In der Therapie der chronischen Hepatitis C sind in vergangenen Jahren große Fortschritte erzielt worden. Durch die aktuelle Standardtherapie mit pegyliertem Interferon-α (PEG-Interferon-α) in Kombination mit Ribavirin gelingt ein anhaltendes Therapieansprechen bei 42-46 % der Patienten mit einer HCV-Genotyp-1-Infektion und bei 76-82 % bei Patienten mit einer HCV-Genotyp-2/3-Infektion.
Derartige Behandlungserfolge lassen sich jedoch nur erzielen, wenn zum einen die Indikation richtig gestellt und zum anderem die Medikamentendosis und die Therapiedauer weit gehend eingehalten werden können. In der klinischen Praxis, abseits der Studiensituation mit festen Ein- und Ausschlusskriterien, sehen wir uns häufig mit Konstellationen konfrontiert, die sowohl bezüglich der Indikation zur Therapie als auch hinsichtlich der Aufrechterhaltung der notwendigen Therapiedauer und -dosis problematisch sind [Tab. 1]. Dabei sind oft gerade diese Patienten auf eine langfristige Kontrolle ihrer Hepatitis-C-Virusinfektion angewiesen.
Problemsituationen können sich insbesondere ergeben bei
Da diese Komorbiditäten in den meisten großen Therapiestudien Ausschlusskriterien waren, sind die Kenntnisse zur Sicherheit und Effizienz einer antiviralen Kombinationstherapie einer chronischen Hepatitis C in diesen Fällen insgesamt begrenzt. Mittlerweile liegen allerdings aufgrund von Therapieoptimierungs- und Kohortenstudien, Einzelfallberichten sowie der zahlreich durchgeführten Therapien in den großen Behandlungszentren Erfahrungswerte vor, die ein sinnvolles Management dieser Problemsituationen ermöglichen. So kann heute unter bestimmten Voraussetzungen und begleitenden Maßnahmen vielen dieser Patienten durchaus eine Therapie ihrer Hepatitis-C-Erkrankung mit begründeter Aussicht auf einen Behandlungserfolg - bei vertretbarem Risiko - angeboten werden.
Patienten mit Depressionen
Patienten mit Depressionen
Psychiatrische Syndrome im Zusammenhang mit einer chronischen Hepatitis C sind häufig. Im Vordergrund stehen dabei Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Leistungsminderung. Bei 5-30 % der Patienten spielen auch depressive Symptome eine Rolle - etwa ein Viertel davon bedarf einer Behandlung mit Antidepressiva. Da unter einer Therapie mit Interferon-α wiederholt schwere Exazerbationen von Depressionen (zum Teil mit Suiziden) beschrieben sind, ist eine instabile, akute Depression eine Kontraindikation gegen eine Behandlung mit Interferonen. Patienten mit deutlichen depressiven Symptomen bedürfen deshalb grundsätzlich einer psychiatrischen Mitbetreuung, zudem sollte die Indikation für eine medikamentöse Behandlung geprüft werden. Ist eine solche angezeigt, hat sie immer Vorrang vor einer antiviralen Behandlung der Hepatitis C.
Liegt jedoch eine kontrollierte Depression (spontan oder unter antidepressiver Therapie) vor, kommt unter sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung eine interferonhaltige Therapie durchaus infrage. In Abstimmung mit dem Psychiater sollte eine begleitende antidepressive Behandlung, insbesondere mit einem Präparat aus der Gruppe der selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI, „selective serotonine reuptake inhibitor”), erwogen werden.
Besonders problematisch sind psychiatrische Nebenwirkungen unter einer bestehenden Interferon-α-Therapie. In der Regel beginnen sie nach einem Zeitraum von etwa einem Monat, nach rund drei bis vier Monaten erreichen sie ihre stärkste Ausprägung, die ohne Intervention dann oft über die weitere Behandlungszeit hin anhält. Solche neuropsychiatrischen Nebenwirkungen sind ein häufiger Grund für eine Dosisreduktion, Auslassen von Interferon-Dosen, vorzeitige Therapieabbrüche und damit unbefriedigende Behandlungsergebnisse!
Eine antidepressive Therapie mit Serotonin-Wiederaufnahmehemmern bei HCV-Patienten mit interferoninduzierter Major-Depression kann jedoch die Symptomatik rasch bessern, sodass die antivirale Behandlung bei fast 80 % der Patienten planmäßig beendet werden kann [7]. Nachdem sich der Nutzen einer prophylaktischen Therapie mit Paroxetin zur Prävention einer Depression bei hoch dosierter Interferon-α-Therapie bereits bei onkologischen Patienten erwiesen hat [11], gibt es hierzu jetzt bei Patienten mit Hepatitis C ebenfalls erste positive Daten [8]. Dabei war auch bei den leberkranken Patienten die antidepressive Therapie gut verträglich.
Aus den bisherigen Untersuchungen kann daher die Empfehlung abgeleitet werden, dass ein begleitendes psychometrisches Monitoring im Rahmen der Interferon-α-Therapie sinnvoll ist und bei Auftreten von depressiven Symptomen eine antidepressive Behandlung, vorzugsweise mit selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern, eingeleitet werden sollte. Neben Paroxetin scheinen sich derzeit insbesondere Citalopram und Escitalopram für den Einsatz bei Patienten mit Hepatitis C zu eignen.
Auch so genannte Relapse-Patienten oder Nonresponder mit interferonassoziierten Depressionen in der vorausgegangenen Therapie müssen von einer erneuten Behandlung nicht mehr ausgeschlossen werden. In diesen Fällen sollte entsprechend eine prophylaktische Behandlung mit selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern erfolgen [8].
Patienten mit HIV-Koinfektion
Patienten mit HIV-Koinfektion
Bei HIV-Patienten unter hochaktiver antiretroviraler Therapie (HAART) sind bei erheblich rückläufiger HIV-assoziierter Morbidität und Mortalität bis zu 50 % der Todesfälle auf lebererkrankungsbedingte Komplikationen zurückzuführen [1]
[2]. Wesentlicher Risikofaktor hierfür ist eine HCV-Koinfektion. Aufgrund gemeinsamer Übertragungswege ist eine Doppelinfektion mit hepatotropen Viren und HIV („human immunodeficiency virus”) nicht selten. Allein in Deutschland gibt es schätzungsweise 2800 Patienten, die an einer HBV/HIV-Koinfektion leiden, und etwa 6000 HCV/HIV-Koinfizierte.
Es besteht mittlerweile kein Zweifel daran, dass eine HIV-Koinfektion zu einer beschleunigten Progression der HCV-assoziierten Lebererkrankung führt. 10-15 Jahre nach der Infektion mit dem Hepatitis-C-Virus leiden 15-25 % der HIV-Koinfizierten an einer Leberzirrhose, ohne diese Koinfektion sind dagegen nur 2-6 % der Patienten betroffen [16].
Darüber hinaus scheinen auch hepatozelluläre Karzinome bei HIV-Koinfizierten häufiger und früher aufzutreten. Bei HCV/HIV-koinfizierten Hämophilen war ein Anstieg der lebererkrankungsassoziierten Mortalität ungefähr zehn Jahre früher zu beobachten, als wenn die Patienten nur mit dem Hepatitis-C-Virus infiziert waren [4]. Dabei lässt sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen der HCV-assoziierten Morbidität und Mortalität und der HIV-bedingten Immundefizienz aufzeigen [13]. Durch die HCV-assoziierte Leberschädigung ist zudem mit einer vermehrten Toxizität der antiretroviralen Therapie zu rechnen.
Diese Ausführungen machen deutlich, dass bei Patienten mit HIV/HCV-Koinfektion die erfolgreiche Behandlung der begleitenden Hepatitis C von großer Bedeutung ist. Frühere, vorwiegend kleine Studien mit einer Interferon-Monotherapie ergaben insgesamt unbefriedigende Therapieergebnisse. Doch auch in diesen Studien war das Ansprechen auf die Behandlung mit Interferon eng mit dem HIV-assoziierten Immunstatus verknüpft [10].
Inzwischen liegen auch bei HIV/HCV-koinfizierten Patienten die Ergebnisse mehrerer größerer Studien [3]
[9]
[12]
[18] zur Kombinationstherapie mit pegyliertem Interferon-α und Ribavirin vor. Der Immunstatus der Patienten war mit im Mittel 480-590 CD4-Zellen/μl überwiegend gut [Tab. 2]. Demnach verringert eine Verlängerung der Therapiedauer von 24 auf 48 Wochen die Relapse-Rate bei HIV/HCV-koinfizierten Patienten mit einer Infektion mit dem HCV-Genotyp 2 oder 3 erheblich, nämlich von 29 auf 2 % [12]
[18], und verbessert das dauerhafte Ansprechen deutlich (62 versus 52 %). Auch neuere Untersuchungen zur Hepatitis-C-Viruskinetik bei HCV/HIV-koinfizierten Patienten unterstützen dieses Ergebnis [15].
Besondere Toxizitätsprobleme treten in Form von Hyperlaktatämien, Laktatazidosen und Pankreatitiden vor allem bei den Patienten auf, die im Rahmen ihrer antiretroviralen Therapie Didanosin (DDI) und/oder Stavudin (D4T) erhalten. Hier besteht ein Zusammenhang mit Interaktionen dieser auch als D-Nukleosidanaloga bezeichneten Medikamente mit Ribavirin. Der gleichzeitige Einsatz von Didanosin und Ribavirin ist inzwischen eine Kontraindikation. Zu achten ist ferner auf eine hepatische Dekompensation bei Patienten mit bereits entwickelter Leberzirrhose, die unter einer Interferon-α/Ribavirin-Therapie bei HCV/HIV-Koinfektion gehäuft auftritt.
Wie bei HCV-Monoinfizierten konnte in den genannten Studien nun auch bei der Therapie der Hepatitis-C-Erkrankung von HCV/HIV-Koinfizierten die Therapiewoche zwölf als entscheidend für das weitere Therapieansprechen identifiziert werden. Demnach ist es nicht mehr sinnvoll, die Behandlung weiter fortzuführen, wenn die Hepatitis-C-Virus-RNA im Plasma nach zwölfwöchiger Behandlung nicht mindestens um zwei logarithmische Stufen abgesunken ist. Eine „normale” Ribavirin-Dosis von 800-1200 mg täglich scheint auch bei HCV/HIV-Koinfizierten die Raten des dauerhaften Therapie-Ansprechens zu verbessern, ohne zu einer erhöhten Abbruchrate zu führen [9]. Wenngleich die bisherigen Ansprechraten der Hepatitis-C-Therapie bei HCV/HIV-Koinfektion noch deutlich unter denen bei HCV-Monoinfektion liegen, so sind diese aktuellen Studienergebnisse doch insgesamt ermutigend.
Die Indikation zur antiviralen Behandlung einer Hepatitis C bei Patienten mit zusätzlicher HIV-Infektion orientiert sich wie bei Nicht-HIV-Infizierten an der Transaminasenaktivität und am Fibrosegrad. Liegt eine Infektion mit Hepatitis-C-Viren vom Genotyp 2 oder 3 vor, sollte insbesondere bei jüngeren Patienten die Indikation großzügig gestellt werden. Bei Patienten, die bislang noch keine antiretrovirale Therapie (ART) erhalten haben und eine CD4-Zellzahl von mehr als 350/μl sowie eine HI-Viruslast von weniger als 50000 Kopien/ml aufweisen, kann die HCV-Therapie unmittelbar eingeleitet werden - noch vor Beginn einer antiretroviralen Behandlung. Bei Patienten mit niedrigerer CD4-Zellzahl ist zunächst die antiretrovirale Behandlung zu initiieren bzw. optimieren. Während der Interferon-α/Ribavirin-Therapie sind D-Nukleosidanaloga zu vermeiden. Zu beachten ist, dass es unter einer Interferon-α/Ribavirin-Therapie zu einer deutlichen Reduktion der CD4-Lymphozyten kommen kann, die nach Absetzen der Therapie jedoch reversibel ist.
Von besonderem Vorteil ist es, wenn die Behandlung in Zentren oder Schwerpunktambulanzen durchgeführt wird, die sowohl in der Therapie der Hepatitis C als auch in der antiretroviralen Behandlung besonders erfahren sind. Leberwerte und leberfunktionsrelevante Laborparameter sind ebenso wie die HIV-spezifischen Laborwerte engmaschig zu kontrollieren. Wenn möglich, sollte die antivirale Therapie einer Hepatitis-C-Erkrankung bei Patienten mit HCV/HIV-Koinfektion im Rahmen von klinischen Studien erfolgen.
Patienten mit Drogenabusus
Patienten mit Drogenabusus
Ein intravenöser Drogengebrauch ist in der westlichen Welt eine dominierende Ursache für eine HCV-Übertragung. Bei Patienten mit Hepatitis C, deren Drogenkonsum Jahre zurückliegt, ergeben sich bei guter Therapiemotivation in der Regel keine Schwierigkeiten, eine Interferon-α/Ribavirin-Behandlung in der üblichen Art und Weise durchzuführen.
Besteht jedoch noch eine aktuelle Drogenproblematik bei Patienten mit chronischer Hepatitis C, erfordert dies, bei der Indikationsstellung zur antiviralen Therapie vielfältige Gesichtspunkte zu beachten und gegeneinander abzuwägen. So ist es von großer Bedeutung
-
ob der Patient zum aktuellen Zeitpunkt noch Drogen konsumiert oder bereits von einer gewissen Drogendistanz auszugehen ist
-
ob der Abusus gelegentlich erfolgt oder das Suchtverhalten unkontrolliert täglich vorliegt
-
welche Drogen eingenommen und wie sie appliziert werden und auch
-
in welchem sozialen Umfeld sich der Patient bewegt.
Andererseits müssen das Stadium der Lebererkrankung, der HCV-Genotyp sowie die mutmaßliche Therapiemotivation und Therapietreue des Patienten mit in die Überlegungen einfließen. Zudem sind Depressionen bei Drogenabhängigen häufiger, und die notwendigerweise parenterale Applikation des Interferons kann einem Drogenrückfall ebenso Vorschub leisten wie die initialen Nebenwirkungen der Therapie, die einem Drogenentzugssyndrom sehr ähnlich sein können.
Aufgrund der bisherigen Erfahrungen und verschiedener Studien zur Hepatitis-C-Therapie bei Drogenkonsumenten besteht sowohl international [17] als auch national [14] Konsens, dass Hepatitis-C-Patienten mit aktivem Drogenabusus ungeeignete Kandidaten für eine Kombinationstherapie mit Interferon-α und Ribavirin sind, wenngleich die Behandlung dieser Patientengruppe auch nicht pauschal vorenthalten werden sollte. In der Regel ist die Suchterkrankung das größere Gesundheitsrisiko dieser Patienten. Daneben ist aufgrund einer eingeschränkten Therapieadhärenz von einer reduzierten Ansprechrate auszugehen, das Risiko für das Auftreten relevanter Nebenwirkungen ist bei Drogenabusus erhöht. Überdies besteht bei fortgesetztem intravenösen Drogengebrauch das Risiko für eine Reinfektion mit dem Virus, da eine Ausheilung einer Hepatitis C keine Immunität vermittelt.
Aus diesen Gründen sollte die Therapie bei aktiven Drogenabhängigen bis auf wenige Ausnahmen - kontrollierter Drogengebrauch, hohe Therapiemotivation, dringliche Behandlungsindikation der C-Hepatitis - zurückgestellt werden und zunächst eine Suchttherapie erfolgen.
Eine Methadon- oder Buprenorphin-Substitution kann erwiesenermaßen die Häufigkeit des Drogengebrauchs und der drogenassoziierten Komplikationen vermindern [6]. Hinweise darauf, dass eine Methadon-Substitution den Erfolg einer Interferon-α/Ribavirin-Therapie direkt beeinflusst - sei es über Interaktionen mit Interferon-α bzw. Ribavirin oder eine vermehrte Toxizität -, gibt es bislang nicht.
Bei Patienten unter stabiler Substitution ist daher die Indikation zur Therapie der chronischen Hepatitis C individuell unter Berücksichtigung der oben genannten Gesichtspunkte zu stellen. Es ist anzustreben, möglichst viele mit dem Hepatitis-C-Virus infizierte Patienten mit aktivem intravenösen Drogenabusus in Substitutionsprogramme einzuschließen, wenn sie dazu motiviert und geeignet sind. Dies wird nicht zuletzt auch Einfluss auf die Epidemiologie der Hepatitis C haben. Bevor man eine Behandlung einleitet, empfiehlt es sich, die Suchterkrankung psychiatrisch-psychologisch zu beurteilen [5]. Während der Behandlung mit Interferon-α und Ribavirin sollten Kontrolluntersuchungen besonders engmaschig erfolgen.
Ein Alkoholabusus verursacht neben den angesprochenen, generellen Problemen als Suchterkrankung zusätzlich eine erhebliche Lebertoxizität. Patienten mit unkontrolliertem Alkohol-Suchtverhalten kommen für eine antivirale Therapie einer chronischen Hepatitis C daher in aller Regel nicht infrage. Eine Abstinenz ist hier wegen der additiven Leberschädigung von besonderer Bedeutung, weshalb alle Anstrengungen unternommen werden sollten, diese Patienten entsprechenden Behandlungsprogrammen zuzuführen - nicht zuletzt deshalb, weil in Anbetracht des oft bereits eingetretenen Leberschadens und des Risikos, ein hepatozelluläres Karzinom zu entwickeln, eine erfolgreiche Therapie der Hepatitis C in diesen Fällen besonders wichtig erscheint. Vor Beginn einer Interferon-α/Ribavirin-Therapie ist eine etwa sechsmonatige Abstinenz zu fordern.
Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion
Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion
Eine eingeschränkte Nierenfunktion ist ebenfalls kein seltener Befund bei Patienten mit chronischer Hepatitis C. Viele der Infektionen mit dem Hepatitis-C-Virus wurden bereits vor langer Zeit erworben - zu einem Zeitpunkt, als bei medizinischen Eingriffen und Transfusionen noch ein erhebliches Infektionsrisiko bestand. Entsprechend befinden sich zahlreiche Patienten in fortgeschrittenem Lebensalter mit, meist infolge typischer Komorbidität (z.B. Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie), eingeschränkter Nierenfunktion.
Bei Hämodialysepatienten ist die chronische Hepatitis C die häufigste Lebererkrankung und erhöht das Mortalitätsrisiko. Ein besonderes Problem ist die membranoproliferative Glomerulonephritis bei Vorliegen einer HCV-assoziierten Kryoglobulinämie. Darüber hinaus wird einer begleitenden Infektion mit dem Hepatitis-C-Virus bei Patienten nach Nierentransplantation eine prognostisch ungünstige Bedeutung sowohl im Hinblick auf das Transplantat- als auch das Patientenüberleben zugeschrieben.
So wünschenswert aus den genannten Gründen eine antivirale Therapie einer Hepatitis C bei Patienten mit Nierenerkrankungen ist, so schwierig sind andererseits Indikationsstellung und Durchführung. Neben fehlenden großen Studien ist dies im Wesentlichen durch die eingeschränkte renale Clearance der eingesetzten Medikamente und die damit verbundene vermehrte Toxizität bedingt.
Ribavirin ist bei Kreatininwerten von mehr als 2,0 mg/dl oder einer Kreatininclearance von weniger als 50 ml/min kontraindiziert. Da die Substanz nicht dialysabel ist, gilt diese Kontraindikation auch für Dialysepatienten. Wesentliche Komplikation im Falle einer Ribavirin-Akkumulation ist die dosisabhängige Hämolyse.
Möglicherweise kann in Zukunft ein therapeutisches Medikamenten-Monitoring von Ribavirin die Sicherheit der Therapie bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion verbessern, sodass die Gabe von Ribavirin unter engmaschiger Kontrolle der Serum-Konzentrationen und Dosisanpassung auch bei diesen Patienten möglich sein wird. Bislang fehlen dazu allerdings noch aussagekräftige Daten. In der eigenen Arbeitsgruppe wurde zwischenzeitlich eine geeignete Bestimmungsmethode für Ribavirin etabliert, um weitere Untersuchungen zur Ribavirin-Kinetik durchzuführen.
Aufgrund der bestehenden Kontraindikationen ist bei niereninsuffizienten Patienten eine antivirale Behandlung einer Hepatitis C lediglich mit einer Interferon-α-Monotherapie durchzuführen. Die wenigen, überwiegend mit nur geringen Patientenzahlen durchgeführten Studien dokumentieren ein sehr unterschiedliches Therapieansprechen zwischen 14 und 71 % - bei einer deutlich erhöhten Rate schwerer Nebenwirkungen (26 %).
PEG-Interferon-α 2b wird zu rund 30 % unverändert renal eliminiert und ist bei einer Kreatininclearance von weniger als 50 ml/min kontraindiziert. PEG-Interferon-α 2a wird dagegen überwiegend hepatisch ausgeschieden (renale Ausscheidung unter 5 %). Lediglich bei hochgradig eingeschränkter Nierenfunktion wird für diese Substanz eine Dosisreduktion, zum Beispiel auf 135 μg/Woche, empfohlen. Unabhängig vom Grad der Nierenfunktionseinschränkung sollten die Patienten jedoch intensiv überwacht werden.
Besonders problematisch ist eine Interferon-α-Therapie bei Patienten mit präterminaler Niereninsuffizienz, da in diesen Fällen damit zu rechnen ist, dass sich die Nierenfunktion weiter kritisch verschlechtert. Deshalb ist diese Situation in der Regel eine Kontraindikation für die Gabe von Interferon-α. Eine Ausnahme hiervon ist die durch Kryoglobulin bedingte Glomerulonephritis. Hier sind unter Interferon-α Besserungen - jedoch auch Verschlechterungen - der Symptome beschrieben.
Bei Dialysepatienten ist eine Interferon-Behandlung unter Abwägung von Nutzen und Risiko möglich. Dosisempfehlungen liegen hier lediglich für PEG-Interferon-α 2a vor (Anfangsdosis 135 μg/Woche).
Nutzen und Risiken genau abwägen
Nutzen und Risiken genau abwägen
Besonders in den dargestellten Problemsituationen ist die Indikation zur antiviralen Therapie einer chronischen Hepatitis C mit großer Umsicht unter Abwägung von Nutzen und Risiko zu stellen. Von Bedeutung ist hier vor allem, welchen Einfluss die Begleiterkrankung im Vergleich zur Hepatitis C auf die Lebensqualität und die Lebenserwartung des Patienten hat und welche Implikationen in Bezug auf die Sicherheit einer Therapie mit pegyliertem Interferon-α und Ribavirin bestehen. Auch wenn die Datenlage zur Hepatitis-C-Therapie bei Vorliegen von Begleiterkrankungen, die bislang überwiegend als relative Kontraindikationen gelten, noch relativ gering ist, können heute für viele dieser Situationen dennoch Empfehlungen gegeben werden, die eine erfolgreiche Therapie möglich machen.
Eine wichtige Entscheidungshilfe für eine genaue Beurteilung von Grading und Staging der Hepatitis ist - gerade bei den angesprochenen Patientengruppen - die Leberhistologie. Klinische Kontrolluntersuchungen sollten während der antiviralen Behandlung engmaschig erfolgen und Parameter mit einbeziehen, die für die Begleiterkrankung spezifisch sind.
Wenn möglich, sollte die Therapie einer Hepatitis C bei Vorliegen von Problemkonstellationen im Rahmen prospektiver Studien erfolgen. Eine geeignete Plattform hierfür ist das so genannte „Study-House” des Kompetenznetzes Hepatitis. Unter www.kompetenznetz-hepatitis.de sind Informationen zu aktuellen Studien und Behandlungszentren sowie auch allgemeine Diagnostik- und Therapieempfehlungen zu Virushepatitiden zu erhalten.
Tab. 1 Indikationen und Kontraindikationen einer anti-viralen Therapie bei Hepatitis-C-Virusinfektion
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Die Indikation zur HCV-Therapie ist allgemein anerkannt bei
-
Alter über 18 Jahre
-
erhöhter Alaninaminotransferase (ALT)
-
Hepatitis und Fibrose in der Leberhistologie
-
kompensierter Lebererkrankung
-
akzeptablen Hämoglobinwerten (> 13 g/dl bei Männern, > 12 g/dl bei Frauen)
-
akzeptabler Neutrophilenzahl (> 1500/μl)
-
akzeptablen Kreatininwerten (< 1,5 mg/dl)
-
Depression in der Anamnese, jedoch kontrolliert
-
vorhandener Therapiemotivation und Fähigkeit, Therapiebedingungen einzuhalten.
-
Die Indikation zur HCV-Therapie ist nicht allgemein anerkannt(individuelle Therapie / Studien) bei
-
anhaltend normalen ALT-Werten
-
Versagen einer HCV-Therapie in der Vorgeschichte
-
aktuellem Drogen- oder Alkoholabusus, jedoch Entzugs-/Substitutionsmotivation
-
keiner oder minimaler Fibrose in der Leberhistologie
-
akuter Hepatitis C
-
HIV-Koinfektion
-
Alter unter 18 Jahre
-
chronischer Nierenfunktionseinschränkung
-
dekompensierter Leberzirrhose
-
Zustand nach Lebertransplantation.
-
Als kontraindiziert gilt eine HCV-Therapie bei
-
unkontrollierter Major-Depression
-
Zustand nach Herz-, Lungen- oder Nierentransplantation
-
Autoimmunhepatitis
-
unbehandelter Hyperthyreose
-
keiner adäquaten Kontrazeption / Schwangerschaft
-
schwerer extrahepatischer Erkrankung
-
Alter unter drei Jahre
-
bekannter Hypersensitivität gegen Interferon- oder Ribavirin.
|
nach [17]
|
Tab. 2 Studien zur Interferon-α/Ribavirin-Therapie bei Patienten mit HCV/HIV-Koinfektion
Literatur
|
Patienten (n)
|
PegIFN-Typ
|
Ribavirin-Dosis (mg/d)
|
Therapie-dauer (Wochen)
|
CD4-Zellzahl/l
|
VR ( %)
|
SVR ( %)
|
vorzeitiger Therapie-abbruch / Abbruch wegen Nebenwirkungen
|
(3)
|
206
|
IFN-α 2b
|
800
|
Genotyp 1/4: 4
Genotyp 2/3: 48
|
477 (137-1310)
|
keine Daten
|
2
GT 1/4: 1
GT 2/3: 44
|
39 / 16
|
(9)
|
52
|
IFN-α 2b
|
800-1200
|
Genotyp 1/4: 4
Genotyp 2/3: 24
|
570
|
52
|
4
GT 1/4: 3
GT 2/3: 53
|
23 / 17
|
(12)
|
68
|
IFN-α 2b
|
800
|
Genotyp 1/4: 4
Genotyp2/3: 24
|
591 ± 200
|
4
GT 1/4: 3
GT 2/3: 81
|
2
GT 1/4: 2
GT 2/3: 52
|
21 / 15
|
(18)
|
290
|
IFN-α 2a
|
800
|
Genotyp 1/4: 4
Genotyp 2/3: 48
|
520 ± 277
|
4
GT 1/4: 3
GT 2/3: 64
|
4
GT 1/4: 2
GT 2/3: 62
|
25 / 12
|
IFN = Interferon; GT = Genotyp; VR = „virologic response” (virologisches Ansprechen am Ende der Behandlung); SVR = „sustained virologic response” (anhaltendes virologisches Ansprechen sechs Monate nach Therapieende)
|