Pneumologie 2005; 59(10): 715-716
DOI: 10.1055/s-2005-915560
Preisarbeit
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Sind Nanopartikel als Trägersystem für den Gentransfer in Bronchialepithelzellen geeignet? Untersuchungen in der Zellkultur

In Vitro Study of the Suitability of Nanoparticles as a Vehicle for Gene Delivery into Airway Epithelium CellsM.  Brzoska1
  • 1Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Medizinische Klinik I, Schwerpunkt Pneumologie/Allergologie (Schwerpunktleiter: Prof. Dr. T. O. F. Wagner), Frankfurt/Main
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Dr. med. Martin Brzoska

Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität

Theodor-Stern-Kai 7 - 9

60590 Frankfurt am Main

Email: brzoska@em.uni-frankfurt.de

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Publication Date:
12 October 2005 (online)

Table of Contents

    Nanopartikel sind als Trägersysteme in der Lage, eine intrazelluläre Anreicherung von medikamentösen Substanzen und auch Nukleinsäuren in verschiedenen Geweben zu erzielen. Wesentliche Ursache hierfür ist zum einen, dass die Arzneistoffe oder Nukleinsäuren in der Nanopartikel-Präparation durch Bindung oder Umhüllung vor enzymatischer oder chemischer Zersetzung geschützt sind. Zum anderen können Nanopartikel zelluläre Membranen überwinden. Beschriebene Anwendungsgebiete reichen von der Verbesserung der Bioverfügbarkeit von antiretroviralen Substanzen über den Gen- und Oligonukleotidtransfer bis hin zur Desensibilisierung bei Erdnussbutterallergie.

    In Hinblick auf die Gentherapie, insbesondere bei Lungenerkrankungen, bestehen bei viralen Vektoren weiterhin Bedenken in Hinblick auf ihre Sicherheit. Nicht-viralen Vektoren hingegen fehlt die notwendige Transfereffizienz, so dass weiterhin nach einem geeigneten Trägersystem für die Gentherapie gesucht wird. Nanopartikel haben gewisse Vorteile wie Sicherheit, Stabilität, einfache Fertigung, Kostengünstigkeit und können auch bei relativ großen Transgenen angewandt werden. Ihre Nachteile sind reduzierte Transfereffizienz im Vergleich zu Viren und Toxizität bei hohen Konzentrationen. Es scheint jedoch, dass proteinbasierte Nanopartikel diese Hindernisse überwinden können. Sie zeichnen sich durch wesentlich geringere Toxizität aus und insbesondere auf humanem Serumalbumin basierende Nanopartikel könnten unerwünschte Interaktionen mit Serum bei systemischer Applikation von Transfektionskomplexen umgehen.

    In dieser Doktorarbeit wurden verschiedene Nanopartikel, darunter Gelatine- und Albuminnanopartikel und Cyanoakrylatnanopartikel mit Butyl- und Hexylseitenketten, auf ihre Tauglichkeit als Trägersystem zum Einsatz für einen späteren Gentransfer in Bronchialepithelzellen erprobt. In der Zellkultur wurden dazu an primären humanen Bronchialepithelzellen und an der Zelllinie 16HBE14o Zytotoxizitätstest nach Inkubation mit oben genannten Nanopartikeln durchgeführt. Weiterhin wurden qualitative und quantitative Aspekte der Aufnahme von fluoreszenzmarkierten Gelatine- und Albuminnanopartikeln in diese Zellen mit dem konfokalen Laserrastermikroskop und dem Durchflusszytometer untersucht. Bislang wurde eine Aufnahme von Nanopartikeln nur bei Zellen mononukleären Ursprungs nachgewiesen wie beispielsweise bei Makrophagen. Zusätzlich evaluiert wurde die inflammatorische Potenz von Gelatine- und Albuminnanopartikeln mittels einer quantitativen Interleukin-8-Bestimmung.

    Es konnte gezeigt werden, dass Cyanoakrylate aufgrund eines hohen zytotoxischen Effekts nicht für die Behandlung von Bronchialepithelzellen geeignet sind. Hierbei zeigten Cyanoakrylate mit kurzen Butylseitenketten eine ausgeprägtere Zytotoxizität als jene mit langen Hexylseitenketten. Gelatine- und Albuminnanopartikel hingegen zeichneten sich durch sehr geringe bis fehlende Zytotoxizität aus. Mit dem konfokalen Laserrastermikroskop konnte die Aufnahme von fluoreszenzmarkierten Gelatine- und Albuminnanopartikel in das Zellinnere von primären Bronchialepithelzellen dokumentiert werden. Erstmals wurde somit eine Nanopartikelaufnahme in Zellen nachgewiesen, die nicht zum mononukleären Phagozytensystem gehören. Die Versuche zur zellulären Aufnahme der Nanopartikel mit verschiedenen Inkubationsbedingungen zeigten, dass primäre Bronchialepithelzellen und 16HBE14o-Zellen Gelatine- und Albuminnanopartikel in einem aktiven, stoffwechselabhängigen Prozess aufnehmen, der am ehesten der Phagozytose entspricht. Ferner haben sich Albuminnanopartikel im Rahmen dieser Versuche als membranadhäsiv erwiesen. Mit dem Durchflusszytometer ließ sich schließlich eine Konzentrationsabhängigkeit der Aufnahme fluoreszenzmarkierter Gelatine- und Albuminnanopartikel zeigen und feststellen, dass alle Zellen einer Zellpopulation von primären Bronchialepithelzellen oder 16HBE14o-Zellen Nanopartikel aufnehmen. Selbst primäre Zellen, die durch die Kultur auf Membraneinsätzen auf einem hohen Differenzierungsniveau gehalten wurden, nahmen Nanoparikel auf. Eine quantitative Interleukin-8-Bestimmung zeigte schließlich, dass Gelatine- und Albuminnanopartikel keine Inflammation in primären humanen Bronchialepithelzellen und der Zelllinie 16HBE14o verursachen.

    Abschließend lässt sich sagen, dass die hier erprobten Nanopartikel bezüglich ihrer Zytotoxizität und ihrem inflammatorischem Potenzial als geeignet für den Gentransfer erscheinen. Die Aufnahme der Nanopartikel in das Zellinnere ist vielversprechend für eine spätere Expression von Transgenen in Bronchialepithelzellen. Weitere potenzielle Anwendungsgebiete sind antivirale Therapien, beispielsweise bei pulmonalen Cytomegalievirus-Infektionen unter Einsatz von mit Gancyclovir beladenen Nanopartikeln, oder die antibiotische Therapie von Infektionen mit fakultativ intrazellulären Mikroorganismen. Insbesondere würden auch Antisense-Oligonukleotide von der Stabilisierung in einem solchen Trägersystem und dem gleichzeitigen Schutz vor enzymatischer Degradation profitieren. Um die zellulären Aufnahmevorgänge für Nanopartikel zu optimieren, können proteinbasierte Nanopartikel oberflächenmodifiziert werden. Zum Beispiel konnte Avidin an die Oberfläche der Nanopartikel gebunden werden. Ein anderes vielversprechendes Konzept ist auch die oberflächliche Bindung von Transferrin, um eine rezeptorvermittelte Endozytose zu erreichen.

    Da bisher noch keine Lösung für den Gentransfer in Bronchialepithelzellen gefunden worden ist, sollte das primäre Ziel in Zukunft sein, die Transfereffizienz von Nanopartikeln zu verbessern, um ähnlich gute Ergebnisse erzielen zu können wie mit Viren und Liposomen. Geeignete Methoden zur Verwirklichung dieses Ziels sind die Verbesserung der zellulären Aufnahme und die Erhöhung der Beladungskapazität der Nanopartikel.

    Dr. med. Martin Brzoska

    Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität

    Theodor-Stern-Kai 7 - 9

    60590 Frankfurt am Main

    Email: brzoska@em.uni-frankfurt.de

    Dr. med. Martin Brzoska

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    Email: brzoska@em.uni-frankfurt.de