Der Klinikarzt 2005; 34(11): XIII
DOI: 10.1055/s-2005-922820
Im Gespräch

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Wundbehandlung ist eine anspruchsvolle Disziplin - Mit chronischen Wunden zum Spezialisten

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Publication Date:
01 December 2005 (online)

 
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    Walter Wetzel Roth

    Die Behandlung chronischer Wunden erfordert von Arzt und Patient ein hohes Maß an Ausdauer. Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie ist die Anwendung moderner Wundmittel. Über den State-of-the-Art in der Wundbehandlung, vorhandene Probleme und Lösungsansätze sprach der klinikarzt mit Dr. Walter Wetzel-Roth, niedergelassener Chirurg aus Buchloe im Allgäu. Dr. Wetzel-Roth war bis 2004 drei Jahre im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Wundheilung und Wundbehandlung und engagiert sich vor allem für die Etablierung des modernen Wundmanagements.

    klinikarzt: Was sind die Schwerpunkte Ihrer Tätigkeit bei der Versorgung chronischer Wunden?

    Dr. W. Wetzel-Roth: Ich versorge chronische Wunden überwiegend bei Patienten mit chronisch-venöser Insuffizienz, arterieller Verschlusskrankheit (AVK) und Diabetes. Hinzu kommen komplizierte traumatische und in der postoperativen Heilung gestörte Wunden. Selbstverständlich fallen bei einem Chirurgen viele Wunden nach Operationen an, die in der Regel jedoch von selbst heilen und bei denen die spezifische Wundbehandlung eine eher untergeordnete Rolle spielt.

    klinikarzt: Was ist als State-of-the-Art in der Wundbehandlung etabliert?

    Wetzel-Roth: Einzig definitiv anerkannter Standard bei chronischen und komplizierten Wunden sind heute - natürlich neben der Therapie der Grunderkrankung - die feuchte und die antiseptische Wundbehandlung. Bei chronischen Wunden hat sich mittlerweile ein mehrstufiges Vorgehen durchgesetzt. Das heißt: Débridement, feuchte Wundbehandlung, fortgesetztes Débridement und ein gutes Exsudatmanagement zur phasengerechten feuchten Wundbehandlung. Gegebenenfalls erfolgt eine Defektdeckung mit Hauttransplantation oder auch aufwändigere plastisch rekonstruktive Maßnahmen.

    Die Realität sieht leider häufig anders aus: Es macht jeder was er will. Noch immer gibt es Kollegen, welche die trockene Wundbehandlung favorisieren. Und noch heute finden Sie Wunden, in die Nahrungsmittel wie Zucker appliziert werden - wohlgemerkt nicht vom Patienten.

    klinikarzt: Was sind die Ursachen für diesen Zustand?

    Dr. W. Wetzel-Roth: Zum einen ist die Wundbehandlung mittlerweile eine Fachdisziplin, die genauso anspruchsvoll ist wie zum Beispiel die Viszeral-, Gefäß- oder Fußchirurgie und gehört damit in die Hände von Spezialisten. Diese wissen dann auch, dass Wundheilung ein langwieriger Prozess ist, haben daher eine ausgeprägte Frustrationstoleranz und die Kenntnisse, wie Wundheilung effektiv angeregt und beschleunigt werden kann. Die notwendige Geduld muss auch dem Patienten vermittelt und damit dessen Therapietreue erhöht werden.

    klinikarzt: Welche Auswege sehen Sie aus dieser Situation?

    Wetzel-Roth: Die Komplexität der Wundbehandlung erfordert die Vorstellung der Patienten beim Spezialisten, genauso wie in anderen Bereichen der medizinischen Versorgung. Wenn möglich, sollte eine Überweisung in ein Wundzentrum erfolgen, das sich schwerpunktmäßig mit der Behandlung chronischer Wunden befasst. Und die vorhandenen Strukturen müssen so vernetzt werden, dass eine adäquate Weiterbehandlung sichergestellt ist. Notwendig ist auch eine neue Finanzierung der Wundbehandlung.

    klinikarzt: Können moderne Wundmittel die Wundbehandlung vereinfachen?

    Wetzel-Roth: Das wäre schon denkbar.

    klinikarzt: Wie beurteilen Sie in diesem Zusammenhang das hydrosomale Hydrogel Repithel®?

    Wetzel-Roth: Repithel® hat ein sehr breites Einsatzspektrum. Die Hauptstärken des Präparates liegen in den Phasen der Granulation und Epithelisierung. Eines meiner Haupteinsatzgebiete ist im Moment Rettung und Erhalt von Meshgraft-Transplantaten. Hier gibt es verblüffende Ergebnisse mit infizierten, schlecht durchbluteten, chronischen Wunden, bei denen ein halbherziger Meshgraft in schlechter Qualität appliziert wurde und der unter Repithel® eingeheilt ist. Dies wäre mit keiner anderen Methode zu erwarten gewesen.

    Aufgrund der positiven Erfahrungen setze ich Repithel® zunehmend breiter ein und behandle chronische Wunden nun immer häufiger ausschließlich mit dem hydrosomalen Wundtherapeutikum. Außerdem setze ich es nach Anwendung der VAC-Therapie ein ("vaccum assisted closure").

    klinikarzt: Wie bedeutsam sind Kosten-Nutzen-Relationen für die Auswahl von Wundmitteln?

    Wetzel-Roth: Natürlich ist das Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen sehr wichtig. Das kann natürlich nicht bedeuten, Billigpräparaten und -lösungen Vorrang zu geben und mit trockenen Mullbinden in die Chronifizierung hineinzuarbeiten. Natürlich ist Repithel® ein teures Präparat, wenn ich aber merke, dass ich damit besser bin, dann ist der Kostenfaktor auch unter dem Wirtschaftlichkeitsgebot sekundär. Kommt man schneller zum Erfolg, kann bezogen auf den definierten Endpunkt - die komplette Abheilung - sogar eine Kosteneinsparung realisiert werden.

    Herr Dr. Wetzel-Roth, wir bedanken uns für dieses Gespräch!

     
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    Walter Wetzel Roth