Sowohl die Hepatitis A als auch die Hepatitis E sind reiseassoziierte Infektionen,
die oral oder fäkal übertragen werden - häufig ist die Infektion Folge schlechter
Hygieneverhältnisse, einer schlechten Trinkwasser- und Nahrungsmittelqualität, einer
fehlenden Abwasserkanalisation oder einer hohen Bevölkerungsdichte.
Hepatitis A
Epidemiologie und Transmission
Die Hepatitis A ist weltweit die häufigste Ursache akuter viraler Hepatitiden. Der
Erreger, das Hepatitis-A-Virus (HAV), ist ein kleines, hepatotropes, positiv-strängiges
RNA-Virus des Genus Hepatovirus der Picornaviridae. Man kann Gebiete mit hoher, intermediärer
und niedriger HAV-Prävalenz unterscheiden [Abb. 1].
Die Weltgesundheitsorganisation schätzt die jährliche Zahl von Hepatitis-A-Erkrankungen
auf 1,4 Millionen. Dabei scheint es zyklische Schwankungen mit einem Ansteigen der
Inzidenz etwa alle zehn Jahre zu geben. Im Zeitraum von 1980 bis 2001 wurden im Durchschnitt
25000 Erkrankungsfälle an das Center for Disease Control (CDC) gemeldet [6]. Die Zahl der tatsächlichen Neuinfektionen in den USA dürfte jedoch mindestens zehnfach
höher liegen - etwa bei 263000 HAV-Infektionen jährlich [4].
Daten aus dem Robert-Koch-Institut (RKI) zeigen für Deutschland einen deutlichen Rückgang
der Hepatitis-A-Inzidenz seit 1980 [Abb. 2]. Während im Jahr 2001 2272 Hepatitis-A-Fälle an das RKI übermittelt wurden, waren
dies im Jahr 2003 nur noch 1365 Fälle. Die Inzidenz der Hepatitis A betrug somit 2001
im Durchschnitt bundesweit 2,75 pro 100000 Einwohner und 1,7 pro 100000 Einwohner
im Jahr 2003. Allerdings bestehen zum Teil deutliche regionale Schwankungen mit niedrigeren
Werten für ländliche Gebiete und Häufungen in Ballungszentren. In Hamburg beispielsweise
betrug die HAV-Inzidenz im Jahr 2003 acht pro 100000 Einwohner [17].
Die unterschiedliche Verteilung der weltweiten HAV-Prävalenz erklärt sich durch diskrepante
Hygienestandards. In den Entwicklungsländern erfolgt die asymptomatische oder klinisch
milde Infektion in der Regel bereits im Kindesalter, sodass hier mehr als 70 % der
Bevölkerung gegen das Hepatitis-A-Virus (HAV) immun sind. Dahingegen haben verbesserte
Hygienestandards und die Einführung der Hepatitis-A-Vakzinierung Mitte der 90er Jahre
in den industrialisierten Ländern zu einem Rückgang der HAV-Infektionen im Kindesalter
geführt, nur etwa 2 % der Kinder zwischen 5 und 14 Jahren sind hier mittlerweile seropositiv
[7]. Die Seropositivität der Gesamtbevölkerung in den westlichen Industrienationen dürfte
um 30 % liegen [12].
Demzufolge sind immer mehr Urlauber durch eine Infektion mit dem Hepatitis-A-Virus
im Erwachsenenalter gefährdet. Und im Gegensatz zu Kindern, bei denen diese Infektion
meist asymptomatisch verläuft, entwickeln etwa 75 % der Erwachsenen eine symptomatische
akute Hepatitis, die in Einzelfällen - zumal wenn zusätzliche Risikofaktoren vorhanden
sind - schwer bis lebensbedrohlich sein kann [13]. Die Krankenhausstatistik des Statistischen Bundesamtes vermerkt für das Jahr 2001
insgesamt 1666 aus dem Krankenhaus entlassene vollstationäre Patienten mit einer durchschnittlichen
Liegezeit von 8,8 Tagen. Laut Todesursachenstatistik kommt es in Deutschland jährlich
zu 9-19 HAV-assoziierten Todesfällen [17].
Bei etwa der Hälfte aller Erkrankten lässt sich die Infektionsquelle eruieren. Dabei
ist eine Hepatitis-A-Erkrankung im familiären Umfeld der bedeutendste Risikofaktor
für eine Hepatitis-A-Neuinfektion. In selteneren Fällen erfolgt die Transmission über
HAV-kontaminierte Nahrungsmittel, wobei es zu Hepatitis-A-Ausbrüchen mit mehreren
Neuerkrankten kommen kann. Solche Vorfälle sind in Entwicklungsländern aufgrund der
hohen Seroprävalenz selten.
Nur etwa 60 % der Hepatitis-A-Fälle in Deutschland, die nach dem Infektionsschutzgesetz
(IfSG) gemeldet werden, wurden in Deutschland erworben [17]. Mit einer Reise in ein HAV-Endemiegebiet waren 33 % aller dokumentierten Fälle
assoziiert, 10 % wurden am ehesten durch einen intravenösen Drogenkonsum erworben
und 8 % traten im Umfeld von Kindergarten und Schule auf. Bei der ausländischen Wohnbevölkerung
war die Erkrankung meist auf den Import der Infektion durch Kinder zurückzuführen,
ein Großteil dieser Infektionen fand in der Türkei statt [3].
Infizierte Personen scheiden das Hepatitis-A-Virus mit dem Fäzes aus. Die Übertragung
erfolgt entweder durch einen direkten Personenkontakt oder durch die Exposition mit
kontaminiertem Wasser, Eis, Fisch, Früchten, Gemüse oder anderen Speisen, die während
der Ernte oder der Weiterverarbeitung mit dem Virus verunreinigt und anschließend
ungekocht gegessen wurden. Das Risiko einer Hepatitis-A-Virus-Infektion variiert mit
den Lebensbedingungen, der Dauer des Auslandsaufenthaltes und der Prävalenz im Zielland.
Reisende nach Nordamerika, Japan, Australien, Neuseeland und Westeuropa haben kein
erhöhtes Risiko zu erwarten [19]. Dagegen ist das Hepatitis-A-Risiko bei Reisen nach Italien, dem angrenzenden Mittelmeerraum
und Osteuropa etwa dreifach und bei Reisen nach Asien, Afrika und Lateinamerika neunfach
erhöht.
Besonders gefährdet sind Urlauber in ländlichen Gebieten, die regelmäßig unter suboptimalen
hygienischen Verhältnissen Nahrung zu sich nehmen. Das Risiko steigt hier im Vergleich
zu einer Hotelunterkunft um das Siebenfache. Dennoch kann die Hepatitis A durchaus
auch in gehobenen Unterkünften auftreten. Daher sollte im Zweifelsfall Leitungswasser
weder getrunken noch zum Zähneputzen verwendet, und Eiswürfel sollten gemieden werden.
Risikoreich ist auch der Genuss von rohen Salaten, ungeschältem Obst und ungekochten
Meeresfrüchten [8]. Einfache Regeln für den Verzehr von Speisen in Risikogebieten sind in der [Tabelle 1] kurz zusammengefasst. Generell gilt beim Verzehr von Speisen in Endemiegebieten:
„Cook it, peel it or forget it”.
HAV-Infektionen im Zusammenhang mit einem intravenösen Drogenkonsum sind ebenfalls
beschrieben worden. Einige Studien legen zudem nahe, dass das Risiko einer Hepatitis-A-Infektion
bei homosexuell aktiven Männern erhöht ist. Dennoch scheint der Kontakt mit Samenflüssigkeit
oder Vaginalsekret keine bedeutende Rolle bei der HAV-Transmission zu spielen.
Diagnose und natürlicher Verlauf
Serologische Tests ermöglichen die Abgrenzung der Hepatitis A von anderen viralen
Hepatitiden. Anti-HAV-IgM ist bereits fünf bis zehn Tage vor Beginn der Symptome im
Serum nachzuweisen und fällt dann innerhalb von sechs Monaten unter die Nachweisgrenze
ab [Abb. 3]. Die Sensitivität und Spezifität heutiger anti-HAV-IgM-Assays liegt bei über 95
%. Gesamt-anti-HAV (IgM + IgG) ist zum Zeitpunkt der klinischen Manifestation und
auch darüber hinaus nachweisbar und ist daher ein zuverlässiger Marker für eine eventuell
bestehende Immunität gegen das Hepatitis-A-Virus [6]. HAV-RNA lässt sich in Serum und Stuhl durch eine PCR („polymeraase chain reaction”)
nachweisen. Zwar ist eine HAV-PCR zur Sicherung der Diagnose nicht notwendig, sie
kann jedoch zur Evaluierung der Infektiosität des Patienten im stationären Alltag
hilfreich sein.
Nach der rezeptorvermittelten Internalisation des Hepatitis-A-Virus im Gastrointestinaltrakt
kommt es zur Aktivierung angeborener (natürliche Killerzellen, Makrophagen) und erworbener
(HLA-restringierte antigenspezifische T-Lymphozyten) Immunmechanismen, welche für
die hepatische Inflammation verantwortlich sind [9]. Die mediane Inkubationszeit beträgt 28 (15-50) Tage. Dabei besteht die größte Infektiosität
in den 14 Tagen vor Auftreten des Ikterus und reduziert sich eine Woche danach wieder.
Im Kindesalter verläuft die Infektion mit Hepatitis-A-Viren regelmäßig asymptomatisch.
Hingegen zeigen mehr als 75 % aller jungen Erwachsenen Symptome, die vom milden, anikterischen
Krankheitsbild bis hin zur fulminanten Hepatitis reichen können. Die Erkrankung beginnt
mit Übelkeit, Bauchschmerz, Fieber, Abgeschlagenheit, dunklem Urin und Ikterus [6]. Bei der klinischen Untersuchung findet man typischerweise ein druckschmerzhaftes
Abdomen mit Hepatosplenomegalie.
Obwohl sich die meisten Patienten komplett und ohne Residuen von der Erkrankung erholen,
wird die Gefahr der Hepatitis A im Erwachsenenalter unterschätzt: Bei etwa 10 % der
Patienten nimmt die Erkrankung einen protrahierten, sechs bis neun Monate dauernden
Verlauf. Länger persistierende Virämien sind selten. Gravierende Komplikationen bestehen
in der Entwicklung von Gerinnungsstörungen, Enzephalopathie und Nierenversagen, sodass
bei Patienten ab dem 50. Lebensjahr von einer Mortalität von 1,8 % auszugehen ist
[3]. Etwa 4 % aller Fälle von akutem Leberversagen dürften laut einer Studie aus den
USA auf eine fulminante Hepatitis A zurückzuführen sein [15].
Die Therapie der akuten Hepatitis A ist rein symptomatisch. Eine antivirale Behandlung
mit Interferonen, zum Beispiel analog zur akuten Hepatitis C, ist bei der Hepatitis
A nicht indiziert. Insbesondere bei älteren Patienten sind neben den Aminotransferasen
die Leberfunktionsparameter engmaschig (je nach Kinetik z.B. zweimal wöchentlich)
zu bestimmen. Sollte hier eine signifikante Einschränkung zu verzeichnen sein (Richtwert:
Quick < 35 %), ist frühzeitig Kontakt mit einem Transplantationszentrum aufzunehmen.
Seit Mitte der 1990er Jahre stehen monovalente und Kombinationsimpfstoffe gegen Hepatitis
A zur Verfügung, die mit Formalin inaktivierte Viruspartikel enthalten und bezüglich
des Impferfolges hocheffizient sind. Indiziert ist eine aktive Impfung gegen das Hepatitis-A-Virus
mit einem der genannten inaktivierten Impfstoffe bei Personen ab dem zweiten Lebensjahr
vor Reisen in Gebiete mit mittlerer oder hoher HAV-Prävalenz [Abb. 1]. Besonders zu empfehlen ist eine Impfung dann, wenn zusätzlich zur Reise in ein
Endemiegebiet weitere Risikofaktoren vorliegen. Dazu zählen Homosexualität, eine vorbekannte
chronische Lebererkrankung, Drogenkonsum, Dialysepflichtigkeit und die regelmäßige
Gabe von gepoolten Gerinnungsprodukten [1]
[5].
Um eine unnötige Impfung zu vermeiden, sollte eine anti-HAV-IgG-Testung bei allen
Personen ab dem 40. Lebensjahr und solchen, die aus Regionen mittlerer bis hoher HAV-Prävalenz
stammen, durchgeführt werden - vorausgesetzt, sie verzögert die rechtzeitige Immunisierung
nicht. Bei immunkompetenten Personen ist nach kompletter Impfung keine anti-HAV-Titerkontrolle
notwendig, die Serokonversionsraten liegen bei über 98 %. Auch eine beschleunigte
Impfung (Tag 0, 7, 21 und Monat 12 für Twinrix) ist möglich und führte in einer deutschen
Studie zur Induktion von anti-HAV-Antikörpern bei allen gesunden Probanden [11]. Verdacht, Erkrankung und Tod an akuter Virushepatitis A sind meldepflichtig.
Hepatitis E
Epidemiologie und Transmission
1980 wurde das Hepatitis-E-Virus (HEV) als fünftes humanpathogenes Hepatitisvirus
identifiziert. Seine taxonomische Klassifikation ist derzeit noch nicht abschließend
geklärt. Einiges spricht dagegen, dass das kleine, unbehüllte, 32 nm messende RNA-Virus
- wie bis vor kurzem angenommen - zur Familie der Caliciviren gehört [16]. Epidemien und sporadische Erkrankungsfälle sind aus Afghanistan, Bangladesch, Burma,
China, Indien, Indonesien, Kasachstan, Kirgisien, Malaysien, der Mongolei, Nepal,
Pakistan, Tajikistan, Turkmenistan, Usbekistan, Mexiko, dem Mittleren Osten, Nord-
und Zentralafrika berichtet worden. Dabei scheinen große Epidemien in Zehn-Jahres-Zyklen
aufzutreten. Zu den bedeutendsten Epidemien zählten die in Neu Delhi (Indien, 1955
mit 29000 Fällen) und eine in Xinjiang (China, 1958 mit 100000 Fällen) [18].
Im Gegensatz zur Hepatitis A tritt die Hepatitis E hauptsächlich in (sub-)tropischen
Entwicklungsländern auf und manifestiert sich generell in älteren Kindern und jungen
Erwachsenen. Während in Indien 10-40 % der Erwachsenen über 25 Jahre HEV-Antikörper
aufweisen, beträgt die HEV-Seropositivität in den USA und Nordeuropa in dieser Altersgruppe
nur etwa 1 %. Im Jahr 2002 wurden dem Robert-Koch-Institut insgesamt 17 Hepatitis-E-Erkrankungen
übermittelt, im Jahr 2003 waren es 32 Fälle (Inzidenz 0,04 pro 100000 Einwohner).
Die meisten Erkrankungsfälle waren mit einem Aufenthalt in Endemiegebieten assoziiert,
bei einigen Patienten blieb die Herkunft allerdings unklar. Im Jahr 2003 erkrankte
im Landkreis Marburg-Biedenkopf ein 52-jähriger Mann an Hepatitis E, drei seiner Arbeitskollegen
zeigten positive HEV-IgG-Titer. Epidemiologische Nachforschungen legten nahe, dass
die Infektion über kontaminierte Nahrungsmittel erworben wurde [3].
HEV wird fäkal-oral, hauptsächlich durch kontaminiertes Trinkwasser oder den Verzehr
von infiziertem Fleisch übertragen. Ähnlich wie bei der Hepatitis A gelten inadäquate
hygienische Verhältnisse als Hauptrisikofaktor für eine Hepatitis-E-Infektion. Das
Infektionsrisiko ist für Familienangehörige eines an Hepatitis-E-Erkrankten aber deutlich
niedriger als im Falle einer Hepatitis-A-Infektion (15). Einiges spricht dafür, dass
die Hepatitis-E-Infektion - zumindest in einigen Gegenden - eine Zoonose darstellt.
So konnten Hepatitis-E-Viren bzw. HEV-verwandte Viren in Schweinen, Affen, Rehen,
Ratten, Mäusen und Schafen nachgewiesen werden. Aufsehen erregt hat ein Bericht aus
Japan, bei dem die Übertragung des Virus durch den Verzehr von rohem Rotwildfleisch
auf Menschen nachgewiesen wurde [16].
Natürlicher Verlauf
Müdigkeit, Appetitverlust, Übelkeit, Bauchschmerzen und Fieber sind die Symptome der
symptomatischen akuten Hepatitis E, die nach einer Inkubationszeit von 40 (15-60)
Tagen auftreten. Nach einem Anstieg der Aminotransferasen kommt es zum Ikterus und
zu einer Verfärbung des Urins. In den meisten Fällen klingen die Symptome jedoch innerhalb
von sechs Wochen ab.
Verglichen mit der Hepatitis A ist die Häufigkeit cholestatischer Verläufe bei der
Hepatitis E mit 20-25 % höher [14]. Die Rate fataler Ausgänge im Gesamtkollektiv der Erkrankten dürfte weniger als
4 % betragen, wobei ein Alter über 40 Jahre, Bilirubin über einem Wert von 255 μmol/l
und eine deutliche Erhöhung der Thromboplastinzeit (INR) als negative prädiktive Faktoren
gelten können. Das höchste Risiko für die Entwicklung einer fulminanten Hepatitis
und eines fetalen Abortes scheint hingegen bei einer Infektion in der Schwangerschaft
(besonders im zweiten und dritten Trimester) zu bestehen. Hier sind Mortalitätsraten
zwischen 15 und 25 % berichtet worden, ohne dass die Pathogenese dieser Krankheitsverläufe
aufgeklärt werden konnte [18].
Die akute Hepatitis E heilt bei immunkompetenten Personen aus. Aus Regensburg ist
allerdings kürzlich ein erster Fall einer persistierenden Hepatitis-E-Virämie berichtet
worden. Hier war das Virus bei einem nierentransplantierten Patienten mit unklarer
Hepatitis über mehr als zwei Jahre nachzuweisen [2]. Bei unklaren Hepatitiden sollte eine Hepatitis E unbedingt bei der Differenzialdiagnose
berücksichtigt werden.
Die Diagnose einer Hepatitis E erfolgt durch Nachweis von anti-HEV (IgM und IgG),
welches bereits mit Beginn der klinischen Symptomatik nachweisbar ist [Abb. 4]. Zusätzlich kann HEV-RNA mittels PCR zu Beginn der Erkrankung im Stuhl und häufig
auch im Serum nachgewiesen werden.