Es ist allgemein anerkanntes Wissen, dass Karies, Gingivitis (Zahnfleischentzündung)
und Parodontitis (Entzündung des Zahnhalteapparates) auf die Anreicherung und die
Vermehrung von Bakterien auf der Zahnoberfläche und am Zahnfleischsaum zurückzuführen
sind.
Optimale Plaquekontrolle ist daher die zwingende Voraussetzung für die Erhaltung der
Mundgesundheit. Die mechanische Mundhygiene, also die Verwendung von Zahnbürste und
Zahnpasta, ist die Basis der täglichen Prophylaxebemühungen und wird von den Zahnärzten
seit vielen Jahren mindestens zweimal täglich gefordert [[10]]. Betrachtet man jedoch die Zahlen einer aktuellen Verbraucheranalyse (2003), so
geben nur ca. 70% der Befragten an, dass sie zweimal täglich ihre Zähne putzen. Dabei
gilt auch zu berücksichtigen, dass die Häufigkeit oft nichts mit der Gründlichkeit
des Zähneputzens zu tun hat. Bedenkt man dann, dass die durchschnittliche Putzdauer
in Deutschland zwischen 40s und 60 s pro Tag beträgt, wird deutlich, dass diese Maßnahmen
nicht ausreichend sind für eine effektive Plaquekontrolle und Prophylaxe von Erkrankungen
in der Mundhöhle. So haben z. B. mehr als 80% der Jugendlichen und Erwachsenen in
Deutschland Zahnfleischprobleme [[8]]. Untersuchungen zeigen jedoch, dass regelmäßiges richtiges Zähneputzen die Zahngesundheit
fördert und auch der Gingivitisbefall zurückgeht [[6], [7]]. Die mechanische Mundhygiene unter Verwendung einer Zahnpasta mit geeigneten Wirkstoffen
hat also nach wie vor einen unverändert hohen Stellenwert, dies wird sich auch in
der Zukunft nicht ändern.
Gerade in Zusammenhang mit Gingivitiden oder Risikogruppen (z. B. Träger von orthodontischen
Apparaturen; Personen mit eingeschränkter Mundhygienefähigkeit) zeigt sich jedoch,
dass die mechanischen Maßnahmen alleine nicht ausreichend sind. Mundspüllösungen mit
geeigneten Wirkstoffen sind im Sinne einer chemischen Plaquekontrolle eine sinnvolle
Ergänzung zur mechanischen Plaquekontrolle. Mundspüllösungen sollten prinzipiell nach
dem Zähneputzen angewendet werden, so können sie positive Effekte der Zahnpasta verstärken
und zur Prävention beitragen [[9]].
Von Substanzen oder Wirkstoffen zur chemischen Plaquekontrolle wird erwartet, dass
sie gezielt in der Mundhöhle wirksam sind, ohne dabei Nebenwirkungen zu haben. Antibakteriell
wirksame Substanzen können helfen, das Wachstum und den Stoffwechsel entzündungsauslösender
Bakterien in der Plaque zu unterdrücken oder die Bakterien sogar abzutöten, sodass
keine Giftstoffe mehr produziert werden können. Die verwendeten Wirkstoffe dürfen
jedoch nicht die im Allgemeinen positive und schützende Mikroflora in der Mundhöhle
zerstören. Denn sonst entsteht eine Situation, die wiederum die Ansiedlung von z.
B. Hefepilzen oder anderen Opportunisten mit entsprechenden negativen Folgen für das
Biotop Mundhöhle nach sich ziehen kann.
Gebrauchsfertige Mundspüllösungen der neuen Generation
Gebrauchsfertige Mundspüllösungen der neuen Generation
Angestrebt wird bei der Verwendung von antibakteriell wirksamen Substanzen in Mundspüllösungen
eine spezifische Wirkung gegen orale pathogene Bakterien. Die verwendeten Substanzen
müssen unter den in der Mundhöhle vorhandenen Bedingungen, also in vivo, wirksam sein
und ausreichend lange für eine antibakterielle Wirkung in der Mundhöhle verbleiben,
d. h. eine ausgeprägte Substantivität oder Verweildauer besitzen [[9]]. Entsprechend ihrer Substantivität werden antibakterielle Wirkstoff in "Generationen"
eingeteilt. Wirkstoffe der 1. Generation haben in vitro, also im Laborversuch, eine
antibakterielle Wirksamkeit gezeigt. Die antibakterielle Wirkung konnte jedoch nicht
in vivo nachgewiesen werden, die Substanzen der 1. Generation haben eine zu geringe
Substantivität, als dass sie unter den in der Mundhöhle herrschenden Bedingungen eine
maßgebliche Wirkung gegen Bakterien haben. Beispiele für Wirkstoffe der 1. Generation
sind z. B. Cetylpyridiniumchlorid (CPC), Hexetidin, ätherische Öle oder Sanguinarin
[[9]].
Wirkstoffe der 2. Generation verfügen hingegen über eine ausgeprägte Substantivität
und haben ihre antibakterielle Wirkung sowohl in vitro als auch in vivo unter Beweis
gestellt. Als Goldstandard in der Prävention und Therapie von Entzündungen hat sich
seit vielen Jahren der Wirkstoff Chlorhexidin in einer Konzentration von 0,2% etabliert
[[1], [10]]. Chlorhexidin besitzt eine hohe Substantivität und ausgeprägte antibakterielle
Wirkung. Lösungen mit Konzentrationen zwischen 0,1% und 0,2% Chlorhexidin (z. B. meridol®
Chlorhexidin 0,2% Mundspülung) werden z. B. bei eingeschränkter Mundhygienefähigkeit
aufgrund operativer Eingriffe oder nach parodontaler Behandlung in der Kurzzeitanwendung
auch als alleinige Mundhygienemaßnahme empfohlen und können daher als "chemische Zahnbürste"
bezeichnet werden. Aufgrund der mit der ausgeprägten Substantivität des Chlorhexidins
einhergehenden Nebenwirkungen, Verfärbungen von Zähnen, Zunge, Mundschleimhaut, Geschmacksirritationen
sollte Chlorhexidin nicht langfristig angewendet werden. Die auftretenden Nebenwirkungen
sind reversibel.
Auch die Wirkstoffkombination Aminfluorid/Zinnfluorid (meridol® Mundspüllösung) besitzt
eine sehr gute Substantivität und plaquehemmende Wirkung und wird als Wirkstoff der
2. Generation eingestuft [[9]]. Aminfluorid/Zinnfluorid konnte bis zu 8 h in antibakteriell wirksamer Konzentration
im Biofilm nachgewiesen werden [[3]]. meridol® Mundspüllösung ist eine ideale Ergänzung zum täglichen Zähneputzen bei
Zahnfleischproblemen und zum Schutz vor Gingivitis und Parodontitis. Künzel et al.
[[5]] untersuchten die Plaquehemmung durch Anwendung von Aminfluorid/Zinnfluorid. Die
Autoren fassen zusammen, dass die Aminfluorid-Zinnfluorid-Kombination eine effektive
Spüllösung zur chemischen Plaquekontrolle darstellt. Aufgrund ihrer Schutzwirkung
gegen Gingivitis wird der langfristige präventive Gebrauch empfohlen.
In einer Metaanalyse haben Brecx et al. [[4]] verschiedene Wirkstoffe und Mundspüllösungen anhand klinischer Studien bewertet
und sprechen eine Empfehlung für die Wahl der richtigen Mundspüllösung zur Prävention
und Behandlung von parodontalen Erkrankungen aus. Für die Kurzzeitanwendung, vor allem,
wenn die mechanische Mundhygiene nur eingeschränkt möglich ist, empfiehlt sich eine
Mundspülung mit 0,2% Chlorhexidin, um die Plaqueakkumulation auf ein Minimum zu reduzieren.
Für die Langzeitanwendung wird die Wirkstoffkombination Aminfluorid/Zinnfluorid als
ergänzende Maßnahme zur mechanischen Mundhygiene empfohlen.
Mundwässer in konzentrierter Lösung
Mundwässer in konzentrierter Lösung
Im Gegensatz zu gebrauchsfertigen Zubereitungen, wie sie als Mundspüllösungen auf
dem Markt erhältlich sind, sind Mundwässer konzentrierte Lösungen, die vor ihrer Anwendung
mit Wasser verdünnt werden. Häufig sind Mundwasserkonzentrate auf Basis von Pflanzenextrakten
entwickelt, die in Alkohol als Lösungsmittel gelöst werden. In der Regel beruht die
Wirkung eines Mundwasserkonzentrats auf einer Geschmackserfrischung durch die ätherischen
Öle, eine klinische Wirkung bezüglich Plaquehemmung ist durch den Verdünnungseffekt
als gering einzustufen. Offensichtlich ist die Konzentration möglicher antibakterieller
Inhaltsstoffe nicht ausreichend, um in der Mundhöhle eine In-vivo-Wirkung zu erzielen.
Empfehlenswert ist daher die Anwendung von gebrauchsfertigen, alkoholfreien Mundspüllösungen
mit Wirkstoffen mit guter Substantivität als Ergänzung zur mechanischen Mundhygiene.
Alkohol in Mundspüllösungen gilt an sich nicht als Wirkstoff zur Plaqueprävention,
die dafür erforderlichen Konzentrationen müssten bei 40% und mehr liegen, um das Wachstum
des dentalen Biofilms maßgeblich zu beeinflussen [[4]]. Alkohol dient in vielen Mundspüllösungen als Lösungsvermittler für Inhaltsstoffe,
wie z. B. ätherische Öle, die in Wasser nicht löslich sind. In Fertigpräparaten variiert
die Alkoholkonzentration von 5-30%, in Sprays oder Konzentraten kann die Alkoholkonzentration
bis zu 90% ausmachen. Es ist bekannt, dass bei häufigem Kontakt mit Alkoholkonzentrationen
von mehr als 20% lokaltoxische Wirkungen auftreten können [[11]]. Tierversuche haben gezeigt, dass die missbräuchliche Anwendung von alkoholhaltigen
Mundspüllösungen zu Hyperkeratosen der Wangenschleimhaut führt [[2]]. Aus den USA sind vereinzelt tödlich verlaufene Fälle bei Kindern durch irrtümliches
Trinken alkoholhaltiger Mundspüllösungen und akute Intoxikation beschrieben worden.
Die American Dental Association fordert daher, einen Warnhinweis auf Mundspüllösungen
mit mehr als 5% Alkohol anzubringen, und diese mit kindersicherem Verschluss auszustatten.
Wenn möglich sollte man daher auf alkoholfreie Produkte mit erwiesener Wirksamkeit
zurückgreifen.
Die konkrete Empfehlung eines Produkts zur chemischen Plaquekontrolle muss immer den
beabsichtigten Zweck, die Anwendungsdauer und eventuelle Nebenwirkungen berücksichtigen
und sollte individuell für jeden Patienten und seine spezifische Situation ausgesprochen
werden. Mundspüllösungen ersetzen nicht die tägliche mechanische Mundhygiene, sondern
sind eine ergänzende Maßnahme zu dieser und tragen zur Karies- und Gingivitisprävention
mit bei.