Einleitung
Die Rosazea ist eine ausgeprägt Leiden verursachende, psychologisch zerstörerische Erkrankung, für die es keine Heilung gibt [11 ]. Rosazea ist eine entzündliche Dermatose, bei der ätiopathogenetisch eine Reihe von Faktoren eine Rolle spielen [5 ]
[15 ], wobei besonders den freien Sauerstoffradikalen eine wichtige Rolle zugesprochen und ein Defizit im antioxydativen System postuliert wird [10 ]
[14 ].
Die Azelainsäure (AzS) besitzt eine antikeratogene, eine antimikrobielle und eine antiinflammatorische Wirkung [9 ], von denen bei der Pathogenese der Rosazea nur die antientzündliche, die Bildung freier Sauerstoffradikale unterdrückende, Wirkung [1 ] therapeutisch zum Tragen kommt. AzS ist wegen ihrer Verträglichkeit, der fehlenden Phototoxizität und Teratogenität sowie der - im Gegensatz zu Antibiotika - fehlenden Resistenzentwicklung [4 ] bedenkenlos als Langzeittherapie „zu allen Jahreszeiten” einsetzbar [8 ].
Eine spezielle Hydrogel-Formulierung, die die Prinzipien eines Emulsions- und Suspensionsgels verbindet und 15 % AzS enthält, wurde für die Behandlung der Rosazea entwickelt. Die galenische Zusammensetzung ermöglicht eine gute Applizierbarkeit und Freisetzung sowie ein hohes Diffusionspotenzial des Wirkstoffes in die Epidermis und den Haarfollikel. Das 15 %-ige AzS-Gel (Skinoren® 15 % Gel) enthält keinen Alkohol (äthanolfrei) und nur gering dosierte Lipide mit Lezithin als Pflegekomponente. Über erste Erfahrungen mit diesem Arzneimittel bei vier Patienten mit papulopustulöser Rosazea konnten wir bereits berichten [12 ].
Die vorliegende Anwendungsbeobachtung (AWB) mit über tausend Patienten dokumentiert den therapeutischen Nutzen einer topischen Therapie mit dem AzS-Gel sowie seiner Verträglichkeit und Sicherheit bei Patienten mit entzündlicher, papulopustulöser Rosazea unter „Alltagsbedingungen” in der dermatologischen Praxis.
Patienten und Methoden
Patienten und Therapie
Die Anwendungsbeobachtung wurde bei 244 niedergelassenen Dermatologen in Deutschland durchgeführt, die bei 1064 Patienten mit Rosacea papulopustulosa eine Befund- und Therapiedokumentation anfertigten. Die Dokumentation der Patienten umfasste einen Behandlungs- und Beobachtungszeitraum von 3 Monaten. Als Lokaltherapie wurde 15 %-iges AzS-Gel verordnet, welches zweimal täglich auf die erkrankten Gesichtspartien dünn aufgetragen und leicht eingerieben wurde. Begleittherapien waren zulässig und zu dokumentieren.
Evaluation des Behandlungserfolges und Statistik
Die Einschätzung der Therapiewirksamkeit durch den behandelnden Arzt erfolgte mittels sechs vorgegebenen Beurteilungsalternativen (Physician's overall global improvement score). Der jeweilige Zeitpunkt des „therapeutischen Durchbruchs” wurde vom behandelnden Arzt eingeschätzt. Die Beurteilung von Therapiezufriedenheit und -verträglichkeit durch die Patienten erfolgte auf einer Skala von 0 (= unzufrieden) bis 10 (= sehr zufrieden). Das Selbstbewusstsein der Patienten wurde von diesen zu Therapiebeginn und am Beobachtungsende mittels vier vorgegebener Einschätzungsalternativen abgefragt. Die Auswertung der Daten wurde mit Hilfe von Häufigkeitstabellen und deskriptiven Statistiken (arithmetischer Mittelwert, Standardabweichung, Minimum, Median, Maximum, 1. und 3. Quantil) dargestellt und ausgewertet. Der Status bei Therapiebeginn wurde dem Status imTherapieverlauf und bei Therapieende gegenübergestellt. Die Beurteilung der Wirksamkeit sowie der Verträglichkeit wurden mittels Häufigkeitstabellen beschrieben, die auch zum Auftreten unerwünschter Arzneimittelwirkungen erstellt wurden.
Ergebnisse
Demographische Daten und Patientenverteilung
Im Rahmen der Anwendungsbeobachtung wurden die Daten von 1064 Rosazea-Patienten dokumentiert. In die Auswertung gingen 1059 Patienten ein; 5 Patienten wurden nicht ausgewertet, da sie nach der Verordnung nicht zu den Kontrolluntersuchungen erschienen sind. Das Alter der Patienten lag zwischen 11 und 91 Jahren mit einem Median von 53 und einem arithmetischen Mittel von 52,7 Jahren, die Mehrzahl der Patienten (67,5 %) war zwischen 41 und 70 Jahre alt. Das Kollektiv bestand aus 631 Frauen (60,5 %) und 412 Männern (39,5 %) (Tab. [1 ]). Anamnestisch wurde das Erstmanifestationsalter der Rosazea mit durchschnittlich 45,2 (Median: 42) Jahren angegeben, die Krankheitsdauer betrug durchschnittlich 8,0 (Median: 5) Jahre. Vor dieser AWB bereits behandelt wurden 701 Patienten (67,1 %), 676 lokal und/oder 268 systemisch. Bei der topischen Vorbehandlung waren metronidazolhaltige Externa (72,8 %) die weitaus häufigste Medikation, andere Antibiotika (Erythromycin, Clindamycin) waren nur selten (12,6 %), vereinzelt waren aber auch „kortisonhaltige” Externa (3,0 %) verordnet worden. Bei den oralen Medikamenten kamen Tetracycline (Minocyclin: 53,4 %, Doxycyclin: 29,1 %, Tetracyclin: 13,4 %), aber selten auch Isotretinoin (6,7 %) zum Einsatz. Über ihre „Zufriedenheit” mit der Vorbehandlung gaben die Patienten (bei einer Skala von 0 = unzufrieden bis 10 = sehr zufrieden) durchschnittlich 4,2 (Median: 4) an, stark unzufrieden (0 - 2) waren nur 6,5 %.
Tab. 1 Demographische Daten
Variable Patientenzahl
Geschlecht [n (%)]*
männlich weiblich 1043 (100,0) 412 (39,5) 631 (60,5)
Alter [n (%)]**
< 18 Jahre 18 - 30 Jahre 31 - 40 Jahre 41 - 50 Jahre 51 - 60 Jahre 61 - 70 Jahre 71 - 75 Jahre 76 - 80 Jahre > 80 Jahre 1045 (100,0) 14 (1,3) 57 (5,5) 141 (13,5) 254 (24,3) 222 (21,2) 230 (22,0) 61 (5,8) 47 (4,5) 19 (1,8)
Mittelwert ± σ: 52,7 ± 1,9 Median: 53 Min. - Max.: 11 - 91
* Für 16 Patienten lagen keine Angaben zum Geschlecht vor. ** Für 14 Patienten konnte aufgrund fehlender Angaben zum Geburts- oder dem Datum der 1. Verordnung kein Alter berechnet werden.
Die Patienten mit papulopustulöser Rosazea wiesen am häufigsten eine Rötung (94,8 %), Papeln (86,8 %), Pusteln (61,7 %) und Teleangiektasen (80,9 %) auf. Die Effloreszenzen fanden sich auf Wangen (88.4 %), Nase (75,2 %) und Stirn (53,1 %). Eine Augenbeteiligung wurde nur bei 2,5 % der Patienten dokumentiert.
Die Behandlung mit dem 15 %-igen AzS-Gel wurde als Monotherapie (80,5 %) oder als Kombinationstherapie (19,5 %) verordnet, davon etwa bei einem Drittel mit einem anderen Externum (meistens mit Metronidazol, seltener mit Erythromycin) bzw. bei zwei Drittel mit einer oralen Medikation (fast ausschließlich Minocyclin). Die Behandlungsdauer betrug durchschnittlich 73 (7 - 272) Tage. Die erste Kontrolluntersuchung fand nach 30,4 (3 - 97) Tagen, die zweite Kontrolle nach 75,6 (26 - 272) Tagen statt. Bei 12 Patienten wurde die Behandlung mit AzS-Gel und damit die Dokumentation auf Wunsch des Patienten vorzeitig abgebrochen.
Wirksamkeit
Die Wirksamkeit des 15 %-igen AzS-Gel wurde nach 3 - 6 Wochen und 9 - 12 Wochen sowohl aus der Sicht des behandelnden Arztes als auch des Patienten erfasst. Die Wirkung der Therapie im Sinne eines „therapeutischen Durchbruchs” setzte sofort bis maximal 15 Wochen nach Therapiebeginn ein (Median: 5 Wochen, Mittelwert: 5,1 Wochen). Bei 59 Patienten (5,6 %) wurde im Arzturteil kein „therapeutischer Durchbruch” angegeben.
Unter der Behandlung mit dem AzS-Gel wurde bei der Mehrheit der Patienten durch die Ärzte (82,9 % nach durchschn. 4 Wochen und 94,1 % nach durchschn. 11 Wochen) eine Verbesserung der Symptome festgestellt (Tab. [2 ], Abb. [1 ]).
Tab. 2 Wirksamkeit, beurteilt durch den Arzt
nach 3 - 6 Wochen (Median: 28 Tage) nach 9 - 12 Wochen (Median: 71 Tage)
Wirksamkeit, beurteilt durch den Arzt [n (%)]
verschlechtert gleichbleibend leicht gebessert moderat gebessert gut gebessert sehr gut gebessert
1045 (100,0)*
30 (2,9) 149 (14,3) 392 (37,5) 229 (21,9) 217 (20,8) 28 (2,7)
962 (100,0)**
11 (1,1) 37 (3,8) 94 (9,8) 230 (23,9) 449 (46,7) 141 (14,7)
* Ärzte machten in 14 Fällen keine Angaben zur Wirksamkeit nach 3 - 6 Wochen. ** Ärzte machten in 97 Fällen keine Angaben zur Wirksamkeit nach 9 - 12 Wochen.
Abb. 1 Beurteilung der therapeutischen Wirksamkeit der Rosazea-Therapie mit AzS-Gel durch den Arzt.
Auch die Beurteilung durch die Patienten selbst verbesserte sich im Laufe der Behandlung. Nach durchschnittlich 4 Wochen der Behandlung waren knapp 50 % der Patienten moderat zufrieden, was sich auch in einem Mittelwert von 5,7 (Median von 6) widerspiegelt. Am Ende der Behandlung nach durchschnittlich 11 Wochen war die Zufriedenheit mit der Behandlung gestiegen (Mittelwert von 7,4; Median von 8) und 74 % der Patienten waren mit der Wirksamkeit zufrieden oder sehr zufrieden.
Die Subpopulation der kombiniert systemisch und lokal behandelten Patienten unterschied sich demographisch nicht von der Subpopulation der nur lokal behandelten. Gegenüber der Monotherapie zeigt die Kombination AzS und orales Antibiotikum ein um einige Prozentpunkte besseres (früheres) Ansprechen nach 4 Wochen und der Anteil der Patienten mit guter/sehr guter Besserung ist höher (21,8 % gegenüber 38,1 % nach 4 Wochen, 59,2 % gegenüber 74,5 % nach 11 Wochen).
Wirkung auf das Selbstbewusstsein
Das Selbstbewusstsein zu Beginn war bei der Mehrheit mittelmäßig (56,9 %) ausgeprägt, 34 % hatten überhaupt kein oder wenig Selbstbewusstsein. Am Beobachtungsende waren die Patienten selbstbewusster; der Anteil von Patienten mit geringem Selbstbewußtsein verringerte sich von 34,0 % auf 14,4 %, der Anteil mit hohem Selbstbewusstsein stieg von anfangs nur 9,0 % auf 20,6 % (Abb. [2 ]).
Abb. 2 Auswirkung der Rosazea-Therapie mit AzS-Gel auf das Selbstbewusstsein der Patienten.
Sicherheit und Verträglichkeit
Die Bewertung der Verträglichkeit ergab am Beobachtungsende bei 95,4 % der Patienten ein gutes bis sehr gutes Urteil. Insgesamt wurden während der Behandlung mit 15 %-igem AzS-Gel nur 6 unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) bei 4 Patienten dokumentiert (Tab. [3 ]). Die UAW waren nicht „schwerwiegend” (SUAW) Für 3 UAW war der Zusammenhang mit der 15 %-igen AzS-Gel-Medikation gesichert, wahrscheinlich oder möglich. 3 Patienten setzten das Medikament ab.
Tab. 3 Unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW)
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen [n (%)]
ja nein
1056 (100,0)
4 (0,4) 1052 (99,6)
Art der UAW
Brennen Schuppung Irritation Rötung
n = 6
1 2 1 2
Kosmetische Akzeptanz
Die kosmetische Akzeptanz des 15 %-igen AzS-Gels wurde als gut bis sehr gut beurteilt: 41,6 % der Patienten beschrieben die kosmetische Akzeptanz als sehr gut und 50,6 % als gut. Nur 14 Patienten (1,3 %) bewerteten die kosmetische Akzeptanz als schlecht. Nach Abschluss der Beobachtungsdokumentation wurde bei der überwiegenden Mehrheit der Patienten (81 %) das 15 %-ige AzS-Gel als Erhaltungstherapie weiter verordnet; nur 19 % der Patienten strebten keine Erhaltungstherapie an.
Diskussion
Zur Behandlung der Rosazea stehen in Deutschland nur wenige zugelassene Medikamente zur Verfügung: Diese sind neben den Metronidazol-haltigen Externa Gel und Creme u. a. die oralen Medikamente Tetracyclin, Minocyclin und Doxycyclin. Neu im Armamentarium der Rosazea-Therapie ist die AzS, in ihrer 15 %-igen Gel-Formulierung seit 2003 neben der Akne vulgaris auch für die Behandlung der papulopustulösen Rosazea zugelassen. Grundlage dafür sind die Evidencebasierten Medizin-gerechten randomisierten klinischen Studien, die eine insbesondere in der Langzeitanwendung signifikante Überlegenheit gegenüber dem 0,75 %-igen Metronidazol-Gel zeigten [7 ]. Auch die 20 %-ige Creme-Formulierung von AzS hat sich in klinischen Studien in der Behandlung der Rosazea als gut wirksam und verträglich erwiesen [3 ]
[13 ], ist aber aus patentrechtlichen Gründen gegenwärtig nicht zur Rosazeatherapie zugelassen.
Die Behandlung der Rosazea richtet sich nach ihren Subtypen bzw. Stadien sowie nach ihrem Schweregrad [6 ]. Bei der milden papulopustulösen Rosazea ist eine topische Monotherapie aufgrund ihrer bestätigten Wirksamkeit und höheren Sicherheit gegenüber den oralen Medikamenten die Behandlung der ersten Wahl [2 ].
Die Behandlung mit dem 15 %-igen AzS-Gel wurde zu 80 % als Monotherapie, aber auch bei 104 Patienten als Kombinationstherapie mit einer oralen Medikation (bei 94 % Minocyclin) durchgeführt, wobei die Dermatologen in Abhängigkeit vom Schweregrad (und häufig bei vorherigem Versagen) nicht auf die alleinige Lokaltherapie vertrauen. Bei der topischen Vorbehandlung waren metronidazolhaltige Externa (72,8 %) die weitaus häufigste Medikation, aber auch die - wegen der Nitrosaminbildung - problematische lokale Therapiekombination Metronidazol und Erythromycin [16 ] war in 10,8 % verwendet worden.
Die vorliegende AWB bestätigt im „Praxisalltag” die guten Ergebnisse der klinischen Studien mit dem 15 %-igen AzS-Gel sowohl hinsichtlich seiner guten Wirksamkeit als auch seiner guten Verträglichkeit. In der Gesamtbeurteilung der Wirksamkeit hatten sich nach durchschn. 11 Wochen bei der überwiegenden Mehrzahl der Patienten die Symptome moderat (23,9 %), gut (46,7 %) bzw. sehr gut (14,7 %) gebessert, was einem Therapieerfolg von 85,3 % entspricht. Der therapeutische Durchbruch setzte durchschnittlich in der fünften Behandlungswoche ein. Dass sich die Besserung des Hautbefundes auch auf die „Quality of life” des Patienten positiv auswirkt, zeigte die Beurteilung des Selbstbewusstseins der Patienten, das sich parallel zum Therapieerfolg deutlich verbesserte.
Nur bei 0,4 % der Patienten wurden lokale Nebenwirkungen wie mildes Brennen oder Juckreiz festgestellt, die das positive Endergebnis der Patientenbewertung der Verträglichkeit (95 % gut und sehr gut) kaum beeinflussen konnten. Nimmt man die 12 Patienten hinzu, bei denen auf ihren Wunsch - im ungünstigsten Fall wegen „schlechter Verträglichkeit” - vorzeitig abgebrochen wurde, so ist, auch bei einer solchen „worst case”-Betrachtung, die topische Therapie mit 15 %-igem AzS-Gel eine gut verträgliche Behandlung der entzündlichen Rosazea.
Die topische Anwendung von AzS (15 %-iges Gel) stellt eine auch unter Praxisalltagsbedingungen hinsichtlich ihrer klinischen Wirksamkeit und Verträglichkeit bewährte Bereicherung der therapeutischen Möglichkeiten bei der papulopustulösen Rosazea dar.