Der Klinikarzt 2006; 35(2): XVI-XVII
DOI: 10.1055/s-2006-933593
Recht

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Qualitätsgesicherte Versorgung sicherstellen - Fortbildungsnachweis nun auch für Fachärzte im Krankenhaus

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Publikationsdatum:
23. Februar 2006 (online)

 
Inhaltsübersicht

Seit Anfang des Jahres ist es so weit: Am 01. Januar 2006 ist die "Vereinbarung zur Fortbildung der Fachärzte im Krankenhaus"[*] in Kraft getreten, die der Gemeinsame Bundesausschuss am 20. Dezember letzten Jahres beschlossen hat. Sinn und Zweck dieser neu geregelten fachärztlichen Fortbildungspflicht ist es, die fachärztliche Qualifikation zu aktualisieren und dauerhaft zu erhalten, um so die qualitätsgesicherte Versorgung der Patienten im Krankenhaus sicherzustellen.

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Für Fachärzte besteht damit eine Nachweispflicht

Die neue Vereinbarung gilt für alle Fachärzte, die in nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhäusern tätig sind. Ausgenommen von der Regelung sind Belegärzte nach § 121 Abs. 2 SGB V und die ermächtigten Ärzte nach § 116 SGB V. Letztere trifft jedoch bereits nach § 95 d SGB V eine Pflicht zur fachlichen Fortbildung.

Ebenso wie bei ermächtigten Ärzten besteht damit jetzt auch für Fachärzte in den Kliniken die Nachweispflicht über einen so genannten Fünfjahreszeitraum, der für im Krankenhaus tätige Fachärzte bereits mit dem Inkrafttreten der Vereinbarung - also am 01. Januar - begonnen hat. Für Fachärzte, die nach diesem Datum ihre Tätigkeit im Krankenhaus aufnehmen, ist der vertraglich festgehaltene erste Arbeitstag maßgeblich. Ist ein Facharzt über einen Zeitraum von mindestens drei Monaten nicht im Krankenhaus tätig, wird der Fristlauf gehemmt und der Fünfjahreszeitraum verlängert sich automatisch um die Zeitspanne, die der Facharzt - sei es aufgrund von Krankheit, einer Auszeit, eines Auslandsaufenthaltes oder anderer Aktivitäten - nicht im Krankenhaus tätig war.

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Was muss nachgewiesen werden?

Innerhalb dieses Fünfjahreszeitraums müssen die im Krankenhaus tätigen Fachärzte an Fortbildungsmaßnahmen teilnehmen, die nach der Anerkennung entsprechend dem Fortbildungszertifikat der Ärztekammern mit insgesamt 250 Fortbildungspunkten bewertet wurden. Mindestens 150 Punkte davon müssen durch fachspezifische Fortbildung erworben worden sein. Darunter fallen Fortbildungsinhalte, die dem Erhalt und der Weiterentwicklung der fachärztlichen Kompetenz dienen. Weitere Einzelheiten über die angebotenen Fortbildungsveranstaltungen, deren Anerkennung und die Höhe der Punkte, erhält man zum Beispiel auf den Internetseiten der zuständigen Landesärztekammer.

Hat ein Facharzt zum Ende des für ihn maßgeblichen Fünfjahreszeitraums ein Fortbildungszertifikat nicht vorgelegt (der Erwerb allein reicht nicht!), kann er die gebotene Fortbildung binnen eines Zeitraums von höchstens zwei Jahren nachholen. Diese Maßnahmen werden allerdings auf den folgenden Fünfjahreszeitraum nicht angerechnet, worauf der Ärztliche Direktor hinzuweisen hat. Insofern muss der Facharzt in einem solchen Fall innerhalb des folgenden Fünfjahreszeitraumes deutlich mehr Fortbildungspunkte in kürzerer Zeit erbringen.

Die geforderte Fortbildung ist durch den Facharzt dem Ärztlichen Direktor des Krankenhauses gegenüber durch ein Fortbildungszertifikat der Ärztekammer nachzuweisen. Dabei nimmt der Facharzt die Unterscheidung in fachspezifische und sonstige Fortbildung eigenverantwortlich vor. Der Ärztliche Direktor muss diese Unterscheidung allerdings schriftlich bestätigen. Im Zweifelsfalle ist es daher ratsam, die Klassifizierung einzelner Fortbildungsmaßnahmen schon im Vorfeld abzuklären, um zu vermeiden, dass der Ärztliche Direktor einzelne, vom Facharzt als fachspezifische Fortbildung eingestufte Maßnahmen nicht als solche anerkennt und daran letztendlich die Einhaltung der Fortbildungspflicht scheitert.

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Alte Fortbildungspunkte verfallen nicht unbedingt

Fortbildungspunkte, die bereits erworben wurden, bevor der Arzt den Verpflichtungen der Vereinbarung zur Fortbildung der Fachärzte im Krankenhaus unterlag, sind anzurechnen, wenn die entsprechende Fortbildung höchstens zwei Jahre vor dem Eintritt in die Fortbildungspflicht begonnen wurde und sie für das beizubringende Fortbildungszertifikat der Ärztekammer angerechnet werden kann.

Unter denselben Voraussetzungen können auch Fortbildungspunkte angerechnet werden, die bereits für den Nachweis von Fortbildungsverpflichtungen nach § 95 d SGB V - also für die fachliche Pflichtfortbildung von Vertragsärzten, ermächtigten Ärzten oder angestellten Ärzten - verwendet oder über den erforderlichen Wert von 250 Fortbildungspunkten hinaus im vorangegangenen Fünfjahreszeitraum erworben wurden.

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Was passiert beim Wechsel des Arbeitsplatzes?

Sollte ein Facharzt innerhalb des Fünfjahreszeitraums seinen Arbeitsplatz wechseln, so ist der Nachweis immer gegenüber dem Ärztlichen Direktor zu belegen, in dessen Zuständigkeitsbereich er nach Ablauf der Fünfjahresfrist tätig ist. Wichtig dabei ist, sich - auf einen schriftlichen Antrag hin - die Anerkennung bereits abgeleisteter Fortbildungen vom bisher zuständigen Ärztlichen Direktor bescheinigen zu lassen. Denn häufig ergeben sich Probleme mit Nachweisen, wenn der betroffene Arzt Jahre nach seinem Ausscheiden eine Bestätigung der Fortbildung verlangt und zum Beispiel der ehemalige Ärztliche Direktor gar nicht mehr an der Klinik tätig ist.

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Rechtsfolgen bei Verstoß gegen die Fortbildungspflicht?

Für Vertragsärzte, ermächtigte Ärzte und für Medizinische Versorgungszentren oder Vertragsärzte gilt: Fehlen die Fortbildungsnachweise, erfolgt gemäß § 95 d SGB V eine Kürzung des Vergütungsanspruchs um zunächst 10%, ab dem fünften Quartal sogar um 25%. Bei einer Überschreitung der Fünfjahresfrist um weitere zwei Jahre ohne dass ein Fortbildungsnachweis erbracht wird, soll sogar die Entziehung der Zulassung beantragt werden.

Die Vereinbarung zur Fortbildung der Fachärzte im Krankenhaus sieht im Gegensatz dazu keine Rechtsfolgen vor, wenn Fachärzte ihrer Fortbildungspflicht nicht nachkommen. Trotzdem sollte man die Vereinbarung nicht ignorieren. Denn abgesehen davon, dass eine angemessene Fortbildung ohnehin im ureigensten Interesse jedes Facharztes stehen sollte, gibt es andere Mittel und Wege der Überwachung und Durchsetzung der Fortbildungspflichten.

Der Grund für die Nichtregelung von Rechtsfolgen in der Vereinbarung zur Fortbildung der Fachärzte im Krankenhaus dürfte das Problem der Zuständigkeit sein. Denn Fachärzte selbst sind nicht Teil des gesetzlichen Krankenversicherungssystems auf Seiten der Leistungserbringer. Diese Position haben vielmehr ihre Arbeitgeber, also die Krankenhäuser, inne. Allerdings wird man die Verpflichtung zur Fortbildung - zumindest nunmehr - als öffentlich-rechtlichen Teil der arbeitsrechtlichen Pflichten des Facharztes ansehen müssen.

Kommt der Facharzt im Krankenhaus diesen Pflichten nicht nach, so kann zumindest eine Abmahnung, gegebenenfalls sogar eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch das Krankenhaus in Betracht kommen, dessen Leitung für die hinreichende Qualitätssicherung des Krankenhauses letztlich verantwortlich ist und damit selbst in der Pflicht steht.

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Verpflichtungen für Klinik und Ärztlichen Direktor

Den Ärztlichen Direktor treffen im Hinblick auf die Einhaltung der Fortbildungsverpflichtung eine Reihe von Verpflichtungen. So hat er die Einhaltung der Fortbildungsverpflichtung der in seinem Krankenhaus tätigen Fachärzte zu überwachen und zu dokumentieren. In diesem Zusammenhang muss er für die Krankenhausleitung einen Bericht erstellen, der alle der Fortbildungspflicht unterliegenden Ärzte in dem Zeitraum auflistet, zu dem sie der Fortbildungspflicht bis einschließlich dem vorhergehenden Jahr unterlegen haben. Aufzunehmen sind auch die Fortbildungsnachweise für Ärzte, die den Fünfjahreszeitraum im vorhergehenden Jahr erfüllt haben. Auf Nachfrage sind hierzu einzelne Nachweise zu erbringen.

Der Krankenhausleitung dient dieser Bericht zum Nachweis der Fortbildung der in ihrem Krankenhaus tätigen Fachärzte. Denn in den von den zugelassenen Krankenhäusern nach § 137 Abs. 1 S. 3 Nr. 6 SGB V zu erstellenden Qualitätsberichten muss sie jeweils angeben, in welchem Umfang die Fortbildungspflichten erfüllt wurden. Außerdem muss die Krankenhausleitung die Fortbildungsnachweise im Krankenhaus in geeigneter Form öffentlich bekannt machen, was ein weiterer Ansporn für die Einhaltung der Überwachungspflichten sein soll. Gleichzeitig entsteht so eine deutlich höhere Transparenz, die auch dem Publikumsverkehr zugänglich sein wird und in der Folge einen höheren Wettbewerbsdruck im Kampf um Patienten produzieren dürfte.

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Öffentlicher Druck auf die Krankenhausleitung

Auf die Krankenhausleitung wiederum wird sich über den vorgeschriebenen Qualitätsbericht und die vorgesehene öffentliche Bekanntmachung der Fortbildungsnachweise im Krankenhaus ein nicht unerheblicher öffentlicher Druck ergeben. Der Qualitätsbericht ist zudem den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen sowie dem Verband der privaten Krankenkassen in elektronischer Fassung zur Verfügung zu stellen und von diesen im Internet zu veröffentlichen. Damit ergibt sich eine große Publizität des Umfanges der Fortbildungsmaßnahmen innerhalb des Krankenhauses, die auch die lokale oder überregionale Presse aufgreifen könnte. Es empfiehlt sich für das Krankenhaus, diesen Ansatz aktiv für den Wettbewerb zu nutzen und aus der bestehenden Pflicht einen eigenen Nutzen zu ziehen.

Schließlich droht den Krankenhäusern im Falle unterlassener Fortbildung ihrer Fachärzte neben einem schlechten Ruf schlimmstenfalls vielleicht sogar eine Kündigung des Versorgungsvertrages. Denn aufgrund der Nachweispflicht der Kliniken über die fachärztliche Fortbildung, haben die Vertragspartner ein Kontrollinstrument und können gegebenenfalls die Konsequenzen daraus ziehen.

Grundsätzlich ist eine Kündigung des Versorgungsvertrages nur zulässig, wenn das Krankenhaus nicht die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche Krankenhausbehandlung bietet oder für eine bedarfsgerechte Krankenhausbehandlung der Versicherten nicht erforderlich ist. Leistungsfähig in diesem Sinne ist ein Krankenhaus aber nur, wenn sein Angebot die Anforderungen erfüllt, die nach dem aktuellen Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft an ein Krankenhaus der betreffenden Art zu stellen sind. Dabei kommt es insbesondere auf die personellen und sächlichen Mittel des Krankenhauses an. Sofern das Krankenhaus Fachärzte ohne nachgewiesene Fortbildungen beschäftigt, könnte die Leistungsfähigkeit zumindest infrage gestellt sein.

Insgesamt lässt sich festhalten, dass im Interesse der eigenen beruflichen Entwicklung, der Zukunft des beschäftigenden Krankenhauses und natürlich nicht zuletzt der qualitätsgesicherten Versorgung des Patienten, die Verpflichtung zur Fortbildung seit dem 01. Januar 2006 auch für Fachärzte in Krankenhäusern unbedingt zu beachten ist. Es ist davon auszugehen, dass - auch hinsichtlich eventuell erforderlicher Sanktionen - zunächst Erfahrungen mit den neuen Regelungen gesammelt werden, welche dann gegebenenfalls in eine spätere Überarbeitung der Vereinbarung zur Fortbildung der Fachärzte im Krankenhaus einfließen können.

Dr. iur. Isabel Häser, Ehlers, Ehlers und Partner, München

10 www.g-ba.de/cms/upload/pdf/abs7/beschluesse/2005-12-20-Vereinbarung-Fortbildung_BAnz.pdf

10 www.g-ba.de/cms/upload/pdf/abs7/beschluesse/2005-12-20-Vereinbarung-Fortbildung_BAnz.pdf