Allgemeine Homöopathische Zeitung 2005; 250(5): 199-200
DOI: 10.1055/s-2005-917990
Forum
Nachrufe
Karl F. Haug Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & CO. KG

Dr. med. Otto Eichelberger (1918-2005)

Further Information

Publication History

Publication Date:
30 September 2005 (online)

Zoom Image

Am 26. Juli 2005 starb Dr. Otto Eichelberger in seinem Haus in München in der Guntherstraße 7. Diese Adresse war lange Jahre für viele Homöopathen das Mekka der klassischen Homöopathie in Deutschland.

Dr. Eichelberger konnte - geboren am 6. Mai 1918 - auf 87 Jahre gelebtes Leben und auf 54 Jahre homöopathisches Wirken zurückblicken. Erst über 80-jährig hat er seine Praxis aufgegeben und ist in den Ruhestand getreten.

Sein Ziel war es, die klassische Homöopathie als unerlässliches Glied einer menschenwürdigen Behandlung kranker Menschen in Forschung, Lehre und Ausbildung zu verankern. So wollte er den § 1 von Hahnemanns Organon für alle Kranken zur Wirklichkeit werden lassen: „Das erste und einzige Ziel ist, kranke Menschen gesund zu machen, was man Heilen nennt”.

Dr. Eichelberger erkannte als einer der ersten deutschen Homöopathen der neueren Zeit, dass nur die klassische Homöopathie als wahre Homöopathie Hahnemanns eine Zukunft hat. Deshalb begann er, das Haus der klassischen Homöopathie in Deutschland wieder zu errichten. Ab 1947 ließ er sich als Kassenarzt nieder und behandelte ausschließlich mit homöopathischen und anthroposophischen Heilmitteln.

1955 erfuhr die klassische Homöopathie mit der Herausgabe von Dr. A. Voegelis „Heilkunst in neuer Sicht” eine bedeutende theoretische Basis. Dies veranlasste Dr. Eichelberger, jahrelang regelmäßig an dessen Seminaren in Deutschland teilzunehmen. 1971 begann Dr. Eichelberger, selbst Seminare in allen deutschsprachigen Ländern zu organisieren. Doch er blieb stets auch ein Lernender und ging deshalb immer wieder bei den Meistern in die Lehre; so weilte er 1972 einige Wochen bei Dr. Pierre Schmidt in Genf.

Seine erste wissenschaftliche Arbeit veröffentlichte Dr. Eichelberger 1966 unter dem Titel: „Hochpotenzen bei akuten Erkrankungen”. Nach zwanzig Jahren eines mühsamen Lernprozesses ging er an die Öffentlichkeit, um sogleich die „naturwissenschaftlich kritische Richtung” der Homöopathie zu bekämpfen. Es ging ihm nicht um die Kritik, sondern um die eigentliche Homöopathie Hahnemanns. So begann er 1967 zu lehren. Ein erster Lehrvortrag hatte den Titel: „Die kunstgerechte Aufnahme der Anamnese als Voraussetzung zur Findung des Simile.” Seine Vortragskunst fand 1969 auf der Jahrestagung des DZVhÄ ihre Anerkennung in der Verleihung des „Samuels” für seinen Vortrag „Hahnemann und der Konstitutionsbegriff”. Es folgte die Herausgabe der Rundbriefe zur Weiterbildung in klassischer Homöopathie, die er bis 1995 in ununterbrochener Folge weiterführte. Die Rundbriefe enthielten die Vor- und Nachbereitung seiner Kolloquien, die er für Ärzte und Heilpraktiker getrennt und ab 1976 für Ärzte und Heilpraktiker gemeinsam abhielt. 1976 erschien der erste Band „Klassische Homöopathie Lehre und Praxis”, der aus den Rundbriefen entstanden war und dem 3 weitere Bände über die „Klassische Homöopathie” folgten. Dies war der Beginn der größten Sammlung moderner homöopathischer Kasuistiken, ein wahres Lernbuch.

Die Arbeiten Dr. Eichelbergers zeugen auch von einem unermüdlichen Fleiß. Seit 1972 zeichnete er die im Kent'schen Repertorium verstreuten Synonyme auf und fasste sie zusammen. Nach acht Jahren war dieses Werk geschafft. Diese Veröffentlichung fand dann Eingang in das gesichtete Repertorium „Kent Praktikum”, das 1984 erschien.

In seiner Arzneimittelwahl favorisierte Dr. Eichelberger seit 1974 die LM bzw. Q-Potenzen als wahrer Jünger Hahnemanns, der sich vom Organon leiten ließ. Er begann gleichzeitig, den homöopathischen Fragebogen in die tägliche Arbeit mit den Patienten einzubeziehen. 1980 hatte Dr. Eichelberger den großen Fragebogen fertiggestellt, der bis heute ungefähr eine Viertel Million Mal zur Erstellung einer homöopathischen Erstanamnese verwandt wurde.

Erste Überlegungen zur Technik einer Computer-Repertorisation stellte er im Rundbrief vom 28. 10. 1981 an. Er hat als erster in Deutschland erkannt, dass die Homöopathie der Moderne ohne Computer nicht mehr auskommen wird. So erarbeitete er zusammen mit Herrn Albrecht das erste funktionsfähige Programm zur Repertorisation, das Homöolog. 1986 erschien die Abhandlung „Computerrepertorisation. Probleme und Lösung” in der Zeitschrift für Klassische Homöopathie.

1980 regte Dr. Eichelberger die Gründung der Deutschen Gesellschaft für klassische Homöopathie an. Die DGKH sollte sich für Lehre, Praxis, Forschung und Verbreitung der Homöopathie einsetzen. Dem ersten Vorstandskollegium gehörten 3 Ärzte, 3 Heilpraktiker und 3 Laien an. Seit Juni 1983 wurden in der Zeitschrift „Naturheilkunde” monatlich die „Blätter für Klassische Homöopathie” veröffentlicht.

Sein großes Interesse galt dem Versuch, die Homöopathie an der Universität lehrbar zu machen. Ab 1986 arbeitete er auf die Gründung einer Akademie für angewandte Homöopathie hin. Dies war der Beginn für einen bewegten, sehr arbeitsreichen und kostspieligen Lebensabschnitt des 70-Jährigen. Wer ihn in diesen Jahren begleiten konnte, weiß um die kraftvolle Dynamik dieses „Jungen Mannes”. Er bemühte sich um einen Lehrstuhl für Homöopathie mit dem Nahziel eines Fernstudiums an der Fernuniversität Hagen. Von dort kam nach den Vorarbeiten der Bescheid, das Curriculum sei sehr gut nachvollziehbar und im Fernstudium sicher durchführbar. „Damals bin ich erstmals in meinem Leben wie auf Wolken gegangen.” Es wurde die Verbindung mit der Universität Witten-Herdecke aufgenommen. Der Dekan der medizinischen Fakultät erklärte sich kooperationsbereit. Er erwartete aber von der DGKH, die einen Stiftungslehrstuhl einrichten wollte, die restlose Finanzierung. Daran scheiterte letztlich dieser Lehrstuhl. Im Jahre 1992 gab Dr. Eichelberger die Leitung der DGKH in jüngere Hände.

Er schrieb unzählige Artikel in den homöopathischen Journalen, viele Vorworte zu klassischen homöopathischen Werken wie E. A. Farrington, Klinische Arzneimittellehre, oder C. Hering, Kurzgefasste Arzneimittellehre und auch zu neueren Werken wie G. Risch, Homöopathik - und vielen anderen.

Dr. Eichelberger hat ganz wesentlich die Entwicklung der klassischen Homöopathie im 20. Jahrhundert in Deutschland initiiert, mit neuen Impulsen versehen, in Seminararbeiten, im Zusammenführen von gleichgesinnten Menschen und in seinen zahlreichen Veröffentlichungen. Nicht zuletzt als praktizierender homöopathischer Arzt konnte er unzähligen Patienten zu Gesundheit und Heilung verhelfen.

Als Mensch bleibt Dr. Eichelberger jedem unvergesslich, der ihn in seinen Vorträgen und Seminaren erleben durfte. Er pflegte eine nur gewachsenen Bajuwaren mögliche humorvolle und lebensbejahende Sprache. Seinem Humor und seiner Liebe zur Homöopathie wollen wir ein ehrendes Andenken bewahren.

Allgemeine Homöopathische Zeitung 2005; 250(5): 200
DOI: 10.1055/s-2005-917990
Forum
Nachrufe
Karl F. Haug Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & CO. KG

Dr. med. Konrad Hötzer (1924-2005)

Further Information

Publication History

Publication Date:
30 September 2005 (online)

Zoom Image

Herr Hötzer wurde wie alle Angehörigen des Jahrganges 1924 bereits 1942 eingezogen und kam bald als Sanitäter an die Front, wo er auch verwundet wurde. Erst nach seiner Kriegsgefangenschaft konnte er 1948 das Medizinstudium beginnen. Nach dessen Abschluss wandte er sich bald der Homöopathie zu.

Sein großer Kenntnisreichtum qualifizierte ihn zum Nachfolger von Prof. Ritter als Chefarzt homöopathische Ambulanz am Robert-Bosch-Krankenhaus.

Die intensive zusätzliche Beschäftigung mit der Psychoanalyse und Psychotherapie brachte ihn in Konflikt mit seinem Arbeitgeber, weshalb er sich in eigener Praxis in Stuttgart niederließ. Obwohl hier der Schwerpunkt auf der Psychotherapie lag, blieb sein Interesse an der Homöopathie ungebrochen. Er publizierte in der AHZ und äußerte sich immer wieder in Leserbriefen zu aktuellen Fragen der Homöopathie. In den 90er Jahren unterstützte er intensiv die Kollegen Huber und Gärtner in der Planungsphase des Zentrums für klassische Homöopathie in Stuttgart.

Mit Konrad Hötzer verlieren die Homöopathie und besonders der Landesverband Baden-Württemberg wieder einen Kollegen der alten Garde, der nicht nur die Homöopathie in hoher Qualität praktizierte, sondern auch stets um ihre Weiterentwicklung bemüht war. Wir werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren.

Karl-Heinz Gebhardt

    Allgemeine Homöopathische Zeitung 2005; 250(5): 201
    DOI: 10.1055/s-2005-917990
    Forum
    Nachrufe
    Karl F. Haug Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & CO. KG

    Julian Winston (1941-2005)

    Further Information

    Publication History

    Publication Date:
    30 September 2005 (online)

    Zoom Image

    „Wohl geziemt es, in diesen Blättern einem Abgeschiedenen ein einfaches Denkmal zu setzen, welcher durch sein, der homöopathischen Heilkunst gewidmetes eifriges Streben, den Freunden derselben werth geworden ist und in den Annalen der Kunst eine werthvolle Stelle sich errungen hat.” Mit diesen Zeilen begann Ernst Stapf seinen Nekrolog für Karl Gottlob Caspari im „Archiv für die homöopathische Heilkunst” (Band 7, Heft 2, 1828).

    Treffende Worte auch für Julian Winston, fast 180 Jahre später. Wenn ein Freund von uns geht, reißt eine Lücke auf. Wenn ein Schriftsteller stirbt, werden Werke ungeschrieben bleiben. Nach dem Tod eines Musikers ist sein Instrument verwaist. Wenn ein Historiker aus dem Leben scheidet, bleiben viele Fragen unbeantwortet.

    „JW” - so signierte er Bilder, E-Mails, Briefe und Widmungen - war: Homöopath, Lehrer, Schriftsteller, Historiker, Designer, Pedal-Steel-Guitar-Player … Eine unglaubliche Vielschichtigkeit vereint in einer Person, begabt mit außerordentlicher Ausdruckskraft.

    Geboren am 31.5.1941 in New York City, USA, waren seine jungen Jahre geprägt durch sein Interesse an Kunst und Musik (unter dem Namen „Winnie Winston” ist er in der Banjo- und Steel-Guitar-Szene seit Jahrzehnten bekannt). Nach längerer Arbeit als Industriedesigner übernahm er 1969 eine Stelle als Associate Professor of Design in Philadelphia. 1971 wurde er durch Raymond Seidel - einem Schüler von Calvin Knerr - mit der Homöopathie bekannt, begann 1980 seine Ausbildung als Homöopath am National Center for Homeopathy und übernahm für das NCH im Laufe der Jahre vielfältige Aufgaben (Member of Board of Directors; Dekan der NCH Summer School von 1988-1992; Herausgeber des Newsletters „Homeopathy Today”; Mitglied der HPCUS). Noch viel mehr zu seinem Lebenslauf findet man unter www.julianwinston.com, mit einem Schwerpunkt im Bereich Geschichte der Homöopathie.

    Die Liebe führte ihn 1995 nach Wellington, Neuseeland, wo er seither als Co-Director zusammen mit seiner Frau Gwyneth Evans das Wellington College of Homoeopathy leitete und die „Homeopathy NewZ” herausgab. Julian Winston starb friedlich nach längerer Krankheit am 12.06.2005 in Wellington.

    Was bleibt, ist sein Werk. Dieses umfasst unter anderem seine Bücher: „The Faces of Homoeopathy” (1999), eine illustrierte Geschichte der Homöopathie, „The Heritage of Homeopathic Literature” (2001), eine Bibliographie der homöopathischen Literatur mit wertvollen Kommentaren, „The Organon of The Healing Art by Samuel Hahnemann” (2004), eine Übersetzung von Bernhardt M. Fincke von1880. „JW” fand das Originalmanuskript 1983 in einer Schublade der Bibliothek des NCH - es war nie vollständig veröffentlicht worden! Er ließ es von Maria Mackey transkribieren und gab es in einer Kleinauflage von 50 Stück in seinem Great Auk Verlag heraus.

    Er hinterlässt auch eine Datenbank auf CD-ROM: „American Homeopaths 1825-1963” (2003) mit mehr als 25 000 Namen, oft mit Geburts- und Sterbetag, Ausbildungsort, Praxisort etc.

    Des Weiteren bleiben Videotapes, Artikel, Bücherrezensionen, seine ungezählten sachkundigen und scharfzüngigen Beiträge in den homöopathischen E-Mail-Listen von Lyghtforce und Minutus, einige Fotos von Arzneimitteln im Computerprogramm RADAR (z.B. von Staphisagria - erkennbar an der unverwechselbaren Signatur), eine wunderbare Sammlung von mehreren tausend Originalwerken und alten Arzneimitteln, die hoffentlich einen würdigen Platz finden, damit nichts von diesen Preziosen der Vergessenheit anheimfällt - sowie die Erinnerungen seiner Freunde an eloquente Seminare, an heftige Dispute über historische Fakten, an seine phänomenale Fähigkeit, Situationen zu schildern und längst vergangene Ereignisse und ihre beteiligten Personen plastisch ins Leben zu rufen.

    Vor allem durch ihn wurde mein Interesse für die Geschichte der Homöopathie geweckt, bekam ich Anregungen, die deutschen und amerikanischen Originalwerke zu studieren und zu diskutieren. Für viele Homöopathen in der englischsprachigen Welt war er die Anlaufstelle für homöopathisch-historische Fragen.

    Wir alle werden unseren Freund sehr vermissen.

    Gaby Rottler

    Weißenburg