Wolfram Wermke
Sonographische Differenzialdiagnose, Leberkrankheiten
Lehrbuch und systematischer Atlas
Deutscher Ärzte-Verlag Köln 2005
2252 Abbildungen, 440 Seiten, 99,50 €
ISBN 3-7691-0433-1
Lieber Wolfram,
als ich vor ca. 6 Wochen Dein Werk vom Deutschen Ärzte-Verlag zur Besprechung bekam, habe ich erstmal an die damit für Dich bedingte Befreiung gedacht, denn Bücher schreiben ist zu allererst mit viel Arbeit verbunden, auch mit Druck. Verlage lassen gerne möglichst bald drucken und deshalb drängen sie auch. Und danach schlürfen die Verleger, wie Tucholsky es ausdrückte, Champagner aus den Hirnschalen ihrer Autoren!
Deine große Fangemeinde hat nun die Möglichkeit ihren Wissensdurst anhand des opulenten Werkes "Sonographische Differenzialdiagnostik der Leberkrankheiten" endlich zu stillen. Mehr als 2200 betörend schöne Bilder in 8 großen Kapiteln lassen differenzialdiagnostisch nichts offen, was man im Lauf eines langen klinischen Lebens sehen kann. Der Untertitel Lehrbuch ist daher falsch, es handelt sich eher um eine Enzyklopädie praktisch aller verfügbarer sonogaphischer Leberbefunde. Bei all den vielen schönen Bildern ist dies kein Bildband oder Atlas zum Blättern, das Lesen und Verstehen ist harte Arbeit, es ist nicht primär zum Lernen geeignet, sondern zum Vertiefen vorhandenen Wissens.
Die Gliederung des Werkes ist klar und durchgehend konsistent: Anatomie, diffuse Parenchymveränderungen, Gefäßbefunde, fokale Leberbefunde und Kontrastmitteleinsatz. Die meisten Kapitel sind eingerahmt von einer Darstellung der Befundkriterien am Anfang und einer Synopse am Ende. Die Synopse kann dem zu schnellen Leser eine Bremse oder besser ein Kompass sein, um leichter zu den möglichen sonographischen Differenzialdiagnosen zu finden und nicht mit einem schnellen diagnostischen Fehlsch(l)uss zu enden.
Das große Kapitel Kontrastmitteleinsatz ist im Prinzip ein Buch für sich, was auch an dem eigenen strengen Layout zu erkennen ist. Für mich ist dies der wertvollste Teil des Buches, denn hier ist bisher kein Werk am Markt und ausserdem kann ich selbst am meisten profitieren, schließlich ist meine Kontrastmittelerfahrung im Vergleich zu Deiner gering (1:20). Vermutlich wird es vielen KM-Anwendern ähnlich gehen.
Gestatte, dass ich auf Deine von manchen sonographierenden Kollegen nicht verstandene Bildqualität eingehe. Natürlich stellen diese Bilder nicht die bundesdeutsche Utraschallbildrealität dar, jedes einzelne Ultraschallbild muss, wie Heckemann einmal schrieb, regelrecht erkämpft werden. Dazu braucht man bekanntermaßen Erfahrung, Zeit für die Untersuchung, Untersuchungsgeschick, ein Spitzengerät und viele Patienten wenn man derartige Bilder publizieren will. Zweifellos trifft dies auf Deine Tätigkeit zu. Der Leser erhält sozusagen das Sonoleben des Wolfram Wermke kompakt, was man in Deinem Vorwort nachlesen kann.
Die Bibliographie hebt sich wohltuend von den gerade 5 Jahre zurückreichenden, dem Medline-Alzheimer unterliegenden Recherchen, ab. Das Stichwortverzeichnis ist erfreulicherweise sehr umfangreich, allerdings bedeuten die vielen Querverweise nicht selten mehr als 30 Minuten blättern und suchen. Spätestens hier wünschte man sich eine Art i-pod-Ausgabe Deines Werkes, mit dem man die Querverweise einfach durchblättern könnte.
Dennoch bei aller Perfektion finde ich manches was die Lesbarkeit verbessern würde. Die Bildüberschriften am Rand sind m.E. nach wie vor recht gewöhnungsbedürftig (vgl. Mecklers Sonographie des Gastrointestinaltraktes), oder ist dies ein Verlagsmarrotte?
Zwar wird man erfreulicherweise nicht mit schematischen Zeichnungen überschüttet, aber hin und wieder ein erklärendes Schema würde manches Detail dem Leserkreis einfacher erschließen. Wer weiß schon ohne Nachschauen was unter einem Vaskularisierungstyp Ia bei einer FNH zu verstehen ist. Was vermisse ich? Die Stellung der Feinadelbiopsie, die ja auch bei Dir einen hohen Stellenwert besitzt, immerhin weist Du darauf hin, dass alle Bildbeispiele auch definitiv diagnostisch gesichert sind.
Ich wünsche Deinem "Lebenswerk" der DEGUM-Stufe IV eine hohe Verbreitung. Jeder der sich ernsthaft mit Lebersonographie oder Kontrastmittelanwendung beschäftigt oder beschäftigen will wird darauf nicht verzichten können, denn dies ist das beste was man zum Thema Lebersonographie finden kann.
Bleibt wie immer am Schluss noch der Hinweis auf den Preis: sehr moderat, knapp unter 100 Euro, was gerade mal 4 Cent pro Ultraschallbild ausmacht!
Lieber Wolfram, diesmal kommt Dein Buch genau zum richtigen Zeitpunkt. Du hast jetzt eine schöpferische Pause verdient, lass Dich nicht gleich für ein neues Projekt einspannen! Und lass Dir vom Champagner was abgeben.