Rein statistisch treten Depressionen bei Frauen etwa zwei bis dreimal häufiger auf
als bei Männern. Dieser Unterschied zeigt sich bereits ab der Pubertät. Als mögliche
Ursache wird das Zusammenwirken einer Vielzahl von Faktoren diskutiert: Eine besondere
biologische Veranlagung ebenso wie hormonelle Einflüsse, die jeweilige Lebens- und
Partnerschaftssituation, spezifische Bewältigungsmechanismen und nicht zuletzt ein
geschlechtsspezifischer Umgang mit Krankheitssymptomen.
Östrogen beeinflusst die Konzentration der Neurotransmitter Serotonin und Noradrenalin,
deren Ungleichgewicht auf neurochemischer Ebene bei der Entstehung von Depressionen
eine wichtige Rolle spielt. "Der Menstruationszyklus, eine Schwangerschaft, die Zeit
nach der Entbindung, der Eintritt der Wechseljahre sowie eine eventuell erforderliche
Hormonbehandlung sind Situationen, in denen manche Frauen teils ausgeprägte psychische
Veränderungen erleben", so Frau Prof. Anke Rohde, Leiterin des Funktionsbereiches
Gynäkologische Psychosomatik des Zentrums für Geburtshilfe und Frauenheilkunde der
Universität Bonn. Psychische Störungen der Mütter treten bei 10-15% aller Geburten
auf, manchmal auch noch Monate nach der Entbindung. Unbehandelt werden diese oft chronisch
und können auch einen nachhaltig negativen Einfluss auf das Kind haben. Auch die Wechseljahre
stellen eine Lebensphase dar, in der Frauen häufiger eine Depression entwickeln. Prof.
Rohde: "Nie waren so viele Frauen so lange in den Wechseljahren wie heute". Frauen
leben durch die gestiegene Lebenserwartung heute durchschnittlich noch 30 Jahre, nachdem
die Wechseljahre begonnen haben. Eine Phase die von großen hormonellen Veränderungen
geprägt ist. Das war früher nicht so, denn vor etwa 100 Jahren erreichten aufgrund
der geringeren Lebenserwartung viel weniger Frauen dieses Alter.
Die Symptome einer Depression sind nicht nur seelischer, sondern oft auch körperlicher
Natur z.B. Kopf-, Bauch- oder Rückenschmerzen, Libidoverlust oder Appetitstörungen.
Somatische Störungen maskieren die Depression und erschweren die Diagnostik. Eine
geeignete Therapie kann Betroffenen frühzeitig helfen, damit sie schnell gesunden
und ihre Lebensfreude zurückgewinnen. Insbesondere Medikamente mit dualem Wirkmechanismus,
wie die selektiven Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (sSNRIs) haben sich
bei Depressionen, gerade auch bei den Formen, die mit körperlichen Symptomen einhergehen,
bewährt. "Im Gegensatz zu den älteren Antidepressiva greifen diese modernen Medikamente
selektiv in die Wiederaufnahme von Serotonin und Noradrenalin ein und sind gut verträglich",
erklärte Prof. Klaus Wahle, niedergelassener Allgemeinarzt in Münster. sSNRIs sind
vom Erkrankungsbeginn an einsetzbar. Auch die körperlichen Symptome können deutlich
gebessert werden, da Serotonin und Noradrenalin auch in die Weiterleitung von Schmerzen
involviert sind. Ein Vertreter dieser Wirkstoffklasse ist Venlafaxin. Er ist zur Behandlung
von Depressionen mit und ohne Angstsymptomatik sowie für die Erhaltungstherapie und
Vorbeugung von Rückfällen depressiver Erkrankungen zugelassen. Venlafaxin retard (Trevilor®
retard) besitzt ferner die Zulassung zur Therapie der generalisierten Angststörung
und zur Behandlung der sozialen Angststörung (soziale Phobie).
Die Rate vollständiger Gesundung unter sSNRIs wie Venlafaxin scheint höher zu sein
als z.B. bei der Therapie mit Wirkstoffen, die allein die Wiederaufnahme des Serotonins
hemmen. Dies zeigt u.a. eine umfassende Meta-Analyse, die 31 randomisierte, doppelblinde
Studien weltweit verglich ([1]). Anhand des Hamilton-Depression-Score, HAM-D21 (Angst/ Somatisation Responder Raten)
wurden die mit verschiedenen therapeutischen Ansätzen erzielten Remissionsraten analysiert.
Untersucht wurde die Effektivität von Venlafaxin/Venlafaxin retard (n = 3258), von
verschiedenen SSRI (n = 3204: n = 1640 Fluoxetin, n = 680 Paroxetin, n = 652 Sertralin,
n = 198 Citalopram, n = 34 Fluvoxamin) sowie Plazebo (n = 930) über acht Wochen. Nach
den HAM-D21-Werten beträgt die Remissionsrate der körperlichen Symptome unter Venlafaxin
38%, im Vergleich zu 32% unter SSRI und 25% unter Plazebo. Die Unterschiede waren
signifikant (p < 0,001).
pm
Pressegespräch "Wenn Körper und Seele leiden" der Firma Wyeth am 28. Januar in Hamburg