druck (LVEDP > 20 mmHg) untermauerte die Verdachtsdiagnose einer diastolischen Herzinsuffizienz. Während des weiteren stationären Verlaufs wurde eine antihypertensive und diastolische Herzinsuffizienztherapie bestehend aus Diuretikum (Hydrochlorothiazid), AT1-Rezeptorantagonist (CHARM-Studie), und b-Blocker (SWEDIC-Studie) begonnen.

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Fazit

In diesem Fall konnte die Diagnose der diastolischen Herzinsuffizienz aufgrund der klinischen Herzinsuffizienzsymptome, der erhaltenen systolischen linksventrikulären Funktion und dem echokardiographischen Nachweis einer diastolischen Dysfunktion gestellt werden. Der klinische Untersuchungsbefund alleine erlaubt meist nicht, zwischen einer systolischen und diastolischen Herzinsuffizienz zu differenzieren. Die medikamentöse Dauertherapie ist nach den Zielen Symptomkontrolle, optimale Blutdruckeinstellung, Hypertrophieregression und Herzfrequenzkontrolle ausgerichtet.

Prof. Dr. med. Burkert Pieske

Universitätsklinikum Göttingen, Abteilung Kardiologie und Pneumologie

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37035 Göttingen

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Fax: 0551/3919127

Email: pieske@med.uni-goettingen.de

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