psychoneuro 2005; 31(5): 242
DOI: 10.1055/s-2005-869454-11
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Leckabdichtung bei Schlaganfall - Mikrogliazellen nach Hirnblutung schwer aktiv

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Publication Date:
08 June 2005 (online)

 
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Gliazellen wurden in der Vergangenheit oft als reine Stützzellen angesehen, die Neurone im Wesentlichen mit Nährstoffen versorgen. Neuere Untersuchungen zeigen jedoch, dass Gliazellen eine weit größere Bedeutung für die Funktion des Gehirns haben als bislang angenommen. Es gibt verschiedene Typen von Gliazellen: Oligodendrozyten beispielsweise bilden die so genannten Myelinscheiden um Nervenfasern. Die Astrozyten regulieren unter anderem die molekulare Zusammensetzung des Extrazellulärraumes und beeinflussen damit den Gleichgewichtszustand im Gehirn. Mikrogliazellen schließlich sind die immunkompetenten Zellen des Gehirn. Sie sind die ersten Zellen, die auf pathologische Ereignisse reagieren und die Immunantwort des Gehirns einleiten.

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Mikrogliazelle (grün) und Astrozyt (rot) nach Verletzung einer Blutkapillare. Die Fortsätze der Mikrogliazelle umschließen den geschädigten Gefäßabschnitt (Bild: MPI für medizinische Forschung)

Bislang konnten Mikrogliazellen nur in vitro untersucht werden. Wissenschaftlern vom Max-Planck-Institut für medizinische Forschung in Heidelberg sowie vom Max-Planck-Institut für experimentelle Medizin in Göttingen ist es jetzt mittels der Zwei-Photonen-Mikroskopie und dem transgenen Tiermodell gelungen, das Verhalten der Immunabwehrzellen im Gehirn erstmals direkt zu beobachten. In den Mäusen waren die Mikrogliazellen genetisch so verändert, dass sie zusätzlich ein grün fluoreszierendes Protein produzierten. Diese Proteine wurden mit Laserlicht zum Leuchten angeregt und dadurch die Zellen im Mikroskop sichtbar gemacht - und zwar durch die intakte Schädeldecke der Maus.

In der aktuellen Ausgabe von Science (Science, Epub ahead of print, 14. April 2005) beschreiben die Forscher nicht nur das geschäftige Treiben dieser Zellen im gesunden Gehirn, sondern auch deren Abwehrreaktion in den ersten Stunden nach einer Hirnblutung. Die dünnen Fortsätze der Mikrogliazellen sind im gesunden Gehirn von Mäusen nicht in Ruhe, sondern tasten ihre Umgebung fortwährend ab. Dabei interagieren sie mit Neuronen und anderen Zellen im Gehirn. Dieses Abtasten scheint ein wichtiger Mechanismus zum Aufrechterhalt des regulären Gleichgewichts und damit der gesunden Hirnfunktion zu sein.

Mit dem Laser können aber auch gezielt lokale Verletzungen der Blut-Hirnschranke verursacht werden, die sich als Modell für einen Bluthochdruck-bedingten Schlaganfall eignen. Die Forscher konnten nun beobachten, wie sich die Fortsätze der Mikrogliazellen innerhalb weniger Minuten ihren Weg durch das Dickicht umgebender Zellmaterie zum geschädigten Gefäßabschnitt bahnten, diesen scheinbar abdichteten und mit dem Abbau schädigender oder geschädigter Materie begannen. Dabei beteiligten sich umso mehr Mikrogliazellen an der Abwehrreaktion, je schwerer die Verletzung, d.h. je größer das betroffene Areal war.

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Quellen

  • 1 Nimmerjahn A . Kirchhoff F . Helmchen F . Resting Microglial Cells are Highly Dynamic Surveillants of Brain Parenchyma in vivo.  Science, Epub ahead of print, 14. April 2005.
  • 2 www.mpg.de
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Quellen

  • 1 Nimmerjahn A . Kirchhoff F . Helmchen F . Resting Microglial Cells are Highly Dynamic Surveillants of Brain Parenchyma in vivo.  Science, Epub ahead of print, 14. April 2005.
  • 2 www.mpg.de
 
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Mikrogliazelle (grün) und Astrozyt (rot) nach Verletzung einer Blutkapillare. Die Fortsätze der Mikrogliazelle umschließen den geschädigten Gefäßabschnitt (Bild: MPI für medizinische Forschung)