Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ordnet alle Länder zu Regionen mit niedriger
bis hoher (0,5 bis > 8%) Prävalenz chronischer Hepatitis-B-Endemie. Deutschland zählt
zu den Niedrig-Endemiegebieten mit einer HBsAg-Prävalenz (Hepatitis-B-Oberflächenantigen)
von etwa 0,6% in der erwachsenen Bevölkerung. Doch dieses Bild trügt, so Prof. A.
Krämer, Bielefeld.
Bedenkliche Unterversorgung von Migranten
Bedenkliche Unterversorgung von Migranten
Daten neuester Studien belegen, dass in Ländern mit niedriger Hepatitis-B-Prävalenz
neben den üblichen Risikogruppen vor allem Migranten aus Gebieten mit mittlerer und
hoher Prävalenz das epidemiologische Geschehen beeinflussen. So sind 42% der HBsAg-Träger
in Deutschland Spätaussiedler und Ausländer. Im Vergleich zu in Deutschland geborenen
Personen ohne Migrationshintergrund bezifferte Krämer das Risiko für eine chronische
Hepatitis-B-Virusinfektion für Aussiedler mit durchschnittlich 7,1-mal und für im
Ausland geborene Personen mit 4,3-mal so groß.
Krämer forderte stärkere Präventionsbemühungen, um eine Unterversorgung bei Impfungen
und insbesondere bei Schwangeren auszugleichen. Seit über 20 Jahren gelten die Empfehlungen
der Ständigen Impfkommission (STIKO) für Risikogruppen, seit nunmehr zehn Jahren gibt
es eine Empfehlung zur Impfung von Säuglingen bzw. Kindern und Jugendlichen bis zum
18. Geburtstag.
Therapeutische Optionen - Vor- und Nachteile abwägen
Therapeutische Optionen - Vor- und Nachteile abwägen
Die Indikation der antiviralen Therapie kann schwierig sein, wenn keine Korrelation
zwischen Virusreplikation und entzündlicher Aktivität besteht und man die Prognose
nur ungenau abschätzen kann. Nach den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs-
und Stoffwechselerkrankungen (DGVS) sollte eine antivirale Therapie bei allen HBV-Patienten
eingeleitet werden, die eine deutliche entzündliche und replikative Aktivität aufweisen
und bei denen ein Risiko für eine Leberzirrhose sowie deren Komplikationen vorliegt.
HBsAg-Träger sollten nicht behandelt werden.
Als Parameter für gute Therapiechancen nannte Prof. C. Niederau, Oberhausen, hohe
Entzündungsaktivität und geringe Virusreplikation. Zur Therapie der chronischen Hepatitis
B stehen derzeit drei Therapieoptionen zur Verfügung, mit denen es jedoch bisher jedoch
nicht gelingt bei den Virusträgern das HBsAg zu eliminieren: Interferon-α (seit 1992),
Lamivudin (seit 2000) und seit 2003 das Nukleotidanalogon Adefovir.
Im Vergleich zu Interferon-α sind Lamivudin und Adefovir besser verträglich und können
auch bei schlechter Leberfunktion zum Einsatz kommen. Entscheidender Vorteil von Adefovir
sei seine im Vergleich zu Lamivudin nur minimale Resistenzbildung. So sind beim Nukleosidanalogon
Lamivudin nach drei Jahren bereits 53% der Patienten und nach vier Jahren 70% resistent.
Unter Adefovir dagegen sind nach drei Jahren weniger als 4% der Patienten von einer
Resistenz betroffen.
Dr. D. Bomar, Linkenheim-Hochstetten
Quelle: Pressekonferenz "Hepatitis B in Deutschland: Wie viele Menschen sind wirklich
betroffen?" im Rahmen der 111. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin
(DGIM); Veranstalter: Gilead Sciences GmbH, Martinsried bei München