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DOI: 10.1055/s-2005-915499
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Harnblasenkarzinom - Neuer Test auf Tumormarker
Publication History
Publication Date:
18 August 2005 (online)
Patienten mit Blasenkarzinom setzen vermehrt das nukleäre Matrixprotein NMP22 in den Harn frei. Mit dem neuen NMP22-Bladder-Check-Test können in der Praxis in 4 Tropfen Urin die Werte des Tumormarkers bestimmt werden; Prüfärzte untersuchten vor einer Zystoskopie die Harnproben mit dem NMP22-Test und mit der konventionellen Harnzytologie (JAMA 2005; 293: 810-816).
H. Barton Grossman vom M. D. Anderson Cancer Center in Houston, USA, u. Mitarb., bewerteten prospektiv, ob der Urintest die Diagnostik bei Personen mit Risikofaktoren oder Symptomen eines Blasenkarzinoms verbessern kann. 1331 Patienten mit einer Raucher-Anamnese oder Symptomen wie Hämaturie und Dysurie wurden eingeschlossen.
Bei 79 Patienten wurde ein Blasenkarzinom diagnostiziert. Der NMP22-Test war bei 44 der 79 Patienten positiv, was eine Sensitivität von 55,7% bedeutet, die Harnzytologie dagegen nur bei 12 von 76 Patienten (Sensitivität 15,8%). Die Spezifität betrug beim NMP22-Test 85,7% und bei der Harnzytologie 99,2%.
Mithilfe des Tumormarkers konnten vier Blasenkarzinome entdeckt werden, die bei der initialen Zystoskopie nicht gesehen worden waren. Dies schloss 3 mit Invasion in den Muskel und 1 Carcinoma in situ mit ein. Mit der Kombination aus dem NMP22-Test und der Zystoskopie wurden 93,7% aller Karzinome im Vergleich zu 88,6% mit der alleinigen Zystoskopie entdeckt.
Unter den Studienteilnehmern mit dem höchsten Blasenkarzinomrisiko, Männer über 60 mit positiver Raucher-Anamnese, betrug der positive Vorhersagewert des NMP22-Tests 37%. Dies ist höher als der Vorhersagewert des Prostata-spezifischen Antigens (PSA) von 20% bis 30% bei Männern, die PSA-Werte zwischen 4 und 10 ng/ml und somit ein erhöhtes Prostatakarzinom-Risiko haben, bemerken die Autoren.

TNM-System der Harnblasentumoren (Urologie, Thieme).

Behandlungsschema des Harnblasenkarzinoms (Bild: Urologie, Thieme).
Fazit
Sie schließen, dass sich mit dem NMP22-Test in Verbindung mit einer Zystoskopie die Diagnostik eines Blasenkarzinoms verbessern lässt. Der Vorteil dieses Tests bestehe darin, dass die Ergebnisse bereits verfügbar sind, wenn sich der Patient noch in der Praxis befindet.
Dr. Ralph Hausmann, Frankfurt
#Erster Kommentar

O. Hakenberg
Vorbehalte gegen die Studie, die den NMP-Test positiv bewertet
Bei der im Journal of the American Medical Association veröffentlichten Multicenterstudie zur diagnostischen Wertigkeit des NMP22 handelt es sich um eine von der Industrie gesponsorte Untersuchung. Der Hersteller des NMP22-Testes, die Firma Matritech Inc., hat diese Studie geplant und deren Durchführung überwacht. Die Untersucher erhielten vom Sponsor eine Aufwandsentschädigung. Die erhobenen Daten dienten als Grundlage zur FDA-Zulassung des NMP22-Testes. Es handelt sich also eindeutig nicht um eine unabhängige Untersuchung.
Bei den auf den ersten Blick schlüssig dargestellten Ergebnissen wird besonders herausgestellt, dass bei der Untersuchung von 1331 Patienten die Sensitivität des NMP22-Schnelltestes in der Detektion eines Blasenkarzinoms bei 55,7% lag, die der konventionellen Urinzytologie dagegen deutlich schlechter war (15,8%). An dieses zunächst eindeutig erscheinende Ergebnis müssen jedoch aufgrund des Studiendesigns und der Analyse der Ergebnisse einige Vorbehalte geknüpft werden. Im Studiendesign wurden Patienten "mit Blasenkarzinomrisikofaktoren oder -symptomen wie Rauchen, Hämaturie oder Dysurie" eingeschlossen. Diese relativ breit definierte Palette lässt vermuten, dass alle Patienten, bei denen aus verschiedenen Gründen zystoskopiert wurde, eingeschlossen werden konnten. Dies berücksichtigt nicht die unterschiedliche Wahrscheinlichkeit eines positiven oder negativen Befundes im Einzelfall, definiert also nicht eine klare Zielgruppe, wie es bei einem besser definierten Kriterium, z.B. "Mikrohämaturie", der Fall gewesen wäre. Es wurden also sehr unterschiedliche Risikoprofile miteinander vermischt und die Einschlusskriterien unscharf definiert. Eine Aufschlüsselung der Verteilung der Patienten auf die einzelnen Indikationsgruppen für die Abklärung wird nicht angegeben.
Die Methodik und Durchführung der Urinzytologie in dieser Untersuchung wird nicht beschrieben, lediglich angeführt, dass Urin zur routinemäßigen zytologischen Untersuchung gemäß dem Standardvorgehen der jeweiligen Institution eingesandt wurde. Es bleibt also unklar, ob und welches Zellanreicherungsverfahren verwendet wurde, welche Färbetechnik, welches oder ob überhaupt ein Konservierungsmittel vor Versand des Urins zu Anwendung kam. Klar ist anscheinend jedoch, dass hierbei kein standardisiertes Vorgehen bei Urinkonservierung und -aufarbeitung verwendet wurde, wenn in jedem der 22 Untersuchungszentren so verfahren wurde, wie sonst auch immer.
In den USA werden urinzytologische Untersuchungen grundsätzlich nicht von Urologen durchgeführt, sondern an Pathologielabors eingesandt, in denen diese Untersuchungen dann meist von trainierten MTAs durchgeführt werden. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass die Urinzytologie, die spezielle Kenntnisse und Erfahrungen erfordert, in Untersuchungen aus den USA meist schlechter abschneidet als in ähnlichen Untersuchungen aus Deutschland. Trotzdem müssen die Autoren dieser Arbeit sich fragen lassen, weshalb die Urinzytologie mit einer Sensitivität von 15,8% in ihrer Studie deutlich unterhalb des internationalen Standards liegt. So wurden in Metaanalysen für die Urinzytologie Gesamtsensitivitäten von im Median 34 bis 55% ermittelt. Im eigenen Krankengut erzielten wir eine Gesamtsensitivität der Urinzytologie von 77%, wobei wie in allen Untersuchungen zur Zytologie die Sensitivität für die Erkennung hochdifferenzierter Urothelkarzinome (G1) deutlich niedriger, im klinisch relevanteren G2- und G3-Bereich aber wesentlich höher war (für G1 - G3 jeweils 54%, 78%, 86%). Dies zeigt, dass in der Untersuchung von Grossmann et al. eine mit einer Gesamtsensitivität von nur 15,8% qualitativ unzureichende Urinzytologie als Referenzwert herangezogen wurde.
In der vorliegenden Studie wurden bei 1331 Untersuchungen insgesamt 79 Blasenkarzinome entdeckt. Dies beinhaltete aber 7 Befunde, bei denen keine histologische Sicherung erfolgte. Die Gründe hierfür werden als schlechter Allgemeinzustand oder fortgeschrittenes Alter angeführt, der endoskopische Befund wurde jedoch als positiv gewertet und diese Patienten als solche mit nachgewiesenem Tumor in die Auswertung einbezogen. Dies ist methodisch nicht korrekt. In 4/7 dieser Fälle war der NMP22-Test positiv, die Zytologie in allen 7 Fällen negativ. Des Weiteren sind 9 Fälle unter diesen insgesamt 79 Tumorpatienten, bei denen die Zystoskopie negativ war (und keine Biopsie erfolgte), die aber im Verlauf der nächsten 3 Monate noch mal zystoskopiert wurden und dann einen positiven Befund hatten. Diese 9 Patienten hatten also möglicherweise zum Zeitpunkt der initialen Zystoskopie keinen Tumor; wie viele dieser 9 Patienten einen positiven NMP22-Test oder eine positive Zytologie zum Zeitpunkt der ersten Zystoskopie hatten, wird nicht angegeben.
Zur Beurteilung der diagnostischen Wertigkeit eines Urintestes gehören neben der Sensitivität auch die Spezifität, der positive und negative prädiktive Wert und die diagnostische Genauigkeit (accuracy). Erst diese fünf statistischen Parameter zusammen erlauben eine Beurteilung der Testqualität.
Beim sehr schlechten Abschneiden der Urinzytologie bezüglich der Detektion positiver Fälle (Sensitivität) zeigte sich dennoch eine bessere Spezifität als für den NMP22-Test (99,2 vs. 85,7%). Dies bedeutet, dass der NMP22-Test deutlich mehr falsch positive Ergebnisse als die Zytologie hatte. Tatsächlich lag die falschpositive Rate der Testergebnisse für den NMP22-Test bei 80,2%, was aus den Zahlen herausgerechnet werden kann, in der Arbeit jedoch nicht ausdrücklich angemerkt wird. Angegeben ist jedoch der statistische Wert des positiven prädiktiven Wertes. Dieser gibt den Anteil der richtig positiven an der Gesamtzahl aller positiven Testergebnisse wieder. Der positive prädiktive Wert für den NMP-Test lag bei 19,7%, für die Zytologie deutlich besser bei 54,6%. Hier wird deutlich, dass der NMP22-Test mit seiner extrem hohen Rate an falsch positiven Befunden von 80% in seiner Wertigkeit relativiert werden muss.
Ein weiterer Testparameter, der bei der Beurteilung von diagnostischen Tests als wesentlich angesehen wird, ist die so genannte "diagnostic accuracy". Diese bezeichnet die Rate aller richtig positiven plus richtig negativen Tests an der Gesamtzahl der durchgeführten Tests. Diese "accuracy" wird in der Arbeit von Grossmann nicht angegeben. Sie lässt sich jedoch anhand der genannten Absolutzahlen und angegebenen Spezifitäten berechnen und lag für den NMP22-Test bei 83,9% und für die Urinzytologie bei 94,2%.
Es zeigt sich also, dass trotz des unterdurchschnittlich schlechten Abschneidens der konventionellen Urinzytologie bezüglich der Sensitivität diese in mehreren entscheidenden Testparametern, die in der Arbeit entweder nicht genannt oder nicht in den Vordergrund gestellt wurden, besser abschnitt als der NMP22-Test.
Zusammen mit den genannten Problemen im Studiendesigns und bezüglich der sonstigen Methodik ergeben sich also insgesamt mehrere Vorbehalte gegen diese Studie. Die von den Autoren vorgenommene Interpretation der Ergebnisse, nämlich dass ein Urintest, welcher eine Sensitivität von 56% bei einer falschpositiven Testrate von 80% aufweist, die Diagnostik des Blasenkarzinoms verbessern könne, muss deshalb infrage gestellt werden.
Literatur beim Autor
PD Oliver Hakenberg, Dresden
#Zweiter Kommentar

I. Kausch
Die Analyse des positiven prädiktiven Wertes ist problmatisch
Die Notwendigkeit Urin-basierter Marker bei der Blasentumor-Detektion und -Nachsorge ist heute unbestritten. Eine Vielzahl potenziell sinnvoller Marker wurde publiziert und in zahlreichen klinischen Studien evaluiert. Nach wie vor existieren jedoch keine prospektiven Studien, die den wirtschaftlichen und diagnostischen Nutzen eines Markers in Korrelation mit dem Outcome der Patienten klar definieren bzw. die verschiedenen Marker im Vergleich untersuchen. Somit wird in jeder der zahlreichen Übersichtsarbeiten oder Kongress-Referate zu diesem Thema auf die Notwendigkeit entsprechender Studien verwiesen.
Grossmann et al. haben nun prospektiv den NMP22-Bladder-Check-Test in einem ausgesprochen großen Patientengut (n = 1331) evaluiert. Der Test weist nukleäre Matrix-Proteine im Urin nach. Diese Proteine bilden den inneren strukturellen Rahmen des Zellkerns und besitzen eine zentrale Rolle bei der Regulation verschiedener nukleärer Prozesse wie der DNA-Replikation und Genexpression. Größere Mengen von NMP22 werden im Urin von Harnblasenkarzinompatienten ausgeschieden. Zahlreiche Studien haben mit dem herkömmlichen NMP22-Test bereits einen sensitiven und spezifischen Marker beschrieben, auch wenn die Studien zum Teil sehr heterogen waren. Mit dem Bladder-Check-Test ist die technische Durchführung wesentlich vereinfacht worden und das Test-Ergebnis ähnlich wie beim Schwangerschaftsschnelltest sofort verfügbar.
In der Untersuchung von Grossmann et al. wurden Patienten mit erhöhtem Blasentumorrisiko in einer Screening-Situation untersucht. Das Screening auf Risiko-Patienten zu reduzieren erscheint sinnvoll, da ein Screening-Prozess bei der Gesamtbevölkerung erstens nicht kosteneffektiv wäre und zweitens deutlich weniger Tumoren detektieren würde.
#Der Einsatz dieses Testsystems scheint durchaus sinnvoll zu sein
Aufgrund der in dieser Arbeit berichteten diagnostischen Sensitivität von 55,7% und vergleichsweise hohen Spezifität von 85,7%, aufgrund der einfachen Testhandhabung und aufgrund der Kosten von etwa 50% im Vergleich zur Zytologie erscheint der Einsatz dieses Testsystems durchaus sinnvoll zu sein. Aus eigener Erfahrung, wenn auch mit weit niedrigerem Evidenz-Niveau, kann dies dadurch unterstützt werden, dass bereits mehrfach Patienten mit Blasentumoren in unsere Klinik eingewiesen wurden, die initial durch einen positiven BladderCheck-Test auffielen.
Problematisch bleibt jedoch die Analyse des positiven prädiktiven Wertes. Soloway, einer der Koautoren, hat in einer früheren Übersichtsarbeit darauf hingewiesen, dass in Screening-Verfahren ein möglichst hoher positiver prädiktiver Wert von etwa 90% vorliegen sollte, um unnötige Verängstigungen von Patienten und nachfolgende kostenintensive Untersuchungen zu minimieren. Der positive prädiktive Wert definiert den Anteil der Individuen, bei denen der Test positiv ist und eine Krankheit vorliegt (korrekt Positive / korrekt Positive + falsch Positive x 100). Tatsächlich liegt in der Studie von Grossmann et al. der positive prädiktive Wert insgesamt bei 19,7% und bei Patienten mit dem höchsten Blasentumorrisiko bei 37%. Obwohl der Wert damit, wie von den Autoren angeführt, über den Prostatakarzinom-Vorhersagewerten des PSA bei Männern mit PSA-Werten zwischen 4 und 10 ng/ml liegt, bleibt es derzeit letztlich der individuellen Analyse überlassen, inwiefern man den BladderCheck-Test beim Screening von Blasentumor-Risikopatienten einsetzt.

Der Test weist den Tumormarker NMP22 (nukleäres Matrixprotein 22) im Urin nach (Bild: Matritech GmbH).
Literatur beim Autor
PD Ingo Kausch, Lübeck
#Dritter Kommentar

U. Treiber
Die Aussage der Studie ist mit Vorsicht zu werten!
Die Autoren untersuchten im Zeitraum von 9/01-5/02 prospektiv die diagnostische Wertigkeit des POC-Tests NMP22- Bladder-Check im Vergleich zur Zytologie des Spontanurins vor Zystoskopie an einem Kollektiv von 1331 Patienten aus insgesamt 23 Institutionen in 10 Bundesstaaten der USA. Das Patientenkollektiv bestand aus Patienten mit erhöhtem Risiko auf das Vorliegen eines Harnblasenkarzinoms: Raucher sowie Patienten mit den Symptomen Hämaturie und Dysurie.
Hinsichtlich der Ergebnisse lassen sich die Patienten in 3 Gruppen einteilen: Patienten mit Harnblasenkarzinomen (n = 79; 6%), Patienten mit benignen urologischen Erkrankungen (n = 685; 51%) und Patienten, die keine nachweisbaren Pathologien des Urogenitaltraktes aufwiesen (n = 567; 43%). Die Sensitivität für NMP22-Bladder-Check im Vergleich zur Zytologie war signifikant höher und betrug 55,7 vs. 15,8%. Die Spezifität des NMP22-Bladder-Check im Vergleich zur Zytologie war signifikant niedriger und betrug 85,7 vs. 99,2%. Durch NMP22-Bladder-Check wurden 4 Karzinome zusätzlich entdeckt, welche in der initialen Zystoskopie nicht diagnostiziert wurden. Die Kombination von NMP22-Bladder-Check und Zystoskopie ergab eine Zunahme der Sensitivität von 88,6% (alleinige Zystoskopie) auf 93,7% (Zystoskopie und NMP22-Bladder- Check).
Die Autoren schließen daraus, dass die Kombination von NMP22-Bladder-Check und Zystoskopie die diagnostische Treffsicherheit der Zystoskopie verbessert. Insbesondere die rasche Verfügbarkeit des Ergebnisses (innerhalb von 30-50 Minuten) stellt einen Vorteil des neuen POC-Tests dar.
Die Untersuchung ist zunächst insofern bemerkenswert, da sie aufgrund der hohen Anzahl beteiligter Institutionen eine besondere logistische Herausforderung hinsichtlich Planung, Durchführung, Auswertung und Finanzierung darstellt. Allerdings scheint sie leider wenig geeignet, den Stellenwert des neuen POC-Tests NMP22-Bladder-Check im Vergleich zur konventionellen Urinzytologie bzw. den Vorteil der Kombination dieses Markers und der Zystoskopie herauszustellen. Dies aus mehreren Gründen:
Das ausgewählte Patientenkollektiv ist mit einer nur geringen Prävalenz von 6% an Patienten mit Harnblasenkarzinomen zu klein, um sinnvolle Aussagen zur Sensitivität eines Markers treffen zu können. Dies zeigt insbesondere die Analyse der Untergruppen, wenn z.B. nach dem T-Stadium stratifiziert wird. Hierbei findet man nur n = 5 Patienten mit pTis (Cis) bzw. nur n = 10 Patienten mit pT2-3 Tumoren. Mit pTX klassifizierte Tumoren fanden sich bei n = 7 Patienten, dies sind 8,9% des Gesamtkollektives der Patienten mit Harnblasenkarzinomen. Hinsichtlich des Gradings war bei n = 9 Patienten (GX: 11,4%) keine Aussage möglich.
Weiterhin lässt die Beschreibung des Patientenkollektives nicht erkennen, welchen prozentualen Anteil die Raucher hatten bzw. welcher Anteil davon Symptome wie Hämaturie bzw. Dysurie aufwies. Da jedoch nur insgesamt n = 79 Patienten ein Harnblasenkarzinom aufwiesen, würde eine diesbezüglich detailliertere Beschreibung des Patientenkollektivs eine sinnvolle Auswertung hinsichtlich dieses Parameters ebenfalls nicht zulassen.
Die Überlegenheit verschiedener so genannter "neuer Marker" in der Diagnostik des Harnblasenkarzinoms im Vergleich zur konventionellen Urinzytologie, insbesondere bei low-grade und low-stage Tumoren, ist in zahlreichen Studien belegt und stellt keine neue Information dar. Dies belegt auch die vorgestellte Untersuchung, bei der die Sensitivität des NMP22-Bladder-Check im Vergleich zur Zytologie der pTa-1-Tumoren mit 50 vs. 16,7% angegeben wird. Der Vergleich von NMP22-Bladder-Check mit der Urinzytologie bei Patienten mit pT2-3-Tumoren sollte vorsichtig interpretiert werden, da diese Patientengruppe mit nur 12,7% aller Patienten mit Harnblasenkarzinomen definitiv zu klein ist. Hinsichtlich des Gradings beträgt die Sensitivität des NMP22- Bladder-Check im Vergleich zur Zytologie bei G1-Tumoren 48,2 vs. 0% und für G2-Tumoren 50 vs. 16,7%. Ob die signifikante Überlegenheit des NMP22-Bladder-Check bei Patienten mit G3-Tumoren (72 vs. 37,5%) bestätigt werden kann, ist an Kollektiven mit größeren Patientenzahlen zu untersuchen.
Aufgrund der großen Anzahl von Patienten ohne Nachweis eines Harnblasenkarzinoms (n = 1252 ; 94%) ist die für NMP22-Bladder-Check ermittelte Gesamt-Spezifität von 85,7% durchaus aussagekräftig. Diese liegt innerhalb der Spannweite der publizierten Angaben zur Spezifität der ELISA-Version des NMP22.
Die Hauptaussage der Autoren, dass die Kombination von NMP22-Bladder-Check und Zystoskopie die diagnostische Treffsicherheit der Zystoskopie verbessert, kann nicht nachvollzogen werden. Unter alleiniger Zystoskopie betrug die Sensitivität hinsichtlich des Tumornachweises 88,6%, während bei Kombination von Zystoskopie und NMP22-Bladder-Check eine Sensitivität von 93,7% errechnet wurde. Der p-Wert beträgt nach Angaben der Autoren 0,26 und ist damit statistisch nicht signifikant verschieden.
Die als positiv herausgestellte Aussage, dass 4 potentiell lebensbedrohende Karzinome nur durch NMP22-Bladder-Check, nicht jedoch durch die initiale Zystoskopie erfasst wurden, ist mit Vorsicht zu werten. Dies deshalb, da einer dieser Patienten (25%) ein pT2G2-Karzinom des Ureters hatte, welches damit methodisch bedingt nicht durch die Zystoskopie detektierbar war und ein weiterer Patient ein Carcinoma in situ der Blase aufwies. Die anderen beiden Patienten hatten ein pT2G3- bzw. ein pT3G2-Karzinom der Harnblase. Dies sind 2/10 Patienten der Kategorie der pT2-3 Tumoren. Diese Subgruppe ist in der vorgestellten Studie zu klein, um sinnvolle Aussagen über die Sensitivität eines neuen Markers treffen zu können.
Da es sich bei dem NMP22-BladderCheck-Test um die POC-Version eines der so genannten "neuen Marker" in der Diagnostik des Harnblasenkarzinoms handelt, ist zunächst die Überprüfung dessen diagnostischer Wertigkeit an definierten Patientenkollektiven mit Harnblasenkarzinomen, die eine hinreichend große Anzahl von Patienten mit Primär- und Rezidiv-Tumoren beinhalten, notwendig. Auch nach Unterteilung der Patientengruppen in T-Stadien und Grading muss für jede Subgruppe eine ausreichend hohe Patientenzahl vorhanden sein, um sinnvolle statistische Aussagen treffen zu können. Zur Ermittlung der Spezifität müssen genau definierte urologische Patientengruppen und gesunde, altersgleicher Probanden in ausreichender Anzahl untersucht werden. Publizierte, begutachtete Studien, welche diesen Anforderungen entsprechen, liegen bislang nicht vor. Somit sollten für den Marker NMP22 zunächst Multicenterstudien, welche die diagnostische Wertigkeit der ELISA-Version im Vergleich zur POC-Version im simultanen Vergleich zur konventionellen Urinzytologie in den genannten Patienten- und Kontrollkollektiven mit ausreichend hohen Fallzahlen untersuchen, Vorrang haben.
Literatur beim Autor
PD Uwe Treiber, München

TNM-System der Harnblasentumoren (Urologie, Thieme).

Behandlungsschema des Harnblasenkarzinoms (Bild: Urologie, Thieme).

O. Hakenberg

I. Kausch

Der Test weist den Tumormarker NMP22 (nukleäres Matrixprotein 22) im Urin nach (Bild: Matritech GmbH).

U. Treiber