Der Klinikarzt 2005; 34(12): XI
DOI: 10.1055/s-2005-926208
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Bessere glykämische Kontrolle - Typ-2-Diabetes progressiv therapieren

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Publication Date:
19 January 2006 (online)

 
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In den letzten zehn Jahren hat sich immer mehr angedeutet, wie wichtig ein früher Einsatz von Insulin bei der Behandlung eines Typ-2-Diabetes ist, so Prof. J. Rosenstock, Dallas (USA). So sei eine Behandlung mit dem Insulinanalogon Insulin glargin (Lantus®) zusätzlich zur oralen antidiabetischen Therapie eine relativ einfache Möglichkeit, signifikante Reduktionen der HbA1c-Werte zu erzielen, wie es zum Beispiel die so genannte Treat-to-Target-Studie eindeutig dokumentiert. Hier trug ein einfacher Algorithmus zur Titration der Dosis von Insulin glargin dazu bei, eine substanzielle Reduktion der HbA1c-Spiegel und eine gute Einstellung der Nüchternblutglukosespiegel zu erreichen - wobei deutlich weniger Hypoglykämien als unter NPH-Insulin auftraten. "Rund 60% der Patienten erreichten einen HbA1c-Wert von unter 7%", sagte Rosenstock.

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Physiologisches Therapiekonzept

Natürlich kann auch die Gabe von Basalinsulin die Progression der Erkrankung - also den weiteren Verlust der Betazellfunktion - nicht aufhalten, so Prof. D. Raccah, Marseille (France). Doch was ist zu tun, wenn zwar die Nüchternblutzuckerwerte gut kontrolliert sind, die HbA1c-Werte jedoch nicht den Zielbereich von unter 7% erreichen? "In dieser Situation ist es von besonderer Bedeutung, die sich immer mehr verstärkende postprandiale Hyperglykämie zu kontrollieren, meinte Raccah. Mit dem Einsatz von Premix-Formulierungen und dem so genannten Prinzip "Basal Bolus plus" gebe es in diesem Fall zwei Therapieoptionen. Zwar ist der Einsatz von Premix-Formulierungen relativ einfach und weit verbreitet, allerdings ist es naturgemäß auch nicht möglich, kurz und lang wirksames Insulin separat zu titrieren, um optimale Ergebnisse zu erzielen.

"Physiologischer und damit auch besser ist es wahrscheinlich, zusätzlich zu dem Basalinsulin-Bolus vor der größten bzw. der Mahlzeit mit dem höchsten glykämischen Index am Tag eine prandiale Insulininjektion zu implementieren", erklärte Raccah. Sollten dann im weiteren Verlauf der Erkrankung weitere prandiale Insulininjektionen notwendig werden, ist es für die Patienten relativ einfach, die Therapie mit weiteren mahlzeitengebunden Insulininjektionen Schritt für Schritt an die neue Situation anzupassen.

Wahrscheinlich ist es dann in den meisten Fällen sinnvoll, die Dosierung des Basalinsulins zu adjustieren und um 10-20% zu reduzieren, riet Dr. Melanie Davies, Leicester (UK) - insbesondere wenn die Nüchternblutzuckerwerte oder der HbA1c nahe bei den angestrebten Zielwerten liegen oder über Nacht die Blutglukose stark abfällt.

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"Basal-plus" - Aktuelles Studienprogramm

Wie effektiv diese Therapiestrategie ist, untersucht derzeit die OSIRIS[1]-Studie. Zu Beginn werden die Patienten mit Metformin, Sulfonylharnstoff und einem Bolus von Insulin glargin eingestellt. Bei unzureichender Kontrolle von HbA1c und Nüchtern- bzw. postprandialer Glukose wird dann schrittweise eine zusätzliche Injektion mit Insulinglulisin (Apidra®) implementiert. Mit den ersten Ergebnissen ist allerdings erst Ende 2007 zu rechnen.

Bereits Mitte nächsten Jahres wird jedoch die OPAL-Studie beendet, in der Typ-2-Diabetiker zusätzlich zur Therapie mit oralen Antidiabetika plus einem Bolus mit dem lang wirksamen Insulinanalogon Insulin glargin entweder morgens oder mittags zusätzlich das kurz wirksame Insulinglulisin erhalten.

Quelle: Vorsymposium "Type 2 diabetes: Around the world and at all stages, a learning experience", im Rahmen des 41. europäischen Diabeteskongress (EASD), veranstaltet von der sanofi-aventis-Gruppe

sts

Strenges Insulin-Titrationsschema erzielt gute Ergebnisse

Die APOLLO-Studie vergleicht derzeit die Wirkung einer zusätzlichen Therapie von Insulin glargin (Lantus®) einmal täglich mit einer dreimal täglichen Applikation von prandialem Insulin lispro bei 418 Diabetikern, die mit ihrer oralen antidiabetischen Behandlung nur schlecht eingestellt sind. Die ersten Zwischenergebnisse einer Analyse der verblindeten Daten von 124 Patienten, welche die Studie bereits abgeschlossen haben, wurden auf dem EASD vorgestellt.

Demnach lässt sich ein mittlerer HbA1c-Wert von 6,67% erreichen, wenn ein strenges Titrationsschema mit einem intensiven Monitoring von Insulin angewendet wird. "Eine andauernde Überwachung der Blutzuckerwerte und die Titration der Insulindosis hilft den Patienten also dabei, die HbA1c-Zielwerte zu erreichen, kommentierte Dr. T. Linn, Gießen, die Studienergebnisse.

Gut eingestellte Patienten profitieren von einer Umstellung auf Insulin glargin

Auch Diabetiker, deren Blutzuckerprofil mit einer intensivierten konventionellen Insulintherapie (ICT) mit NPH-Insulin gut eingestellt ist, profitieren von einer Umstellung der Therapie auf Insulin glargin, so aktuelle Ergebnisse der SAPHIR-Studie (n = 367). Ihre glykämische Kontrolle konnte weiter verbessert werden, ohne dass vermehrt Hypoglykämien auftraten.

Hatten die Patienten zuvor einmal täglich NPH-Insulin injiziert, sank der HbA1c-Wert bei der Umstellung auf Insulin glargin von 6,87 auf 6,66% (p < 0,001). Erhielten die Patienten zweimal täglich oder häufiger NPH-Insulin, reduzierte sich der HbA1c-Wert von 6,95 auf 6,99% (p < 0,001) bzw. von 7,25 auf 6,89% (p < 0,177). Auch die Nüchternblutzuckerwerte sanken nach der Therapieumstellung signifikant.

Effiziente postprandiale Glukosekontrolle

Insulinglulisin ist in Kombination mit NPH-Insulin dem normalen menschlichen Insulin bei der Kontrolle der Blutzuckerkonzentrationen nach einer Mahlzeit überlegen, berichtete Dr. G. Raymen, Ipswich (UK), auf dem diesjährigen EASD-Kongress. In seiner Studie mit 892 Typ-2-Diabetikern lagen die mit den Mahlzeiten assoziierten Änderungen der Blutglukosekonzentrationen im Vergleich zur Behandlung mit menschlichem Insulin beim Frühstück, beim Abendessen und im täglichen Mittel signifikant niedriger.

Unter Insulinglulisin wurden eine bzw. zwei Stunden nach der Mahlzeit prandiale Glukoseänderungen von 3,99 bzw. 4,59 mmol/l gemessen, unter dem normalen menschlichen Insulin lagen sie bei 4,87 bzw. 6,03 mmol/l.

1 Opposing Stepwise Insulin Reinforcement to Intensified Strategy

1 Opposing Stepwise Insulin Reinforcement to Intensified Strategy