Quelle: Arbous MS, Meursing AE, van Kleef JW et al. Impact of anesthesia management characteristics
on severe morbidity and mortality. Anesthesiology 2005; 102 (2): 251-252
Thema: Noch nie waren Narkosen so sicher wie heute. Treten jedoch Zwischenfälle auf, handelt
es sich häufig um lebensbedrohliche und gefährliche Krisen. Wie sich das Narkosemanagement
auf das Operationsrisiko der Patienten auswirkt, das haben jetzt niederländische Forscher
in einer Fallkontrollstudie untersucht.
Projekt: Insgesamt analysierte das Team um D. Grobbee die Daten von 1690 Patienten aus einer
Kohorte von 869483 Patienten. 807 dieser Patienten blieben entweder über 24 Stunden
komatös oder verstarben in diesem Zeitraum, in der Kontrollgruppe (n = 893) traten
diese schwer wiegenden Komplikationen nicht auf.
Ergebnis: Bezogen auf eine Zahl von 10000 Anästhesien verstarben 8,8% der Patienten innerhalb
von 24 Stunden, 0,5% fielen in ein Koma, das mindestens 24 Stunden andauerte. Überprüfte
der Narkosearzt sein Equipment nach einem festgelegten Protokoll und mit einer Checkliste,
sank das Sterberisiko der Patienten deutlich (relative Risikoreduktion: 36%). Auch
die schriftliche Dokumentation dieser Kontrollen schafft mehr Sicherheit (relative
Risikoreduktion 39%). Ein entscheidender Faktor ist zudem die Anwesenheit des Anästhesisten
während der Operation: Kann dieser bei Komplikationen unmittelbar eingreifen, versterben
nur halb so viele Patienten wie in den Fällen, in denen ihn - wie dies in manchen
europäischen Ländern üblich ist - die Narkoseschwester vertritt. Günstig wirkt es
sich auch aus, wenn es während der Operation keinen "Schichtwechsel" in der anästhesiologischen
Betreuung gab.
Fazit: Eine kontinuierliche, gut dokumentierte, anästhesiologische Betreuung durch den Anästhesisten
kann demnach durchaus über Leben und Tod der Patienten entscheiden. Vor diesem Hintergrund
sollten die Bemühungen einiger privater Krankenhausbetreiber, die in Deutschland "Medizinische
Assistenten für Anästhesiologie" ausbilden wollen, um "einfache Narkosen" bei "absehbar
risikolosen Patienten" selbst leiten zu können, kritisch betrachtet werden, meint
die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI). Die Gesellschaft
warnt davor, dieses Vorhaben weiter zu verfolgen, da eine nach dem Dienstplan festgelegte
Delegation anästhesiologischer Leistungen mit Blick auf eine größtmögliche Sicherheit
des Patienten unvereinbar sei. Routinemäßig geplante Parallelnarkosen lehnt die DGAI
in einem Positionspapier ab.
Key Words: Narkoserisiko - Koma - Tod - Narkosemanagement - Parallelnarkosen