Am 17. September 2005 ist Prof. Dr. rer. nat. habil. Rudolf Millner nach langer, schwerer
Krankheit verstorben.
Rudolf Millner hat ein Stück Ultraschallgeschichte Deutschlands geschrieben. Er hat
auf seinem Fachgebiet für mehr als eine Generation von Physikern, Technikern, sonographieinteressierten
Medizinern und Veterinärmedizinern Zeichen gesetzt, die insbesondere in der DDR, aber
auch in ganz Deutschland und darüber hinaus wahrgenommen wurden und werden.
Sein Lebensweg ist ungewöhnlich und spannend zugleich. In beiden unterschiedlichen
politischen Systemen, in denen er lebte und wirkte, hat er seine kritische Haltung
stets klar und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, sich selbst dabei nicht schonend
und nicht immer zum Gefallen seiner Zeitgenossen.
In Gleiwitz 1928 geboren, kam er nach dem 2. Weltkrieg als Flüchtling nach Mitteldeutschland
und verdiente sich seinen Lebensunterhalt in den schweren Nachkriegszeiten u.a. durch
Reparieren von Radiogeräten. Im Jahr 1949 begann er das Physikstudium in Halle, das
er im Jahre 1955 erfolgreich abschloss und promovierte 1960 über den Debye-Effekt
an ein- und mehrwertigen Elektrolyten. Bereits 1966 habilitierte er sich im Fachgebiet
Physik zum Thema "Bestimmung scheinbarer Ionenvolumina" und erhielt damit die Lehrbefähigung.
1967 zum Hochschuldozenten berufen, nahm er 1977 den Ruf zum ordentlichen Professor
für Biophysik an und übernahm gleichzeitig das Direktorat des Instituts für Angewandte
Biophysik an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, das er bis zu seiner
Emeritierung im Jahre 1993 leitete. Im Jahre 1992 erfolgte seine Berufung zum Prodekan
für Berufungsangelegenheiten an der Medizinischen Fakultät, an der er nach seiner
Emeritierung von 1993 bis 1995 als Berater des Dekans weiterhin fungierte.
Unter seiner Leitung wurden wichtige Forschungsergebnisse auf den Gebieten der quantitativen
Sonographie und der biologischen Wirkungen des Ultraschalls erzielt und in zahlreichen
nationalen und internationalen Zeitschriftenartikeln sowie Buchbeiträgen veröffentlicht.
Mehr als 25 Patente, darunter ein EU-Patent, sprechen für sein besonderes Interesse
an der angewandten Forschung. Zahlreiche wissenschaftliche Auszeichnungen im In- und
Ausland belegen die herausragenden Leistungen des ausgewiesenen Wissenschaftlers,
darunter der Nationalpreis der DDR.
Seine langjährige Funktion als Präsidentschaft der Gesellschaft für Ultraschall in
der Medizin der DDR, seine Mitgliedschaft und spätere Ehrenmitgliedschaft in der Deutschen
Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) sowie auch in leitenden Gremien
internationaler wissenschaftlicher Gesellschaften sind ein beredtes Zeugnis seiner
wissenschaftlichen Expertise. So war er u.a. von 1976 bis 1983 Vorstandsmitglied der
European Federation of Societies for Ultrasound in Medicine and Biology (EFSUMB) und
von 1974 bis 1986 Vorstandsmitglied der International Federation for Medical and
Biological Engineering (IFMBE). Seine ihm angetragene Mitgliedschaft im American
Institute of Ultrasound und in der Deutschen Gesellschaft für Biomedizinische Technik
durfte er auf Geheiß der DDR-Behörden nicht annehmen!
In beispielhafter Weise ist es Rudolf Millner immer wieder gelungen, die Brücke zwischen
Physikern, Ingenieuren und Medizinern zu schlagen. Dies ist generell wichtig für die
Forschung auf dem Gebiet der Ultraschalldiagnostik, aber es war essenziell unter den
materiellen Beschränktheiten in der DDR.
Nicht zuletzt ist sein großer Einsatz um die harmonische Zusammenführung beider deutscher
Ultraschallgesellschaften aus Ost und West in der DEGUM nach dem Fall der Mauer und
dem Ende der DDR nicht hoch genug einzuschätzen. Er hat sich seither um die Entwicklung
der DEGUM, sei es auf organisatorischem Gebiet oder bezüglich der fachlichen Inhalte,
große Verdienste erworben.
Rudolf Millner war sowohl ein ausgewiesener Ultraschallexperte als auch ein brillanter
Hochschullehrer. Rastlosigkeit und Ungeduld um der Sache Willen prägten seinen Arbeitsstil,
dabei seine Mitarbeiter und Schüler stets fordernd und motivierend, nicht selten auch
durch seine humorvolle Art.
Wir verlieren mit Rudolf Millner einen außergewöhnlichen Wissenschaftler, der seinen
Schülern und Mitarbeiten stets ein großer Ansporn war, der auf dem Gebiet der Ultraschallforschung
in der DDR eine zentrale Persönlichkeit darstellte und der in beiden Ultraschallgesellschaften
Deutschlands ein wichtiger Promotor war.
In ehrendem Gedenken,
für seine Schüler und Mitarbeiter
Hans Heynemann
Klaus-Vitold Jenderka
Manfred Petzold
Eike Rosenfeld