psychoneuro 2005; 31(7/08): 388-391
DOI: 10.1055/s-2005-915995
Schwerpunkt

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Psychogene Bewegungsstörungen

Psychogenic Movement DisordersHermann Ebel1 , Christian Algermissen1
  • 1Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie/Psychosomatik des Klinikums Ludwigsburg
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Korrespondenzadresse:

Prof. Dr. med. Hermann Ebel

Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie/Psychosomatik des Klinikums Ludwigsburg

Posilipostr. 4

71640 Ludwigsburg

Email: Hermann.Ebel@kliniken-lb.de

Publication History

Publication Date:
01 September 2005 (online)

Table of Contents #

Zusammenfassung

In neurologischen Kliniken weisen 2-25 % der Patienten psychogene Bewegungsstörungen auf.

Die Gefahr, solche Patienten fälschlich als neurologisch krank einzuordnen, ist vergleichbar dem Risiko, eine organische Erkrankung als psychogen fehl zu diagnostizieren. Die Diagnose muss auf erprobten neurologischen Kriterien beruhen. Alle Patienten sollten bezüglich psychiatrischer Symptome untersucht werden, da zwei Drittel von ihnen auch unter einer psychischen Störung leiden. Ein integrativer Ansatz, der sowohl Neurologen als auch Psychiater einbezieht, ist die effektivste Methode zur vollständigen diagnostischen Abklärung. Heute stehen mehrere effektive Therapieansätze zur Verfügung wie z.B. die kognitive Verhaltenstherapie und Biofeedback-Behandlung. Allerdings ist selbst mit gezielter Behandlung die Prognose nicht bei allen Patienten günstig.

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Summary

From 2-25 % of the patients in neurological departments suffer from psychogenic movement disorders. The risk of erroneously diagnosing such patients as being neurologically ill is comparable with that of misdiagnosing an organic disease as psychogenic. The diagnosis must be based on tried and tested neurological criteria. All patients should be screened for psychiatric symptoms, since two-thirds will also have psychiatric comorbidity. The most effective method of achieving a complete diagnostic evaluation is an integrative approach that includes both neurologists and psychiatrists. A reliable diagnosis is important, in particular since a variety of effective therapeutic approaches are available, such as cognitive behavioural therapy and biofeedback. However, even with appropriate treatment, not all patients have a good prognosis.

Typische und „klassische” psychogene (dissoziative) Symptome sind solche, welche neurologische Erkrankungen nachahmen bzw. vermuten lassen, ohne dass Anamnese, körperlich-neurologische Untersuchung und Zusatzdiagnostik eine organische Ursache aufdecken können. Zu diesen sog. pseudoneurologischen Symptomen zählen neben Krampfanfällen und Sensibilitätsstörungen in erster Linie motorische Phänomene wie Paresen sowie Bewegungs-, Haltungs- und Koordinationsstörungen. In der klinischen Praxis ist allerdings das für den positiven diagnostischen Nachweis wichtige bzw. entscheidende psychiatrische Kriterium über kurz zurückliegende, auslösende Belastungen häufig nicht geeignet, dissoziative Symptome von Symptomen organischer Erkrankungen zu unterscheiden. Viele Körperkrankheiten werden ebenfalls durch seelische Belastungen ausgelöst oder können dadurch verstärkt werden. Wenn der Untersucher daher eine psychogene (dissoziative) Bewegungsstörung von einer echten organischen Erkrankung differentialdiagnostisch abgrenzen will, ist er in der Regel doch darauf angewiesen, organische Erkrankungen - oft unter Einsatz aufwändiger Diagnostik - auszuschließen und gleichzeitig zu zeigen, dass die Symptombildung den Vorstellungen der Patienten von ihrem Körper und nicht der Anatomie und Physiologie des Nervensystems folgen. Patienten mit dissoziativen Bewegungsstörungen präsentieren sich mit ähnlichen Mustern, die wiederum von den charakteristischen Merkmalen organischer Bewegungsstörungen abweichen. Damit lässt sich eine dissoziative Bewegungsstörung positiv diagnostizieren und ist nicht lediglich eine Ausschlussdiagnose.

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Diagnostische Sicherheit

Verschiedene Studien zeigten, dass Patienten, deren Symptome als neurologisch nicht erklärbar eingestuft wurden, im weiteren Verlauf sehr selten die Diagnose einer echten neurologischen Störung erhielten. So fanden sich in einer Studie lediglich bei einem von 42 Patienten mit dissoziativen Lähmungen im Mittel nach 12,5 Jahren eine neurologische Erklärung für die Symptome [22]. In einer anderen Studie hatten nur drei von 64 Patienten mit dissoziativen Lähmungen eine identifizierbare somatische Störung entwickelt, die auch die ursprüngliche Lähmung sechs Jahre nach der initialen Untersuchung erklären konnte [5]. Obwohl sich somit die Diagnose einer dissoziativen Störung mit großer Sicherheit stellen lässt, tendieren Ärzte aus zu großer Vorsicht dazu, dissoziative Störungen zu selten zu diagnostizieren. Diese Einstellung ist nicht ohne Konsequenzen, da verschiedene Studien gezeigt haben, dass das Verschleppen der Diagnose einer dissoziativen Störung mit einem schlechteren Ausgang assoziiert ist [16]. Dies bedeutet allerdings nicht, dass Neurologen übereilt eine dissoziative Störung diagnostizieren sollten, weil daraus ebenfalls gravierende Fehldiagnosen resultieren können. Besonders groß ist die Gefahr bei Patienten mit atypischen oder seltenen neurologischen Krankheiten, die im Fall einer Fehldiagnose nicht die angemessene Behandlung erhalten oder auch von sozialen Unterstützungen (z.B. Rente) ausgeschlossen werden. Zudem gilt bedauerlicherweise nach wie vor, dass, wenn ein Arzt ein Beschwerdebild erst einmal als dissoziativ eingeordnet hat, solche Patienten weniger ernstgenommen werden und/oder keine entsprechenden Behandlungen erhalten [21].

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Aggravation und Simulation

In Übereinstimmung mit den derzeitigen Klassifikationssystemen für psychische Störungen (DSM-IV, ICD-10) versuchen die meisten Ärzte funktionelle, somatoforme bzw. dissoziative Symptome, die nicht vorsätzlich vom Patienten produziert werden, von Symptomen abzugrenzen, die vorgetäuscht werden. Da aber bislang keine verbindliche kategoriale Unterscheidung zwischen Patienten, die ihre Symptome vortäuschen und Patienten, die es nicht tun, möglich ist, ist es bis auf weiteres auch nicht möglich zu beantworten, ob und wie häufig somatoforme bzw. dissoziative Symptome vorsätzlich produziert werden [11]. Über die Vortäuschung von Krankheit bzw. über die Bewusstseinsnähe eines Verhaltens kann der Untersucher somit nur Vermutungen anstellen, die sich letztlich auf die Interpretation mehr oder weniger verlässlicher Indizien (sekundärer Krankheitsgewinn, Begehrenshaltungen) stützen. Eine sichere Aussage lässt sich nur durch das Bekenntnis des Betroffenen gewinnen. Insbesondere im Rahmen von Begutachtungsverfahren stellt sich häufig die Frage nach einer möglichen Aggravation oder Simulation. Bestehen deutliche Diskrepanzen zwischen den Beschwerdeangaben und objektivierbaren Befunden, können sog. Symptomvalidierungstests eingesetzt werden, um den Verdacht auf Aggravation oder Simulation zu erhärten oder in Frage zu stellen [18].

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Klinische Merkmale

Dissoziative Bewegungsstörungen sind charakterisiert durch vielfältige und verschiedenartige motorische Phänomene, die zum einen echten organischen Störungen sehr ähnlich sind, zum anderen sehr dramatische und bizarre Formen annehmen können [10] [17] [18] [24]. Identifizieren lassen sie sich oft aufgrund ungewöhnlicher motorischer Phänomene sowie einer Diskrepanz zwischen den Beeinträchtigungen des Patienten und objektivierbaren motorischen Defiziten. Bestimmte Merkmale können die Abgrenzung dissoziativer von „echten” neurologischen Gang- und Standstörungen erleichtern [Tab. 1]

Die Diagnose einer dissoziativen Bewegungsstörung stützt sich somit auf die für eine Psychogenese sprechenden positiven Symptome sowie auf das Fehlen der sonst üblichen Merkmale organischer Bewegungsstörungen [10]. Die Diagnosestellung bei dissoziativen Bewegungsstörungen mit Basalgangliensymptome ist i.d.R. schwieriger als bei Patienten mit dissoziativen Gangstörungen. Die mittlere Dauer einer psychogenen Bewegungsstörung beträgt bei 25 % der Patienten 0,5, bei 40 % der Patienten 2,0 und bei 35 % der Patienten 23,5 Jahre [24]. Drei Viertel der Patienten erhalten zunächst irrtümlich die Diagnose einer organisch bedingten Bewegungsstörung [17].

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Dissoziative Gang- und Standstörungen

Die „klassische hysterische Gangstörung” ist definiert als die Unfähigkeit zu stehen oder zu laufen, obwohl die Beine im Liegen vollkommen normal funktionieren. Bei der Untersuchung schwanken und torkeln solche Patienten in die Arme des Untersuchers oder stürzen zu Boden, ohne sich zu verletzen [Tab. 2]. Bestimmte Phänomene wie z.B. eine unökonomische Haltung ermöglichen eine sichere Diagnose bei 90 % der Patienten [15].

Weitere Symptome, die eine nichtorganische Entstehung der Bewegungsstörung vermuten lassen, sind Pseudoataxie, seitliche Ausfallschritte, Nachziehen des Beines, Daueranspannung der Zehen, bizarrer Tremor, Stöhnen bei Bewegungsausführung, bizarre Handhaltung und Anfassen des paretischen Beines. Diese Symptome können zwar diagnostisch richtungsweisend sein, sichern aber in keinem Fall die Diagnose [15].

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Dissoziativer Tremor

Der Tremor gehört zu den häufigeren dissoziativen Bewegungsstörungen, betrifft meist den dominanten Arm und manifestiert sich i.d.R. als Ruhe-, Halte- und Intentionstremor [7] [12] [Tab. 3].

Bei dem Koaktivierungszeichen handelt es sich um ein nahezu sicheres Zeichen für die Diagnose des psychogenen Tremors: Die Mehrzahl der Patienten mit psychogenem Tremor benützt einen Klonusmechanismus zur Erzeugung des Tremors aus. Dieser ist nur einzuleiten, wenn die Antagonisten eines Gelenkes vorgespannt werden. Diese Vorspannung ist für den Untersucher beim passiven Durchbewegen der zitternden Extremität fühlbar [7].

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Dissoziative Dystonie

In der Vergangenheit wurden die verschiedenen Formen organischer Dystonien häufig als psychogen bedingt fehldiagnostiziert [17]. Dies führte zu der ausgesprochenen Weigerung von Neurologen, Dystonien überhaupt noch als psychogen bedingt aufzufassen, was die Notwendigkeit diagnostischer Kriterien für die dissoziative Dystonie unterstreicht [Tab. 4]. Wie bei keiner anderen psychogenen Bewegungsstörung ist die Diagnose davon abhängig, dass klinische Merkmale organischer Dystonien fehlen [8].

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Dissoziatives Parkinson-syndrom

Bei den ungewöhnlich seltenen, aber schwer als psychogen zu objektivierenden dissoziativen Parkinson-Symptomen ist wiederum kennzeichnend, dass das Bild mit einem organischen Parkinsonismus nicht übereinstimmt und inkonsistent ist [10]. Auffällig kann sein, dass ein Ruhetremor auch in Aktion vorhanden ist, d.h. dass es nicht zu der für M. Parkinson typischen vorübergehenden Abnahme kommt. Der Rigor entspricht nicht einem Zahnradphänomen, sondern erscheint vielmehr wie ein aktiver, willentlicher Widerstand. Die Bradykinese zeigt nicht die typische „Ermüdungskomponente”, die zu einer zunehmenden Einschränkung der Amplitude und Abnahme der Frequenz beim echten Parkinson-Syndrom führt. Außerdem finden sich bizarre Gangstörungen mit kräftig adduziertem Arm und extremen, unangemessenen Reaktionen bei minimaler Auslenkung. Die Symptome sind zu Beginn am stärksten und weisen untypische Fluktuationen ihrer Intensität auf [13].

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Dissoziativer Myoklonus

Die eher seltenen dissoziativen Myoklonien betreffen vorrangig Frauen im Alter von Anfang 40 und manifestieren sich typischerweise nach einem belastenden Lebensereignis oder Konflikt [18]. Die Myoklonien können segmental, generalisiert und/oder fokal verteilt sein. Kombinationen mit weiteren nicht organischen Funktionsstörungen wie Tremor, Dystonie und Gangstörungen sind nicht selten. Intensität und Häufigkeit können - sowohl in Ruhe als auch bei Innervation - deutlicher als bei organischen Myoklonien variieren [19]. Bei organischen Myoklonien ist der Beginn zudem meist schleichend und Remissionen treten nicht plötzlich auf. Elektrophysiologische Untersuchungen (Elektromyografie, Startle-Reflex, Bereitschaftspotential) können bei der Differentialdiagnose hilfreich sein [Tab. 5].

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Psychiatrische Aspekte

Idealerweise sollten alle Patienten mit dissoziativen Bewegungsstörungen in psychiatrische Untersuchung überwiesen werden und insbesondere bezüglich Angst und Depression exploriert werden. Dies gilt um so mehr, da dissoziative Störungen selbst einen relevanten Marker psychiatrischer Morbidität darstellen. So hatten in einer großen Studie mit 300 ambulanten neurologischen Patienten 67 % der Patienten mit organisch nicht erklärbaren Symptomen, aber nur 38 % der Patienten mit organisch erklärbaren Symptomen eine Depression oder eine Angststörung [3]. In einer anderen Studie zeigten 33 % der Patienten mit dissoziativen Bewegungsstörungen, aber nur 10 % der Patienten der Kontrollgruppe eine relevante psychiatrische Erkrankung [1]. Während 13 % der Patienten mit nicht erklärbaren Symptomen in den letzten zwei Wochen ernsthaft über Suizid nachgedacht hatten, traf dies nur bei 7 % der Patienten mit erklärbaren Symptomen zu [4]. Diese Ergebnisse stimmen mit anderen Beobachtungen überein, dass Patienten mit neurologisch nicht erklärbaren Symptomen mehr als zweimal so häufig an einer psychiatrischen Störung leiden [23]. Nach Möglichkeit sollte der psychische Befund von einem Psychiater erhoben werden, der mit der Thematik dissoziativer Störungen vertraut ist. Bedauerlicherweise sind aber psychiatrische Liaison-Dienste bzw. neurologische Dienste für Patienten mit somatoformen bzw. dissoziativen Störungen weiterhin dünn gesät. Darüber hinaus lehnt ein beträchtlicher Anteil der Patienten das Angebot, einen Psychiater zu sprechen, ab [21].

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Prognose

Studien bei Patienten mit dissoziativen Paresen zeigten, dass 37-83 % der Patienten noch 2-16 Jahre nach der Diagnosestellung entsprechende Symptome aufwiesen [2] [16] [22]. Diese ungebessert gebliebenen Patienten nehmen natürlich auch das Gesundheitssystem weiter in Anspruch. So ergab sich in einer Studie an 64 Patienten mit dissoziativen Bewegungsstörungen, dass sechs Jahre nach der Diagnosestellung 51 % der Patienten zu einem anderen Neurologen überwiesen worden waren, 28 % davon mit denselben Symptomen [6]. In diesen Fällen besteht die Gefahr, dass neue Ärzte, die mit dem einzelnen Fall unvertraut sind, erneut unnötige Untersuchungen in Gang setzen oder eine organische Erkrankung vermuten bzw. diagnostizieren, welche schon ausgeschlossen wurde. Die genannten neueren Studien unterstreichen zudem die Ergebnisse früherer Untersuchungen, wonach die Prognose dissoziativer Bewegungsstörungen als eher ungünstig anzusehen ist. Selbst unter psychotherapeutischer Behandlung ist der Ausgang nicht bei allen Patienten günstig [18]. Der Ausgang ließe sich wahrscheinlich verbessern, wenn die Diagnose solcher Störungen offensiver gesucht und besser kommuniziert würde. Besser ist die Prognose vor allem dann, wenn die Patienten in einem stabilen sozialen Umfeld leben und ihre Symptome zu emotionalen Belastungen in Beziehung setzen können [21].

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Diagnose und Therapie

Eine sorgfältige körperliche Untersuchung, indizierte apparative Diagnostik und die Informationen über die festgestellten Befunde bilden die Grundlage für die Therapie von dissoziativen Störungen [9]. Prinzipiell kann und soll der Psychiater nicht die Diagnose einer dissoziativen Bewegungsstörung stellen, da dies die Aufgabe des Neurologen ist [10]. Umgekehrt sollte der Neurologe nicht ohne den Psychiater eine vollständige psychopathologische Diagnostik und Behandlungsplanung vornehmen (25). Ein stationärer Rahmen ist nicht nur für die Diagnostik, sondern manchmal auch dazu geeignet, über die Psychogenese der Symptome Schritt für Schritt aufzuklären. Ergänzend gehört zur Diagnostik auch eine sorgfältige apparative Abklärung, um eine organische Grundlage nicht zu übersehen, was aufgrund der bekanntermaßen hohen Komorbidität dissoziativer Bewegungsstörungen mit echten neurologischen Ausfällen zu bedenken ist [Tab. 6].

Wichtig erscheint es darüber hinaus, auch die häufig komorbiden psychiatrischen Diagnosen wie Depression, Angst und andere somatoforme Störungen zu erfassen. Außerdem sollte der Patient nie das Krankenhaus verlassen, bevor er nicht sorgfältig [21] über die Psychogenese seiner Störungen aufgeklärt wurde. Eine Überweisung in ambulante oder stationäre psychotherapeutische Behandlung sollte dann erfolgen, wenn im Verlauf der Gespräche schwerwiegende biografische Belastungsfaktoren erkennbar werden. Eine verhaltenstherapeutische/kognitiv-behaviorale Behandlung ist vor allem dann indiziert, wenn die direkte und unmittelbare Beeinflussung der Symptomatik in der Behandlung im Vordergrund steht [9]. Wesentliche Elemente verhaltenstherapeutischer Ansätze sind die Bearbeitung von kognitiven Einstellungen im Hinblick auf die Symptomentstehung, das Ansprechen belastender Lebensumstände, eine Reduktion vermeidenden Bewältigungsverhaltens sowie die Entwicklung alternativer Lösungsstrategien und die Bestärkung von Normalverhalten. Da insbesondere Bezugspersonen als Verstärker zur Aufrechterhaltung und zum Wiederauftreten von Konversionssymptomen beitragen können, sind sie grundsätzlich in die Therapie miteinzubeziehen.

Tab. 1 Allgemeine Merkmale dissoziativer Bewegungsstörungen
  • Abrupter Beginn / Spontane Remission

  • Multiple neurologische Auffälligkeiten

  • Inkonsistente Symptompräsentation

  • Überdeutliche Antwort auf Plazebo

  • Zunahme der Störung bei Aufmerksamkeit

  • Assoziierte (inkongruente) neurologische Merkmale

  • Abnahme der Störung bei Ablenkung

  • Assoziierte psychische Auffälligkeiten

  • Remission unter Psychotherapie

Tab. 2 Dissoziative Gang- und Standstörungen
  • Abrupt wechselnde Ausprägung

  • Torkeln/Schwanken und Einknicken der Knie

  • Besserung von Gang und Gleichgewicht bei Ablenkung

  • Ausgeprägte Bewegungsverlangsamung

  • Zögern im Bewegungsbeginn

  • Gehen wie auf Glatteis

Tab. 3 Dissoziativer Tremor
  • Kombination aus Ruhe-, Halte- und Intentionstremor

  • Gewöhnlich Extremitätentremor (insb. Arme)

  • Abrupter Beginn/Spontane Remission

  • Frequenz, Verteilung und Amplitude wechseln

  • Verschwindet oft während des Essens

  • Koaktivierungszeichen

  • Tritt bevorzugt bei Koordinationsprüfungen auf

Tab. 4 Dissoziative Dystonie
  • Beginn in Ruhe

  • Beginn in den Füßen bei Erwachsenen

  • Spontaner Schmerz bei passiver Bewegung

  • Abrupt wechselnde Ausprägung

  • Aktionsinduzierte Verbesserung

  • Kontrakturen schließen Diagnose nicht aus

Tab. 5 Dissoziativer Myoklonus
  • Plötzlicher Beginn

  • Verschlimmerung unter Stress

  • Auch in Ruhe vorhanden

  • Zunahme bei Bewegung

  • Abnahme bei Ablenkung

Tab. 6 Leitlinien für Diagnose und Therapie dissoziativer Bewegungsstörungen
  • Stationäre Aufnahme bei schwieriger Differentialdiagnose

  • Sorgfältige (apparative) Abklärung

  • Interdisziplinäre (neuropsychiatrische) Diagnostik

  • Diagnostische Hilfen (Ô Suggestion/Hypnose/ Plazebo/Amobarbital)

  • Beachtung psychischer Komorbidität

  • Sorgfältige Patientenaufklärung

  • Multimodaler Therapieansatz

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Literatur

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Korrespondenzadresse:

Prof. Dr. med. Hermann Ebel

Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie/Psychosomatik des Klinikums Ludwigsburg

Posilipostr. 4

71640 Ludwigsburg

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Literatur

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