Die Funktion des Gelenkknorpels wird in Totalendoprothesen von einer Polyethylenbeschichtung
übernommen. Ähnlich wie der Gelenkknorpel im normalen Gelenk ist dieser Kunststoff
im künstlichen Gelenk eine wichtige Schwachstelle. Auf die Abnahme der Kunststoffdicke
kann mit einem neuen Programm anhand von Röntgenbildern indirekt rückgeschlossen werden.
Vor allem bei Totalendoprothesen (TEP) des Knies ist die Kunststoffschicht eine Schwachstelle,
denn die hohe Druckbelastung in Kombination mit den Gleit- und Rutschbewegungen in
einer Knie-TEP können leicht zur Materialermüdung führen. Es gibt eine weitere Gemeinsamkeit
von natürlichem Gelenk und TEP. Die Kontaktflächen der Gelenke können in der Diagnostik
nicht direkt sichtbar gemacht werden.
Anders als beim menschlichen Gelenk ist die Dicke der Kunststoffschicht in der TEP
jedoch bekannt - sie ist ja durch die Fabrikation vorgegeben - und im Prinzip sollten
die Gelenkbewegung sich am Rechner rekonstruieren lassen, wobei Röntgenaufnahmen die
Basis bilden. Im Idealfall könnte dann bei einem Patienten, der mit einer TEP versorgt
wurde, mit einer Durchleuchtung geklärt werden, wo die Schwachstellen liegen.
Ganz so einfach ist die Visualisierung der femorotibialen Gelenkkontakte jedoch nicht,
denn bekanntlich werden Röntgenstrahlen radiär von einer Strahlenquelle abgegeben.
Dadurch erfährt der Schatten einer 3-dimensionalen Struktur (der TEP) auf einem 2-dimensionalen
Film immer eine Verzerrung, die mit geometrischen Berechnungen kalkuliert werden muss.
Eine Gruppe von Forschern der Universität Osaka hat die Mühen nicht gescheut und ein
Programm entwickelt, mit welchem die Gelenkbewegungen an der Knie-TEP am Patienten
ausgemessen werden können (European Journal of Radiology 2005; 53: 84-89).
Takaharu Yamazaki und Mitarbeiter haben zunächst Röntgenbilder der mit TEP versorgen
Patienten in unterschiedlichen Positionen angefertigt und dann am Rechner die Polyethylen-Gelenkflächen
auf die sichtbaren Metallbestandteile der TEP projiziert. Die Ergebnisse entsprachen
weitgehend den Druckpunkten an einem Roboter-Phantom mit eingebauter Knie-Endoprothese.
Oberflächliche Knorpeldefekte des Knies können selbst der MRT-Diagnose entgehen. Hier
jedoch eine erkennbare Fissur im retropatellären Knorpel (T2w sagittale Aufnahme).
Auch Abnutzungserscheinungen einer TEP lassen sich nur schwer darstellen (Bild: Thieme. Radiologie up2date 2003; 3: 246).
Die Methode könnte nach Einschätzung der Forscher helfen, die Konstruktion von Endoprothesen
zu verbessern. Andererseits könnte sie aber auch dem Chirurgen zeigen, in welchen
Punkten er seine Operationstechnik modifizieren muss, um den Patienten möglicherweise
zu einer längeren Lebenszeit seines künstlichen Gelenks zu verhelfen.