Einleitung
Seit etwa vier Jahren wird das Diclofenac-haltige Präparat Solaraze® Gel verbreitet
zur topischen Therapie der aktinischen Keratose eingesetzt und stellt eine Behandlungsalternative
unter anderem zur topischen Therapie mit 5-Fluorouracil (Efudix® Salbe) oder zur photodynamischen
Therapie zum Beispiel mit MOAP (Metvix® Creme) dar. Viele der mit Solaraze® Gel behandelten
Patienten beobachteten milde bis moderate Hautreizungen [9]
[11]. Über allergische Kontaktdermatitis auf Solaraze® Gel wurde unlängst berichtet [4]
[5]. Wir berichten über den Fall einer photoallergischen Kontaktdermatitis auf Solaraze®
Gel.
Kasuistik
Eine 77-jährige Patientin stellte sich Ende Juni mit einem infiltriertem, leicht nässenden
und verkrusteten Erythem im Bereich der rechten Wange vor (Abb. [1]). Diese Hautveränderung hätte etwa eine Woche vorher begonnen, und würde brennen
und jucken. Nach ihren Angaben hatte die Patientin dort täglich seit etwa 8 Wochen
wegen einer klinisch diagnostizierten aktinischen Keratose Solaraze® Gel angewendet.
Wir diagnostizierten eine Kontaktdermatitis, setzten die Behandlung mit Solaraze®
ab und verordneten symptomatisch Laticort® Salbe. Hierunter bildete sich das Erythem
langsam zurück, die Krusten wurden fünf Tage später mit Olivenöl mechanisch abgelöst.
Die ursprünglich unterliegende aktinische Keratose fand sich noch erkennbar.
Abb. 1 Unscharf begrenztes infiltriertes Erythem mit geringer vesikulöser und exsudativer
Komponente und zentralen Krustenauflagerungen bei 77-jähriger Patientin mit photoallergischer
Kontaktsensibilisierung vom Spättyp auf Solaraze® Gel nach dessen Anwendung wegen
aktinischer Keratose und Insolation.
Wir führten eine Epikutantestung mit Solaraze® Gel und den darin enthaltenen Inhalts-
und Hilfsstoffen Diclofenac, Benzylalkohol und Polyethylenglycolsalbe durch. Weder
in der 24-Stundenablesung noch in der Spätablesung nach 72 Stunden fand sich ein Anhalt
für eine allergische Kontaktsensibilisierung für eine der genannten Substanzen (Tab.
[1]). Anschließend führten wir dann zunächst eine UV-A-Erythemschwellenbestimmung gluteal
durch. Die MED für UV-A lag nach 24 Stunden > 10 J/cm2. Daraufhin führten wir einen belichteten Epikutantest mit Solaraze® Gel im Bereich
beider Schulterblätter durch. Nach 24 Stunden wurde eine Seite mit 10 J/cm2 UV-A belichtet, die andere Seite blieb unbelichtet. Während auf der unbelichteten
Seite über 72 Stunden keine Reaktion auftrat, fand sich auf der belichteten Seite
eine schließlich dreifach positive allergische Photopatchtestung mit Crescendoverlauf
(Abb. [2], Tab. [2]). Somit konnte eine photoallergische Kontaktsensibilisierung vom Spättyp gegenüber
Solaraze® Gel festgestellt werden, und die Hauterscheinungen an der Wange als photoallergische
Kontaktdermatitis diagnostiziert werden.
Tab. 1 Ergebnisse der Epikutantestung bei einer 77-jährigen Patientin mit aktinischer Keratose,
die unter Anwendung von Solaraze® Gel eine Kontaktdermatitis entwickelte
|
24 Stunden |
48 Stunden |
72 Stunden |
| Solaraze® Gel |
∅ |
n. d. |
∅ |
| Benzylalkohol 1 % i. V. |
∅ |
n. d. |
∅ |
| Polyethylenglykolsalbe |
∅ |
n. d. |
∅ |
| Diclofenac i. NaCl 0,9 % |
∅ |
n. d. |
∅ |
| n. d. = nicht abgelesen |
Tab. 2 Ergebnisse der Photopatchtestung bei einer 77-jährigen Patientin mit aktinischer Keratose,
die unter Anwendung von Solaraze® Gel und Insolation eine Kontaktdermatitis entwickelte.
Belichtet wurde mit 10 J/cm2 UV-A nach 24-stündiger Einwirkzeit der Testsubstanz.
|
20 Minuten |
24 Stunden |
48 Stunden |
72 Stunden |
| Solaraze® Gel belichtet |
∅ |
++ |
+++ |
+++ |
| Solaraze® Gel unbelichtet |
n. d. |
∅ |
∅ |
∅ |
| n. d. = nicht durchgeführt |
Abb. 2 Dreifach positive allergische Photopatchtestreaktion vom Spättyp 72 Stunden nach Exposition
von 10 J/cm2 UV-A nach vorheriger 24-stündiger okklusiver Aufbringung von Solaraze® Gel (Schulter
links, „B[elichtet]”). Die kontralaterale unbelichtete Kontrolle findet sich negativ
(Schulter rechts „D[unkel]”).
Diskussion
Solaraze® Gel ist zur topischen Behandlung der aktinischen Keratose zugelassen. Wirkstoff
ist 3 % Diclofenac in einer 2,5 % Hyaluronsäure enthaltenden Gelgrundlage. Weitere
Inhaltsstoffe sind Polyethylen, Benzylalkohol und Wasser. Bei 90-tägiger Therapiedauer
nahm nach 30-tägiger Nachbeobachtungszeit die Zahl der Zielläsionen um 58 % bis 85
% ab [9]
[13], bei 60-tägiger Therapiedauer um 33 % und bei 30-tägiger Therapiedauer nur um 14
%, wobei letzteres Ergebnis gegenüber Plazebobehandlung keinen signifikanten Unterschied
zeigte [11]. In einer offenen Studie zeigten 51 % der Patienten milde bis moderate Nebenwirkungen
wie trockene Haut, Ausschlag, Erythem und Juckreiz am Applikationsort [9], in einer placebokontrollierten Studie fand sich die Rate lokaler Nebenwirkungen
mit dem Hyaluronsäure-haltigen Gel allerdings gegenüber dem Verum gleich hoch [11].
Diclofenac gehört zu den nichtsteroidalen antiinflammatorisch wirksamen Medikamenten
(NSAIDs). Es ist ein potenter Hemmer der Cyclo-Oxygenase 2 (COX-2) und bewirkt eine
Reduzierung der Prostaglandinsynthese. Als Wirkmechanismen dieser Substanzen in der
Tumortherapie werden u. a. ein hemmender Effekt auf die Angiogenese und ein proapoptotischer
Effekt auf Tumorzellen postuliert [2].
Über zwei Fälle von hämatogenem Arzneimittelexanthem vom Spättyp auf orales Diclofenac
mit positiver Epikutantestung der Substanz wurde berichtet [12]. Auch nach topischer Anwendung von Diclofenac als Antirheumatikum wurde eine allergische
Kontaktdermatitis gesehen [3]. Kürzlich berichteten Kerr et al. über eine allergische Kontaktdermatitis auf drei
Allergene aus Solaraze® Gel [4] und Kleyn et al. über eine allergische Kontaktdermatitis auf Diclofenac in Solaraze®
Gel [5].
Wie auch andere NSAIDs gilt auch Diclofenac als eine Substanz mit photosensibilisierenden
Eigenschaften [6]. Als Hauptphotoprodukte gelten Chlorocarbazol 2a [1] und Carbazol-1-Essigsäure [8], die wiederum noch stärkere photosensibilisierende Wirkungen zeigen als die Ausgangssubstanz.
Przybilla et al. fanden bei 75 wegen des Verdachts auf eine Lichtdermatose getesteten
Patienten im Photopatchtest 5 positive Testungen auf Diclofenac [10]. Über einen Fall von photoallergischer Kontaktdermatitis auf Diclofenac wurde bisher
berichtet [7].
In unserem Fall konnte eine photoallergische Kontaktsensibilisierung vom Spättyp auf
das Diclofenac-haltige Externum Solaraze® Gel durch positive Photopatchtestreaktion
mit Crescendoverlauf nachgewiesen werden. Eine einfache allergische Kontaktsensibilisierung
vom Spättyp konnte durch wiederholte negative unbelichtete Epikutantests der Spezialität
ausgeschlossen werden. Der klinische Befund und die Lokalisation passten klinisch
gut zu einer photoallergischen Kontaktdermatitis; das deutliche Infiltrat und die
vesikulös-exsudative Komponente sprachen gegen eine nur irritative Dermatitis. Schließlich
trat die Symptomatik erst bei astronomischem Sonnenhochstand (Sommeranfang) auf, nachdem
die Patientin das Präparat bis dahin 7 Wochen lang reaktionslos vertragen hatte. Ergänzung
bei Korrektur: Bei erneuter Photopatchtestung konnte eine Photokontaktsensibilisierung
gegen den Inhaltsstoff Diclofenac 1 %ig festgestellt werden. Die sonstigen Inhaltsstoffe
von Solaraze® Gel fanden sich dagegen negativ. Unser Fall legt nahe, auf ähnliche
Nebenwirkungen bei der Anwendung von Solaraze® Gel, speziell bei der Anwendung an
lichtexponierten Arealen, was wegen der entsprechenden Lokalisation aktinischer Keratosen
die Regel sein dürfte, und in der lichtreichen Jahreszeit bzw. bei Fernurlauben zu
achten. Sollten mehrere solche Fälle auffällig werden, wäre zu folgern, dass die mindestens
60 - 90 Tage dauernde Therapiephase mit Solaraze® Gel bei aktinischer Keratose vorzugsweise
in der lichtärmeren Jahreshälfte durchgeführt werden sollte.