Im Durchschnitt hat ein Allgemeinarzt nur etwa eine Minute pro Patient und Visite
zur Verfügung, um mit dem Patient über Wirkungen und Nebenwirkungen seiner Medikamente
zu sprechen. Aber auch bei Fachärzten sind die zeitlichen Ressourcen begrenzt. Packungsbeilagen
sind daher für die Patienten eine wichtige Informationsquelle. Versteht der Patient
allerdings die Packungsbeilagen nicht oder falsch, können die Folgen unter Umständen
katastrophal sein. Rund 25% aller Krankenhauseinweisungen sind vermutlich auf fehlerhafte
Arzneimittelanwendungen zurückzuführen. Andererseits werden viele verordnete Medikamente
auch einfach weggeworfen. Jedes Jahr landen rund 100 Tonnen Medikamente im Wert von
500 Millionen € im Müll. Nach dem Lesen der aufgelisteten Nebenwirkungen sind viele
Patienten so verunsichert, dass sie das verordnete Medikament nicht oder nur in geringerer
Dosis einnehmen. Ein Viertel der Packungen wird nicht einmal angebrochen. Die Schäden
einer Non-Compliance werden auf zehn Milliarden Euro pro Jahr geschätzt. Bei Patienten
mit Depressionen nimmt sogar vermutlich jeder zweite Patient sein Antidepressivum
nicht ausreichend ein. Gründe hierfür sind u.a. fehlende Krankheitseinsicht und Vorurteile
gegenüber Psychopharmaka. Viele Patienten befürchten z.B., Antidepressiva würden abhängig
machen oder die Persönlichkeit verändern.
Packungsbeilagen sind daher ein entscheidender Faktor, um die Compliance zu verbessern.
Auch Wirksamkeit und Sicherheit von Arzneimitteln beruhen wesentlich auf der korrekten
Anwendung. Fehlanwendungen verzerren das Nutzen-Risiko-Profil des Medikaments. Wie
sieht es aber tatsächlich mit der Lesbarkeit und Verständlichkeit der Packungsbeilagen
aus? Das Institut für angewandte Verbraucherforschung (IFAV) hat daher im Auftrag
des Verbraucherzentrale Bundesverbandes e.V. die Packungsbeilagen der 100 verordnungshäufigsten
Medikamente untersucht. Die Ergebnisse wurden jetzt vom Wissenschaftlichen Institut
der AOK (WldO 53. Zu Risiken und Nebenwirkungen: Lesen Sie die Packungsbeilage, 2005)
veröffentlicht. Demnach sind immer noch viele Packungsbeilagen nicht verbraucherfreundlich,
unverständlich, zu klein oder zu lang geschrieben.
Die Patienten wünschen sich übersichtlichere Packungsbeilagen ohne Fachchinesisch
mit nützlichen, handlungsorientierten Informationen, auch zu ihrer Erkrankung. Das
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat bereits 2002 ihre
Empfehlungen zur Gestaltung der Packungsbeilagen gründlich überarbeitet. Ein gutes
Beispiel für die gelungene Umsetzung dieser Empfehlungen bietet jetzt z.B. der neue
Beipackzettel zu Citalopram-Hormosan® 20 mg von Hormosan Pharma. Dieser beinhaltet
nicht nur, um was für ein Arzneimittel es sich handelt, was bei der Einnahme zu beachten
ist, wie es einzunehmen ist und was für Nebenwirkungen möglich sind, sondern spricht
den Patienten auch direkt an und erklärt in einfachen Worten seine Erkrankung und
warum ihm der Arzt/die Ärztin seines Vertrauens ein Antidepressivum verschrieben hat
und was dabei zu berücksichtigen ist. Zum Beispiel, dass ein Antidepressivum erst
nach etwa zwei bis vier Wochen regelmäßiger Einnahme voll wirksam sind und dass die
Einnahme solange fortgesetzt werden muss, wie sein Arzt/Ärztin dies empfohlen hat.
Die Compliance der Patienten, die Zusammenarbeit mit dem Arzt und der Therapieerfolg
können vermutlich damit deutlich verbessert werden. Denn was nützt das beste Medikament,
wenn es nicht eingenommen wird.