Aktuelle Dermatologie 2006; 32(1/02): 50-52
DOI: 10.1055/s-2005-921185
Kasuistik
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Photoallergische Kontaktdermatitis auf Solaraze® Gel

Photoallergic Contact Dermatitis to Solaraze® GelL.  Kowalzick1 , H.  Ziegler1
  • 1Klinik für Hautkrankheiten und Allergologie, HUMAINE Vogtland-Klinikum Plauen (Chefarzt: Prof. Dr. med. habil. L. Kowalzick)
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Prof. Dr. med. habil. Lutz Kowalzick

Klinik für Hautkrankheiten und Allergologie · HUMAINE Vogtland-Klinikum Plauen GmbH

Postfach 100153 · 08505 Plauen

Email: lutz.kowalzick@web.de

Publication History

Publication Date:
14 February 2006 (online)

Table of Contents #

Zusammenfassung

Berichtet wird über den Fall einer 77-jährigen Patientin mit aktinischer Keratose, die nach 7-wöchiger topischer Anwendung von Solaraze® Gel im Frühsommer eine photoallergische Kontaktdermatitis an der Wange entwickelte. Die Natur der Erkrankung wurde durch positive Photopatchtestung auch des Inhaltsstoffes Diclofenac nachgewiesen, eine einfache Kontaktsensibilisierung durch negativen Epikutantest ausgeschlossen.

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Abstract

The case of a 77 years old female patient with actinic keratosis, who in early summer developed a photoallergic contact dermatitis on her cheek after 7 weeks of treatment with Solaraze® gel containing 3 % diclofenac is reported. The nature of this disease could be disclosed by positive photopatch testing, an ordinary allergic contact sensitization could be excluded by negative patch testing.

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Einleitung

Seit etwa vier Jahren wird das Diclofenac-haltige Präparat Solaraze® Gel verbreitet zur topischen Therapie der aktinischen Keratose eingesetzt und stellt eine Behandlungsalternative unter anderem zur topischen Therapie mit 5-Fluorouracil (Efudix® Salbe) oder zur photodynamischen Therapie zum Beispiel mit MOAP (Metvix® Creme) dar. Viele der mit Solaraze® Gel behandelten Patienten beobachteten milde bis moderate Hautreizungen [9] [11]. Über allergische Kontaktdermatitis auf Solaraze® Gel wurde unlängst berichtet [4] [5]. Wir berichten über den Fall einer photoallergischen Kontaktdermatitis auf Solaraze® Gel.

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Kasuistik

Eine 77-jährige Patientin stellte sich Ende Juni mit einem infiltriertem, leicht nässenden und verkrusteten Erythem im Bereich der rechten Wange vor (Abb. [1]). Diese Hautveränderung hätte etwa eine Woche vorher begonnen, und würde brennen und jucken. Nach ihren Angaben hatte die Patientin dort täglich seit etwa 8 Wochen wegen einer klinisch diagnostizierten aktinischen Keratose Solaraze® Gel angewendet. Wir diagnostizierten eine Kontaktdermatitis, setzten die Behandlung mit Solaraze® ab und verordneten symptomatisch Laticort® Salbe. Hierunter bildete sich das Erythem langsam zurück, die Krusten wurden fünf Tage später mit Olivenöl mechanisch abgelöst. Die ursprünglich unterliegende aktinische Keratose fand sich noch erkennbar.

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Abb. 1 Unscharf begrenztes infiltriertes Erythem mit geringer vesikulöser und exsudativer Komponente und zentralen Krustenauflagerungen bei 77-jähriger Patientin mit photoallergischer Kontaktsensibilisierung vom Spättyp auf Solaraze® Gel nach dessen Anwendung wegen aktinischer Keratose und Insolation.

Wir führten eine Epikutantestung mit Solaraze® Gel und den darin enthaltenen Inhalts- und Hilfsstoffen Diclofenac, Benzylalkohol und Polyethylenglycolsalbe durch. Weder in der 24-Stundenablesung noch in der Spätablesung nach 72 Stunden fand sich ein Anhalt für eine allergische Kontaktsensibilisierung für eine der genannten Substanzen (Tab. [1]). Anschließend führten wir dann zunächst eine UV-A-Erythemschwellenbestimmung gluteal durch. Die MED für UV-A lag nach 24 Stunden > 10 J/cm2. Daraufhin führten wir einen belichteten Epikutantest mit Solaraze® Gel im Bereich beider Schulterblätter durch. Nach 24 Stunden wurde eine Seite mit 10 J/cm2 UV-A belichtet, die andere Seite blieb unbelichtet. Während auf der unbelichteten Seite über 72 Stunden keine Reaktion auftrat, fand sich auf der belichteten Seite eine schließlich dreifach positive allergische Photopatchtestung mit Crescendoverlauf (Abb. [2], Tab. [2]). Somit konnte eine photoallergische Kontaktsensibilisierung vom Spättyp gegenüber Solaraze® Gel festgestellt werden, und die Hauterscheinungen an der Wange als photoallergische Kontaktdermatitis diagnostiziert werden.

Tab. 1 Ergebnisse der Epikutantestung bei einer 77-jährigen Patientin mit aktinischer Keratose, die unter Anwendung von Solaraze® Gel eine Kontaktdermatitis entwickelte
24 Stunden48 Stunden72 Stunden
Solaraze® Geln. d.
Benzylalkohol 1 % i. V.n. d.
Polyethylenglykolsalben. d.
Diclofenac i. NaCl 0,9 %n. d.
n. d. = nicht abgelesen
Tab. 2 Ergebnisse der Photopatchtestung bei einer 77-jährigen Patientin mit aktinischer Keratose, die unter Anwendung von Solaraze® Gel und Insolation eine Kontaktdermatitis entwickelte. Belichtet wurde mit 10 J/cm2 UV-A nach 24-stündiger Einwirkzeit der Testsubstanz.
20 Minuten24 Stunden48 Stunden72 Stunden
Solaraze® Gel belichtet++++++++
Solaraze® Gel unbelichtetn. d.
n. d. = nicht durchgeführt
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Abb. 2 Dreifach positive allergische Photopatchtestreaktion vom Spättyp 72 Stunden nach Exposition von 10 J/cm2 UV-A nach vorheriger 24-stündiger okklusiver Aufbringung von Solaraze® Gel (Schulter links, „B[elichtet]”). Die kontralaterale unbelichtete Kontrolle findet sich negativ (Schulter rechts „D[unkel]”).

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Diskussion

Solaraze® Gel ist zur topischen Behandlung der aktinischen Keratose zugelassen. Wirkstoff ist 3 % Diclofenac in einer 2,5 % Hyaluronsäure enthaltenden Gelgrundlage. Weitere Inhaltsstoffe sind Polyethylen, Benzylalkohol und Wasser. Bei 90-tägiger Therapiedauer nahm nach 30-tägiger Nachbeobachtungszeit die Zahl der Zielläsionen um 58 % bis 85 % ab [9] [13], bei 60-tägiger Therapiedauer um 33 % und bei 30-tägiger Therapiedauer nur um 14 %, wobei letzteres Ergebnis gegenüber Plazebobehandlung keinen signifikanten Unterschied zeigte [11]. In einer offenen Studie zeigten 51 % der Patienten milde bis moderate Nebenwirkungen wie trockene Haut, Ausschlag, Erythem und Juckreiz am Applikationsort [9], in einer placebokontrollierten Studie fand sich die Rate lokaler Nebenwirkungen mit dem Hyaluronsäure-haltigen Gel allerdings gegenüber dem Verum gleich hoch [11].

Diclofenac gehört zu den nichtsteroidalen antiinflammatorisch wirksamen Medikamenten (NSAIDs). Es ist ein potenter Hemmer der Cyclo-Oxygenase 2 (COX-2) und bewirkt eine Reduzierung der Prostaglandinsynthese. Als Wirkmechanismen dieser Substanzen in der Tumortherapie werden u. a. ein hemmender Effekt auf die Angiogenese und ein proapoptotischer Effekt auf Tumorzellen postuliert [2].

Über zwei Fälle von hämatogenem Arzneimittelexanthem vom Spättyp auf orales Diclofenac mit positiver Epikutantestung der Substanz wurde berichtet [12]. Auch nach topischer Anwendung von Diclofenac als Antirheumatikum wurde eine allergische Kontaktdermatitis gesehen [3]. Kürzlich berichteten Kerr et al. über eine allergische Kontaktdermatitis auf drei Allergene aus Solaraze® Gel [4] und Kleyn et al. über eine allergische Kontaktdermatitis auf Diclofenac in Solaraze® Gel [5].

Wie auch andere NSAIDs gilt auch Diclofenac als eine Substanz mit photosensibilisierenden Eigenschaften [6]. Als Hauptphotoprodukte gelten Chlorocarbazol 2a [1] und Carbazol-1-Essigsäure [8], die wiederum noch stärkere photosensibilisierende Wirkungen zeigen als die Ausgangssubstanz. Przybilla et al. fanden bei 75 wegen des Verdachts auf eine Lichtdermatose getesteten Patienten im Photopatchtest 5 positive Testungen auf Diclofenac [10]. Über einen Fall von photoallergischer Kontaktdermatitis auf Diclofenac wurde bisher berichtet [7].

In unserem Fall konnte eine photoallergische Kontaktsensibilisierung vom Spättyp auf das Diclofenac-haltige Externum Solaraze® Gel durch positive Photopatchtestreaktion mit Crescendoverlauf nachgewiesen werden. Eine einfache allergische Kontaktsensibilisierung vom Spättyp konnte durch wiederholte negative unbelichtete Epikutantests der Spezialität ausgeschlossen werden. Der klinische Befund und die Lokalisation passten klinisch gut zu einer photoallergischen Kontaktdermatitis; das deutliche Infiltrat und die vesikulös-exsudative Komponente sprachen gegen eine nur irritative Dermatitis. Schließlich trat die Symptomatik erst bei astronomischem Sonnenhochstand (Sommeranfang) auf, nachdem die Patientin das Präparat bis dahin 7 Wochen lang reaktionslos vertragen hatte. Ergänzung bei Korrektur: Bei erneuter Photopatchtestung konnte eine Photokontaktsensibilisierung gegen den Inhaltsstoff Diclofenac 1 %ig festgestellt werden. Die sonstigen Inhaltsstoffe von Solaraze® Gel fanden sich dagegen negativ. Unser Fall legt nahe, auf ähnliche Nebenwirkungen bei der Anwendung von Solaraze® Gel, speziell bei der Anwendung an lichtexponierten Arealen, was wegen der entsprechenden Lokalisation aktinischer Keratosen die Regel sein dürfte, und in der lichtreichen Jahreszeit bzw. bei Fernurlauben zu achten. Sollten mehrere solche Fälle auffällig werden, wäre zu folgern, dass die mindestens 60 - 90 Tage dauernde Therapiephase mit Solaraze® Gel bei aktinischer Keratose vorzugsweise in der lichtärmeren Jahreshälfte durchgeführt werden sollte.

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Literatur

  • 1 Encinas S, Bosca F, Miranda M A. Phototoxicity associated with diclofenac: a photophysical, photochemical, and photobiological study on the drug and its photoproducts.  Chem Res Toxicol. 1998;  11 946-952
  • 2 Gaspari G, Longo R, Sarmiento R, Morabito A. Inhibitors of cyclo-oxygenase 2: a new class of anticancer agents?.  Lancet Oncol. 2003;  4 605-615
  • 3 Gebhardt M, Reuter A, Knopf B. Allergic contact dermatitis from topical diclofenac.  Contact Dermatitis. 1994;  30 183-184
  • 4 Kerr O A, Kavanagh G, Horn H. Allergic contact dermatitis from topical diclofenac in Solaraze gel.  Contact Dermatitis. 2002;  47 175
  • 5 Kleyn C E, Bharati A, King C M. Contact dermatitis from 3 different allergens in Solaraze gel.  Contact Dermatitis. 2004;  51 215-216
  • 6 Kowalzick L. Phototoxische Dermatitis. In: Kowalzick L, Mensing H, Wagner G Praxis der Lichtdermatosen: Diagnostik, Therapie und Prävention. Bremen; Uni-Med 2000: 71-78
  • 7 Montoro J, Rodriguez M, Diaz M, Bertomeu F. Photoallergic contact dermatitis due to diclofenac.  Contact Dermatitis. 2003;  48 115
  • 8 Moore D E, Roberts-Thomson S, Zhen D, Duke C C. Photochemical studies on the anti-inflammatory drug diclofenac.  Photochem Photobiol. 1990;  52 685-690
  • 9 Nelson C, Rigel D, Smith S, Swanson N, Wolf J. Phase IV, open-label assessment of the treatment of actinic keratosis with 3.0 % diclofenac sodium topical gel (Solaraze).  J Drugs Dermatol. 2004;  3 401-407
  • 10 Przybilla B, Ring J, Schwab U, Galosi A, Dorn M, Braun-Falco O. Photosensibilisierende Eigenschaften nichtsteroidaler Antirheumatika im Photopatch-Test.  Hautarzt. 1987;  38 18-25
  • 11 Rivers J K, Arlette J, Shear N, Guenther L, Carey W, Poulin Y. Topical treatment of actinic keratoses with 3.0 % diclofenac in 2.5 % hyaluronan gel.  Br J Dermatol. 2002;  146 94-100
  • 12 Romano A, Pietrantonio F, DiFonso M, Garcovich A, Chiarelli C, Venuti A, Barone C. Positivity of patch tests in cutaneous reaction to diclofenac. Two case reports.  Allergy. 1994;  49 57-59
  • 13 Wolf J E, Taylor J R, Tschen E, Kang S. Topical 3.0 % diclofenac in 2.5 % hyaluronan gel in the treatment of actinic keratoses.  Int J Dermatol. 2001;  40 709-713

Prof. Dr. med. habil. Lutz Kowalzick

Klinik für Hautkrankheiten und Allergologie · HUMAINE Vogtland-Klinikum Plauen GmbH

Postfach 100153 · 08505 Plauen

Email: lutz.kowalzick@web.de

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Literatur

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Prof. Dr. med. habil. Lutz Kowalzick

Klinik für Hautkrankheiten und Allergologie · HUMAINE Vogtland-Klinikum Plauen GmbH

Postfach 100153 · 08505 Plauen

Email: lutz.kowalzick@web.de

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Abb. 1 Unscharf begrenztes infiltriertes Erythem mit geringer vesikulöser und exsudativer Komponente und zentralen Krustenauflagerungen bei 77-jähriger Patientin mit photoallergischer Kontaktsensibilisierung vom Spättyp auf Solaraze® Gel nach dessen Anwendung wegen aktinischer Keratose und Insolation.

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Abb. 2 Dreifach positive allergische Photopatchtestreaktion vom Spättyp 72 Stunden nach Exposition von 10 J/cm2 UV-A nach vorheriger 24-stündiger okklusiver Aufbringung von Solaraze® Gel (Schulter links, „B[elichtet]”). Die kontralaterale unbelichtete Kontrolle findet sich negativ (Schulter rechts „D[unkel]”).