Pneumologie 2005; 59(11): 753
DOI: 10.1055/s-2005-921990
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Grippeschutzimpfung bei Kindern sinnvoll?

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Publication Date:
15 November 2005 (online)

 
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Zunehmend wird propagiert, auch Kinder gegen Grippe zu impfen. Über die Effektivität eines solchen Vorgehens liegt jedoch widersprüchliches Datenmaterial vor. Ob die Prophylaxe sinnvoll ist, wurde nun untersucht (Lancet 2005; 365: 773-780).

In der Metaanalyse von T. Jefferson et al., Alessandria/Italien, wurden alle randomisierten Studien erfasst, in denen die Impfung gegen Plazebo oder gegen Nichtimpfung getestet worden war. Ausgewertet wurde differenziert, nach der Art der verwendeten Vakzine (Lebendimpfstoff oder inaktivierter Impfstoff). Bei der Analyse sollte geklärt werden, ob die Impfung die Grippeinzidenzraten senkt, das Auftreten von Erkältungserkrankungen reduziert, zu weniger Influenzakomplikationen führt und die Fehlzeiten in der Schule vermindert.

Es zeigte sich, dass die Grippeschutzimpfung bei Kindern unter 2 Jahren keinen nachweisbaren Effekt hatte. Bei älteren Kindern bewirkte der Lebendimpfstoff die besseren Resultate: Es kam zu einer Wirksamkeit des Grippeschutzes von 79%. Im gleichen Umfang hatten die mit Lebendimpfstoff geimpften Kinder weniger Erkältungssymptome. Der inaktivierte Impfstoff erreichte nur eine Wirksamkeit von 65%. Durch eine Impfung reduzierte sich auch das Risiko langer Fehlzeiten in der Schule. Die Autoren stellten allerdings fest, dass es in den Studien keine verlässlichen Angaben über eine Reduzierung der Mortalität oder von schwerwiegenden Komplikationen gab und Daten über die Anstreckungsraten fehlten.

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Fazit

Eine prophylaktische Grippeschutzimpfung bei Kleinkindern (unter 2 Jahren) ist ohne nachweisbaren Nutzen. Bei älteren Kindern kann das Gripperisiko wesentlich reduziert werden, besonders durch einen Lebendimpfstoff. Nach Meinung der Autoren reicht das gegenwärtige Datenmaterial aber noch nicht aus, um die routinemäßige Impfung von Kindern zu rechtfertigen.

Dr. Horst Gross, Berlin